Urteil des BVerwG vom 02.06.2008

Realisierung, Bekanntgabe, Bebauungsplan, Verminderung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 BN 11.08
VGH 4 N 869/07
In der Normenkontrollsache
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hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 2. Juni 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Paetow
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Gatz und Dr. Jannasch
beschlossen:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulas-
sung der Revision in dem Urteil des Hessischen Verwal-
tungsgerichtshofs vom 21. Februar 2008 wird zurückge-
wiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfah-
rens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 20 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde gegen die Nicht-
zulassung der Revision bleibt ohne Erfolg.
1. Die Rechtssache hat nicht die rechtsgrundsätzliche Bedeutung, die ihr die
Beschwerde beimisst. Dies setzt die Formulierung einer bestimmten, höchst-
richterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen
Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die
allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll
(stRspr).
Die Frage,
ob eine Befreiung nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG von
den naturschutzrechtlichen Verboten aus § 42 Abs. 1
BNatSchG mit Infrastrukturvorhaben gerechtfertigt werden
kann, wenn deren Realisierung noch ungewiss ist, weil im
Zeitpunkt der Bejahung der Befreiungsvoraussetzungen
noch nicht einmal ein Antrag auf Planfeststellung des Inf-
rastrukturvorhabens gestellt ist,
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rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Nach Auffassung der Beschwerde
war die Realisierung des Infrastrukturvorhabens zum Zeitpunkt der Bekanntga-
be der Befreiungsentscheidung ungewiss, weil nicht gesichert gewesen sei,
dass überhaupt ein Antrag auf Planfeststellung gestellt werde. Die Beschwerde
geht damit von einem Sachverhalt aus, den im Normenkontrollurteil nicht fest-
gestellt ist. Der Verwaltungsgerichtshof ist davon ausgegangen, dass die für
das Funktionieren des Bahnhofs notwendigen Maßnahmen durch den Bebau-
ungsplan bauplanungsrechtlich abgesichert werden sollen (UA S. 2). Der
Bahnhof ist Teil des von der Beschwerde allgemein angesprochenen Infrastruk-
turvorhabens. Die zum Betreiben des Bahnverkehrs notwendigen Gleisanlagen
sollen durch ein Planfeststellungsverfahren planungsrechtlich abgesichert wer-
den (UA S. 2). Der Bebauungsplan steht in untrennbarem Zusammenhang mit
der Reaktivierung des Stadtbahnhofs (UA S. 19). Für den Verwaltungsgerichts-
hof stand außer Frage, dass bei Bekanntgabe der Befreiungsentscheidung der
Antrag auf Planfeststellung sicher zu erwarten war. Lediglich der Zeitpunkt des
Antrags war offen. Hieraus hat der Verwaltungsgerichtshof keine „Ungewiss-
heit“ abgeleitet. Da das Revisionsgericht an diese Feststellungen gebunden
wäre, würde sich die auf der Prämisse, die Realisierung eines Infrastrukturvor-
habens sei noch ungewiss, aufbauende Rechtsfrage nicht stellen.
2. Auch die Verfahrensrüge, das Gericht habe den Sachverhalt „aktenwidrig“
festgestellt, bleibt ohne Erfolg. Diese Rüge erfordert die schlüssig vorgetragene
Behauptung, zwischen den in der angegriffenen Entscheidung getroffenen tat-
sächlichen Annahmen und dem insoweit unumstrittenen Akteninhalt sei ein Wi-
derspruch gegeben. Dem wird die Beschwerde nicht gerecht. Denn der Verwal-
tungsgerichtshof hat keine Feststellungen dahingehend getroffen, dass neben
den Einwänden des Landesamts für Denkmalpflege - die zu einer Herabset-
zung der Geschosszahl geführt haben (UA S. 15) - nicht auch weitere Einwen-
der sich für eine Verminderung des Bauvolumens ausgesprochen hätten. Der
Verwaltungsgerichtshof hat seiner Entscheidung somit keine Feststellungen
zugrunde gelegt, die in Widerspruch mit dem Akteninhalt - hier der Wiedergabe
der Stellungnahme des Vereins für Waldorfpädagogik Eschwege e.V. sowie der
beigefügten Stellungnahme der Verwaltung auf S. 231 der Bebauungsplanakten
- stünden.
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Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 133 Abs. 5 Satz 2
VwGO ab, da sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizu-
tragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestset-
zung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Dr. Paetow
Gatz
Dr. Jannsch
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