Urteil des BVerwG vom 01.04.2003

Fehlerhaftigkeit, Bauverbot, Verwaltung, Bestimmtheitsgebot

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 BN 23.03
OVG 1 K 2/01
In der Normenkontrollsache
hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 1. April 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. P a e t o w und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. L e m m e l und Dr. J a n n a s c h
beschlossen:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen die
Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des
Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungs-
gerichts vom 18. Juli 2002 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Be-
schwerdeverfahrens.
- 2 –
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das
Beschwerdeverfahren auf 50 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Dem Beschwerdevorbringen
lässt sich nicht entnehmen, dass die behaupteten Zulassungs-
gründe aus § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO gegeben sind.
Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 132
Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Dieser Zulassungstatbestand ist erfüllt,
wenn zu erwarten ist, dass die Entscheidung im künftigen Revi-
sionsverfahren dazu dienen kann, die Rechtseinheit in ihrem
Bestand zu erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts zu
fördern. In der Beschwerdebegründung muss deshalb eine
entscheidungserhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts
aufgeworfen und ausformuliert sowie ein Grund dafür angegeben
werden, weshalb sie im Interesse der Einheit oder der
Fortbildung des Rechts der höchstrichterlichen Klärung bedarf
(stRspr seit BVerwGE 13, 90 <91>). Derartige auf das
Bundesrecht oder sonstiges revisibles Recht bezogene Fragen
wirft die Beschwerde nicht auf. Sie macht lediglich geltend,
die vom Normenkontrollgericht vorgenommene Auslegung
bestimmter Vorschriften der Landschaftsschutzverordnung
verstoße gegen das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot
und damit gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der
Verwaltung. Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung
ist mit einem Vorbringen, das allein die Fehlerhaftigkeit der
vorinstanzlichen Entscheidung rügt, ohne gleichzeitig einen
höchstrichterlichen Klärungsbedarf hinsichtlich der als
verletzt bezeichneten Normen des revisiblen Rechts
herauszuarbeiten, nicht dargetan.
Aus demselben Grund muss der Vortrag der Beschwerde erfolglos
bleiben, das Normenkontrollgericht habe die Unterschiede zwi-
schen einem präventiven und einem repressiven Verbot verkannt.
- 3 –
Zu Unrecht wirft die Beschwerde dem Normenkontrollgericht vor,
es sei mit seiner Entscheidung von dem Beschluss des
Bundesverfassungsgerichts vom 2. März 1999 - 1 BvL 7/91 -
BVerfGE 100, 226 abgewichen. Eine die Revision eröffnende
Abweichung, nämlich ein Widerspruch im abstrakten Rechtssatz,
liegt nur dann vor, wenn das vorinstanzliche Gericht in
Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem seine
Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem in der
angegebenen Entscheidung aufgestellten ebensolchen Rechtssatz
abgewichen ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Oktober 1998
- BVerwG 4 B 98.98 - NVwZ 1999, 183, stRspr). Daran fehlt es
hier. Die Beschwerde bezieht sich auf die Ausführungen im
Normenkontrollurteil (Urteilsabdruck S. 15), mit denen das
Oberverwaltungsgericht unter Berufung auf das Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts vom 31. Januar 2001 - BVerwG
6 CN 2.00 - BVerwGE 112, 373 (378 f.) es für
verfassungsrechtlich unbedenklich hält, dass die streitige
Landschaftsschutzverordnung keine Regelung über einen etwa
erforderlichen Ausgleich für das angeordnete Bauverbot ent-
hält. Nach Ansicht der Beschwerde steht dieses Rechtsverständ-
nis nicht im Einklang mit der genannten Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts. Dies ist indes unzutreffend. Wie in
dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. Januar 2001
a.a.O. im Einzelnen dargelegt, beziehen sich die betreffenden
Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts nicht auf
Rechtsverordnungen, sondern allein auf Verwaltungsakte. Dies
ergibt sich auch eindeutig aus der maßgebenden Passage in
BVerfGE 100, 226 (246). Enthält mithin die Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts keine Aussagen zu der entsprechenden
Problematik bei Rechtsverordnungen, liegen schon aus diesem
Grund die Voraussetzungen für eine Divergenz nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Fest-
setzung des Streitwertes folgt aus § 14 Abs. 1 Satz 1 und
Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
- 4 –
Paetow Lemmel Jannasch