Urteil des BVerwG vom 28.10.2004

Windenergie, Rüge, Gemeinde, Ausnahme

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 B 72.04
OVG 1 LC 185/03
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 28. Oktober 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. P a e t o w
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. R o j a h n und G a t z
beschlossen:
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Re-
vision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungs-
gerichts vom 24. Juni 2004 wird verworfen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit
Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen,
die diese selbst trägt.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdever-
fahren auf 400 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Beschwerde bleibt erfolglos. Die erhobenen Divergenzrügen sind unzulässig.
Eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegt nur vor, wenn das Beru-
fungsgericht mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz zu ei-
nem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensol-
chen Rechtssatz in Widerspruch tritt. Dieser Zulassungsgrund muss in der Be-
schwerdebegründung durch Darlegung der als solche miteinander in unmittelbarem
Widerspruch stehenden entscheidungstragenden Rechtssätze bezeichnet werden
(§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht ge-
recht. Die Beschwerde bezeichnet auch nicht ansatzweise einen abstrakten Rechts-
satz des Berufungsurteils, der in Widerspruch zu einem ebensolchen Rechtssatz in
der angeführten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Dezember
2002 - BVerwG 4 C 15.01 - BVerwGE 117, 287) stehen könnte.
Die Beschwerde rügt, dass das Berufungsgericht den Flächennutzungsplan der Bei-
geladenen in der hier maßgeblichen Fassung fehlerhaft gewürdigt habe. Sie hält dem
Berufungsgericht zunächst vor, dass es der Beigeladenen hinsichtlich des Abstands-
flächenkonzepts einen Planungsspielraum eingeräumt habe, der über das Maß hi-
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nausgehe, das in dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Dezember
2002 gebilligt worden sei. Die Beschwerde verkennt dabei, dass der beschließende
Senat in seinem Urteil vom 17. Dezember 2002 keine numerisch-präzisen Anforde-
rungen an ein Abstandflächenkonzept zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwir-
kungen von Windenergieanlagen aufgestellt hat. Er hat lediglich entschieden (a.a.O.,
S. 301), dass eine am Vorsorgegrundsatz des § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG orientierte
Abstandsflächenplanung erst dann abwägungsfehlerhaft ist, wenn sie auch unter Be-
rücksichtigung des Gestaltungsspielraums, den der Gesetzgeber der Gemeinde ein-
räumt, städtebaulich nicht mehr begründbar ist. Von diesem rechtlichen Ausgangs-
punkt her ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass das Abstandsflä-
chenkonzept der Beigeladenen städtebaulich gerechtfertigt ist.
Die Divergenzrüge zum Abstandsflächenkonzept der Beigeladenen und die weitere
Rüge, das Berufungsgericht habe verkannt, dass die Beigeladene bei ihrer Konzen-
trationsplanung der Windenergie im Widerspruch zum Urteil des Bundesverwal-
tungsgerichts vom 17. Dezember 2002 ein zu geringes Gewicht beigemessen habe,
erschöpfen sich in Angriffen gegen die vorinstanzliche Tatsachenwürdigung und
Rechtsanwendung. In der Sache erhebt die Beschwerde nach Art einer Berufungs-
begründung den Vorwurf, das Berufungsgericht habe die zur Konzentrationsplanung
von Windenergieanlagen in seinem Urteil vom 17. Dezember 2002 entwickelten
Grundsätze im vorliegenden Fall unrichtig angewendet. Die (angeblich) fehlerhafte
Anwendung eines vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten, vom Tatrichter als
solchen nicht in Frage gestellten Rechtssatzes vermag von vornherein keine Diver-
genz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zu begründen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1, § 162 Abs. 3 VwGO,
die Festsetzung des Streitwerts auf § 52 Abs. 1, § 72 Nr. 1 GKG und § 73 Abs. 1
Satz 2 GKG a.F.
Dr. Paetow Prof. Dr. Rojahn Gatz