Urteil des BVerwG vom 16.01.2006

Zahl, Unterlassen, Verfahrensmangel, Untersuchungsgrundsatz

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 B 61.05
OVG 21 A 3805/03
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 16. Januar 2006
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. P a e t o w
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht G a t z und Dr. J a n n a s c h
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der
Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-
Westfalen vom 4. Juli 2005 wird zurückgewiesen.
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Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdever-
fahren auf 150 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf den Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO gestützte
Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg.
1. Die Beschwerde rügt als Verfahrensfehler, dass das Oberverwal-
tungsgericht die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der erstin-
stanzlichen Entscheidung zugelassen hat. Damit wird indes kein Verfahrensfehler
benannt, der zur Zulassung der Revision führen könnte. Nach § 557 Abs. 2 ZPO
i.V.m. § 173 VwGO unterliegen der Beurteilung des Revisionsgerichts Entscheidun-
gen, die dem Endurteil der Vorinstanz vorausgegangen sind, nur dann, wenn sie
nicht unanfechtbar sind. Die Zulassung der Berufung erfolgt jedoch durch Beschluss
und ist daher nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar (vgl. Senatsbeschluss vom
23. April 1998 - BVerwG 4 B 40.98 - Buchholz 406.11 § 9 BauGB Nr. 87). Davon
abgesehen sind die in der Beschwerde erhobenen Einwände gegen die Zulassung
der Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2
Nr. 1 VwGO) nicht nachvollziehbar. Denn das Berufungsgericht ist auch in der Sache
zu einem anderen Ergebnis gelangt als das Verwaltungsgericht.
2. Auch die Rüge, das Berufungsgericht habe gegen den Untersu-
chungsgrundsatz und die Pflicht zur Sachaufklärung verstoßen, bleibt ohne Erfolg.
Der insoweit geltend gemachte Verfahrensmangel ist nur dann im Sinne von § 133
Abs. 3 Satz 3 VwGO bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begrün-
denden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan
wird. Hinsichtlich des von der Beschwerde behaupteten Aufklärungsmangels hätte
dementsprechend substantiiert dargelegt werden müssen, hinsichtlich welcher tat-
sächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und
erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären
und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen
Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären; weiterhin hätte dar-
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gelegt werden müssen, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbe-
sondere in der mündlichen Verhandlung, entweder auf die Vornahme der Sachver-
haltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder
dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwir-
ken von sich aus hätten aufdrängen müssen. Denn die Aufklärungsrüge stellt kein
Mittel dar, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz, vor
allem das Unterlassen der Stellung von Beweisanträgen, zu kompensieren (stRspr).
Lediglich schriftsätzlich angekündigte Beweisanträge genügen den letztgenannten
Anforderungen nicht (vgl. Beschluss vom 6. März 1995 - BVerwG 6 B 81.94 -
Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 265). Diesen Maßstäben wird die Beschwerde
nicht gerecht. Soweit sie darauf abstellt, es handele sich vorliegend um einen
atypischen Sachverhalt und dies hätte bei der Bestimmung der Zahl der erfor-
derlichen Stellplätze berücksichtigt werden müssen, nimmt sie eine andere rechtliche
- und nicht nur tatsächliche - Würdigung vor. Bei der Aufklärungsrüge ist jedoch die
rechtliche Beurteilung durch das Tatsachengericht zu Grunde zu legen. Denn ein
Gericht ist nur verpflichtet, diejenigen Beweise zu erheben, auf die es nach seiner
Rechtsansicht ankommt (stRspr).
Im Übrigen weist der Senat im Hinblick auf die Ausführungen in der Be-
schwerde darauf hin, dass es gegebenenfalls Sache des Bauherrn ist, seinen Bauan-
trag zu präzisieren und Beschränkungen beispielsweise hinsichtlich der Zahl der
Teilnehmer der vorgesehenen Veranstaltungen oder ihres zeitlichen Umfangs vorzu-
nehmen.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 133 Abs. 5
Satz 2 VwGO ab, da sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen bei-
zutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO und die Streit-
wertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Dr. Paetow Gatz Dr. Jannasch