Urteil des BVerwG vom 10.06.2009

Luft, Gutachter, Bebauungsplan, Familie

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 BN 15.09
VGH 3 S 1415/07
In der Normenkontrollsache
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hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 10. Juni 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Jannasch und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp
beschlossen:
Die Beschwerde der Antragstellerinnen gegen die Nicht-
zulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsge-
richtshofs Baden-Württemberg vom 4. März 2009 wird zu-
rückgewiesen.
Die Antragstellerinnen tragen die Kosten des Beschwer-
deverfahrens als Gesamtschuldner.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 20 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf die Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte
Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
1. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Be-
schwerde beimisst.
Die Beschwerde möchte rechtsgrundsätzlich geklärt wissen,
ob die im Urteil angewandte TA-Luft ausreichend Auskunft
über die Immissionsschwerpunkte gibt (Ziffer 2 der Be-
schwerdebegründung).
Inwiefern diese Frage entscheidungserheblich sein sollte, ist weder dargelegt
noch ersichtlich. Der Verwaltungsgerichtshof ist auf Immissionsschwerpunkte
nicht eingegangen. Er ist davon ausgegangen, dass der streitgegenständliche
Bebauungsplan mit dem Abwägungsgebot (§ 1 Abs. 7 BauGB) in Einklang ste-
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he (UA S. 11). Die beiden im Bebauungsplanverfahren herangezogenen Gut-
achten, darunter das Gutachten des Büros Dr. Ing. D. vom 24. August 2004 zu
den Erweiterungsmöglichkeiten des Geflügelhofes im Hinblick auf die Geruchs-
immissionen, seien frei von methodischen Fehlern; die Gutachten hätten somit
eine taugliche Grundlage für die zu treffende Abwägungsentscheidung geboten.
Der Gutachter Dr. Ing. D. habe die Erheblichkeit der Geruchsimmissionen aus-
gehend von der Mindestabstandsregelung in Nr. 5.4.7.1 der TA-Luft 2002 nach
der Geruchsimmissionsrichtlinie beurteilt (UA S. 13). Zugrunde gelegt habe er
hierbei den damals genehmigten Bestand von 23 520 Hennenplätzen (UA
S. 14). Dem Bestandsschutzinteresse des Geflügelhofs der Antragstellerin zu 1
habe die Antragsgegnerin hinreichend Rechnung getragen (UA S. 14 f.). Das
gelte auch für ihr Erweiterungsinteresse (UA S. 15 - 18). Wie sich aus der in der
mündlichen Verhandlung mit den Beteiligten erörterten Darstellung der Ab-
standsflächen nach Abbildung 1 zu Nr. 5.4.7.1 der TA-Luft 2002 ergebe, wäre
eine Erweiterung auf nahezu 36 000 Legehennenplätze durch einen Stallneu-
bau westlich der vorhandenen baulichen Anlagen möglich, ohne dass das
Wohngebiet „Näherer Grund“ von den Immissionen unzumutbar betroffen wäre
und ohne dass weitere primärseitige Maßnahmen (Abgasreinigung etc.) seitens
der Antragstellerin zu 1 getroffen werden müssten (UA S. 17 f.). Inwiefern diese
Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofs in rechtsgrundsätzlicher Weise feh-
lerhaft sein sollten und welche rechtliche Bedeutung den Immissionsschwer-
punkten hätte zukommen sollen, legt die Beschwerde nicht dar.
2. Verfahrensmängel werden nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3
VwGO entsprechend bezeichnet.
Die Beschwerde meint, der Verwaltungsgerichtshof habe zur Beurteilung der
Geruchsimmissionen einen unabhängigen Gutachter bestellen müssen (Ziffer 1
der Beschwerdebegründung). Soweit damit eine Verletzung der Aufklärungs-
pflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) geltend gemacht werden soll, ist der Verfahrens-
mangel nicht substantiiert dargelegt. Da die Antragstellerinnen in der mündli-
chen Verhandlung einen entsprechenden Beweisantrag nicht gestellt haben,
hätten sie in der Beschwerdebegründung darlegen müssen, warum sich dem
Gericht die Erforderlichkeit eines solchen Sachverständigengutachtens hätte
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aufdrängen sollen (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 -
NJW 1997, 3328). Diesen Anforderungen genügt ihr Vorbringen nicht. Die Be-
hauptung, Dr. Ing. D. habe seit 1998 daran festgehalten, dass der Windmast
zur Messung der meteorologischen Daten seines Gutachtens auf dem Park-
platz der Firma AMG aufgestellt gewesen sei, in der mündlichen Verhandlung
jedoch eingeräumt, dass der Windmast im Garten der Familie A. im Tal ge-
standen habe, findet in den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsge-
richtshofs keine Grundlage. Der Verwaltungsgerichtshof hat festgestellt, dass
sich der Standort der Windmessung - wie vom Vertreter der Antragstellerin Zif-
fer 1 in der mündlichen Verhandlung unter Vorlage von Lichtbildern bestätigt - in
unmittelbarer Nähe zum Geflügelhof am südwestlichen Ende des Plangebiets
„Bittenfelder Weg“ auf dem heute mit einem Parkhaus bestandenen Grundstück
Flurstück-Nr. 1975/. in einer Entfernung von deutlich weniger als 100 m vom
Geflügelhof der Antragstellerin Ziffer 1 befunden habe (UA S. 12).
Die Kritik, die die Beschwerde an einem Gutachten von Dr. Ing. D. vom 14. Mai
2008 übt, ist schon deshalb nicht geeignet, einen weitergehenden Aufklärungs-
bedarf darzulegen, weil der Verwaltungsgerichtshof das Urteil auf dieses Gut-
achten nicht gestützt hat. Das Gutachten vom 14. Mai 2008 war im für die Ab-
wägung maßgebenden Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungs-
plan (2. März 2006) noch nicht erstellt. Die Antragsgegnerin hat die Belange auf
der Grundlage des Gutachtens von Dr. Ing. D. vom 24. August 2004 abgewo-
gen. In Bezug auf dieses Gutachten hat der Verwaltungsgerichtshof festgestellt,
dass es frei von methodischen Fehlern sei und eine taugliche Grundlage für die
zu treffende Abwägungsentscheidung geboten habe (UA S. 11).
3. Unter Ziffer 3 bis 6 der Beschwerdebegründung werden Zulassungsgründe
weder benannt noch sinngemäß in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3
Nr. 3 VwGO entsprechenden Weise (vgl. hierzu Beschluss vom 19. August
1997 a.a.O.) dargelegt. Insoweit sieht der Senat gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2
VwGO von einer weiteren Begründung ab.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestset-
zung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Prof. Dr. Rubel
Dr. Jannasch
Dr. Philipp
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