Urteil des BVerwG vom 18.01.2012

Bebauungsplan, Rechtsstaatsprinzip, Form, Konkretisierung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 BN 25.11
VGH 1 N 09.2888
In der Normenkontrollsache
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hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 18. Januar 2012
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gatz und Dr. Jannasch
beschlossen:
Die Beschwerde der Antragsteller gegen die Nichtzulas-
sung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwal-
tungsgerichtshofs vom 22. März 2011 wird zurückgewie-
sen.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdever-
fahrens als Gesamtschuldner.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 10 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf den Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Be-
schwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg. Das Be-
schwerdevorbringen ergibt nicht, dass die Revision wegen grundsätzlicher Be-
deutung der Rechtssache zuzulassen wäre. Dies setzt die Formulierung einer
bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentschei-
dung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe
voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung
bestehen soll (stRspr).
Die Frage, ob Außenbereichsflächen in den Umgriff eines nach § 13a BauGB
aufgestellten Bebauungsplans einbezogen werden können, würde sich in einem
Revisionsverfahren nicht stellen, da der Verwaltungsgerichtshof sie offen gelas-
sen hat (Rn. 21).
Die Frage, ob unter Berücksichtigung der Fortentwicklung der Kommunikations-
technik die Bekanntgabe ausschließlich an den Gemeindetafeln im Ort noch
den Anforderungen an das Rechtsstaatsprinzip genügt, rechtfertigt ebenfalls
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nicht die Zulassung der Revision. Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus,
dass bei einer Gemeinde mit etwa 4 000 Einwohnern die gewählte Form der
Bekanntmachung nach Art. 26 Abs. 2 Satz 2 der Bayerischen Gemeindeord-
nung noch zulässig sei und nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip verstoße.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vermag die
Nichtbeachtung von Bundesrecht bei der Auslegung und/oder Anwendung von
Landesrecht die Zulassung der Revision allenfalls dann zu begründen, wenn
die Auslegung der - gegenüber dem Landesrecht als korrigierender Maßstab
angeführten - bundesrechtlichen Norm ihrerseits ungeklärte Fragen von grund-
sätzlicher Bedeutung aufwirft (vgl. Beschluss vom 1. September 1992 - BVerwG
11 B 24.92 - Buchholz 310 § 137 VwGO Nr. 171). Wird eine Vorschrift des Lan-
desrechts als bundesverfassungsrechtlich bedenklich angesehen, ist im Einzel-
nen darzulegen, gegen welche verfassungsrechtliche Norm verstoßen wird und
ob sich bei der Auslegung dieser Bestimmung Fragen grundsätzlicher Bedeu-
tung stellen, die sich nicht aufgrund bisheriger oberstgerichtlicher Rechtspre-
chung - insbesondere des Bundesverwaltungsgerichts - beantworten lassen
(vgl. Beschluss vom 25. März 1999 - BVerwG 6 B 16.99 - juris). Diesen Anfor-
derungen genügt die Beschwerde nicht, da sie sich darauf beschränkt, einen
Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip zu behaupten, ohne sich in irgendeiner
Form mit der zu Art. 20 Abs. 3 GG ergangenen Rechtsprechung auseinander-
zusetzen oder in anderer Weise die grundsätzliche Klärungsbedürftigkeit zu
erörtern.
Die Frage, ob die Einbeziehung von Außenbereichsgrundstücken in einen Be-
bauungsplan mit dem Ziel, diese nicht zu verändern, eine unzulässige Negativ-
planung darstellt, gebietet nicht die Zulassung der Revision. In der Rechtspre-
chung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass Festsetzungen als „Ne-
gativplanung“ nur dann unzulässig sind, wenn sie nicht dem planerischen Willen
der Gemeinde entsprechen, sondern nur vorgeschoben sind, um eine andere
Nutzung zu verhindern (Beschluss vom 27. Januar 1999 - BVerwG 4 B 129.98 -
BRS 62 Nr. 29). Davon kann bei einem Bebauungsplan, in dem sowohl Bauflä-
chen als auch Bereiche, die als Grünflächen von einer Bebauung freizuhalten
sind, festgesetzt werden, keine Rede sein.
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Die zum Maß der Konkretisierung der Festsetzungen für Grünflächen genannte
Frage lässt nicht erkennen, dass die Rechtsprechung des Bundesverwaltungs-
gerichts, auf die der Verwaltungsgerichtshof sich selbst bezieht (Beschluss vom
23. April 1998 - BVerwG 4 B 40.98 - NVwZ 1998, 1179 = BRS 60 Nr. 178), wei-
terer Klärung in einem Revisionsverfahren bedürfte.
Die Frage, ob es noch mit der entschädigungsfreien Sozialpflichtigkeit des Ei-
gentums vereinbar ist, wenn in einem Bebauungsplan Grundstücke als private
Grünfläche festgesetzt werden, lässt sich im Ergebnis nur einzelfallbezogen
unter Berücksichtigung der jeweiligen örtlichen Verhältnisse (vgl. hierzu vorlie-
gend die Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs im Urteil Rn. 33 - 37) be-
antworten. Davon abgesehen setzt sich die Beschwerdebegründung auch in-
soweit in keiner Weise mit den in der Rechtsprechung entwickelten allgemeinen
Grundsätzen auseinander.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 133 Abs. 5 Satz 2
VwGO ab, da sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizu-
tragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 159 Satz 2 VwGO, die
Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Prof. Dr. Rubel
Dr. Gatz
Dr. Jannasch
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