Urteil des BVerwG vom 13.01.2009

Gebäude, Beseitigungsverfügung, Grundstück, Ermessensfehler

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 B 70.08
VGH 8 S 2930/07
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 13. Januar 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Gatz und Petz
beschlossen:
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Die Beschwerde des Klägers gegen das Urteil des Verwal-
tungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 15. April 2008
wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 50 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Er-
folg. Die Rechtssache hat weder die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Be-
schwerde zumisst, noch leidet das angefochtene Urteil an Verfahrensfehlern.
1. Der Verwaltungsgerichtshof hat die tatbestandlichen Voraussetzungen für
den Erlass der umstrittenen Beseitigungsverfügung des Landratsamts Alb-
Donau-Kreis bejaht, weil die Bauvorhaben des Klägers formell und materiell
illegal seien. Materiell seien sie illegal, weil sie mit § 35 Abs. 2 BauGB nicht ver-
einbar seien. Die Baugrundstücke lägen im Außenbereich; ihre Bebauung be-
einträchtige den Erholungswert der Landschaft und lasse die Entstehung, Ver-
festigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten. Die umstrittenen
Gebäude seien aber auch dann bauplanungsrechtlich unzulässig, wenn sie dem
Innenbereich i.S.d. § 34 BauGB zuzurechnen seien; denn sie fügten sich nicht
in die Umgebungsbebauung ein. Diese sei von großvolumiger gewerblicher - in
einem Falle sogar industrieller - Nutzung geprägt, während die Gebäude des
Klägers, am vorhandenen Rahmen gemessen, klein seien.
Ist die vorinstanzliche Entscheidung, wie hier, auf mehrere selbständig tragende
Begründungen gestützt, kann die Revision nur zugelassen werden, wenn
hinsichtlich jeder dieser Begründungen ein Revisionszulassungsgrund aufge-
zeigt wird und vorliegt (vgl. Beschluss vom 9. Dezember 1994 - BVerwG
11 PKH 28.94 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 4; stRspr). Wenn
nur bezüglich einer Begründung ein Zulassungsgrund gegeben ist, kann diese
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Begründung nämlich hinweggedacht werden, ohne dass sich der Ausgang des
Verfahrens ändert.
Die Beschwerde hält die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob schmale,
geteerte oder geschotterte Wege, die an gewerbliche Bebauungen angrenzen,
zumal wenn deren Baukörper teilweise größer sind als die zur Beurteilung als
Baulücke vorhandenen Grundstücke, eine trennende Wirkung zwischen Innen-
und Außenbereich zukommen kann, wenn diesen Wegen keine städtebauliche
Bedeutung, insbesondere keine Erschließungsfunktion, für die angrenzende
(gewerbliche) Bebauung zukommt. Für den Fall der Bejahung dieser Frage
möchte sie außerdem geklärt wissen, ob das Vorhandensein von Baum- und
Strauchreihen als Abgrenzungskriterien für die Beurteilung eines Bebauungs-
zusammenhangs herangezogen werden kann. Beide Fragen beziehen sich auf
§ 35 BauGB. Ebenfalls auf diese Vorschrift gemünzt ist die Verfahrensrüge, der
Verwaltungsgerichtshof habe erstmals im Urteil und für den Kläger überra-
schend festgestellt, dass der Weg zwischen seinen Grundstücken und dem
Grundstück der Fa. S. zum ausgebauten Teil der Daimlerstraße gehöre. Sowohl
mit der Grundsatz- als auch mit der Verfahrensrüge wendet sich die Be-
schwerde gegen die Zuordnung der klägerischen Baugrundstücke zum Außen-
bereich. Beide Rügen müssen erfolglos bleiben, da die Beschwerde die zusätz-
liche und selbständig tragende Begründung des Berufungsurteils, die Gebäude
der Kläger seien auch dann planungsrechtlich unzulässig, wenn sie im Innen-
bereich i.S.d. § 34 BauGB lägen, nicht mit einem Grund für die Zulassung der
Revision angreift.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat entschieden, dass die Beseitigungsverfü-
gung nicht deshalb an einem Ermessensfehler leidet, weil der Kläger gegen
„Schwarzbauten“ anderer Nutzer der Seeuferbereiche (bislang) nicht vorgegan-
gen ist. Hiergegen wendet sich die Beschwerde zu Unrecht mit Verfahrensrü-
gen.
a) Unbegründet ist zunächst der Vorwurf der Beschwerde, der Kläger habe
nicht damit rechnen können, dass der Verwaltungsgerichtshof den Inhalt des
Ordners „Festgestellte nicht genehmigte Bauvorhaben“ zur Beurteilung der Fra-
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ge heranziehen werde, ob die andernorts festgestellten Rechtsverstöße in ihrer
Intensität mit demjenigen des Klägers vergleichbar seien. Der Verwaltungsge-
richtshof hat in seinem Beschluss vom 13. Dezember 2007, mit dem er die Be-
rufung des Klägers zugelassen hat, ausgeführt, dass das erstinstanzliche Urteil
im Hinblick auf die seitens des Klägers gerügte Verletzung des Gleichheits-
grundsatzes keinen ernstlichen Zweifeln an seiner Richtigkeit begegne. Dem
Ordner „Festgestellte nicht genehmigte Bauvorhaben“ lasse sich nämlich ohne
weiteres entnehmen, dass es im Bereich der Erbacher Seenplatte zwar weitere
bauliche Anlagen gebe, die möglicherweise der erforderlichen Genehmigung
entbehrten, keine dieser Hütten sei jedoch nur entfernt mit den auf den
Grundstücken des Klägers vorgenommenen Landschaftseingriffen vergleichbar.
Damit hatte das Berufungsgericht frühzeitig zu erkennen gegeben, dass es sich
in der Lage sehe, die vom Kläger ins Feld geführten „Vergleichsfälle“ nach
Aktenlage zu beurteilen. Da der Kläger im Berufungsverfahren nicht geltend
gemacht hatte (und auch jetzt nicht geltend macht), dass der Inhalt des Akten-
ordners unzutreffend ist, musste er davon ausgehen, dass der Verwaltungsge-
richtshof darauf in seinem Berufungsurteil erneut Bezug nehmen werde.
b) Unberechtigt ist ferner der Vorhalt der Beschwerde, der Verwaltungsge-
richtshof habe den Sachverhalt nicht hinreichend geklärt und dadurch gegen
§ 86 Abs. 1 VwGO verstoßen. Die Beschwerde zeigt nicht auf, dass die Vorin-
stanz bei der vom Kläger vermissten Inaugenscheinnahme anderer ungeneh-
migter Bauvorhaben im Bereich der Erbacher Seen ermittelt hätte, dass die
Größenangaben im Ordner „Festgestellte nicht genehmigte Bauvorhaben“ un-
richtig sind. Vielmehr beanstandet sie, dass das Berufungsgericht die baulichen
Anlagen des Klägers nicht, wie es ihrer Ansicht nach richtig wäre, einzeln, son-
dern in ihrer Gesamtheit beurteilt und deshalb aus den zutreffenden Größen-
angaben eine unzutreffende Schlussfolgerung gezogen habe. Damit wendet sie
sich gegen die materiell-rechtliche Rechtsauffassung des Berufungsgerichts.
Diese ist mit Verfahrensrügen nicht angreifbar.
3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2
Halbs. 2 VwGO ab, da sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzun-
gen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO und die Streitwertfest-
setzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Prof. Dr. Rubel
Gatz
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