Urteil des BVerwG vom 21.07.2011

Bebauungsplan, Form, Gemeinde, Bekanntmachung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 B 7.11
OVG 1 LB 96/09
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 21. Juli 2011
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Jannasch und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bumke
beschlossen:
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der
Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberver-
waltungsgerichts vom 24. November 2010 wird zurückge-
wiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens
als Gesamtschuldner.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 104 400 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO sowie vorsorglich auf § 132 Abs. 2
Nr. 2 VwGO gestützte Beschwerde der Kläger hat keinen Erfolg.
1. Soweit die Kläger Rügen vortragen, die sie wortgleich in dem Parallelverfah-
ren BVerwG 4 BN 10.11 erhoben haben, wird zur Vermeidung von Wiederho-
lungen auf den Beschluss vom heutigen Tage in jenem Verfahren verwiesen.
2. Auch soweit die Kläger Rügen im Zusammenhang mit der Behandlung ihrer
Hilfsanträge erheben, bleibt die Beschwerde erfolglos.
2.1 Die auf den Hilfsantrag Nr. 4 bezogene Grundsatzrüge, mit der die Kläger
geltend machen, ein nicht wirksam gemachter Bebauungsplan sei bis zu seiner
wirksamen Bekanntmachung unerheblich (Beschwerdebegründung S. 11), ge-
nügt nicht den Darlegungsanforderungen gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.
Die Kläger beschränken sich darauf, die Auffassung des Oberverwaltungsge-
richts, aus der Rückwirkung der Neubekanntmachung folge gerade, dass retro-
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spektiv eine Pflicht, die Bauvoranfrage nach den Maßstäben des § 34 BauGB
positiv zu bescheiden, nicht bestanden habe, als unzutreffend anzugreifen, weil
sie meinen, sie sei mit Denkgesetzen nicht vereinbar. Sie scheinen indes die
vom Oberverwaltungsgericht in Bezug genommene Rechtsprechung des Se-
nats misszuverstehen. Mit der rückwirkenden Inkraftsetzung tritt der Bebau-
ungsplan zu dem Zeitpunkt in Kraft, zu dem er ursprünglich hätte in Kraft treten
sollen. Damit wird dem Willen der Gemeinde im Zeitpunkt der Beschlussfas-
sung über den Bebauungsplan Rechnung getragen. Die Rückwirkung nach Be-
seitigung von Form- oder Verfahrensfehlern bewirkt keine materielle Änderung
des Bebauungsplans (Urteil vom 10. August 2000 - BVerwG 4 CN 2.99 - Buch-
holz 406.11 § 215a BauGB Nr. 7 S. 20 f.; Beschluss vom 16. Juni 2010
- BVerwG 4 BN 67.09 - BauR 2010, 1894 Rn. 8; vgl. auch Beschluss vom
20. September 2007 - BVerwG 4 BN 20.07 - BRS 71 Nr. 47). Bedient sich die
Gemeinde des Mittels der Rückwirkungsanordnung zur Heilung von Form- oder
Verfahrensfehlern, so stellt sie die Weichen für die städtebauliche Ordnung
nicht im Nachhinein anders, sondern sie ersetzt lediglich einen formell fehler-
haften durch einen inhaltsgleichen fehlerfreien Plan mit der Folge, dass dieser
Plan ab dem Zeitpunkt des ersten (scheinbaren) Inkrafttretens entgegenste-
hende Vorhaben ausschließt (Beschluss vom 1. Juni 2011 - BVerwG 4 B 2.11 -
juris Rn. 5).
2.2 Die - vorsorglich - auf die Hilfsanträge Nr. 2 und 3 bezogene Divergenzrüge
scheitert daran, dass die Kläger lediglich Rechtssätze aus der Rechtsprechung
des Bundesverwaltungsgerichts auflisten (Beschwerdebegründung S. 12), aber
davon absehen, einen Rechtssatzwiderspruch durch Gegenüberstellung von
Rechtssätzen aus dem angegriffenen Urteil aufzuzeigen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO, die
Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Prof. Dr. Rubel
Dr. Jannasch
Dr. Bumke
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