Urteil des BVerwG vom 09.04.2003

Gemeinde, Erlass, Bebauungsplan, Einheit

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 B 75.02
VGH 1 B 00.817
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 9. April 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. P a e t o w und die Richter am Bundesverwaltungs-
gericht Prof. Dr. R o j a h n und
Dr. J a n n a s c h
beschlossen:
Die Beschwerde des Beklagten gegen die
Nichtzulassung der Revision in dem Urteil
des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom
3. September 2002 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwer-
deverfahrens mit Ausnahme der außergericht-
lichen Kosten der Beigeladenen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das
Beschwerdeverfahren auf 30 000 € festge-
setzt.
G r ü n d e :
Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO
gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision
bleibt ohne Erfolg.
1. Die Beschwerde rügt als Verfahrensfehler eine mangel-
hafte Sachaufklärung. Sie meint, der Verwaltungsgerichts-
hof sei vorliegend aus mehreren Gründen zu besonderer
Sorgfalt verpflichtet gewesen. Dies gelte auch für den
hilfsweise erhobenen Feststellungsantrag.
Damit wird ein Verstoß gegen die Pflicht zur Sachaufklärung je-
doch nicht ausreichend dargelegt. Hierzu hätte substantiiert
dargelegt werden müssen, hinsichtlich welcher tatsächlichen Um-
stände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und
erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Be-
tracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen
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bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung vor-
aussichtlich getroffen worden wären. Diesen Anforderungen wird
die Beschwerde nicht gerecht. In weiten Teilen erweckt sie oh-
nehin nicht den Eindruck, dass sie auf eine mangelnde Aufklä-
rung zielt, denn der Inhalt der Baugenehmigungsakten liegt vor
und bedarf als solcher keiner weiteren Aufklärung. In Wahrheit
wendet sich die Beschwerde ersichtlich gegen die Würdigung des
Inhalts dieser Akten durch das Berufungsgericht. Diese kann je-
doch nicht mit der Aufklärungsrüge angegriffen werden. Im Übri-
gen gibt die Beschwerdebegründung Anlass zu dem Hinweis, dass
der Entscheidungsausspruch des Verwaltungsgerichtshofs nicht
ohne weiteres die von der Beschwerde offenbar gezogenen Folgen
hinsichtlich der Bindungswirkung für ein bereits anhängiges
Verfahren auf Schadensersatz wegen Amtspflichtverletzung er-
laubt. Wenn einem Bauantragsteller ein Anspruch auf Erteilung
einer Baugenehmigung trotz fehlenden Einvernehmens der Gemeinde
zusteht, wird das beklagte Land als Trägerin der Baugenehmi-
gungsbehörde verpflichtet, die Baugenehmigung zu erteilen. Das
fehlende Einvernehmen der (beizuladenden) Gemeinde wird in die-
sem Verwaltungsgerichtsverfahren gleichsam ersetzt. Damit ist
jedoch die Frage, ob und in welchem Umfang ein Verfahren wegen
Amtspflichtverletzung gegen die Baugenehmigungsbehörde und/oder
gegen die Gemeinde Aussicht auf Erfolg hat, noch nicht beant-
wortet (vgl. hierzu Wurm, Das Einvernehmen der Gemeinde nach
§ 36 BauGB in amtshaftungsrechtlicher Sicht, NordÖR 2000, 404
sowie beispielsweise BGHZ 118, 263 = DVBl 1992, 1430 m.w.N.).
Entsprechendes gilt, wenn der Entscheidungsausspruch wie vor-
liegend dahin lautet, dass das beklagte Land - für einen näher
bestimmten Zeitraum - verpflichtet war, einen positiven Bauvor-
bescheid zu erteilen. Dem entspricht auch, wenn der Verwal-
tungsgerichtshof in seinen Urteilsgründen (Abdruck S. 14) ver-
deutlichend formuliert, es solle festgestellt werden, dass den
Klägern während der genannten Zeiträume der verfolgte mate-
riellrechtliche Anspruch zugestanden hat. Insoweit ist es uner-
heblich, ob vorliegend - was zwischen den Beteiligten streitig
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ist - die Beigeladene auch das Einvernehmen zur Erteilung eines
Bauvorbescheids versagt hat oder ob sie "nur" den Antrag ge-
stellt hat, das Baugesuch zurückzustellen.
Somit liegt auch nicht die in der Beschwerde bemängelte Aus-
wechselung des Streitgegenstands vor; der Verwaltungsgerichts-
hof hat nicht darüber entschieden, "welche Zeit die Baugenehmi-
gungsbehörde für Ermittlungs- und Prüfungszwecke beanspruchen
durfte". Deshalb kann dahingestellt bleiben, ob die Beschwerde
insoweit eine weitere selbständige Verfahrensrüge erheben woll-
te und ob insoweit die Anforderungen an die Darlegung einer
Verfahrensrüge erfüllt sind. Der Senat hat in seinem Urteil vom
28. April 1999 - BVerwG 4 C 4.98 - (BVerwGE 109, 74 = BRS 62
Nr. 175) einen vergleichbaren Antrag auf Feststellung, dass der
(dortigen) Klägerin für bestimmte Zeiträume ein Anspruch auf
Erteilung einer Baugenehmigung zustand, als zulässig angesehen.
Die Beschwerde lässt eine substantiierte Auseinandersetzung mit
dieser Entscheidung vermissen. Im Übrigen hat der Verwaltungs-
gerichtshof in ausdrücklichem Anschluss an die genannte Senats-
entscheidung die Sachdienlichkeit der Klageerweiterung bejaht.
Gründe dafür, dass diese revisionsrechtlich allenfalls sehr
eingeschränkt überprüfbare Entscheidung (vgl. § 91 Abs. 3 VwGO
und das Urteil des Senats vom 28. April 1999, a.a.O.) vorlie-
gend zu beanstanden wäre, sind nicht ersichtlich.
Zurückzuweisen ist auch die von der Beigeladenen in diesem Zu-
sammenhang vertretene Auffassung, dem Entscheidungsausspruch
des Verwaltungsgerichtshofs stehe die Rechtskraft des Zurück-
stellungsbescheids entgegen. Zum einen ist die Zurückstellung
erst wesentlich später, nach Erlass des neuen Aufstellungsbe-
schlusses ausgesprochen worden und betrifft somit nicht den vom
Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung genannten Zeit-
raum. Zum anderen haben die Kläger ersichtlich in der gesamten
Zeit ihren Antrag auf Erteilung eines Vorbescheids und später
den Widerspruch sowie die Klage aufrechterhalten; daher konnte
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auch die die Zurückstellung verfügende Entscheidung des Land-
ratsamts nicht zu einer bestandskräftigen endgültigen Ablehnung
des Bauantrags führen. Gegenstand einer Zurückstellung ist die
Aussetzung der Entscheidung über das Baugesuch, nicht aber eine
endgültige materielle Entscheidung über das Bauvorhaben.
2. Auch die Divergenzrüge bleibt ohne Erfolg. Eine die Revision
eröffnende Abweichung, also ein Widerspruch im abstrakten
Rechtssatz, läge nur vor, wenn das Berufungsgericht in Anwen-
dung derselben Rechtsvorschrift mit einem seine Entscheidung
tragenden abstrakten Rechtssatz von einem in der genannten Ent-
scheidung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensol-
chen Rechtssatz abgewichen wäre (stRspr). Die Beschwerde ver-
weist auf mehrere Entscheidungen des beschließenden Senats, in
denen dieser ausgesprochen hat, dass eine Baugenehmigungsbehör-
de ohne Einvernehmen der Gemeinde eine Baugenehmigung nicht er-
teilen darf. Die Beschwerde legt jedoch nicht dar, dass der
Verwaltungsgerichtshof von diesem Rechtsgrundsatz abgewichen
wäre.
3. Die Rechtssache hat auch nicht die rechtsgrundsätzliche Be-
deutung, die ihr die Beschwerde beimisst. Dies setzt die Formu-
lierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten
und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des
revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die
allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung beste-
hen soll (vgl. BVerwGE 13, 90 <91 f.>; stRspr). Nicht jede Fra-
ge sachgerechter Auslegung und Anwendung einer Vorschrift ent-
hält gleichzeitig eine gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO erst im
Revisionsverfahren zu klärende Fragestellung. Nach der Zielset-
zung des Revisionszulassungsrechts ist Voraussetzung vielmehr,
dass der im Rechtsstreit vorhandene Problemgehalt aus Gründen
der Einheit des Rechts einschließlich gebotener Rechtsfortent-
wicklung eine Klärung gerade durch eine höchstrichterliche Ent-
scheidung verlangt. Das ist nach der ständigen Rechtsprechung
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aller Senate des Bundesverwaltungsgerichts dann nicht der Fall,
wenn sich die aufgeworfene Rechtsfrage auf der Grundlage der
vorhandenen Rechtsprechung und mit Hilfe der üblichen Regeln
sachgerechter Gesetzesinterpretation ohne weiteres beantworten
lässt (BVerwG, Beschluss vom 28. Mai 1997 - BVerwG 4 B 91.97 -
Buchholz 407.4 § 5 FStrG Nr. 10 = NVwZ 1998, 172; stRspr). So
liegt es hier.
3.1 Die Beschwerde wirft zunächst die Frage auf, ob die
Baugenehmigungsbehörde auch dann einen Bauantrag nach § 15
Abs. 1 Satz 1 BauGB zurückzustellen hat, wenn ein Aufstel-
lungsbeschluss längere Zeit zurückliegt, das Verfahren je-
doch noch nicht förmlich eingestellt ist. Dies rechtfer-
tigt jedoch nicht die Zulassung der Revision.
Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauGB hat die Baugenehmigungsbe-
hörde auf Antrag der Gemeinde die Entscheidung über die
Zulässigkeit von Vorhaben im Einzelfall zurückzustellen,
wenn die Voraussetzungen für den Erlass einer Verände-
rungssperre gegeben sind und zu befürchten ist, dass die
Durchführung der Planung durch das Vorhaben unmöglich ge-
macht oder wesentlich erschwert werden würde. Die Bauge-
nehmigungsbehörde ist schon nach dem Wortlaut der Vor-
schrift verpflichtet, dem Antrag auf Zurückstellung statt-
zugeben, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür er-
füllt sind. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsge-
richts ist geklärt, dass eine Veränderungssperre auch erst
einige Zeit nach dem Aufstellungsbeschluss erlassen werden
darf und dies jedenfalls auch nach Ablauf eines Zeitrau-
mes, der länger ist, als die längstmögliche Dauer der
Sperre, zulässig ist (Beschluss vom 26. Juni 1992 - BVerwG
4 NB 19.92 - NVwZ 1993, 475 = BRS 54 Nr. 73). Allerdings
hat der Senat im genannten Beschluss zugleich hervorgeho-
ben, dass ein langer Zeitraum zwischen dem Aufstellungsbe-
schluss und dem Erlass der Veränderungssperre Rückschlüsse
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auf den Fortbestand der gemeindlichen Planungsabsichten
zulässt. Wenn eine Gemeinde beispielsweise ihre ursprüng-
lichen und durch den Aufstellungsbeschluss dokumentierten
Planungsabsichten zwischenzeitlich aus welchen Gründen
auch immer längst aufgegeben hat, so besteht keine Veran-
lassung, eine Veränderungssperre zu erlassen; denn Maßnah-
men zur Sicherung einer Planung setzen notwendigerweise
sicherungsfähige Planungen voraus. Hieran anknüpfend ist
das Berufungsgericht vorliegend zu dem Ergebnis gelangt,
das Verfahren für den Bebauungsplan, dessen Aufstellung im
Jahre 1977 beschlossen worden war, sei nicht fortgeführt
worden. Das Landratsamt habe zutreffend darauf hingewie-
sen, dass sich mittlerweile die städtebauliche Entwicklung
in dem fraglichen Gebiet von den seinerzeitigen Zielvor-
stellungen so weit entfernt habe, dass diese nicht mehr zu
verwirklichen seien. Wenn eine Planung aufgegeben worden
ist und sich überdies die tatsächliche Entwicklung im be-
troffenen Gebiet in einer Weise von der ursprünglichen
Planung entfernt hat, dass diese nicht mehr zu verwirkli-
chen ist, liegen die Voraussetzungen für den Erlass einer
Veränderungssperre nicht (mehr) vor. In einem derartigen
Fall muss auch der Antrag auf Zurückstellung eines Bauge-
suchs abgelehnt werden. Wann die genannten Voraussetzungen
noch oder nicht mehr vorliegen, bestimmt sich nach den je-
weiligen Gegebenheiten des Einzelfalls. Die Beschwerde
zeigt keine weitergehenden Fragen auf, die demgegenüber
weiterer grundsätzlicher Klärung zugänglich wären.
Zur Klarstellung ist allerdings hervorzuheben: Mit den
oben wiedergegebenen Grundsätzen werden keine Aussagen zu
der von den Beteiligten angesprochenen Frage getroffen, ob
die Baugenehmigungsbehörde beispielsweise (wie dies vor-
liegend auch erfolgt ist) vor einer Ablehnung des Zurück-
stellungsantrags die Gemeinde anzuhören hat und wie das
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weitere Verfahren im Einzelnen durchzuführen ist. Auch
dies ist Sache des Tatrichters.
3.2 Die Beschwerde wirft sodann die Frage auf, ob der
Baugenehmigungsbehörde eine eigene Prüfungskompetenz oder
–pflicht hinsichtlich der Frage zukomme, ob die Durchfüh-
rung der Planung durch das Vorhaben unmöglich gemacht oder
wesentlich erschwert werden würde. Auf diese Frage käme es
in einem Revisionsverfahren jedoch nicht an, denn der Ver-
waltungsgerichtshof ist bereits zu dem Ergebnis gelangt,
dass die vorrangige Voraussetzung für eine Zurückstellung,
nämlich ein zu beachtendes Bebauungsplanverfahren, fehlte.
Da bereits die Planung fehlte, stellt sich die Frage des
Erschwerens ihrer Durchführung nicht.
Hiervon ist im Übrigen auch das Landratsamt ausgegangen,
das in seinem Schreiben vom 7. Juni 1996 zu Recht von sei-
ner Pflicht Gebrauch gemacht hat, die rechtlichen Voraus-
setzungen für eine Zurückstellung zu überprüfen (vgl.
hierzu auch Lemmel in: Berliner Kommentar, Rn. 6 zu § 15
BauGB).
3.3 Auch die weitere Frage, ob die Gemeinde einen erneuten
Zurückstellungsantrag im Vorgriff auf einen erneuten Auf-
stellungsbeschluss stellen könne, rechtfertigt nicht die
Zulassung der Revision. Eine Zurückstellung ist zulässig,
wenn unter anderem die Voraussetzungen für den Erlass ei-
ner Veränderungssperre vorliegen (§ 15 Abs. 1 BauGB). Die-
se setzt wiederum den Beschluss über die Aufstellung des
Bebauungsplans voraus (§ 14 Abs. 1 BauGB). Solange ein
derartiger Aufstellungsbeschluss noch nicht vorliegt, muss
ein Zurückstellungsantrag erfolglos bleiben. Daran ändert
sich auch dadurch nichts, dass noch ein früherer Aufstel-
lungsbeschluss existiert, die entsprechende Planung aber
im oben umschriebenen Sinne aufgegeben und damit nicht
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(mehr) taugliche Grundlage für eine Veränderungssperre
ist.
Im Übrigen ist der Verwaltungsgerichtshof bereits selbst
davon ausgegangen, dass der Anspruch der Kläger auf Ertei-
lung des Vorbescheids mit der Bekanntmachung des Aufstel-
lungsbeschlusses für den (neuen) Bebauungsplan entfiel. Er
hat somit nicht etwa die Wirkung der Zurückstellung an ei-
nem fehlenden Antrag scheitern lassen.
3.4 Aus denselben Gründen zeigt auch die Frage, ob eine
Gemeinde eine Bauleitplanung dadurch nahtlos fortführen
könne, dass sie zu demselben Baugebiet einen älteren Auf-
stellungsbeschluss aufhebe und gleichzeitig einen neuen
Beschluss fasse, keinen Bedarf an rechtsgrundsätzlicher
Klärung auf. Da vorliegend der alte Bebauungsplan die vom
Beklagten angenommenen Wirkungen nicht mehr hervorrufen
konnte, kam auch eine "nahtlose Fortführung" nicht in Be-
tracht. Vielmehr liegt eine neue Planung vor.
3.5 Auch die Frage,
"berechnet sich die Zeit für eine angemessene Überprü-
fung eines Baugesuchs durch die Baugenehmigungsbehörde
nach dem Zeitpunkt des Eingangs bei dieser oder bei der
Gemeinde?",
rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Denn es
handelt sich nicht um eine Frage des Bundesrechts, die
grundsätzlicher Klärung zugänglich wäre. Die Einzelheiten
des Baugenehmigungsverfahrens regelt das Landesrecht.
Hierzu zählt auch die Frage, ob ein Bauantrag bei der Bau-
genehmigungsbehörde oder bei der Gemeinde einzureichen ist
und wann dieser gegebenenfalls weiterzuleiten ist. Dement-
sprechend finden sich im Landesrecht sowohl Regelungen,
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wonach der Bauantrag bei der Baugenehmigungsbehörde als
auch bei der Gemeinde einzureichen ist. Auch § 36 Abs. 2
Satz 2 BauGB setzt beide Verfahrensweisen als möglich vor-
aus, indem dort das Ersuchen der Genehmigungsbehörde an
die Gemeinde und die Einreichung des Antrags bei der Ge-
meinde gleichgestellt werden. Im Übrigen kann nicht weiter
zweifelhaft sein, dass die Gemeinde in den Fällen, in de-
nen ein Bauantrag nach Landesrecht bei ihr einzureichen
ist, diesen unverzüglich weiterzuleiten hat. Hiervon geht
ersichtlich auch Art. 69 Abs. 1 BayBO aus, wonach alle be-
teiligten Behörden den Antrag "ohne vermeidbare Verzöge-
rung zu behandeln haben" (vgl. auch § 53 Abs. 1 LBO Bad.-
Württ.: Weiterleitung innerhalb von drei Arbeitstagen).
Dem Bundesrecht lässt sich auch kein fester Zeitraum ent-
nehmen, innerhalb dessen über einen Bauantrag oder einen
Vorbescheidsantrag, gerechnet ab Eingang, zu entscheiden
ist. Derartige Fristsetzungen finden sich allerdings in
einigen Landesgesetzen, wobei teilweise wiederum an den
Eingang bestimmter Stellungnahmen angeknüpft wird. Auch
das Berufungsgericht nimmt einen derartigen aus dem Bun-
desrecht abgeleiteten festen Zeitraum nicht an. Es orien-
tiert sich zwar allgemein an § 75 VwGO; dieser enthält al-
lerdings seinerseits Einschränkungen, wonach sowohl eine
kürzere als auch eine längere Frist der Sache angemessen
sein kann. Letztlich bleibt, wenn nicht eine gesetzliche
Spezialregelung greift, die Feststellung der Frist, inner-
halb der über einen Vorbescheidsantrag zu befinden ist,
dem Tatrichter überlassen, der dabei auch auf die Beson-
derheiten des jeweiligen Einzelfalls abzustellen hat. Dies
hat der Verwaltungsgerichtshof vorliegend getan. Davon
geht übrigens auch der Bundesgerichtshof aus. In seinem
Urteil vom 12. Juli 2001 - III ZR 282/00 - (BRS 64
Nr. 157) stellt er ebenso wie im Beschluss vom 23. Januar
1992 - III ZR 191/90 - (NVwZ 1993, 299) hinsichtlich der
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für die Prüfung des Antrags zuzubilligenden angemessenen
Bearbeitungszeit auf die Feststellungen des Berufungsge-
richts ab.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO,
§ 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf
§ 13 Abs. 1 Satz 1, § 14 GKG.
Paetow Rojahn Jannasch