Urteil des BVerwG vom 30.07.2007

Grundstück, Eigentum, Verfassungsrecht, Bauland

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 BN 23.07
VGH 25 N 06.1374
In der Normenkontrollsache
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hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 30. Juli 2007
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Paetow
und die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp und Dr. Bumke
beschlossen:
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Die Beschwerde der Antragsteller gegen die Nichtzulas-
sung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwal-
tungsgerichtshofs vom 19. März 2007 wird zurückgewie-
sen.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdever-
fahrens als Gesamtschuldner. Die außergerichtlichen Kos-
ten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 20 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Die von der
Beschwerde behauptete rechtsgrundsätzliche Bedeutung der Rechtssache
gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wird nicht in der nach § 133 Abs. 3 Satz 3
VwGO erforderlichen Weise dargelegt. Dies setzt die Formulierung einer be-
stimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung
erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe
voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung
bestehen soll (Beschluss vom 31. Juli 1997 - BVerwG 7 B 252.97 -). Diesen
Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht.
1.1 Die mit der Beschwerde aufgeworfene Frage, „ob bei einem bereits vorhan-
denen Überangebot an Wohnbauflächen weitere derartige Flächen durch einen
Bebauungsplan geschaffen werden dürfen, nur weil einige Eigentümer dies
wünschen, obwohl hierdurch das Überangebot verschärft wird“, zielt nur darauf,
die Feststellungen des Normenkontrollgerichts zur Erforderlichkeit der Planung
i.S.d. § 1 Abs. 3 Satz 1 BauBG - mit Blick auf den bestehenden Überhang
baureifer Grundstücke im Gemeindegebiet - anzuzweifeln. Mit einem solchen
auf den konkreten Fall zugeschnittenen Angriff auf die vorinstanzliche Sachver-
haltswürdigung und Rechtsanwendung lässt sich die grundsätzliche Bedeutung
der Rechtssache nicht begründen. Die Antragsteller setzen - ungeachtet der
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allgemein gehaltenen Formulierung der Frage - lediglich der dem angefochte-
nen Urteil zugrunde liegenden Tatsachenwürdigung die abweichende eigene
Auffassung entgegen. Soweit in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen
wird, die Feststellungen des Normenkontrollgerichts zum städtebaulichen Kon-
zept des zur Überprüfung gestellten Bebauungsplans (Ordnung der im Außen-
bereich entstandenen Bebauung) seien nicht vom Tatbestand gedeckt und
auch nicht zutreffend, wird nicht aufgezeigt, auf welchen Zulassungsgrund die-
ser Einwand führen soll.
1.2 Auch bei der zweiten Frage, „ob eine Gemeinde dem Wunsch von Eigen-
tümern auf Aufstellung eines Bebauungsplans überhaupt entsprechen darf,
wenn dies wie hier, nur dadurch möglich ist, dass in bestandsgeschützte Rech-
te Dritter eingegriffen wird“, beschränken sich die Antragsteller darauf, die vom
Normenkontrollgericht festgestellte Erforderlichkeit der Planung anzuzweifeln.
1.3 Bei der dritten Frage, „ob diejenigen, die nach herrschender Rechtspre-
chung überhaupt keinen Rechtsanspruch auf Aufstellung eines Bebauungs-
plans haben, jedoch bereits Eigentümer erschlossener Grundstücke sind, diese
aber wirtschaftlich dadurch aufwerten wollen, dass auch die rückwärtigen Teile
dieser Grundstücke als Bauland ausgewiesen werden, denn nicht grundsätzlich
hintenanstehen müssen, wenn die Aufstellung des Bebauungsplans bedeutet,
dass damit gleichzeitig in das bestandsgeschützte Eigentum Dritter eingegriffen
wird und deren Grundstück(s) dadurch erheblich in Wert und Wohnqualität sin-
ken, ganz abgesehen von den Immissionen, welche durch die neue Straße auf
den Erholungsbereich des Grundstück(s) einwirken werden“, fehlt überdies jeg-
liche Begründung i.S.d. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.
2. Soweit die Antragsteller Bezug nehmen auf das Urteil des Bundesverfas-
sungsgerichts vom 15. Februar 2006 zum Luftsicherheitsgesetz (- 1 BvR
357/05 - BVerfGE 115, 118), erschöpft sich der Vortrag in der Behauptung, es
liege ein Verstoß „gegen das Verfassungsrecht“ vor. Solche Richtigkeitszweifel
stellen keinen Zulassungsgrund dar. Sollte der Vortrag als Divergenzrüge i.S.d.
§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zu verstehen sein, genügt er nicht den Darlegungsan-
forderungen. Die Darlegung einer Divergenz setzt voraus, dass ein inhaltlich
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bestimmter, die angefochtene Entscheidung tragender abstrakter Rechtssatz
benannt wird, auf welchen das vorinstanzliche Gericht die angegriffene Ent-
scheidung gestützt hat, und dass zum anderen ein dem widersprechender, die
Entscheidung tragender Rechtssatz eines der gesetzlich benannten Divergenz-
gerichte zu der gleichen Frage aufgezeigt wird. Hier fehlt es bereits an der Dar-
legung des abstrakten Rechtssatzes, auf dem die Entscheidung des Normen-
kontrollgerichts beruhen soll. Dementsprechend wird auch kein Rechtssatzwi-
derspruch herausgearbeitet.
3. Soweit die Antragsteller die Nichtbeachtung von Entscheidungen des Bun-
desverwaltungsgerichts bzw. Bundesverfassungsgerichts rügen, versteht der
Senat den Vortrag, bei dem auf eine ausdrückliche Benennung eines Zulas-
sungsgrund verzichtet wird, als Geltendmachung von Divergenzen i.S.d. § 132
Abs. 2 Nr. 2 VwGO. Der Vortrag, das angefochtene Urteil beruhe auf einer
Nichtbeachtung der Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. April 1997
(- BVerwG 4 C 5.96 - BVerwGE 104, 236) und vom 1. November 1974
(- BVerwG 4 C 38.71 - BVerwGE 47, 144) sowie des Beschlusses des Bundes-
verfassungsgerichts vom 19. Dezember 2002 (- 1 BvR 1402/01 - NVwZ 2003,
727), genügt aber ebenfalls nicht den Darlegungsanforderungen. Auch hier
werden keine sich widersprechende Rechtssätze aufgezeigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2, § 162 Abs. 3
VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Dr. Paetow Dr. Philipp Bumke
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