Urteil des BVerwG vom 05.04.2012

Verordnung, Übergangsregelung, Genehmigungsverfahren, Fürsorge

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 BN 1.12
VGH 6 S 707/10
In der Normenkontrollsache
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hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 5. April 2012
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gatz und Petz
beschlossen:
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Nichtzulas-
sung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts-
hofs Baden-Württemberg vom 27. September 2011 wird
zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdever-
fahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 20 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Er-
folg.
1. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Die
Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Antragstellerin
beimisst.
a) Die Antragstellerin wirft die Frage auf, ob der Antragsgegner zum Erlass des
Landesheimgesetzes vom 10. Juni 2008 (GBl S. 169), geändert durch Gesetz
vom 11. Mai 2010 (GBl S. 404) - im Folgenden: LHeimG - zuständig war, das
nach Darstellung der Antragstellerin nur noch ordnungsrechtliche Regelungen
enthält, nachdem die Bestimmungen zum Heimvertragsrecht gestrichen worden
sind. Ist die Frage allgemein zu bejahen, entspricht auch die Ermächtigung in
§ 24 Satz 1 Nr. 1 LHeimG, auf der die umstrittene Landesheimbauverordnung
vom 18. April 2011 (GBl S. 197) - im Folgenden: LHeimBauVO - beruht, der
Kompetenzordnung.
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Das Bundesverwaltungsgericht hat sich zu der von der Antragstellerin formulier-
ten Frage bislang nicht geäußert. Das zwingt indes nicht zur Zulassung der Re-
vision. Nach der Zielsetzung des Revisionszulassungsverfahrens ist Vorausset-
zung, dass der im Rechtsstreit vorhandene Problemgehalt aus Gründen der
Einheit des Rechts einschließlich gebotener Rechtsfortentwicklung eine Klärung
gerade durch eine höchstrichterliche Entscheidung verlangt. Das ist nach der
ständigen Rechtsprechung aller Senate des Bundesverwaltungsgerichts dann
nicht der Fall, wenn sich die aufgeworfene Rechtsfrage auf der Grundlage des
Gesetzes, der vorhandenen Rechtsprechung und mit Hilfe der üblichen Regeln
sachgerechter Gesetzesinterpretation ohne Weiteres beantworten lässt. So liegt
es hier.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Frage, ob der Landesgesetzgeber zum Er-
lass des Landesheimgesetzes zuständig ist, zu Recht bejaht (UA S. 23 f.). Er
hat überzeugend begründet, dass das Heimrecht, jedenfalls soweit es Bestand-
teil des Ordnungsrechts ist, in die Kompetenz des Landesgesetzgebers fällt.
Ursprünglich war es als Materie der öffentlichen Fürsorge im Sinne des Art. 74
Abs. 1 Nr. 7 GG Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung. Seit Inkraft-
treten des Föderalismusreformgesetzes (Gesetz zur Änderung des Grundge-
setzes vom 28. August 2006, BGBl I S. 2034), mit dem Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG
um den Klammerzusatz „ohne das Heimrecht“ ergänzt worden ist, ist es der
ausschließlichen Gesetzgebungszuständigkeit der Länder nach Art. 70 Abs. 1
GG überantwortet.
Die frühere Zurechnung des ordnungsrechtlichen Heimrechts zum Begriff der
öffentlichen Fürsorge im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG entspricht der
höchstrichterlichen Rechtsprechung. Das Bundesverwaltungsgericht versteht
den Begriff der öffentlichen Fürsorge seit jeher weit. Es beschränkt ihn nicht auf
die Gewährung von Hilfe und Leistungen zur Behebung von Notlagen, sondern
erstreckt ihn auch auf vorbeugende Maßnahmen zur Abwendung von Gefahren
(Urteil vom 8. Juli 1964 - BVerwG 5 C 172.62 - BVerwGE 19, 94 <97>). Damit
deckt der Begriff das Landesheimgesetz, das nach seinem gesetzlichen An-
spruch und seinem damit übereinstimmenden Regelungsgehalt (§ 2 Abs. 1
i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 2) in erster Linie den Schutz alter, pflegebedürftiger, psy-
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chisch kranker oder behinderter Menschen vor Beeinträchtigungen bezweckt,
die sich aus ihrer Lebenssituation infolge des Heimaufenthalts und den daraus
folgenden Abhängigkeiten typischerweise ergeben können (Korbmacher,
Grundfragen des öffentlichen Heimrechts, Dissertation, Berlin, 1989, S. 10). In
der Zielrichtung ist das Landesheimgesetz identisch mit dem Heimgesetz des
Bundes, das nach der Begründung des Bundesrats u.a. auf den Kompetenztitel
der öffentlichen Fürsorge gestützt ist (BTDrucks 7/180 S. 7). Diesen Gedanken
hat das Bundesverfassungsgericht aufgegriffen und für tragfähig gehalten, in-
dem es „vor diesem Hintergrund“ die Kosten des Altenpflegegesetzes der Mate-
rie des Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG zugeordnet hat (BVerfG, Urteil vom 24. Oktober
2002 - 2 BvF 1/01 - BVerfGE 106, 62 <134 f.>).
b) Die Antragstellerin hält die Fragen für grundsätzlich klärungsbedürftig,
- ob die ausreichende Bestimmtheit einer Regelung, die
erhebliche neue bauliche Anforderungen an Heime stellt,
auch für bereits bestehende Heime, dadurch begründet
werden kann, dass die unbestimmten Rechtsbegriffe der
nicht unangemessen benachteiligenden Anwendung im
Einzelfall dienen sollen,
- ob die ausreichende Bestimmtheit einer Regelung, die
erhebliche neue bauliche Anforderungen an Heime stellt,
auch für bereits bestehende Heime, dadurch begründet
werden kann, dass die unbestimmten Rechtsbegriffe wie
„möglichst hoher Anteil“, „in der Regel“ und andere der
nicht unangemessen benachteiligenden Anwendung im
Einzelfall dienen sollen,
- ob die ausreichende Bestimmtheit einer Regelung, die
erhebliche neue bauliche Anforderungen an Heime
stellt, auch für bereits bestehende Heime, dadurch be-
gründet werden kann, dass die unbestimmten Rechts-
begriffe wie „möglichst hoher Anteil“, „in der Regel“, und
andere der nicht unangemessen benachteiligenden
Anwendung im Einzelfall dienen sollen, wenn diese
zugleich den Tatbestand einer ordnungsrechtlichen
Eingriffsermächtigung enthält,
- ob die ausreichende Bestimmtheit einer Regelung mit
Auswirkung auf eine gewichtige Investitionsentscheidung
ohne ein Genehmigungsverfahren dadurch hergestellt
wird, dass die Möglichkeit zur vorherigen Abstimmung
mit der Ordnungsbehörde besteht,
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- ob die ausreichende Bestimmtheit einer Regelung mit
baulichen Anforderungen mit Auswirkung auf eine ge-
wichtige Investitionsentscheidung ohne ein Genehmi-
gungsverfahren dadurch hergestellt wird, dass die Mög-
lichkeit zur vorherigen Abstimmung mit der Ordnungsbe-
hörde besteht,
- ob die ausreichende Bestimmtheit einer Regelung mit
baulichen Anforderungen an Heime ohne ein Genehmi-
gungsverfahren dadurch hergestellt wird, dass die Mög-
lichkeit zur vorherigen Abstimmung mit der Heimauf-
sichtsbehörde über die technische Durchführbarkeit und
wirtschaftliche Vertretbarkeit besteht,
- ob eine Regelung, die eine finale Normstruktur aufweist,
zugleich Tatbestand einer ordnungsrechtlichen Eingriffs-
ermächtigung sein darf,
- ob eine Regelung, die die Normstruktur eines Planungs-
leitsatzes aufweist, zugleich Tatbestand einer ordnungs-
rechtlichen Eingriffsermächtigung sein darf,
- ob eine Regelung zu baulichen Anforderungen an Hei-
me, die eine finale Normstruktur oder die Normstruktur
eines Planungsleitsatzes aufweist, zugleich Tatbestand
einer heimordnungsrechtlichen Eingriffsermächtigung
sein darf,
- ob die Bestimmtheit des Tatbestandsmerkmals der wirt-
schaftlichen Vertretbarkeit durch die Möglichkeit der Re-
finanzierung über den Investitionsbetrag im Heimentgelt
hergestellt wird, wenn dieser zu einem Wettbewerbs-
nachteil führt, ohne dass das zumutbare Maß dieses
Wettbewerbsnachteils näher bestimmt ist.
Keine der Fragen rechtfertigt die Zulassung der Grundsatzrevision. Die Antrag-
stellerin möchte geklärt wissen, ob der Verwaltungsgerichtshof einzelne Be-
stimmungen der irrevisiblen Landesheimbauverordnung zu Recht als inhaltlich
hinreichend bestimmt angesehen hat. Sie übersieht, dass es im Verfahren der
Nichtzulassungsbeschwerde nicht genügt, die Frage der Vereinbarkeit von
Landesrecht mit Bundesrecht - hier dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheits-
gebot - aufzuwerfen. Vielmehr muss dargelegt werden, dass der bundesrechtli-
che Maßstab selbst einen die Zulassung der Revision rechtfertigenden Klä-
rungsbedarf aufweist (vgl. Beschluss vom 21. Dezember 1994 - BVerwG 4 B
266.94 - NVwZ 1995, 601 <602>; stRspr). Daran fehlt es hier.
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Im Übrigen sind die Grundsätze des verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsge-
bots in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt. Der Verwaltungsge-
richtshof hat sie in seinem Urteil (S. 26 f.) zusammengefasst. Darauf nimmt der
Senat zwecks Vermeidung von Wiederholungen Bezug.
c) Die Antragstellerin möchte ferner grundsätzlich geklärt wissen,
- ob die Belastung durch die Einzelzimmerregelung des
§ 3 Abs. 1 LHeimBauVO wie diejenige einer Berufsaus-
übung zu werten ist, oder ob sie in ihrer wirtschaftlichen
Auswirkung einer Zulassungsbeschränkung nahekommt,
- ob die Belastung der Betreiber bestehender Heime durch
die Einzelzimmerregelung des § 3 Abs. 1 LHeimBauVO
wie diejenige einer Berufsausübung zu werten ist, oder
ob sie in ihrer wirtschaftlichen Auswirkung einer Zulas-
sungsbeschränkung nahekommt,
- ob die Belastung der Betreiber bestehender Heime durch
die Einzelzimmerregelung des § 3 Abs. 1 LHeimBauVO
wie diejenige einer Berufsausübung zu werten ist, oder
ob sie in ihrer wirtschaftlichen Auswirkung einer Zulas-
sungsbeschränkung nahekommt, wenn durch die Ver-
pflichtung nach § 3 Abs. 1 LHeimBauVO die Refinanzie-
rung der bestehenden Einrichtung nicht mehr gewähr-
leistet ist,
- ob die Verpflichtung zum Bau von Einzelzimmern nach
§ 3 Abs. 1 LHeimBauVO dem Betreiber eines bestehen-
den Heims zumutbar ist, dessen Refinanzierung noch
nicht abgeschlossen ist, da der Wettbewerbsnachteil
durch die Erhöhung des Investitionsbetrags im Heiment-
gelt unerheblich ist.
Die Antragstellerin bezweifelt die Vereinbarkeit des § 3 Abs. 1 LHeimBauVO mit
dem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG und dem verfassungsrechtlichen Grund-
satz der Verhältnismäßigkeit. Ihre Fragen rechtfertigen die Zulassung der
Grundsatzrevision nicht, weil die Antragstellerin - wie schon bei den Fragen un-
ter 1. b) - nicht darlegt, dass der bundesrechtliche Maßstab, an dem § 3 Abs. 1
LHeimBauVO zu messen ist, seinerseits grundsätzlichen Klärungsbedarf auf-
weist.
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Zu den Fragen,
- ob ein Gesetz oder eine Verordnung Regelungen zu
Standort und Größe für ein Heim in Form von Pro-
grammsätzen und Optimierungsgeboten enthalten darf,
wenn es zugleich nur ein Anzeigeverfahren und kein Ge-
nehmigungsverfahren vorsieht,
- ob ein Gesetz oder eine Verordnung Regelungen zu
Standort und Größe für ein Heim in Form von Pro-
grammsätzen und Optimierungsgeboten enthalten darf,
wenn es zugleich nur ein Anzeigeverfahren und kein Ge-
nehmigungsverfahren vorsieht, ohne zugleich auszu-
schließen, dass die Anforderungen an Standort und
Größe als Mangel im Sinne der §§ 11, 12 LHeimG ord-
nungsrechtlich sanktioniert sind,
stellt die Antragstellerin keinen bundesrechtlichen Bezug her.
d) Die Antragstellerin erstrebt des Weiteren die grundsätzliche Klärung der Fra-
gen,
- ob der Verordnungsgeber bei der Normierung neuer und
weitgehender baulicher Anforderungen berechtigt ist,
den Eintritt der materiellen Verpflichtung in das Ermes-
sen der Verwaltung zu stellen,
- ob der Verordnungsgeber bei der Normierung neuer und
weitgehender baulicher Anforderungen an Heime be-
rechtigt ist, den Eintritt der materiellen Verpflichtung in
einem Rahmen zwischen zehn Jahren ab Inkrafttreten
der Verordnung bis 25 Jahre nach Inbetriebnahme des
Heims in das Ermessen der Verwaltung zu stellen,
- ob der Verordnungsgeber bei der Normierung neuer und
weitgehender baulicher Anforderungen verpflichtet ist,
den Eintritt der materiellen Verpflichtung nach Lage der
Dinge und nach bestimmten Kriterien selbst zu regeln.
Die Antragstellerin bezeichnet die Frage nach der Reichweite der „Normie-
rungsverantwortung“ des Verordnungsgebers zum einen als eine solche des
bundesrechtlichen Rechtsstaatsgebots. Bedarf für eine grundsätzliche Klärung
des Inhalts des Rechtsstaatsgebots zeigt sie jedoch nicht auf. Zum anderen
meint sie, dass sich die Frage nach Art. 61 LVerfG beantwortet, dessen Ausle-
gung deshalb grundsätzliche Bedeutung habe, weil er Art. 80 Abs. 1 GG ent-
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spreche. Hierzu ist zu sagen, dass Landesrecht auch dann nicht revisibel ist,
wenn es mit einer bundesrechtlichen Vorschrift wörtlich übereinstimmt (Be-
schluss vom 12. März 1998 - BVerwG 6 B 10.98 - NVwZ-RR 1999, 239).
e) Die Antragstellerin sieht schließlich grundsätzlichen Klärungsbedarf hinsicht-
lich der Fragen,
- ob der Verordnungsgeber berechtigt ist, bei der Normie-
rung einer Übergangsregelung zu typisieren und von
atypischen Ausnahmefällen abzusehen,
- ob der Verordnungsgeber berechtigt ist, bei der Normie-
rung einer Übergangsregelung zu typisieren und von
atypischen Ausnahmefällen abzusehen, auch wenn die-
se für den Betroffenen von erheblicher wirtschaftlicher
Bedeutung sind,
- ob der Verordnungsgeber berechtigt ist, bei der Normie-
rung einer Übergangsregelung zu einer Verordnung mit
Pflichten zu erheblichen wirtschaftlichen Investitionen zu
typisieren und von atypischen Ausnahmefällen abzuse-
hen, auch wenn diese für bestehende Heime von erheb-
licher wirtschaftlicher Bedeutung sind,
- ob der Verordnungsgeber berechtigt ist, bei der Normie-
rung einer Übergangsregelung zu einer Verordnung mit
Pflichten zu erheblichen wirtschaftlichen Investitionen zu
typisieren und von atypischen Ausnahmefällen abzuse-
hen, auch wenn diese zur Folge haben, dass die Refi-
nanzierung erheblicher baulicher Investitionen unter-
bleibt,
- ob der Verordnungsgeber berechtigt ist, bei der Normie-
rung einer Übergangsregelung zu einer Verordnung mit
Pflichten zu erheblichen baulichen Veränderungen an
bestehenden Heimen zu typisieren und von atypischen
Ausnahmefällen abzusehen, auch wenn diese zur Folge
haben, dass die Refinanzierung erheblicher baulicher In-
vestitionen durch den Investitionsbetrag im Heimentgelt
unterbleibt.
Der Senat unterstellt, dass die Antragstellerin den Grundsatz der Verhältnismä-
ßigkeit und das Gebot des Vertrauensschutzes in einem Revisionsverfahren
weiter entwickelt wissen will. Dazu besteht kein Anlass. Das Bundesverwal-
tungsgericht hat bereits entschieden, dass weder der Grundsatz der Verhält-
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nismäßigkeit noch das Gebot des Vertrauensschutzes zu einer Übergangsrege-
lung verpflichten, die jedem Betroffenen die Fortsetzung einer früheren Tätigkeit
ohne Rücksicht auf deren Umfang gestattet. Auch ein Recht darauf, von Neure-
gelungen verschont zu bleiben, bis einmal getätigte Investitionen sich vollstän-
dig amortisiert haben, besteht nicht. Der Verordnungsgeber muss auch nicht je-
dem Einzelfall und jeder konkreten Disposition Rechnung tragen. Vielmehr ist er
auch bei Übergangsregelungen befugt, zu typisieren und von untypischen
Ausnahmefällen abzusehen (Urteil vom 23. Oktober 2008 - BVerwG 7 C 48.07 -
BVerwGE 132, 224 Rn. 41).
2. Die Revision ist auch nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen eines Ver-
fahrensfehlers zuzulassen.
a) Die Antragstellerin rügt einen Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO
durch eine aktenwidrige Sachverhaltsfeststellung. Der Verwaltungsgerichtshof
habe der Stellungnahme des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer
Dienste e.V. vom 26. Mai 2009 entnommen, dieser habe selbst eine Über-
gangsvorschrift von 25 Jahren für bestehende Heime vorgeschlagen. Tatsäch-
lich habe der Verband angeregt, im Bau oder im baureifen Planungsstadium
befindliche Heime dauerhaft von den Anforderungen des § 3 Abs. 1
LHeimBauVO zu befreien.
Die behauptete Aktenwidrigkeit liegt nicht vor. Im angefochtenen Urteil heißt es
zur Übergangsvorschrift des § 5 Abs. 2 LHeimBauVO, soweit es vorliegend dar-
auf ankommt (UA S. 40): „Im Anhörungsverfahren zum Erlass der Landesheim-
bauverordnung haben fast alle Verbände und Beteiligte, die eine längere Über-
gangsfrist als 10 Jahre gefordert haben, eine Frist von 25 Jahren für ausrei-
chend erachtet. Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e.V.
(bpa) hat in seiner Stellungnahme zum Entwurf der Landesheimbauverordnung
vom 26.05.2009 selbst eine Übergangsvorschrift von 25 Jahren für bestehende
Heime vorgeschlagen.“ Der Verwaltungsgerichtshof hat die Stellungnahme rich-
tig wiedergegeben. Der bpa hatte in der Tat angeregt, § 6 Abs. 1 Satz 2 des
Entwurfs dahingehend zu ändern, dass für Heime, die bei Inkrafttreten der Ver-
ordnung im Betrieb, im Bau oder im baureifen Planungsstadium sind, die Rege-
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lungen der Verordnung nach einer Übergangsfrist von 25 Jahren gelten. Mit
seinem Änderungsvorschlag zu § 6 Abs. 2 des Entwurfs, Heime, die bei Inkraft-
treten der Verordnung im Betrieb, im Bau oder im baureifen Planungsstadium
sind, dauerhaft von den Anforderungen des § 3 Abs. 1 LHeimBauVO (Verpflich-
tung zur Zurverfügungstellung von Einzelzimmern) zu befreien, hat er keiner
längeren Übergangsfrist das Wort geredet.
b) Die Antragstellerin beanstandet außerdem als Verfahrensmangel, dass ihr
der Verwaltungsgerichtshof die Befugnis oder das Rechtsschutzinteresse zur
Anfechtung einzelner Regelungen der Landesheimbauverordnung abgespro-
chen hat. Sie geht zutreffend davon aus, dass die Verkennung der Möglichkeit
der Rechtsverletzung nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO oder die irrtümliche Ver-
neinung des Rechtsschutzbedürfnisses einen Verfahrensmangel darstellt. Ein
solcher Mangel liegt aber nicht vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat den Normenkontrollantrag als unzulässig be-
handelt, soweit er sich auf § 2 Abs. 2 und 3, § 3 Abs. 2 und 4, § 5 Abs. 4 Satz 2
und § 5 Abs. 7 LHeimBauVO bezieht. Die Antragstellerin sei derzeit und werde
auch von den Regelungen in Zukunft nicht betroffen. Die Vorgaben des § 2
Abs. 3 LHeimBauVO seien eingehalten und die in § 3 Abs. 4 LHeimBauVO ge-
stellten Anforderungen deutlich überschritten (UA S. 19, 20). Warum das
rechtsfehlerhaft sein soll, zeigt die Antragstellerin nicht auf. Soweit sie moniert,
der Verwaltungsgerichtshof habe zu Unrecht angenommen, dass sie durch die
übrigen Vorschriften der Landesheimbauverordnung nicht in ihrer durch die
Baugenehmigung vom 14. September 2006 vermittelten Rechtsposition verletzt
sein könne (UA S. 21 f.), ist sie nicht beschwert. Denn der Verwaltungsge-
richtshof hat ihre Befugnis zur Anfechtung gleichwohl bejaht und sie aus Art. 12
Abs. 1 GG hergeleitet (UA S. 21).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO und die Streitwertfest-
setzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Prof. Dr. Rubel
Dr. Gatz
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