Urteil des BVerwG vom 25.04.2002

Rechtliches Gehör, Gewerbe, Gemeinde, Bebauungsplan

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BESCHLUSS
BVerwG 4 BN 20.02
VGH 9 N 345/00
In der Normenkontrollsache
hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 25. April 2002
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. P a e t o w und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
H a l a m a und G a t z
beschlossen:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen die
Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des
Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom
19. Dezember 2001 wird zurückgewiesen.
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Der Antragsteller trägt die Kosten des Be-
schwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das
Beschwerdeverfahren auf 30 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO ge-
stützte Beschwerde ist unbegründet.
I. Ob die Divergenzrüge den Darlegungsanforderungen des § 133
Abs. 3 Satz 3 VwGO gerecht wird, kann dahinstehen. Jedenfalls
greift sie sachlich nicht durch. Eine Divergenz im Sinne des
§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegt nur dann vor, wenn sich das Nor-
menkontrollgericht mit einem, seine Entscheidung tragenden ab-
strakten Rechtssatz zu einem vom Bundesverwaltungsgericht auf-
gestellten Rechtssatz in Widerspruch gesetzt hat. Um dem Dar-
legungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO zu genügen,
müssen die Rechtssätze bezeichnet und einander gegenüberge-
stellt werden.
1. Der Antragsteller entnimmt dem Senatsurteil vom 22. Mai
1987 - BVerwG 4 C 77.84 - (BVerwGE 77, 317), dass ein Nut-
zungsausschluss auf der Grundlage des § 1 Abs. 5 BauNVO mit
Argumenten begründet sein muss, "die sich aus der jeweiligen
Planungssituation ergeben und die geeignet sind, die jeweilige
Abweichung von den gemäß §§ 1 Abs. 2 und Abs. 3, 2 bis 15
BauNVO vorgesehenen Gebietstypen zu tragen". Er macht indes
selbst nicht geltend, dass die Normenkontrollentscheidung in
diesem Punkt auf einem hiervon abweichenden rechtlichen Ansatz
beruht. Er räumt vielmehr ein, dass sich das Normenkontrollge-
richt seinerseits ausdrücklich auf die von ihm zitierte Se-
natsrechtsprechung stützt. Die Abweichung erblickt er darin,
dass die Vorinstanz die vom Senat formulierten Maßstäbe
"letztlich nicht angelegt bzw. rechtlich umgesetzt" habe. Das
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läuft auf die Rüge hinaus, dass das Normenkontrollgericht aus
dem Urteil vom 22. Mai 1987 nicht die rechtlichen Konsequenzen
gezogen hat, die er für geboten hält. Selbst wenn diese Kritik
berechtigt wäre, ließe sie sich allenfalls als Beleg dafür
werten, dass die Vorinstanz die vom Senat zu § 1 Abs. 5 BauNVO
aufgestellten Rechtssätze unrichtig angewendet hat. Eine et-
waige fehlerhafte Rechtsanwendung kann indes nicht mit einer
Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO gleichgesetzt
werden.
2. Sollte auch eine Abweichung von den zu § 1 Abs. 3 BauGB er-
gangenen Senatsbeschlüssen gerügt werden sollen, so gilt Ent-
sprechendes. Der Antragsteller führt keinen Rechtssatz an, mit
dem sich das Normenkontrollgericht in Widerspruch zu den von
ihm angeführten Entscheidungen gesetzt haben könnte.
II. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung,
die ihr die Beschwerde beilegt. Der Antragsteller hält für
klärungsbedürftig, "ob die nach der Rechtsprechung des Bundes-
verwaltungsgerichts zur Rechtfertigung des Ausschlusses von
Nutzungen nach § 1 Abs. 5 BauNVO erforderliche Begründung der
Festsetzung mit Argumenten, die sich aus der Planungssituation
ergeben und die geeignet sind, die jeweilige Abweichung von
den gemäß §§ 1 Abs. 2 und Abs. 3, 2 bis 14 BauNVO vorgesehenen
Gebietstypen zu tragen, im Falle des Ausschlusses von Tank-
stellen, Betrieben des Beherbergungsgewerbes, Einzelhandelsbe-
trieben (aller Art), selbständigen Geschäfts-, Büro- und Ver-
waltungsgebäuden sowie selbständigen gewerblichen Lagerplätzen
allein darin bestehen können, dass abstrakt und ohne weiterge-
hende Erläuterung der örtlichen Gegebenheiten auf die Gefahr
verwiesen wird, die ausgeschlossenen Nutzungen könnten das
produzierende Gewerbe verdrängen". Diese Frage nötigt nicht
zur Zulassung der Revision auf der Grundlage des § 132 Abs. 2
Nr. 1 VwGO. Sie lässt sich anhand des Gesetzeswortlauts und
der zu § 1 Abs. 5 BauNVO ergangenen Senatsrechtsprechung be-
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antworten, ohne dass es eigens der Durchführung eines Revisi-
onsverfahrens bedarf.
Aus § 1 Abs. 5 BauNVO ergibt sich, dass es grundsätzlich zu-
lässig ist, die vom Antragsteller erwähnten Nutzungsarten
durch entsprechende Festsetzungen im Bebauungsplan auszu-
schließen. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass
ein solcher Ausschluss allerdings nicht im planerischen Belie-
ben der Gemeinde steht, sondern nur dann in Betracht kommt,
wenn städtebauliche Gründe ihn rechtfertigen (vgl. BVerwG, Ur-
teil vom 22. Mai 1987 - BVerwG 4 C 77.84 - a.a.O.; Beschluss
vom 22. Mai 1987 - BVerwG 4 N 4.86 - BVerwGE 77, 308). Eben-
falls geklärt ist, dass es unter städtebaulichen Gesichtspunk-
ten gerechtfertigt sein kann, in einem Gewerbegebiet das Mit-
tel des Nutzungsausschlusses gezielt zu dem Zweck einzusetzen,
das produzierende Gewerbe zu stärken (vgl. BVerwG, Beschluss
vom 11. Mai 1999 – BVerwG 4 BN 15.99 – Buchholz 406.12 § 1
BauNVO Nr. 27). Es entspricht zudem dem Stand der Rechtspre-
chung, dass die Gemeinde mit Festsetzungen, die ihr nach den
Vorschriften der Baunutzungsverordnung zu Gebote stehen, nicht
zuwarten muss, bis planerische Aktivitäten zur Bewältigung ei-
ner Problemlage unentbehrlich oder gar zwingend geboten er-
scheinen (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Januar 1993 - BVerwG 8 C
46.91 - BVerwGE 92, 8). Vielmehr kann es das mit einem Nut-
zungsausschluss zulässigerweise verfolgte Planungsziel sein,
im Vorgriff auf künftige Entwicklungen einer Bedarfslage ge-
recht zu werden, die sich zwar noch nicht konkret abzeichnet,
aber bei vorausschauender Betrachtung in einem absehbaren
Zeitraum erwartet werden kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom
8. September 1999 - BVerwG 4 BN 14.99 - Buchholz 406.11 § 1
BauGB Nr. 106). Unwirksam ist eine solche Angebotsplanung nur,
wenn sie auf unabsehbare Zeit aus tatsächlichen Gründen keine
Aussicht auf Verwirklichung bietet oder ihr unüberwindliche
rechtliche Hindernisse im Wege stehen (vgl. BVerwG, Urteil vom
12. August 1999 – BVerwG 4 CN 4.98 – BVerwGE 109, 246; Be-
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schluss vom 25. August 1997 - BVerwG 4 NB 12.97 - Buchholz
406.11 § 6 BauGB Nr. 7). Ob es sich aus städtebaulicher Sicht
rechtfertigen lässt, das Instrumentarium des § 1 Abs. 5 BauNVO
zur Sicherung eines Bedarfs einzusetzen, der lediglich als
künftige Möglichkeit zu Buche schlägt, hängt von der jeweili-
gen Planungssituation ab (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1987
- BVerwG 4 C 77.84 - a.a.O.).
Der Antragsteller zeigt nicht auf, in welcher Richtung diese
Rechtsprechung fortentwicklungsbedürftig sein sollte. Die Vor-
instanz räumt ein, dass von Seiten des produzierenden Gewerbes
kein spürbarer Nachfragedruck besteht. Gleichwohl geht sie da-
von aus, dass die im angegriffenen Bebauungsplan vorgesehenen
Nutzungsausschlüsse der städtebaulichen Rechtfertigung nicht
entbehren. Unter Hinweis darauf, dass das Plangebiet zu den
wenigen Bauflächen im Stadtgebiet gehört, die sich hierfür
eignen, erkennt sie es als berechtigtes Anliegen der Antrags-
gegnerin an, dem produzierenden Gewerbe ein gewisses Maß an
Entfaltungsmöglichkeiten zu sichern. Der Antragsteller lässt
es damit bewenden, dieser Wertung seine eigene abweichende
Würdigung der Verhältnisse entgegenzusetzen. Dies reicht nicht
aus, um der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zu verleihen.
III. Die Verfahrensrügen greifen ebenfalls nicht durch.
1. Das Normenkontrollurteil beruht nicht auf Feststellungen,
die in Widerspruch zum unstreitigen Akteninhalt stehen. Das
Normenkontrollgericht hat nicht verkannt, dass sich in der Be-
gründung zu den Festsetzungen im Plangebietsteil 3 keine Anga-
ben finden, die darauf hindeuten, dass die Antragsgegnerin
sich beim Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben, Betrieben des
Beherbergungsgewerbes und selbständigen Geschäfts-, Büro- und
Verwaltungsgebäuden auch von der Erwägung hat leiten lassen,
das produzierende Gewerbe vor einer Verdrängung zu bewahren.
Es hat indes aus dem "Gesamtzusammenhang" der Planbegründung
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gefolgert, dass die Antragsgegnerin diesen Gesichtspunkt, auf
den sie an anderer Stelle der Aufstellungsunterlagen ausdrück-
lich abgestellt hat, auch im Plangebietsteil 3 hat zur Geltung
bringen wollen. Ob dieses Argument stichhaltig ist, lässt sich
nicht unter dem Blickwinkel aktenwidriger Feststellungen prob-
lematisieren, sondern stellt sich als eine Frage der Sachver-
halts- und Beweiswürdigung dar. Das sieht der Antragsteller
letztlich selber nicht anders. Denn er hält dem Normenkon-
trollgericht lediglich vor, die Behördenunterlagen aktenwidrig
ausgewertet zu haben. Selbst wenn dies zuträfe, läge hierin
kein Verfahrensmangel im Sinne des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
2. Auch für die geltend gemachte Verletzung des rechtlichen
Gehörs bietet das Beschwerdevorbringen keine Anhaltspunkte.
a) Wie aus der Niederschrift vom 19. Dezember 2001 zu ersehen
ist, wurde in der mündlichen Verhandlung "die Rechtmäßigkeit
der getroffenen textlichen Festsetzungen nach § 1 Abs. 4 bis
Abs. 10 der BauNVO erörtert". Der Antragsteller behauptet
selbst nicht, dass ihm im Rahmen dieser Erörterung keine Gele-
genheit eingeräumt worden sei, zu der Frage Stellung zu neh-
men, ob die Nutzungsausschlüsse im Plangebiet durch städtebau-
liche Gründe gerechtfertigt werden. Das Normenkontrollgericht
war nach § 278 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 173 VwGO nicht gehalten, in
dem mit den Beteiligten geführten Rechtsgespräch von sich aus
zur Sprache zu bringen, dass in der Planbegründung für den
Plangebietsteil 3 nicht auch auf den Gesichtspunkt des Ver-
drängungsschutzes abgestellt wird. In der Begründung, die dem
Bebauungsplan nach § 9 Abs. 8 Satz 1 BauGB beizufügen ist,
muss die Gemeinde nicht auf jede einzelne Festsetzung geson-
dert eingehen. Das Begründungserfordernis dient vor allem dem
Zweck, die Überprüfung der Abwägung zu erleichtern (vgl.
BVerwG, Beschluss vom 21. Februar 1986 - BVerwG 4 N 1.85 -
BVerwGE 74, 47). Die Gemeinde darf sich damit begnügen, auf
die zentralen Regelungen des Bebauungsplans einzugehen (vgl.
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BVerwG, Beschluss vom 3. November 1992 - BVerwG 4 NB 28.92 -
Buchholz 406.11 § 9 BBauG/BauGB Nr. 57). Ist ihre Begründung
zu Detailfragen unergiebig, so lässt sich dies allein nicht
als Beleg dafür werten, dass sie insoweit keine Erwägungen an-
gestellt hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. Januar 1992
- BVerwG 4 NB 22.90 – Buchholz 406.11 § 214 BauGB Nr. 6). Es
reicht aus, wenn sich aus anderen Umständen ergibt, von wel-
chen Überlegungen sie sich hat leiten lassen.
b) Das Normenkontrollgericht hat das rechtliche Gehör nicht
dadurch verkürzt, dass es das Plangebiet als eine der wenigen
Bauflächen im Stadtgebiet qualifiziert hat, die eine produzie-
rende gewerbliche Tätigkeit ermöglichen. Diese Feststellung
kam nicht überraschend. Der Antragsteller musste sie nach dem
Gang des Verfahrens ins Kalkül ziehen. Er stellt nicht in Ab-
rede, dass sich das Normenkontrollgericht in diesem Punkt die
Auffassung zu Eigen gemacht hat, die die Antragsgegnerin im
Normenkontrollverfahren unter Berufung auf eine Stellungnahme
der Industrie- und Handelskammer vom 22. Dezember 1995 durch-
gängig vertreten hat. Der Antragsteller hat diese Situations-
beschreibung nach den Angaben im Normenkontrollurteil nicht
substantiiert in Zweifel gezogen. Das Beschwerdevorbringen
lässt nicht erkennen, was ihn daran gehindert haben könnte,
der Darstellung der Antragsgegnerin entgegenzutreten. Um sich
zu diesem Komplex Gehör zu verschaffen, bedurfte es nicht ei-
gens eines gerichtlichen Hinweises. Teilte der Antragsteller
den Standpunkt der Gegenseite nicht, so war es seine Sache,
dies von sich aus zum Ausdruck zu bringen.
c) Ein Gehörsverstoß ergibt sich nicht daraus, dass die Vorin-
stanz sich über das Vorbringen des Antragstellers hinwegge-
setzt hat, wonach nicht nur in der Stellungnahme der Stadtver-
ordnetenversammlung die Rede davon ist, dass im Plangebiet
"das produzierende Gewerbe weiterhin Vorrang haben (soll), was
auch den Vorgaben der übergeordneten Planung entspricht", son-
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dern auch in der Begründung des Bebauungsplans darauf abgeho-
ben wird, dass das Gelände "entsprechend den Vorgaben der
übergeordneten Planung" hauptsächlich dem produzierenden Ge-
werbe zur Verfügung stehen soll. Das Normenkontrollgericht hat
diese Darlegungen zur Kenntnis genommen, hat sie aber, anders
als der Antragsteller, nicht als Anzeichen dafür gewertet,
dass die Antragsgegnerin davon ausgegangen sein könnte, sie
sei aufgrund von übergeordneten Planungen gezwungen gewesen,
das Gebiet für das produzierende Gewerbe vorzuhalten. Es hat
die Aussage, dass der angegriffene Bebauungsplan den Vorgaben
der übergeordneten Planung entspreche, vielmehr so verstanden,
dass die Festsetzungen mit den Anforderungen, die sich aus dem
Planungsrecht ergeben, in Einklang stehen. Der Wortlaut der
vom Antragsteller zitierten Textstellen lässt eine solche Deu-
tung ohne weiteres zu. Die Gesamtumstände lassen dieses Ver-
ständnis nach der Einschätzung des Normenkontrollgerichts
überdies als nahe liegend erscheinen. Das Gebot, rechtliches
Gehör zu gewähren, verlangt, Parteivorbringen zur Kenntnis zu
nehmen und in Erwägung zu ziehen, es nötigt das Gericht aber
nicht dazu, sich der vorgetragenen Rechtsauffassung anzu-
schließen.
3. Fehl geht schließlich die Rüge, der Tatrichter habe seine
Aufklärungspflicht verletzt. Die Vorinstanz hatte keinen An-
lass, durch Sachverständigengutachten klären zu lassen, ob der
für den Plangebietsteil 2 bestimmte flächenbezogene Schall-
leistungspegel je qm Grundstücksfläche von 60 dB(A) tags und
45 dB(A) nachts zur Folge hat, dass nördlich der Mühlheimer
Straße der für ein Mischgebiet maßgebliche Lärmrichtwert von
60 dB(A) tags und 45 dB(A) nachts nicht bloß eingehalten, son-
dern, ohne dass dies rechtlich geboten wäre, deutlich unter-
schritten wird. Das Normenkontrollgericht sieht sich in seiner
Annahme, dass die Lärmschutzfestsetzungen den immissions-
schutzrechtlichen Wertungen gerecht werden, durch die Stel-
lungnahme des Planungsbüros für Städtebau vom 22. August 2001
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und die im Sitzungstermin mündlich erläuterte sachverständige
Äußerung des Diplom-Physikers F. vom 31. August 2001 bestä-
tigt. Dem Gericht ist es nicht verwehrt, bei seiner Entschei-
dung Gutachten zu berücksichtigen, die nicht von ihm, sondern
von einem der Verfahrensbeteiligten eingeholt worden sind
(vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Juni 1979 - BVerwG 4 C 1.79 -
Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 120; Beschluss vom
18. Januar 1982 – BVerwG 7 B 254.81 – Buchholz 310 § 86 Abs. 1
Nr. 137; vgl. auch Beschluss vom 23. Februar 1994 - BVerwG 4 B
35.94 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 97). Ob es ein ihm vor-
gelegtes Gutachten als "Interessenten"-Vortrag bloß zur Kennt-
nis nimmt oder sich als eine maßgebliche Entscheidungsgrund-
lage zu Eigen macht, ist eine Frage der inhaltlichen Bewertung
der gutachterlichen Stellungnahme, die nicht allein deshalb
geringeres Gewicht als ein gerichtlich veranlasstes Gutachten
beansprucht, weil sie von einem Beteiligten in Auftrag gegeben
wurde, der an einem bestimmten Verfahrensausgang interessiert
ist. Je unzweifelhafter ein Gutachten als Ausdruck der Sach-
kundigkeit, Unparteilichkeit und Objektivität zu qualifizieren
ist, desto unbedenklicher eignet es sich als Entscheidungs-
grundlage. Ob das Gericht es mit dem Gutachtenmaterial bewen-
den lassen darf, das ihm vorliegt, oder verpflichtet ist, noch
einen weiteren Sachverständigen einzuschalten, hängt von der
Überzeugungskraft der gutachterlichen Äußerung ab. Die Notwen-
digkeit, einen gutachterlich aufgehellten Sachverhalt weiter
zu erforschen, muss sich grundsätzlich nur dann aufdrängen,
wenn das vorhandene Gutachten unvollständig, widersprüchlich
oder aus sonstigen Gründen nicht überzeugend ist, wenn es auf
unzutreffenden tatsächlichen Annahmen beruht, wenn Zweifel an
der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des erstbeauftragten
Sachverständigen bestehen, wenn ein anderer Sachverständiger
über neuere oder überlegenere Forschungsmittel verfügt oder
wenn die Erkenntnisse, die in dem vorliegenden Gutachten ihren
Niederschlag gefunden haben, durch substantiierte Einwände ei-
nes Beteiligten oder durch die übrige Ermittlungstätigkeit des
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Gerichts ernsthaft in Frage gestellt erscheinen (vgl. BVerwG,
Urteile vom 6. Februar 1985 – BVerwG 8 C 15.84 – BVerwGE 71,
38 und vom 15. Oktober 1985 – BVerwG 9 C 3.85 – Buchholz
402.25 § 1 AsylVfG Nr. 38; Beschluss vom 26. Juni 1992
- BVerwG 4 B 1-11.92 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 89). Der
Antragsteller legt nicht dar, weshalb das Normenkontrollge-
richt Veranlassung hatte, zur Lärmschutzproblematik Sachver-
ständigenbeweis zu erheben. Er bemängelt, dass der Schallgut-
achter F. sich darauf beschränkt hat, mit Erfahrungswerten zu
argumentieren, anstatt konkrete Berechnungen anzustellen. Er
macht indes selbst nicht geltend, Grund zu der Annahme zu ha-
ben, dass durch das Lärmschutzkonzept der Antragsgegnerin Pro-
bleme aufgeworfen werden, die sich allein mit Hilfe von Erfah-
rungswissen nicht lösen lassen. Im Übrigen lässt er unberück-
sichtigt, dass im Zusammenhang mit der Festsetzung von Zaun-
werten im Vorgängerbebauungsplan Berechnungen vorgenommen wor-
den sind, die sich nach den Angaben in der Stellungnahme des
Planungsbüros für Städtebau vom 22. August 2001 für "eine
Transformation ... in einen flächenbezogenen Schallleistungs-
pegel" ohne weiteres eignen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die
Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 14 Abs. 3 und § 13
Abs. 1 Satz 1 GKG.
Paetow Halama Gatz