Urteil des BVerwG vom 26.09.2012

Bebauungsplan, Bisherige Nutzung, Grundstück, Rechtliches Gehör

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 BN 27.12
VGH 3 S 1324/09
In der Normenkontrollsache
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hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 26. September 2012
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Jannasch
und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bumke
beschlossen:
Die Beschwerde der Antragsteller gegen die Nichtzulas-
sung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts-
hofs Baden-Württemberg vom 15. Februar 2012 wird zu-
rückgewiesen.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdever-
fahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der
Beigeladenen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 10 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Beschwerde der Antragsteller hat keinen Erfolg.
1. Die unter B.I.1. zur unmittelbaren Betroffenheit als grundsätzlich klärungsbe-
dürftig aufgeworfene Frage (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO)
„Verursachen im Rahmen der Prüfung der Antragsbefug-
nis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO die Festsetzungen ei-
nes das Nachbargrundstück betreffenden vorhabenbezo-
genen Bebauungsplanes eine unmittelbare Beeinträchti-
gung des Grundstücks der Antragsteller, wenn die Pla-
nung zivilrechtliche nachbarrechtliche Abwehransprüche
auslöst und diese Rechte durch den Bebauungsplan verlo-
ren gehen, weil die Festsetzungen des Bebauungsplanes,
wie z.B. durch § 27 NRG-BW, insoweit Vorrang vor den
zivilrechtlichen Abwehransprüchen haben?“ (Beschwer-
debegründung S. 2 - 7)
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ist ebenso wie die Abwandlung dieser Frage unter B.I.2. - wenn deliktische Ab-
wehransprüche aus § 823 BGB betroffen seien und eine analoge Anwendung
der entsprechenden nachbarrechtlichen Vorrangklausel zu besorgen sei (Be-
schwerdebegründung S. 7 - 9) - nicht entscheidungserheblich.
Wie die Antragsteller ausführen, begründet § 27 Satz 1 des Gesetzes über das
Nachbarrecht (Nachbarrechtsgesetz - NRG -) einen Vorrang von Festsetzungen
im Bebauungsplan. Die Vorschrift lautet: Enthält ein Bebauungsplan oder eine
sonstige Satzung nach dem Baugesetzbuch oder dem Maßnahmengesetz zum
Baugesetzbuch Festsetzungen über Böschungen, Aufschüttungen, Einfriedi-
gungen, Hecken oder Anpflanzungen, so müssen hierfür die nach diesem Ge-
setz vorgeschriebenen Abstände insoweit nicht eingehalten werden, als es die
Verwirklichung der planerischen Festsetzungen erfordert.
Auf die Frage des Vorrangs von Festsetzungen im Bebauungsplan kommt es
indes nicht an. Der Verwaltungsgerichtshof hat zwar in seinem Urteil auf in den
Bauflächen W 9 und W 17 im Bebauungsplan nicht festgesetzte, aber im Vor-
haben- und Erschließungsplan - Grünflächenplan - vorgesehene Gabionen (als
gestalterische und ordnungsstrukturelle Elemente) hingewiesen. Der der Be-
schlussfassung der Antragsgegnerin zugrunde liegende Grünflächenplan zum
Vorhaben- und Erschließungsplan in der Fassung vom 23. November 2007
(Beiakte 5, Bl. 645) enthält jedoch - anders als der Grünflächenplan zum Vor-
haben- und Erschließungsplan in der Fassung vom 30. Oktober 2006 (Beiakte
3, Bl. 379) - keine zeichnerische Festsetzung für Gabionen, die das Nachbar-
grundstück der Antragsteller, die Baufläche W 9 betreffen. Darauf hat auch die
Antragsgegnerin in ihrer Beschwerdeerwiderung hingewiesen und insofern
sinngemäß eine Gegenrüge erhoben (vgl. dazu Urteil vom 27. September 2006
- BVerwG 9 C 4.05 - BVerwGE 126, 378 Rn. 18). Unabhängig davon, dass die
Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs lediglich pauschal und ohne jegli-
che Einzelheiten zum Standort der Gabionen gehalten sind und schon aus die-
sem Grund Zweifel an einer Bindungswirkung der tatsächlichen Feststellungen
bestehen, wäre jedenfalls von einem Fall der Aktenwidrigkeit auszugehen, der
auch offensichtlich ist. Dass die im Grünflächenplan zum Vorhaben- und Er-
schließungsplan in der Fassung vom 23. November 2007 vorgesehene Be-
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pflanzung (mit Hainbuche) - wie die Antragsteller vortragen - mit einer Höhe von
2 m festgesetzt worden ist, hat weder der Verwaltungsgerichtshof festgestellt,
der lediglich von der vorgesehenen Stauden-/Strauchbepflanzung spricht, noch
ist dies dem Grünflächenplan zu entnehmen, der die Angabe enthält „Strauch
oder Heister 60 - 100, 2-3 mal verpflanzt“ (Bl. 645). Die von den Antragstellern
in ihrer Erwi derung vom 12. August 2012 zum Vortrag der Antragsgegnerin in
Bezug genommene Begründung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans
unter Ziffer 8.4 auf Seite 13/71 enthält keine verbindlichen Festsetzungen. Vor
diesem Hintergrund liegt auch der von den Antragstellern im Zusammenhang
mit ihrem Vortrag unter B.I.2. geltend gemachte Gehörsverstoß (Beschwerde-
begründung S. 8) nicht vor; das Normenkontrollgericht hatte mangels entspre-
chender Festsetzungen keinen Anlass, sich mit der Frage, ob - wie die Antrag-
steller meinen - der Fliederbaum auf ihrem Grundstück gefällt werden muss, zu
befassen. Ebenso wenig stellt sich die Frage einer Eigentumsbeeinträchti gung
(Beschwerdebegründung S. 8 - 9).
2. Die unter dem Stichwort „mittelbare Betroffenheit“ aufgeworfenen Grundsatz-
rügen i.S.d. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO führen ebenfalls nicht zur Zulassung der
Revision.
2.1 Soweit die Antragsteller bei den Fragen unter B.II.1. (Beschwerdebegrün-
dung S. 10 - 12) und B.II.2. (Beschwerdebegründung S. 12 - 13) wiederum auf
§ 27 Satz 1 NRG bzw. eine entsprechende Anwendung des § 27 Satz 1 NRG
abstellen, ist auf die Ausführungen unter 1. zu verweisen. Das von den Antrag-
stellern in Bezug genommene Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster
(Urteil vom 18. März 2011 - 7 D 29/10.NE -) betrifft eine andere Fallkonstella-
tion.
2.2 Die im Zusammenhang mit dem Vortrag unter B.II.1. geltend gemachte Di-
vergenzrüge i.S.d. § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (Beschwerdebegründung S. 11)
genügt nicht den Darlegungsanforderungen gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO
(vgl. hierzu Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buch-
holz 310 § 133 () VwGO Nr. 26). Die Beschwerde bezeichnet keinen in-
haltlich bestimmten, die angefochtene Entschei dung tragenden Rechtssatz, mit
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dem die Vorinstanz einem (unter anderem) in der Rechtsprechung des Bundes-
verwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen entscheidungstragenden
Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Aber
auch in der Sache lässt der Beschwerdevortrag eine Divergenz nicht erkennen.
2.3 Die Frage unter B.II.3., ob im Falle eines vorhabenbezogenen Bebauungs-
plans für eine Eigengesellschaft dieselben Voraussetzungen hinsichtlich der
Antragsbefugnis gelten wie bei Anfechtung eines Bebauungsplans nach § 8
BauGB (Beschwerdebegründung S. 13 - 15), lässt sich - unabhängig davon, ob
sie in dieser Allgemeinheit den Darlegungsanforderungen nach § 133 Abs. 3
Satz 3 VwGO genügt - jedenfalls ohne Weiteres bejahen.
Der vorhabenbezogene Bebauungsplan unterliegt materiell denselben Anforde-
rungen wie ein Bebauungsplan gemäß § 8 BauGB. Durch das Bau- und Raum-
ordnungsgesetz 1998 ist die Satzung über den Vorhaben- und Erschließungs-
plan nach § 7 BauGB-MaßnahmenG 1993 zu einem vorhabenbezogenen Be-
bauungsplan fortentwickelt worden. § 12 Abs. 1 BauGB regelt einen verbind-
lichen Bebauungsplan i.S.d. § 1 Abs. 2 BauGB, für den u.a. das in § 1 Abs. 7
BauGB normierte Abwägungsgebot gilt. Ob sich ein Eigentümer eines außer-
halb des Plangebiets gelegenen Grundstücks zur Begründung der Antragsbe-
fugnis im Hinblick auf den angegriffenen Bebauungsplan auf eine mögliche Ver-
letzung des Abwägungsgebots berufen kann, entzieht sich einer verallgemei-
nernden Beantwortung.
Soweit die Antragsteller mit ihrer Frage geltend machen, bei einem vorhaben-
bezogenen Bebauungsplan einer Eigengesellschaft bestehe ungleich mehr An-
lass zu einer strengen Prüfung (Beschwerdebegründung S. 14) kann dies allen-
falls Auswirkungen auf die gerichtliche Überprüfung des Bebauungsplans in der
Sache, insbesondere die Abwägungskontrolle, haben, nicht aber zu einer wei-
tergehenden Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 VwGO führen. Im Übrigen wen-
den sich die Antragsteller der Sache nach gegen die auf den konkreten Um-
ständen des Einzelfalls beruhende Sachverhaltswürdigung des Verwaltungsge-
richtshofs, der den Antragstellern vorhält, keinen Beleg für die Behauptung ge-
liefert zu haben, der Bebauungsplan ziele darauf ab, die „Filetstückchen in
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Handschuhsheim“ bestmöglich zu verwerten und so der Beigeladenen Ver-
marktungschancen einzuräumen (UA S. 18). Zu dem mit ihrer Verfahrensrüge
unter B.II.9. erhobenen Einwand, sie hätten ausführlich vorgetragen, wird auf
die Ausführungen unter 2.8 verwiesen.
2.4 Die Frage unter B.II.4., ob die Grundstückslage vor der Planung oder mit
der Planung maßgeblich sei (Beschwerdebegründung S. 15 - 17), beruht auf
Annahmen, von denen der Verwaltungsgerichtshof nicht ausgegangen ist.
Entgegen der Auffassung der Antragsteller hat der Verwaltungsgerichtshof nicht
den Rechtssatz aufgestellt, „wonach auf die erst im Rahmen der Umsetzung
der Planung zu schaffenden Grundstücksverhältnisse abzustellen ist“. Die Tat-
sachenfeststellung des Verwaltungsgerichtshofs „Denn ihr Grundstück grenzt
nicht unmittelbar an diese Grundstücke an“ (UA S. 14) bezieht sich auf den vor-
hergehenden Satz, wonach sich die Antragsteller nicht „auf die bisherige Nut-
zung der im Plangebiet liegenden Grundstücke als Gärten“ berufen könnten
(UA S. 13 f.). Entgegen der Auffassung der Antragsteller stellt der Verwaltungs-
gerichtshof auch nicht in Abrede, dass das Grundstück der Antragsteller unmit-
telbar an das Grundstück Flst.-Nr. … angrenzt, sondern verweist vielmehr aus-
drücklich darauf, dass das bereits mit einem Wohnhaus bebaute Grundstück
westlich an das Grundstück der Antragsteller angrenzt (UA S. 13, 17). Der Hin-
weis auf die bisherige Nutzung als Gärten bezieht sich ersichtlich auf Grundstü-
cke im Plangebiet, die bislang nicht bebaut waren. Das ergibt sich aus dem
Tatbestand, in dem ausgeführt wird: „An der Beethovenstraße befindet sich
Wohnbebauung. Die rückwärtigen Grundstücksteile wurden bislang als Gärten
genutzt. Der Bebauungsplan soll die Bebauung dieser rückwärtigen Grund-
stücksteile ermöglichen“ (UA S. 3). Dass ihr Grundstück an „diese“ Grundstücke
angrenzt, behaupten auch die Antragsteller nicht. Von einem Wegegrundstück
mit der Flst.-Nr. … ist in diesem Zusammenhang keine Rede. Richtig ist zwar,
dass der Verwaltungsgerichtshof - wie die Antragsteller als Verfahrensfehler
rügen (Beschwerdebegründung S. 16 f.) - im Tatbestand ausgeführt hat, dass
das Grundstück der Antragsteller an das Flst.-Nr. … - Gehweg - angrenze (UA
S. 2). Bei seiner rechtlichen Würdigung stellt der Verwaltungsgerichtshof darauf
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aber gerade nicht ab. Vor diesem Hintergrund zeigen die Antragsteller nicht auf,
dass die Entscheidung auf dem behaupteten Verfahrensfehler beruhen könnte.
2.5 Die Frage unter B.II.5., mit der die Antragsteller geltend machen, die ange-
fochtene Planung führe dazu, dass auf benachbarten oder in der Nähe zum
Plangebiet liegenden Grundstücken Baurechte nach § 34 BauGB entstünden,
was der Verwaltungsgerichtshof zu Unrecht verneint habe, weil er auf den Ge-
sichtspunkt des konzeptionellen Zusammenhangs abgestellt habe (Beschwer-
debegründung S. 17 - 19), ist nicht entscheidungserheblich. Ist - wie hier - die
vorinstanzliche Entscheidung auf mehrere selbständig tragende Begründungen
gestützt, so kann die Revision nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder
dieser Begründungen ein Revisionszulassungsgrund aufgezeigt wird und vor-
liegt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat zwar darauf hingewiesen, ein konzeptioneller
Zusammenhang im Sinne einer zwangsläufig entstehenden Bebauung dieser
Grundstücke bestehe nicht und dabei auf die Rechtsprechung des Senats hin-
gewiesen (Urteil vom 16. Juni 2011 - BVerwG 4 CN 1.10 - BVerwGE 140, 41).
Er hat aber darüber hinaus - selbständig tragend - ausgeführt, dass eine „Be-
bauung des Grundstücks Flst.-Nr. …
(…)
und des Grundstücks Flst.-Nr. …
auf
der Grundlage des § 34 BauGB… - wie ein Blick auf den angefochtenen Be-
bauungsplan zeigt - auch ohne diesen nicht ausgeschlossen“ wäre. Insbeson-
dere legten die Antragsteller in diesem Zusammenhang nicht dar, welche Art
der Bebauung und Nutzung sie befürchteten und wodurch sie ihre privaten Be-
lange als Nachbarn mehr als nur geringfügig beeinträchtigt sähen (UA S. 16).
Eine Grundsatzrüge zu § 34 BauGB haben die Antragsteller nicht vorgetragen.
Die hierauf bezogenen Verfahrensrügen bleiben - wie sogleich unter 2.6 ausge-
führt - erfolglos.
2.6 Die in Zusammenhang mit der Grundsatzrüge unter B.II.5. erhobenen Ver-
fahrensrügen i.S.d. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO genügen nicht den Darlegungsan-
forderungen i.S.d. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.
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2.6.1 Soweit die Antragsteller unter B.II.6. dem Verwaltungsgerichtshof eine
willkürliche Tatsachenfeststellung vorwerfen (Beschwerdebegründung S. 19 -
20), versteht der Senat dies als Rüge der Aktenwidrigkeit, die jedoch den Dar-
legungsanforderungen nicht genügt. Erhebt ein Beteiligter die Verfahrensrüge,
das Gericht habe den Sachverhalt „aktenwidrig“ festgestellt, muss er schlüssig
vortragen, zwischen den in der angegriffenen Entscheidung getroffenen tat-
sächlichen Annahmen und dem insoweit unumstrittenen Akteninhalt sei ein Wi-
derspruch gegeben. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
muss dieser Widerspruch offensichtlich sein, so dass es einer weiteren Beweis-
erhebung zur Klärung des richtigen Sachverhaltes nicht bedarf (vgl. Beschluss
vom 19. November 1997 - BVerwG 4 B 182.97 - Buchholz 406.11 § 153 BauGB
Nr. 1; Urteil vom 2. Februar 1984 - BVerwG 6 C 134.81 - BVerwGE 68, 338
<340>). Die Verfahrensrüge der „Aktenwidrigkeit“ verlangt zudem eine genaue
Darstellung des Verstoßes, und zwar durch konkrete Angaben von Textstellen
aus dem vorinstanzlichen Verfahren, aus denen sich der Widerspruch ergeben
soll. Diese Voraussetzungen müssen erfüllt werden, da sich mit einer Kritik an
der tatrichterlichen Beweiswürdigung und Überzeugungsbildung ein Verfah-
rensmangel nicht aufzeigen lässt (stRspr, vgl. nur Beschluss vom 2. November
1999 - BVerwG 4 BN 41.99 - juris Rn. 24). Diesen Anforderungen genügt die
Beschwerde nicht. Abgesehen davon, dass die Antragsteller nicht darlegen,
dass das von ihnen angeführte Gebiet zwischen … und … nach den Feststel-
lungen des Verwaltungsgerichtshofs bei der Beurteilung der Bebaubarkeit auf
der Grundlage des § 34 BauGB heranzuziehen wäre, erschöpft sich der Vortrag
in der Behauptung, in dem Blockinneren sei keine Bebauung zu finden und ein
in zweiter Reihe in den Garten gebautes Haus füge sich demnach nicht ein. Der
Sache nach zeigen die Antragsteller keinen Verfahrensfehler auf, sondern wie-
derholen ihren mit der Grundsatzrüge erhobenen Vorwurf, der Verwaltungsge-
richtshof habe fälschlich angenommen, dass eine Bebaubarkeit auch vorher
bestanden hätte.
Soweit die Antragsteller des Weiteren unter B.II.6. als Gehörsverstoß rügen, der
Verwaltungsgerichtshof sei nicht auf ihren Vortrag zur „Stadtbauordnung“ ein-
gegangen (Beschwerdebegründung S. 20), zeigen sie nicht auf, dass der Ver-
waltungsgerichtshof Anlass gehabt hätte, im Rahmen der Beurteilung nach § 34
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BauGB auf diesen Gesichtspunkt einzugehen, sondern greifen wiederum nur
dessen tatrichterliche Würdigung, dass eine Bebauung des Grundstücks Flst.-
Nr. …
(…)
und des Grundstücks Flst.-Nr. …
auf der Grundlage des § 34 BauGB
auch ohne den angefochtenen Bebauungsplan nicht ausgeschlossen wäre, als
verfehlt an. Der Vortrag in der ergänzenden Stellungnahme beschränkt sich auf
die Behauptung, die tatsächlichen Verhältnisse hätten sich seit 1984 nicht ge-
ändert.
Der ebenfalls unter B.II.6. erhobene Vorwurf eines Verstoßes gegen Denkge-
setze (Beschwerdebegründung S. 20) genügt nicht ansatzweise den Darle-
gungsanforderungen i.S.d. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Das gilt auch, soweit die
Antragsteller in ihrer ergänzenden Stellungnahme auf die „fehlerhafte Annahme
des VGH, die dieser überraschend, ohne Begründung und lediglich aufgrund
‚eines Blickes auf den angefochtenen Bebauungsplan’“ hinweisen.
2.6.2 Mit dem Vortrag unter B.II.7., mit dem die Antragsteller sich gegen die
Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs wehren, sie hätten nicht dargelegt,
welche Art der Bebauung und Nutzung sie befürchteten und wodurch sie ihre
privaten Belange als Nachbarn mehr als nur geringfügig beeinträchtigt sähen
(Beschwerdebegründung S. 20 - 21), werden Verfahrensfehler i.S.d. § 132 Abs.
2 Nr. 3 VwGO nicht aufgezeigt.
Die Antragsteller behaupten lediglich, eine nach ihren Vorstellungen realisierba-
re Bebauung auf Grundstücken außerhalb des Plangebiets werde eine erdrü-
ckende Wirkung entfalten. Zu der Feststellung des Verwaltungsgerichtshofs,
dass die „durch den angefochtenen Bebauungsplan zugelassene Bebauung …,
wie die … Festsetzungen in ihrer Gesamtschau zeigen, offenkundig nicht zu
einer erdrückenden Wirkung für das Grundstück und das auf ihm errichtete
Wohnhaus der Antragsteller“ führen (UA S. 17), verhalten sie sich nicht. Da-
rüber hinaus blenden sie die als tatrichterliche Würdigung bindende Feststel-
lung des Verwaltungsgerichtshofs aus, wonach die Festsetzungen des Bebau-
ungsplans zeigten, dass zur vorhandenen Bebauung außerhalb des Plange-
biets - auch zum Grundstück der Antragsteller - lediglich eine in Qualität und
Quantität nahezu identische Wohnbebauung hinzutrete (UA S. 13). Verfahrens-
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fehler zeigen die Antragsteller insoweit nicht auf, sondern erheben - in ihrer er-
gänzenden Stellungnahme - lediglich den Vorwurf, diese Feststellung entbehre
einer ordnungsgemäß festgestellten Tatsachengrundlage.
2.7 Die unter B.II.8. geltend gemachten Verfahrensfehler genügen ebenfalls
nicht den Darlegungsanforderungen i.S.d. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.
2.7.1 Der Vortrag unter B.II.8. Buchst. a) zum Thema „Grundflächenzahl“, der
mit dem sinngemäßen Vorwurf eines Überraschungsurteils verbunden wird und
mit dem die Antragsteller eine Verletzung der Amtsermittlung und einen Ge-
hörsverstoß geltend machen (Beschwerdebegründung S. 22 - 23), mündet in
den Vorwurf, die Feststellung des Gerichts sei unhaltbar, weil die Grundflä-
chenzahlen in der Planbegründung unzutreffend ermittelt worden seien.
Sollte mit diesem Vortrag der Vorwurf der Aktenwidrigkeit erhoben werden,
würde er den Darlegungsanforderungen nicht genügen. Konkrete Zahlen hat
der Verwaltungsgerichtshof nicht angeführt. Schon aus diesem Grund vermag
das Zahlenwerk der Antragsteller, für das sie keinen Beleg aus dem Akteninhalt
anführen, keinen aktenwidrigen Wi derspruch zu begründen.
Abgesehen davon scheinen die Antragsteller die Ausführungen des Verwal-
tungsgerichtshofs misszuverstehen. Der Verwaltungsgerichtshof geht nicht da-
von aus, dass die Grundflächenzahl der geplanten Bebauung der der Umge-
bungsbebauung außerhalb des Plangebiets entspreche (Beschwerdebegrün-
dung S. 22), sondern hat auf die Größe der Baukörper abgestellt. Das er-
schließt sich aus dem Hinweis, dass mit der engen Festsetzung - wie sich aus
der Begründung zum Bebauungsplan unter Ziffer 9.2 ergebe - größere Anbau-
ten ausgeschlossen werden sollen, um die verbleibenden Gartenflächen und
das Erscheinungsbild dieser prägnanten Bebauung zu schützen (UA S. 13).
Daran anknüpfend führt der Verwaltungsgerichtshof für die Baugebiete W 6 bis
W 17 aus, dass die Größe der Baukörper über die Bemaßung der Grundrisse
und Höhenangaben hinreichend bestimmt sei (UA S. 13). Nach der für die Be-
urteilung eines Verfahrensfehlers maßgeblichen Rechtsauffassung des Verwal-
tungsgerichtshofs kam es danach nicht auf einen Vergleich der Grundflächen-
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zahlen an. Vor diesem Hintergrund kann auch keine Rede davon sein, dass der
Verwaltungsgerichtshof eine „in der Luft hängende“ Feststellung getroffen hätte.
2.7.2 Der Vortrag unter B.II.8. Buchst. b) zum Thema „Abstandsflächen“ er-
schöpft sich in dem Vorwurf, der Verwaltungsgerichtshof gehe zu Unrecht da-
von aus, dass sich die Abstandsflächen im Plangebiet nicht überschneiden (Be-
schwerdebegründung S. 23 - 25). Ein Gehörsverstoß wird zwar behauptet. Der
Sache nach tragen die Antragsteller indes nur Zahlenwerk und Argumente vor,
mit denen sie begründen wollen, die Feststellungen des Verwaltungsgerichts-
hofs seien unrichtig.
2.7.3 Dem Vortrag unter B.II.8. Buchst. c) (Beschwerdebegründung S. 25) ver-
mag der Senat keine zulassungsrechtlich relevanten Gesichtspunkte zu ent-
nehmen. Mit dem Vorwurf eines Verstoßes gegen den Anspruch auf rechtliches
Gehör, den Untersuchungsgrundsatz und Denkgesetze wird lediglich erneut
behauptet, die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs entbehre der tatsächli-
chen Grundlage.
2.8 Der Vortrag unter B.II.9. (Beschwerdebegründung S. 26 - 29) lässt sich
auch unter Berücksichtigung der ergänzenden Stellungnahme einem Zulas-
sungsgrund i.S.d. § 132 Abs. 2 VwGO nicht zuordnen.
Sollte der Vorwurf, der Verwaltungsgerichtshof habe die Anforderungen an die
Substantiierung überspannt, als Rüge mangelnder Amtsaufklärung zu verste-
hen sein, so fehlt es an der Darlegung, welche Tatsachen das Gericht aufzuklä-
ren gehabt hätte und aus welchen Gründen sich die Antragsteller gehindert ge-
sehen haben, entsprechende Beweisanträge zu stellen. Dafür genügt es nicht,
ihren Vortrag vor dem Normenkontrollgericht zusammenfassend zu wiederho-
len.
Unabhängig davon beachten die Antragsteller nicht, dass der Verwaltungsge-
richtshof in diesem Zusammenhang „im Übrigen“ darauf abgestellt hat, dass
das von den Antragstellern im Wesentlichen allein geltend gemachte Interesse
an der Freihaltung der überplanten Gartenflächen und damit die Beibehaltung
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des Status quo im vorliegenden Fall - wie aus den Darlegungen unter I. ersicht-
lich - keinen abwägungserheblichen privaten Belang im Sinne des § 1 Abs. 7
BauGB darstelle (UA S. 18).
2.9 Der Vortrag unter B.II.10., mit dem die Antragsteller meinen, es sei zumin-
dest in einer Gesamtschau von einem Verfahrensfehler auszugehen (Be-
schwerdebegründung S. 29 - 30), erschöpft sich wiederum in der Behauptung,
der Verwaltungsgerichtshof habe systematisch und durchweg zulasten der An-
tragsteller den Sachverhalt unrichtig festgestellt. Auch zu dem Beiladungsbe-
schluss fehlt jegliche Präzisierung, auf welchen Verfahrensfehler sich die An-
tragsteller berufen wollen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streit-
wertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
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