Urteil des BVerwG vom 21.07.2011

Öffentliche Parkanlage, Grünfläche, Begriff, Ausweisung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 BN 10.11
OVG 1 KN 266/07
In der Normenkontrollsache
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hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 21. Juli 2011
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Jannasch und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bumke
beschlossen:
Die Beschwerde der Antragsteller gegen die Nichtzulas-
sung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen
Oberverwaltungsgerichts vom 24. November 2010 wird
zurückgewiesen.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdever-
fahrens als Gesamtschuldner.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 30 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde der Antragsteller
hat keinen Erfolg.
1. Die Kläger zeigen nicht auf, dass ihre Grundsatzrüge zum Thema „Berück-
sichtigung natürlicher Überschwemmungsgebiete in der Bauleitplanung“ (Be-
schwerdebegründung S. 3) entscheidungserheblich ist.
Das Oberverwaltungsgericht hat seine Auffassung, dass die fraglichen Flächen
auch bei einer Beurteilung nach § 34 BauGB unbebaubar gewesen wären und
die Gemeinde daher bei deren Überplanung größere planerische Freiheiten
habe, zwar auch - erstens - auf den Gesichtspunkt des Hochwasserschutzes
gestützt. Der Gesichtspunkt des Hochwasserschutzes betrifft aber nur die Flä-
chen jenseits der nachrichtlich vermerkten Grenzlinie für das natürliche Über-
schwemmungsgebiet, nicht aber die davor gelegenen Grünflächenfestsetzun-
gen (UA S. 13). Entscheidend - wie ausdrücklich formuliert wird - ist für das
Oberverwaltungsgericht, dass die Antragsgegnerin mit der Grünflächenfestset-
zung als „Parkanlage“ eine bestehende Nutzung aufgenommen habe, die be-
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reits für sich genommen erhaltenswürdig sei (UA S. 14). Zeichne die Festset-
zung der Grünfläche nur nach, was die Örtlichkeit „hergibt“, könne dies nicht nur
die Bestätigung einer bisher schon bestehenden Unbebaubarkeit rechtfertigen,
sondern auch den Entzug einer zuvor bestehenden Bebaubarkeit (UA S. 7).
Entgegen der Auffassung der Antragsteller (Beschwerdebegründung S. 4) re-
kurriert das Oberverwaltungsgericht bei dieser Begründung auch nicht mittelbar
auf den Gesichtspunkt des Hochwasserschutzes.
2. Die Frage,
ob Parkanlagen i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB nur spezi-
fisch als öffentliche Grünflächen festsetzungsfähig sind,
lässt sich - soweit sie entscheidungserheblich ist - ohne Weiteres auf der
Grundlage des Gesetzes und der bisherigen Rechtsprechung des Senats be-
antworten.
Der Begriff „Grünfläche“ in § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB ist ein Oberbegriff, der die
Ausweisung einer Grünanlage als „privat“ oder „öffentlich“ umfasst. Mit dieser
Festsetzung bringt der Plangeber zum Ausdruck, dass lediglich die Anlage und
Unterhaltung einer begrünten Fläche gestattet ist (Urteil vom 16. Februar 1973
- BVerwG 4 C 66.69 - BVerwGE 42, 5 <6 f.>). Über die Ausweisung „privat“
oder „öffentlich“ hinaus muss der Plangeber die Festsetzung nur in dem Maße
hinaus konkretisieren, als es für die städtebauliche Entwicklung erforderlich ist
(Beschluss vom 27. Juli 1989 - BVerwG 4 NB 19.89 - Buchholz 406.11 § 214
BauGB Nr. 3 S. 2 - juris Rn. 10). Den Fall, dass eine „Grünfläche“ lediglich eine
begrünte Fläche sein soll, hat der Gesetzgeber selbst beispielhaft mit dem Beg-
riff „Parkanlage“ zusammengefasst. Dieser Begriff ist nicht auf die „öffentliche“
Parkanlage beschränkt. Auch eine privat angelegte gärtnerische Fläche kann
als „private“ Grünfläche mit der Bezeichnung „Parkanlage“ festgesetzt werden,
sofern hierfür ein städtebaulicher Grund vorliegt (Gierke, in: Brügelmann,
BauGB, Stand Januar 2010, § 9 Rn. 284; so auch OVG Berlin-Brandenburg,
Urteil vom 3. Mai 2010 - 2 A 18.08 - juris Rn. 34; a.A. wohl Söfker, in:
Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand 2005, § 9 Rn. 129). Ob
- wie vom Oberverwaltungsgericht im Hinblick auf den vorhandenen, vom Vor-
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eigentümer angelegten, als erhaltenswürdig erachteten Park angenommen - ein
besonderer städtebaulicher Grund vorliegt, hängt von den Gegebenheiten im
konkreten Fall ab und entzieht sich rechtsgrundsätzlicher Klärung. Auf eben
diese Gegebenheiten im konkreten Fall hebt im Übrigen auch der Verwaltungs-
gerichtshof München in der von der Beschwerde in Bezug genommenen Ent-
scheidung ab (VGH München, Urteil vom 21. Dezember 2010 - 1 N 08.3385 -).
3. Die weitere Frage,
ob „Parkanlage“ ein für sich allein stehender, auch keiner
ergänzenden Festsetzungen bedürfender Typ der Grünan-
lage i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB und damit als solcher
(OVG: „sich selbst erklärend“) festsetzungsfähig ist,
stellt sich nicht. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts sind hier
auch „flankierende“ textliche Festsetzungen (Nr. 4 und 5) in Bezug auf die Er-
haltung von Bäumen und Sträuchern vorhanden (UA S. 16).
4. Die Verfahrensrüge im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 138 Nr. 6
VwGO, mit der die Beschwerde geltend macht, das angefochtene Urteil genüge
nicht den Begründungsanforderungen gemäß § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO, so-
wie die Rüge einer Verletzung der Amtsermittlungspflicht genügen nicht den
Darlegungsanforderungen gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.
Der Vorwurf, das Urteil sei nicht begründet, liegt angesichts der Ausführungen
des Oberverwaltungsgerichts zur Bedeutung der Grünfläche als erhaltenswür-
dige Parkanlage neben der Sache.
Im Hinblick auf die Aufklärungsrüge zeigen die Antragsteller weder auf, welche
Maßnahmen der Aufklärung das Oberverwaltungsgericht unterlassen haben
soll, noch wird dargelegt, warum sie ihrerseits nicht in der Lage gewesen wä-
ren, das Gericht beispielsweise durch Stellung eines Beweisantrags zu der von
ihnen vermissten Sachaufklärung zu veranlassen. Der Sache nach wendet sich
die Beschwerde hier nur im Gewande der Verfahrensrüge gegen die Einschät-
zung des Oberverwaltungsgerichts, dass es sich bei der Fläche um eine an-
spruchsvolle gärtnerische Parkanlage handele, die bereits für sich genommen
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erhaltenswürdig und die die einzige im Plangebiet verbliebene „wertvolle“ Frei-
fläche darstelle, mithin städtebauliche Gründe die Festsetzung rechtfertigten.
Ein Verfahrensfehler wird damit nicht aufgezeigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO, die
Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Prof. Dr. Rubel
Dr. Jannasch
Dr. Bumke
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