Urteil des BVerwG vom 22.06.2015

Rüge, Ausweisung, Sicherheit, Ausnahme

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 B 59.14
VGH 8 A 11.40051
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 22. Juni 2015
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gatz und Dr. Külpmann
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungs-
gerichtshofs vom 19. Februar 2014 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens
einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigela-
denen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 30 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
I
Der Kläger, ein anerkannter Naturschutzverein, wendet sich gegen den Plan-
feststellungsbeschluss der Regierung von Oberbayern vom 5. Juli 2011
(98. Änderungsplanfeststellungsbeschluss) in der Fassung des Planergän-
zungsbeschlusses vom 22. Januar 2013 für die Erweiterung des Verkehrsflug-
hafens München durch die Anlage und den Betrieb einer dritten Start- und Lan-
debahn. Der Verwaltungsgerichtshof hat seine Klage abgewiesen. Dagegen
richtet sich die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO ge-
stützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision.
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II
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO wegen einer Abwei-
chung des angefochtenen Urteils von Entscheidungen des Bundesverwaltungs-
gerichts zuzulassen.
Der Revisionszulassungsgrund der Abweichung liegt vor, wenn die Vorinstanz
in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem ihre Entscheidung tragen-
den abstrakten Rechtssatz einem ebensolchen Rechtssatz des Bundesverwal-
tungsgerichts widerspricht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 1995
- 6 B 35.95 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 9 S. 14; stRspr). Dies
legt die Beschwerde nicht dar.
a) Der Kläger entnimmt dem angefochtenen Urteil die Rechtssätze, dass ge-
mäß Art. 7 FFH-RL (Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Er-
haltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflan-
zen - FFH-Richtlinie) ein Wechsel des Schutzregimes von
Art. 4 Abs. 4 der Vogelschutzrichtlinie (Richtlinie 2009/147/EG des Europäi-
schen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung
der wildlebenden Vogelarten - VRL) zu Art. 6 Abs. 2 der FFH-
Richtlinie stattfinde, wenn ein Europäisches Vogelschutzgebiet einerseits räum-
lich eindeutig bestimmt sei und andererseits die Erhaltungszielarten im Rahmen
einer endgültigen rechtsverbindlichen Entscheidung mit Außenwirkung benannt
seien, und es für einen Regimewechsel nicht der Festlegung von Ge- und Ver-
boten bzw. der Gewährleistung eines umfänglichen Schutzes bedürfe. Er rügt
eine Abweichung von den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom
8. Januar 2014 - 9 A 4.13 - (BVerwGE 149, 31) und vom 1. April 2004 - 4 C
2.03 - (BVerwGE 120, 276), die für einen Regimewechsel zusätzlich verlangten,
dass in der Schutzerklärung auch die auf das jeweilige Gebiet bezogenen
Schutz- und Erhaltungsziele verbindlich festgelegt und die Einhaltung des Art. 6
FFH-RL durch geeignete Ge- und Verbote sowie Pflege- und Entwicklungs-
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maßnahmen sichergestellt werden müsse (Beschwerdebegründung S. 7
und 10 f.).
Die geltend gemachte Divergenz liegt nicht vor. Der Verwaltungsgerichtshof hat
sich nicht dem Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Urteil vom
8. Januar 2014 - 9 A 4.13 - (BVerwGE 149, 31 Rn. 40) widersetzt, für einen Re-
gimewechsel sei es jedenfalls erforderlich, dass die Erhaltungsziele bezogen
auf das jeweilige Gebiet verbindlich festgelegt würden. Er hat den Rechtssatz
vielmehr zitiert (UA Rn. 671) und ihn befolgt, indem er geprüft und mit binden-
der Wirkung für den Senat (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO) bejaht hat,
dass die Erhaltungsziele für das vorliegend betroffene Europäische Vogel-
schutzgebiet "Nördliches Erdinger Moos" in § 3 Abs. 1 i.V.m. Anlage 1 der Vo-
gelschutzverordnung vom 12. Juli 2006 (Bayer.GVBl. S. 524) in der Fassung
der Verordnung zur Änderung der Vogelschutzverordnung vom 8. Juli 2008
(Bayer.GVBl. S. 486) - VoGEV - festgelegt sind (UA Rn. 669).
Eine Forderung des Inhalts, die Einhaltung des Art. 6 FFH-RL müsse in der
Schutzerklärung durch geeignete Ge- und Verbote sowie Pflege- und Entwick-
lungsmaßnahmen sichergestellt werden, hat das Bundesverwaltungsgericht im
Urteil vom 8. Januar 2014 - 9 A 4.13 - (BVerwGE 149, 31) nicht erhoben. Mit
der Aussage, die für einen Regimewechsel notwendige Schutzerklärung erfolge
nach nationalem Recht regelmäßig in Form einer Verordnung, die den Schutz-
zweck entsprechend den Erhaltungszielen bestimme, die Gebietsbegrenzung
festlege und durch geeignete Ge- und Verbote sowie Pflege- und Entwick-
lungsmaßnahmen die Einhaltung des Art. 6 FFH-RL sicherstelle (BVerwG, Ur-
teil vom 8. Januar 2014 a.a.O. Rn. 41), zeichnet es lediglich nach, wie sich übli-
cherweise die Rechtslage darstellt.
Auch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. April 2004 - 4 C 2.03 -
(BVerwGE 120, 276) enthält nicht den behaupteten Rechtssatz. Es besagt - wie
auch der Beschluss vom 3. Juni 2010 - 4 B 54.09 - (Buchholz 442.40 § 6
LuftVG Nr. 35 Rn. 12) -, dass es für den Wechsel des Schutzregimes einer
endgültigen rechtsverbindlichen Entscheidung mit Außenwirkung bedarf, wobei
deren rechtliche Gestalt durch das Recht der Mitgliedstaaten näher bestimmt
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wird (BVerwG, Urteil vom 1. April 2004 a.a.O. S. 285). Mit der Aussage, die Er-
klärung zum besonderen Schutzgebiet im Sinne von Art. 7 FFH-RL bestimme
den Schutzgegenstand, den Schutzzweck, die zur Erreichung des Schutz-
zwecks notwendigen Gebote und Verbote und, soweit erforderlich, die Pflege-,
Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen (BVerwG, Urteil vom 1. April
2004 a.a.O. S. 285), wird der Inhalt der § 22 Abs. 2 Satz 1, § 33 Abs. 3 Satz 1
BNatSchG 2002 referiert. Selbst wenn damit ein Rechtssatz aufgestellt sein
sollte, wäre der Tatbestand der Divergenz nicht erfüllt. Weil das Bundesverwal-
tungsgericht in seinem Urteil vom 1. April 2004 einen Wechsel des Schutzre-
gimes mit der Begründung verneint hat, es fehle an einer rechtsverbindlichen,
außenwirksamen und endgültigen Gebietsausweisung (a.a.O. S. 286), wäre ein
Rechtssatz zu den inhaltlichen Anforderungen an die Schutzerklärung nicht
entscheidungserheblich. Auf die Abweichung von einem Rechtssatz, der die
divergenzfähige Entscheidung nicht trägt, kann die Rüge des § 132 Abs. 2 Nr. 2
VwGO aber nicht gestützt werden (BVerwG, Beschluss vom 25. Oktober 1995
- 4 B 216.95 - BVerwGE 99, 351 <353>). Im Beschluss des Senats vom
14. April 2011 - 4 B 77.09 - (juris) findet sich auch nach dem Verständnis des
Klägers keine Wiederholung einer in den anderen Entscheidungen angeblich
formulierten Forderung, dass in der Schutzerklärung auch die zur Erreichung
des Schutzzwecks notwendigen Ge- und Verbote sowie Pflege-, Entwicklungs-
und Wiederherstellungsmaßnahmen bestimmt sein müssten (Beschwerdebe-
gründung S. 12). Sollte der Kläger eine Divergenz zur Entscheidung des Ge-
richtshofs der Europäischen Union vom 14. Oktober 2010 - C-535/07
[ECLI:EU:C:2010:602] - rügen wollen (Beschwerdebegründung S. 14 f.), wäre
ihm entgegen zu halten, dass Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs
nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO divergenzfähig sind (BVerwG, Beschluss
vom 23. Januar 2001 - 6 B 35.00 - juris Rn. 10).
Der Kläger beanstandet ferner, dass der Verwaltungsgerichtshof mit den
Rechtssätzen,
- für den Regimewechsel nach Art. 7 FFH-RL sei es aus-
reichend, wenn die die Vorgaben des Art. 6 Abs. 2 und 3
FFH-RL umsetzenden Vorschriften der §§ 33 und 34
BNatSchG bzw. deren Vorgängerregelungen in Art. 13c
BayNatSchG (2005) für die Prüfung der Erheblichkeit von
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Eingriffen und deren ausnahmsweiser Zulassung an-
wendbar seien,
- für einen Rechtsregimewechsel nach Art. 7 FFH-RL sei
es nicht erforderlich, dass flächendeckend für den gesam-
ten Bereich des Vogelschutzgebiets bzw. für sämtliche in
diesem zu schützenden Vogelarten zusätzliche Schutz-
verordnungen oder Vereinbarungen des Vertragsnatur-
schutzes gälten, welche die geschützten Vögel und deren
Lebensräume schützten und entwickelten, sondern es für
den Regimewechsel ausreichend sei, wenn dies in Teilbe-
reichen bzw. bezüglich bestimmter Arten bzw. in Abhän-
gigkeit der jeweiligen tatbestandlichen Voraussetzungen
gesetzlicher oder vertraglicher Regelungen der Fall sei,
dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. Januar 2014 - 9 A 4.13 -
(BVerwGE 149, 31) die Gefolgschaft verweigert habe (Beschwerdebegründung
S. 21, 23). Der Verwaltungsgerichtshof hat die ihm zugeschriebenen Rechts-
sätze indes nicht aufgestellt. Die Ausführungen unter der Randnummer 676 des
Urteils, denen der Kläger die Rechtssätze entnehmen möchte, verhalten sich
nicht zu den Voraussetzungen für einen Regimewechsel von der Vogelschutz-
richtlinie zur FFH-Richtlinie, sondern sind der These zugeordnet, dass - unab-
hängig von der Frage der Voraussetzungen eines Regimewechsels - die Mit-
gliedstaaten auch der Sache nach nicht verpflichtet seien, für jedes Schutzge-
biet spezielle Verbote zu erlassen, sondern die Unterschutzstellung auch an-
derweitig leisten könnten (UA Rn. 675).
b) Der Kläger liest aus dem angefochtenen Urteil die folgenden Rechtssätze
heraus (Beschwerdebegründung S. 40 f.):
- Die für die Auswahl von Vogelschutzgebieten zuständige
Behörde sei im Rahmen der Gebietsauswahl im Sinne von
Art. 4 VRL nicht verpflichtet, die Bestände und Lebens-
raumbedingungen von Vogelarten in einem Gebiet mit den
Beständen und Lebensraumbedingungen der Arten des
Landes zu vergleichen und im Ergebnis dieses Abgleichs
zu ermitteln, welche Gebiete im Sinne von Art. 4 VRL zu
den "für die Erhaltung dieser Arten zahlen- und flächen-
mäßig geeignetsten" Gebieten gehören, wenn das vorha-
benbetroffene Gebiet nicht im so genannten IBA-Verzeich-
nis aufgeführt ist sowie die EU-Kommission hinsichtlich
der unterbliebenen Ausweisung keine Beanstandungen
adressiert hat. Dies gelte auch dann, wenn in einem Ge-
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biet größere Bestände vorhanden sind als in den bislang
ausgewiesenen Schutzgebieten. Etwas anderes folge
auch nicht daraus, dass es nur ein oder sogar kein aus-
gewiesenes Schutzgebiet für die jeweilige Art gibt.
- Gerichte, welche im Rahmen eines Verwaltungsstreitver-
fahrens zu prüfen haben, ob für ein vorhabenbetroffenes
Gebiet das Rechtsregime des Art. 4 VRL ("faktisches Vo-
gelschutzgebiet") gilt, seien im Rahmen der Kontrolle des
Vorliegens eines faktischen Vogelschutzgebiets nicht ver-
pflichtet, die behördliche Entscheidung zur unterbliebenen
Ausweisung des betreffenden Gebiets als Vogelschutzge-
biet daraufhin zu überprüfen, ob diese Entscheidung auf
der Grundlage einer Bestands- und Lebensraumermittlung
und -bewertung von den in dem Gebiet vorkommenden
Vogelarten sowie einer vergleichenden Betrachtung mit
den Beständen und Bedingungen in anderen Gebieten
des Landes erfolgt ist. Dies gelte insbesondere dann,
wenn das betroffene Gebiet nicht im so genannten IBA-
Verzeichnis aufgeführt ist sowie die EU-Kommission hin-
sichtlich der unterbliebenen Ausweisung keine Beanstan-
dungen adressiert hat. Dies gelte auch dann, wenn in ei-
nem Gebiet größere Bestände vorhanden sind als in den
bislang ausgewiesenen Schutzgebieten. Etwas anderes
folge auch nicht daraus, dass es nur ein oder sogar kein
ausgewiesenes Schutzgebiet für die Art gibt.
Der Kläger stellt den Rechtssätzen einen Rechtssatz aus dem Urteil des Bun-
desverwaltungsgerichts vom 12. März 2008 - 9 A 3.06 - (BVerwGE 130, 299
Rn. 53) mit dem Inhalt gegenüber, dass die Auswahlentscheidung für Vogel-
schutzgebiete auf der Grundlage einer artspezifischen Bewertung eines Gebiets
für eine Vogelart und unter vergleichender Betrachtung des Gebiets mit ande-
ren für eine Vogelschutzgebietsmeldung in Frage kommenden Gebieten erfol-
gen muss sowie die Auswahlentscheidung der Behörde - auch unter Berück-
sichtigung diesbezüglich eingeschränkter Kontrolldichte und auch dann, wenn
das betreffende Gebiet nicht im IBA-Verzeichnis aufgeführt ist und die Europäi-
sche Kommission keinen Meldebedarf geltend macht, - daraufhin zu überprüfen
ist, ob die Entscheidung des Verzichts zur Unterschutzstellung des Gebiets für
die betreffende Vogelart aufgrund hinreichender Ermittlung der Bestände und
sachgerechter Bewertung der Eignung und Bedeutung des Gebiets für die Be-
lange des Vogelschutzes im Vergleich zu anderen Gebieten getroffen wurde
(Beschwerdebegründung S. 42). Die Divergenzrüge scheitert bereits daran,
dass der Verwaltungsgerichtshof die behaupteten Rechtssätze nicht formuliert
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hat. Er hat sich nicht auf den Standpunkt gestellt, dass sich die Behörden bei
der Ausweisung von Vogelschutzgebieten und die Gerichte bei der Identifizie-
rung von faktischen Vogelschutzgebieten auf die Prüfung beschränken können,
ob das jeweilige Gebiet im IBA-Verzeichnis aufgelistet ist oder die EU-Kommis-
sion für das Gebiet Nachmeldebedarf reklamiert hat, sondern ist davon ausge-
gangen, dass die Behörden der Mitgliedstaaten zu einer eigenständigen Prü-
fung der Notwendigkeit der Unterschutzstellung verpflichtet sind, wobei ihnen
ein naturschutzfachlicher Beurteilungsspielraum zusteht (UA Rn. 677 f.). Er hat
nämlich auch darauf abgestellt, dass nach den von ihm für überzeugend gehal-
tenen Darlegungen des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom
26. September 2013 die Arten Dorngrasmücke, Feldschwirl, Sumpfrohrsänger
und Kuckuck bayernweit stark verbreitet seien und sich insoweit das Vogel-
schutzgebiet "Nördliches Erdinger Moos" zur Erhaltung dieser Arten keinesfalls
aufdränge (UA Rn. 678).
c) Nach Darstellung des Klägers legt der Verwaltungsgerichtshof seiner Ent-
scheidung ferner die Rechtssätze zugrunde,
- dass auf das Vorkommen von Arten nach Anhang II der
FFH-Richtlinie das Rechtsregime zum Schutz potentieller
FFH-Gebiete nicht anzuwenden sei, wenn es betreffend
dieser Art landesweit mehrere Verbreitungsschwerpunkte
gibt, die für eine Meldung zur Aufnahme in Natura 2000 in
Betracht kommen, und
- dies auch dann gelte, wenn das Land für die betreffende
Art noch kein FFH-Gebiet ausgewiesen hat und es im
Rahmen der Realisierung eines Eingriffs zu einer vollstän-
digen Zerstörung des Vorkommens an dortiger Stelle
kommt (Beschwerdebegründung S. 80).
Der Kläger sieht darin eine Abweichung von den Rechtssätzen des Bundesver-
waltungsgerichts im Urteil vom 27. Februar 2003 - 4 A 59.01 - (BVerwGE 118,
15 <20>), dass
- die FFH-Richtlinie den Mitgliedstaaten bei der Meldung
der Gebiete, die nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie anhand
der im Anhang III Phase 1 genannten Kriterien auszuwäh-
len sind, einen ökologisch-fachlichen Beurteilungsspiel-
raum zugesteht, und
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- zum Kreis der potentiellen Schutzgebiete, die dem euro-
päischen Schutzregime nach Maßgabe der Vorwirkungs-
rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. Urteil
vom 18. Dezember 1997 - C-129/96
[ECLI:EU:C:1997:628]) unterliegen, nur die Landschafts-
räume gehören, die aus fachwissenschaftlicher Sicht die
von der Richtlinie vorausgesetzten Eigenschaften zwei-
felsfrei aufweisen, vom Mitgliedstaat aber trotz ihrer Eig-
nung bei der Auswahl unberücksichtigt geblieben sind
(Beschwerdebegründung S. 83).
Die behauptete Divergenz liegt nicht vor. Einen Rechtssatz des Inhalts, dass
auf Vorkommen von Arten nach Anhang II der FFH-Richtlinie das Rechtsregime
zum Schutz potentieller FFH-Gebiete nicht anzuwenden ist, wenn es betreffend
dieser Art landesweit mehrere Verbreitungsschwerpunkte gibt, die für eine Mel-
dung zur Aufnahme in Natura 2000 in Betracht kommen, hat der Verwaltungs-
gerichtshof seiner Entscheidung nicht unterlegt. Er ist vielmehr davon ausge-
gangen, dass die FFH-Richtlinie den Mitgliedstaaten bei der Auswahl der der
Kommission vorzuschlagenden Gebiete einen naturschutzfachlichen Beurtei-
lungsspielraum belässt, eine ausnahmslose Meldung von Gebieten selbst dann
nicht notwendig ist, wenn die Gebiete mit prioritären Lebensraumtypen besetzt
sind (UA Rn. 819), und der Verzicht auf eine Meldung nicht zu beanstanden ist,
wenn die Vorkommen geschützter Arten an anderswo feststellbaren Verbrei-
tungsschwerpunkten größer sind (UA Rn. 820).
d) Die "versteckte" Divergenz zwischen Rechtssätzen zu § 34 Abs. 3 Nr. 2
BNatSchG (Beschwerdebegründung S. 162) ist nicht dargelegt. Der Verwal-
tungsgerichtshof hat keinen Rechtssatz formuliert, der dem Rechtssatz des
Bundesverwaltungsgerichts widerspricht, eine Ausführungsalternative sei vor-
zugswürdig, wenn sich mit ihr die Planungsziele mit geringerer Eingriffsintensi-
tät verwirklichen lassen (BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2009 - 4 C 12.07 -
BVerwGE 134, 166 Rn. 33 m.w.N.). Er hat sich diesem Rechtssatz vielmehr
angeschlossen (UA Rn. 740). Sollte er ihn unrichtig angewandt haben, läge da-
rin keine Abweichung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (stRspr; vgl. nur
BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133
VwGO Nr. 26).
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2. Die Revision ist auch nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Die
Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr der Kläger bei-
misst.
a) Der Kläger möchte in einem Revisionsverfahren grundsätzlich klären lassen,
- ob es für einen Regimewechsel i.S.v. Art. 7 FFH-RL er-
forderlich ist, dass eine rechtsverbindliche und mit Au-
ßenwirkung gegenüber Dritten versehene Benennung von
auf das konkrete Gebiet bezogenen Schutz- und Erhal-
tungszielen erfolgt ist, die über die Benennung geschütz-
ter Vogelarten hinausgeht,
- ob es für einen Regimewechsel i.S.v. Art. 7 FFH-RL er-
forderlich ist, dass eine rechtsverbindliche, mit Außenwir-
kung gegenüber Dritten versehene, unmittelbar anwend-
bare Benennung von geeigneten Ge- und Verboten sowie
Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen für jeden Teil des
Gebiets erfolgt ist,
- ob für den Fall, dass eine Benennung nicht für jeden Ge-
bietsteil notwendig ist, sie mindestens für annähernd den
gesamten Teil des Gebiets/mindestens mehr als
80 %/jedenfalls mehr als 30 % des betreffenden Gebiets
erfolgt sein muss, oder ob es auf die konkreten Standorte
der Vorkommen der geschützten Vogelarten und deren
Lebensräume ankommt und insofern dann in dem gesam-
ten betreffenden Bereich oder jedenfalls annähernd dem
gesamten betreffenden Bereich entsprechende Ge- und
Verbote sowie Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen un-
mittelbar anwendbar sein müssen,
- ob es für einen Regimewechsel i.S.v. Art. 7 FFH-RL er-
forderlich ist, dass dann, wenn eine Unterschutzstellung
nach § 32 Abs. 2 und 3 BNatSchG 2009 (= § 33 Abs. 2
und 3 BNatSchG 2002) im Hinblick darauf unterbleibt,
dass nach anderen Rechtsvorschriften, Verwaltungsvor-
schriften, durch die Regelung von Verfügungsbefugnissen
oder durch vertragliche Vereinbarungen ein gleichwertiger
Schutz gewährleistet wird, die genannte Vorschrift bzw.
vertragliche Vereinbarung mit Außenwirkung gegenüber
Dritten rechtsverbindliche Wirkung entfaltet, dafür öffent-
lich bekannt gemacht wird und die für das jeweilige Gebiet
geltenden Schutz- und Erhaltungsziele selbst festlegt (Be-
schwerdebegründung S. 27 f.),
- ob es für den Regimewechsel nach Art. 7 FFH-RL aus-
reichend ist, wenn die - die Vorgaben des Art. 6 Abs. 2
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und 3 FFH-RL umsetzenden - Vorschriften der §§ 33
und 34 BNatSchG (bzw. deren Vorgängerregelungen in
Art. 13c BayNatSchG 2005) für die Prüfung der Erheblich-
keit von Eingriffen und deren ausnahmsweiser Zulassung
anwendbar sind (Beschwerdebegründung S. 22), und
- ob die Mitgliedstaaten im Übrigen auch der Sache nach
nicht verpflichtet sind, für jedes Schutzgebiet spezielle
Verbote zu erlassen, und die Notwendigkeit des Erlasses
positiver Maßnahmen von der konkreten Lage im betref-
fenden Schutzgebiet abhängt (Beschwerdebegründung
S. 13).
Die unter dem ersten Spiegelstrich aufgeworfene Frage würde sich im ange-
strebten Revisionsverfahren nicht stellen, weil der Verwaltungsgerichtshof im
Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG,
Urteil vom 8. Januar 2014 - 9 A 4.13 - BVerwGE 149, 31 Rn. 40) eine Festle-
gung der Erhaltungsziele für notwendig erachtet (UA Rn. 671); hiervon unab-
hängig geht die Benennung der Erhaltungsziele in § 3 Abs. 1 i.V.m. Anlage 1
VoGEV (Gebiets-Nr. DE 7637471) über die Benennung der geschützten Vogel-
arten hinaus. Auch die Frage zum fünften Spiegelstrich wäre nicht entschei-
dungserheblich, weil der Verwaltungsgerichtshof in Anwendung irrevisiblen
Landesrechts (vgl. § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO) zu dem Ergebnis ge-
langt ist, dass der Wechsel des Schutzregimes durch die Vogelschutzverord-
nung eingetreten ist (UA Rn. 670). Die Frage zum sechsten Spiegelstrich
bräuchte in einem Revisionsverfahren nicht beantwortet zu werden, weil der
Kläger mit ihr eine Erwägung aufgreift, die der Verwaltungsgerichtshof lediglich
hilfsweise und unabhängig von der Frage der Voraussetzungen eines Regime-
wechsels von der Vogelschutzrichtlinie zur FFH-Richtlinie angestellt hat (UA
Rn. 675 f.). Außerdem sind die Rechtssätze des Verwaltungsgerichtshofs, auf
die sich die Frage zum sechsten Spiegelstrich bezieht, mit Rechtssätzen des
Europäischen Gerichtshofs im Urteil vom 14. Oktober 2010 - C-535/07 - (Rn. 62
und 66) identisch. Zu Unrecht wirft der Kläger dem Verwaltungsgerichtshof vor,
den Zusammenhang verkannt zu haben, in dem die Rechtssätze des Europäi-
schen Gerichtshofs stehen (Beschwerdebegründung S. 14). Der Kläger betont,
die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs stelle nur unter der Vo-
raussetzung der Unzweifelhaftigkeit der Gewährleistung eines Schutzes im Sin-
ne von Art. 4 VRL keine formellen Anforderungen an die Aufnahme von Ge-
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und Verboten in den Rechtsakt, in dem die für das jeweilige Schutzgebiet ge-
schützten Arten und Lebensräume sowie die Erhaltungsziele festgelegt würden,
ignoriert aber, dass diese Voraussetzung vorliegend erfüllt ist, weil für das be-
troffene Vogelschutzgebiet "Nördliches Erdinger Moos" die geschützten Arten
und Lebensräume sowie die Erhaltungsziele in § 3 Abs. 1 VoGEV festgelegt
worden sind (UA Rn. 679, 669 f.).
Die übrigen Fragen lassen sich anhand der bisherigen Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts verneinen, ohne dass es der Durchführung eines
Revisionsverfahrens bedarf. Für den Wechsel des Schutzregimes von der Vo-
gelschutzrichtlinie zur FFH-Richtlinie reicht es aus, dass das Vogelschutzgebiet
räumlich bestimmt ist und der Schutzzweck benannt wird (BVerwG, Urteil vom
8. Januar 2014 - 9 A 4.13 - BVerwGE 149, 31 Rn. 40). Ob eine Schutzgebiets-
ausweisung die materiellrechtlichen Anforderungen nach Art. 4 Abs. 1 und 2
VRL oder nach Art. 6 Abs. 2 FFH-RL an die zu treffenden Schutzmaßnahmen
erfüllt, ist unerheblich (BVerwG, Beschluss vom 14. April 2011 - 4 B 77.09 - juris
Rn. 58, 59). Nichts anderes folgt aus dem Urteil des Bundesverwaltungsge-
richts vom 1. April 2004 - 4 C 2.03 - (BVerwGE 120, 276). Zwar heißt es in die-
ser Entscheidung (a.a.O. S. 285) unter Bezugnahme auf ein Urteil des Europäi-
schen Gerichtshofs (EuGH, Urteil vom 27. Februar 2003 - C-415/01
[ECLI:EU:C:2003:118] - Rn. 26), die Ausweisung als Schutzgebiet müsse au-
tomatisch und unmittelbar die Anwendung einer mit dem Unionsrecht in Ein-
klang stehenden Schutz- und Erhaltungsregelung nach sich ziehen. Mit diesen
Ausführungen werden aber lediglich die materiellrechtlichen Anforderungen in
Bezug genommen, denen Schutz- und Erhaltungsregelungen genügen müssen.
Die Aussage, dass ein Wechsel des Schutzregimes nur dann erfolgt, wenn das
mit der Ausweisung als Schutzgebiet gewährleistete Schutzniveau den Anforde-
rungen des Art. 6 Abs. 2 FFH-RL genügt, lässt sich auch diesen Ausführungen
nicht entnehmen (BVerwG, Beschluss vom 14. April 2011 a.a.O. Rn. 63). Damit
hat es sein Bewenden. Aus dem Beschwerdevorbringen ergibt sich nicht, dass
die höchstrichterliche Rechtsprechung einer Fortentwicklung oder Korrektur in
einem Revisionsverfahren bedarf.
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b) Der Kläger hält die Fragen für grundsätzlich klärungsbedürftig (Beschwer-
debegründung S. 43 f.):
- Lassen Art. 4 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 VRL, § 33 Abs. 1
BNatSchG 2002 = § 32 Abs. 1 BNatSchG 2009 es zu,
dass die für die Ausweisung von Vogelschutzgebieten zu-
ständige Behörde es im Rahmen ihrer Entscheidung über
die Ausweisung von Vogelschutzgebieten für eine unter
Art. 4 VRL fallende Vogelart unterlassen darf, diese Ent-
scheidung auf Grundlage deren Bestände und Lebens-
raumbedingungen in einem dafür in Frage kommenden
Gebiet im Vergleich zu deren Beständen und Lebens-
raumbedingungen an anderer Stelle zu treffen, bzw. ist die
Ermittlung und Bewertung von Bestandszahlen und deren
Vergleich mit den Gegebenheiten an anderer Stelle dann
entbehrlich, wenn ein Gebiet, in welchem sich ein Bestand
der Art befindet, nicht im IBA-Verzeichnis aufgeführt ist?
- Ist die Behörde dann, wenn sie ihren naturschutzfachli-
chen Beurteilungsspielraum betreffend die Ausweisung
von Vogelschutzgebieten für eine Art ausgeübt hat, be-
rechtigt, ihre Entscheidung über eine Schutzausweisung
für die betreffende Art in anderen Gebieten an Hand ande-
rer Kriterien durchzuführen?
- Darf die gerichtliche Kontrolle einer behördlichen Ent-
scheidung über die (Nicht-)Ausweisung eines Vogel-
schutzgebiets für eine unter Art. 4 VRL fallende Vogelart
so weit zurückgenommen werden, dass es weder auf die
von der Behörde für ihre Gebietsausweisung angelegten
Kriterien und deren einheitliche Anwendung noch auf eine
Ermittlung der Bestandszahlen und Lebensraumbedin-
gungen in den betreffenden Gebieten und deren Abgleich
miteinander ankommt?
Sofern die Frage mit ja zu beantworten sein sollte:
-- Gilt dies auch dann, wenn das Land für die Vogelart
noch kein Vogelschutzgebiet ausgewiesen hat und die
Vogelart in dem betreffenden Gebiet einen ihrer größten
landesweiten Bestände hat?
-- Gilt dies auch dann, wenn es um eine Art geht, für deren
Erhaltung Deutschland aufgrund der Beherbergung eines
10%igen Anteils eine besondere Verantwortung trägt?
-- Gilt dies auch dann, wenn das Land für die Vogelart erst
ein Vogelschutzgebiet ausgewiesen hat und die Vogelart
in dem streitbefangenen Gebiet einen deutlich höheren
Bestand aufweist als in dem ausgewiesenen Schutzge-
biet?
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Die Fragen lösen die Zulassung der Grundsatzrevision nicht aus, weil sie an
dem rechtlichen Ansatz der Vorinstanz und den Feststellungen im angefochte-
nen Urteil vorbeigehen. Der Verwaltungsgerichtshof hat angenommen, dass der
Verordnungsgeber über einen naturschutzfachlichen Beurteilungsspielraum
verfügt, welche der nach der Vogelschutzrichtlinie geschützten europäischen
Vogelarten innerhalb eines europäischen Vogelschutzgebiets erhalten werden
sollen (UA Rn. 677). Eine Überschreitung dieses Beurteilungsspielraums hat er
vorliegend verneint und zur Begründung u.a. ausgeführt, dass die nach Auffas-
sung des Klägers in die Vogelschutzverordnung aufzunehmenden Erhaltungs-
zielarten Dorngrasmücke, Feldschwirl, Sumpfrohrsänger und Kuckuck bayern-
weit stark verbreitet seien und sich insoweit das Vogelschutzgebiet "Nördliches
Erdinger Moos" zur Erhaltung dieser Arten keinesfalls aufdränge (UA Rn. 678).
Der umfangreiche Fragenkatalog kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass der
Kläger im Gewand der Grundsatzrüge die vorinstanzliche Entscheidung einzel-
fallbezogen bemängelt und mit der Behauptung von Tatsachen, die der Verwal-
tungsgerichtshof nicht festgestellt hat, nachweisen will, dass der Verordnungs-
geber seinen naturschutzfachlichen Beurteilungsspielraum verlassen hat. Mit
einer Kritik an der vorinstanzlichen Sachverhaltswürdigung und Rechtsanwen-
dung lässt sich die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache aber nicht dar-
legen.
c) Der Kläger sieht grundsätzlichen Klärungsbedarf hinsichtlich der Frage,
ob in einem Gebiet, in welchem ein schutzwürdiges Vor-
kommen einer Anhang II-Art vorkommt, ein Vorhaben
verwirklicht werden darf, welches das Vorkommen im Ge-
biet zerstören würde, wenn zwar weitere Gebiete mit Ver-
breitungsschwerpunkten dieser Art in einem Bundesland
vorkommen, das Bundesland für diese Arten jedoch noch
kein Gebiet zur Aufnahme in Natura 2000 gemeldet hat
(Beschwerdebegründung S. 83).
Die Frage führt nicht zur Zulassung der Revision, weil geklärt ist, dass ein po-
tentielles FFH-Gebiet nicht zerstört oder nicht anderweitig so nachteilig beein-
trächtigt werden darf, dass es für eine Meldung an die Kommission nach Art. 4
Abs. 1 FFH-RL nicht mehr in Betracht kommt (BVerwG, Urteil vom 27. Oktober
2000 - 4 A 18.99 - BVerwGE 112, 140 <157>). Ebenfalls geklärt ist,
21
22
23
- 15 -
- dass ein Bereich im Sinne des Art. 1 Buchst. j FFH-RL, der die sachlichen Kri-
terien des Art. 4 Abs. 1 FFH-RL erfüllt und dessen Meldung sich für die Auf-
nahme in ein kohärentes Netz mit anderen Gebieten aufdrängt, als potentiel-
les FFH-Gebiet einzustufen ist (BVerwG, Urteil vom 27. Januar 2000 - 4 C
2.99 - BVerwGE 110, 302 <308 f.>),
- dass die FFH-Richtlinie im Anhang III Phase I B den Mitgliedstaaten bei der
Auswahl der der Kommission vorzuschlagenden Gebiete für eine gegebene
Art des Anhangs II, auch soweit sie prioritäre Lebensraumtypen beherbergen,
einen gewissen ökologisch-fachlichen Beurteilungsspielraum mit der Folge
einräumt, dass die Gebiete nicht ausnahmslos gemeldet werden müssen (vgl.
BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2003 - 4 A 59.01 - BVerwGE 118, 15 <21>,
und
- dass dies unabhängig davon gilt, ob es um die erstmalige Meldung eines Ge-
biets oder um eine entsprechende Nachmeldung geht (BVerwG, Beschluss
vom 14. April 2011 - 4 B 77.09 - juris Rn. 39).
Der Kläger zeigt nicht auf, dass die bisherige Rechtsprechung in einem Revisi-
onsverfahren weiter entwickelt oder korrigiert werden müsste. Ihm dient die
Grundsatzrüge als Anknüpfungspunkt dafür, dem Verwaltungsgerichtshof vor-
zuhalten, Teile des Bereichs des so genannten Abfanggrabens Ost und des
nördlichen Erdinger Mooses zu Unrecht nicht als potentielles FFH-Gebiet zum
Schutz von Vorkommen der Libellenart Vogel-Azurjungfer und der Pflanzenart
Sumpf-Siegwurz behandelt zu haben (UA Rn. 819 f.). Auch hier gilt, dass mit
einer Kritik an der vorinstanzlichen Sachverhaltswürdigung und Rechtsanwen-
dung die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache nicht aufgezeigt werden
kann.
d) Grundsätzliche Bedeutung misst der Kläger den Fragen bei (Beschwerdebe-
gründung S. 88, 91, 94),
- ob Art. 9 Abs. 1 Buchst. c VRL unmittelbar anwendbar ist
oder ob es sich bei den Ausnahmegründen des § 45
Abs. 7 Satz 1 BNatSchG um eine strengere Schutzmaß-
nahme eines Mitgliedstaates im Sinne von Art. 14 VRL
handelt,
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25
- 16 -
- ob Art. 9 Abs. 1 Buchst. c VRL dahingehend ausgelegt
werden muss, dass eine Nutzung im Sinne der Vorschrift
einen individuellen Zugriff auf betroffene Vögel voraus-
setzt,
- ob eine artenschutzrechtliche Ausnahme für europäische
Vogelarten auf den Tatbestand der zwingenden Gründe
des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich
solcher wirtschaftlicher und sozialer Art (§ 45 Abs. 7
Satz 1 Nr. 5 BNatSchG) gestützt werden kann,
- ob eine weite Auslegung des Tatbestandes der "öffentli-
chen Sicherheit" in Art. 9 Abs. 1 Buchst. a 1. Spiegelstrich
VRL, wonach hierunter auch die "zwingenden Gründe des
öffentlichen Interesses" zu verstehen seien, mit Art. 9
Abs. 1 VRL im Einklang steht,
- ob die Ausnahme unter Berufung auf § 45 Abs. 7 Satz 1
Nr. 4 BNatSchG für die Steigerung des Flugsicherheitsni-
veaus gewährt werden kann, ohne dass eine Gefährdung
der Sicherheit des Luftverkehrs begründet vorliegt;
- ob § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG, wonach von den
zwingenden Verbotstatbeständen des § 44 Abs. 1
BNatSchG, Art. 5 VRL aus zwingenden Gründen des
überwiegenden öffentlichen Interesses Ausnahmen auch
für europäisch geschützte Vogelarten möglich sind, mit
Art. 9 Abs. 1 VRL vereinbar ist;
- ob für den Fall der Unvereinbarkeit des § 45 Abs. 7
Satz 1 Nr. 5 BNatSchG mit Art. 9 Abs. 1 VRL die Ausle-
gung des Art. 9 Abs. 1 Buchst. a 1. Spiegelstrich VRL,
wonach der Tatbestand der öffentlichen Sicherheit weit
auszulegen sei und hierunter auch die zwingenden Grün-
de des öffentlichen Interesses sowie die Sicherheit der
Luftfahrt zu verstehen seien, mit Art. 9 Abs. 1 VRL in Ein-
klang steht.
Der Verwaltungsgerichtshof ist zu dem Ergebnis gelangt, dass sich die Abwei-
chungsentscheidung des Beklagten sowohl auf § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4
BNatSchG als auch auf § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG stützen lässt (UA
Rn. 844 f. i.V.m. Rn. 724 ff., Rn. 848 ff.). Die Revision kann daher nur zugelas-
sen werden, wenn der Kläger zu beiden Vorschriften Gründe für die Zulassung
der Grundsatzrevision aufzeigt. Ist die vorinstanzliche Entscheidung auf mehre-
re selbständig tragende Begründungen gestützt, kann die Revision nämlich nur
zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder dieser Begründungen ein Revisi-
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- 17 -
onszulassungsgrund aufgezeigt wird und vorliegt (vgl. BVerwG, Beschluss vom
9. Dezember 1994 - 11 PKH 28.94 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO
Nr. 4; stRspr). Wenn nur bezüglich einer Begründung ein Zulassungsgrund ge-
geben ist, kann diese Begründung hinweggedacht werden, ohne dass sich der
Ausgang des Verfahrens ändert.
Das Beschwerdevorbringen des Klägers zur Auslegung und Anwendung des
§ 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 BNatSchG führt nicht zur Zulassung der Revision, so
dass die Fragen zu § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG, Art. 9 Abs. 1 Buchst. a
VRL und Art. 9 Abs. 1 Buchst. c VRL nicht entscheidungserheblich sind.
Nach § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 BNatSchG und im Einklang mit Art. 9 Abs. 1
Buchst. a VRL können die nach Landesrecht zuständigen Behörden von den
Verboten des § 44 BNatSchG im Einzelfall u.a. im Interesse der öffentlichen
Sicherheit Ausnahmen zulassen. Der Verwaltungsgerichtshof hat ausgeführt,
dass das planfestgestellte Vorhaben dem Interesse der öffentlichen Sicherheit
sowohl im Hinblick auf die herausgehobene Bedeutung als Vorhaben der Luft-
infrastruktur zur Bewältigung des zu erwartenden steigenden Luftverkehrsauf-
kommens am Verkehrsflughafen München als auch hinsichtlich der Steigerung
des Flugsicherheitsniveaus durch die Behebung der sich mit Kapazitätsengpäs-
sen verbindenden Risiken für die Störung der Flugsicherheit insbesondere bei
Starts und Landungen dient (UA Rn. 850). Es bedarf nicht der Durchführung
eines Revisionsverfahrens, um den Verwaltungsgerichtshof darin zu bestätigen,
dass im Interesse der öffentlichen Sicherheit jedenfalls Maßnahmen zur Ent-
schärfung der Risiken für die Flugsicherheit liegen, die durch Kapazitätseng-
pässe und einer damit verbundenen dichten Flugfolge bei Starts und Landun-
gen heraufbeschworen werden. An die vorinstanzliche Feststellung, dass die
Erweiterung des Flughafens München (auch) dazu dient, Risiken für die Stö-
rung der Flugsicherheit zu begegnen, ist der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO
gebunden. Mit der Behauptung, der Flughafen werde nicht gebaut, um die Si-
cherheit zu erhöhen, sondern allein zur Befriedigung einer vermeintlichen Nach-
frage an Flugbewegungen (Beschwerdebegründung S. 93), kann der Kläger
nicht gehört werden.
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- 18 -
e) Grundsätzlichen Klärungsbedarf sieht der Kläger bei den Fragen (Beschwer-
debegründung S. 151, 173),
- ob es bei der gerichtlichen Prüfung des Vorliegens des
Abweichungsgrundes der zwingenden Gründe des über-
wiegenden öffentlichen Interesses (Art. 6 Abs. 4 FFH-RL)
im Hinblick auf das Merkmal von Prognoseunsicherheiten
erforderlich ist zu prüfen, ob bei einer zuvor festgestellten
sachgerechten Prognose die prognostizierte Entwicklung
mit Sicherheit bzw. mit großer oder geringer Wahrschein-
lichkeit eintreten wird;
- ob Art. 6 Abs. 4 FFH-RL dahingehend auszulegen ist,
dass dann, wenn das Vorliegen der zwingenden Gründe
des überwiegenden öffentlichen Interesses bejaht und das
Projekt damit zugelassen wird, eine nochmalige bzw. wei-
tergehende Überprüfung des Abweichungsgrundes erfor-
derlich wird, wenn zwischen der Zulassung des Projekts
und dem Baubeginn eine tatsächliche Entwicklung einge-
treten ist, die den Abweichungsgrund ganz oder teilweise
- letzteres im Hinblick auf die Alternativenprüfung - entfal-
len lassen könnte;
- ob Kohärenzmaßnahmen gem. Art. 6 Abs. 4 FFH-RL bei
der bipolaren Abwägung mindernd berücksichtigt werden
dürfen, bejahendenfalls, welchen Anforderungen Kohä-
renzsicherungsmaßnahmen genügen müssen, um min-
dernd berücksichtigt werden zu können, ob es geboten ist,
an die Erfolgswahrscheinlichkeit "qualifizierter" Kohärenz-
sicherungsmaßnahmen dieselben strengen Überprü-
fungsmaßstäbe anzulegen, wie sie für Schadensvermei-
dungsmaßnahmen gelten, ob vermieden werden muss,
dass eine Doppelanrechnung einer Maßnahme als das In-
tegritätsinteresse vermindernde und als eigentliche Kohä-
renzsicherungsmaßnahme gelten kann, und ob entspre-
chende Kennzeichnungen zum Beleg der unterschiedli-
chen Qualität der Kohärenzsicherungsmaßnahmen erfol-
gen müssen.
Auf die Frage zum ersten Spiegelstrich lässt sich mit dem Urteil des Senats
vom 9. Juli 2009 - 4 C 12.07 - (BVerwGE 134, 166 Rn. 17) antworten: Bei der
Gewichtung der Abweichungsgründe sind auch die mit der Planung verbunde-
nen Prognoseunsicherheiten zu bewerten. Reichen die Prognoseunsicherheiten
weiter als in anderen Fällen, bedarf es der Darlegung, warum dem Vorhaben
gleichwohl ein besonderer Stellenwert zukommt. Das kann etwa der Fall sein,
wenn mit normativer Verbindlichkeit die besondere Dringlichkeit des Vorhabens
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- 19 -
angeordnet ist. Mit welchem Gewicht Prognoseunsicherheiten zu Buche schla-
gen, beurteilt sich nach den Gegebenheiten des Einzelfalls. Als Faustregel lässt
sich lediglich festhalten: Je weiter die Unsicherheiten reichen, desto geringer
wiegt das öffentliche Interesse an dem Vorhaben und desto konkreter und ver-
bindlicher müssen die das Vorhaben stützenden Zielvorgaben sein, wenn ihm
trotz des unsicheren Bedarfs ein hohes Gewicht beigemessen werden soll. Da-
ran hat der Senat im Beschluss vom 14. April 2011 - 4 B 77.09 - (juris Rn. 45)
festgehalten. Der Kläger zeigt weiteren Klärungsbedarf nicht auf, sondern kriti-
siert, dass der Verwaltungsgerichtshof den Begriff der Prognoseunsicherheit zu
eng verstanden habe (Beschwerdebegründung S. 155). Das ist kein Grund für
die Zulassung der Grundsatzrevision.
Die Frage zum zweiten Spiegelstrich ist nicht entscheidungserheblich, weil sie
auf einen Sachverhalt gemünzt ist, den der Verwaltungsgerichtshof nicht fest-
gestellt hat. Der Verwaltungsgerichtshof hat keine Tatsachen ermittelt, aus de-
nen sich ergibt, dass die Abweichungsgründe des § 34 Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG
bzw. Art. 6 Abs. 4 FFH-RL nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses ent-
fallen werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
scheidet die Zulassung der Revision aus, wenn ein Instanzgericht eine Tatsa-
che nicht festgestellt hat, die für die Entscheidung der angesprochenen Rechts-
frage erheblich sein würde, sondern lediglich die Möglichkeit besteht, dass die
Rechtsfrage nach Zurückverweisung der Sache aufgrund weiterer Sachaufklä-
rung entscheidungserheblich werden könnte (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom
28. Dezember 1998 - 9 B 197.98 - juris Rn. 6 und vom 28. November 2005
- 4 B 66.05 - ZfBR 2006, 159).
Die Fragen zum dritten Spiegelstrich bedürfen mangels Entscheidungserheb-
lichkeit keiner Klärung. Nach der tatrichterlichen Würdigung, an die der Senat
nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden ist, überwiegt das öffentliche Interesse an
der Verwirklichung des Vorhabens schon das ungeschmälerte Integritätsinte-
resse (UA Rn. 735). Die Eignung von Kohärenzsicherungsmaßnahmen zur
Minderung des Gewichts des Integritätsinteresses (UA Rn. 736) ist ein zusätzli-
ches Argument ("Darüber hinaus …"), das hinweggedacht werden könnte, ohne
dass sich die angegriffene Entscheidung ändert.
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32
- 20 -
f) Der Kläger hält für eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung (Beschwer-
debegründung S. 159),
ob sich unter dem verfassungsrechtlichen Gebot der Ge-
währleistung effektiven Rechtsschutzes als ein wesentli-
ches Element der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1
Satz 1 GG die gerichtliche Überprüfung einer Verkehrs-
prognose und deren Gewichtung im Rahmen der fachpla-
nerischen Abwägung auch darauf beziehen muss, ob die
Prognose durch spätere tatsächliche Entwicklungen be-
stätigt oder widerlegt wird.
Grundsätzlicher Klärungsbedarf bestehe im Hinblick auf die strengen Anforde-
rungen an die gerichtliche Kontrolle von Enteignungsentscheidungen bzw. wie
hier an die Überprüfung einer fachplanerischen Zulassung mit enteignungs-
rechtlicher Vorwirkung.
Die Frage bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren, weil sie dort nicht
entscheidungserheblich wäre. Nach der Würdigung des Verwaltungsgerichts-
hofs ist das planfestgestellte Vorhaben zum Wohl der Allgemeinheit nicht nur
geboten, weil nach der Verkehrsprognose das fachplanungsrechtliche Erforder-
nis der Planrechtfertigung gegeben ist, sondern auch deshalb, weil über die
bestehende Planrechtfertigung hinaus weitere überwiegende öffentliche Inte-
ressen für das Vorhaben streiten (UA Rn. 595). Im Übrigen bedarf es keiner
Klärung in einem Revisionsverfahren, dass die gestellte Frage zu verneinen ist.
Denn die Rechtsprechung zum maßgeblichen Zeitpunkt für die gerichtliche
Überprüfung von Prognoseentscheidungen ist auch an Fällen entwickelt wor-
den, in denen die jeweilige Planungsentscheidung enteignungsrechtliche Vor-
wirkung entfaltet hat (BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2012 - 9 A 19.11 - Buch-
holz 407.4 § 17 FStrG Nr. 228 Rn. 21 und Gerichtsbescheid vom 29. Januar
2009 - 7 A 1.08 - juris Rn. 13.) Darüber hinausgehenden Klärungsbedarf zeigt
die Beschwerde nicht auf.
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35
- 21 -
g) Grundsätzlichen Klärungsbedarf reklamiert der Kläger in Bezug auf folgende
Fragen (Beschwerdebegründung S. 181):
- Folgt aus § 9 Abs. 1b Satz 2 UVPG i.V.m. Art. 6, 6
Abs. 2 Buchst. e UVP-RL eine Pflicht der Genehmigungs-
behörde, während des laufenden Verwaltungsverfahrens
sämtliche bei der Genehmigungsbehörde eingereichten
Unterlagen eigeninitiativ der Öffentlichkeit zugänglich zu
machen?
- Sollte die Frage zu verneinen sein: Gilt dies jedenfalls in
Bezug auf solche Unterlagen, die vom Vorhabenträger
eingereicht wurden und für die Entscheidung über den
Genehmigungsantrag wesentlich (im Sinne von entschei-
dungstragender Relevanz) sind?
- Gilt dies insbesondere in Bezug auf Unterlagen betref-
fend den Bedarf an einem Vorhaben, dessen sozioöko-
nomische oder dessen umweltbezogene Auswirkungen?
- Welche Anforderungen hat ein Gericht im Rechtsmittel-
verfahren gegen eine Vorhabengenehmigung in Bezug auf
die Feststellung eines Nachweises zu erfüllen, so dass
nachweislich die Möglichkeit besteht, dass eine angegrif-
fene Entscheidung ohne einen geltend gemachten Verfah-
rensfehler nicht anders ausgefallen wäre? Steht Art. 11
UVP-RL einer solchermaßen eingeschränkten Behand-
lung von klägerischen Rügen betreffend Verfahrensfehlern
nicht entgegen?
- Obliegt es der Klägerseite, mit hinreichend substantiier-
ten Einwendungen vorzutragen, inwieweit eine klägerische
Äußerung zu den betreffenden Unterlagen die Genehmi-
gungsbehörde vor Genehmigungserteilung hätte veran-
lassen können, eine andere Entscheidung zu treffen und
auf die Kausalität von Verfahrensfehlern bezogene Be-
weisanträge zu stellen?
Die Antworten auf die Fragen zu den ersten drei Spiegelstrichen ergeben sich
unmittelbar aus dem Gesetz. § 9 Abs. 1b Satz 2 UVPG ist zu entnehmen, dass
Informationen, die über diejenigen hinausgehen, die in den nach § 9 Abs. 1b
Satz 1 UVPG auszulegenden Unterlagen enthalten sind, nicht sämtlich der Öf-
fentlichkeit zugänglich zu machen sind, sondern nur, soweit sie für die Ent-
scheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens von Bedeutung sein können.
Inwieweit Art. 6 UVP-RL (Richtlinie des Rates vom 27. Juni 1985 über die Um-
weltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten
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37
- 22 -
- UVP-Richtlinie) für § 9 Abs. 1b Satz 2 UVPG eine Rolle
spielt, legt der Kläger nicht dar. Die Fragen zum vierten und fünften Spiegel-
strich sind nicht entscheidungserheblich, da der Verwaltungsgerichtshof festge-
stellt hat, dem Kläger seien nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses na-
turschutzfachliche Sachverständigengutachten, die ihm zuvor vorenthalten wor-
den seien, übersandt worden, so dass jedenfalls Heilung eingetreten sei (UA
Rn. 366). Die Fragen beziehen sich auf die weitere, selbständig tragende Be-
gründung des Verwaltungsgerichtshofs ("Dessen ungeachtet …"), dass der
Kläger auch nicht substantiiert darzulegen vermocht habe, inwieweit eine Äuße-
rung zu den betreffenden Unterlagen vor Erlass des Planfeststellungsbeschlus-
ses den Beklagten hätte veranlassen können, eine andere Entscheidung zu
treffen.
h) Grundsätzlich klären lassen möchte der Kläger (Beschwerdebegründung
S. 186),
ob eine (teilweise) Beseitigung eines Gewässers i.S.d.
§ 67 Abs. 2 Satz 1 WHG den anderen Anforderungen die-
ses Gesetzes gem. § 68 Abs. 3 Nr. 2 Alt. 1 WHG, nament-
lich den Anforderungen der §§ 27 ff. WHG, genügen kann,
wenn keine Ausnahme gem. § 31 WHG erteilt worden ist.
Der Kläger geht unter Berufung auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Düssel-
dorf vom 3. August 2011 - 10 K 473/09 - (NVwZ-RR 2011, 938) davon aus,
dass jede (teilweise) Beseitigung eines Oberflächengewässers eine nachteilige,
nicht nur vorübergehende Veränderung seines ökologischen und chemischen
Zustands im Sinne des § 27 WHG darstellt, die deshalb nur planfeststellungsfä-
hig ist, wenn eine Ausnahme gem. § 31 Abs. 2 WHG erteilt worden ist. Der Se-
nat kann offenlassen, ob der Kläger § 27 WHG richtig versteht und die Vor-
schrift nicht nur einschlägig ist, wenn die Gewässerqualität nachteilig betroffen
wird. Denn der Kläger könnte aus dem präsumtiven Versäumnis der Planfest-
stellungsbehörde, eine etwa erforderliche Ausnahme nach § 31 Abs. 2 WHG
nicht eingeholt zu haben, nichts für sich herleiten. Denn von entscheidender
Bedeutung für seine Rechtsverteidigung ist, ob die Ausnahme rechtmäßiger-
weise zum Gegenstand der Planungsentscheidung hätte gemacht werden kön-
nen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. März 2006 - 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116
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- 23 -
Rn. 565). Dazu verhält sich weder das angefochtene Urteil noch der Kläger in
seiner Beschwerdebegründung.
i) Als eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung sieht der Kläger die Frage an
(Beschwerdebegründung S. 191),
ob der zum Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses
geltende Art. 3 2. Spiegelstrich der Richtlinie 85/337/EWG
über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öf-
fentlichen und privaten Projekten, wonach die Umweltver-
träglichkeitsprüfung die unmittelbaren und mittelbaren
Auswirkungen eines Projekts auf den Faktor "Klima" in
geeigneter Weise nach Maßgabe eines jeden Einzelfalls
gemäß den Artikeln 4 bis 11 zu identifizieren, zu beschrei-
ben und zu bewerten hat, dergestalt auszulegen ist, dass
die von einem Vorhaben ausgehenden Treibhausgas-
emissionen, die für den Klimawandel verantwortlich ge-
macht werden, zu identifizieren, zu beschreiben und zu
bewerten sind.
Anknüpfungspunkt für die Frage ist die Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs,
dass globale Klimaveränderungen in Folge der Emissionen des Luftverkehrs,
namentlich der CO
2
-Emissionen, nicht Gegenstand der Umweltverträglichkeits-
prüfung seien (UA Rn. 880).
Der Kläger macht geltend, dass der Begriff "Klima" in Art. 3 2. Spiegelstrich der
Richtlinie 85/337/EWG nicht anders verstanden werden könne als der gleichlau-
tende Begriff in Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Nachfolgerichtlinie 2014/52/EU vom
16. April 2014 (ABl. L 124 S. 1), bei dem der globale Bezug unstrittig sei. Dem
folgt der Senat schon im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nicht. Die
Richtlinie 2014/52/EU führt unter den Erwägungen (7) aus, dass das Thema
Klimawandel zunehmend an Bedeutung gewonnen habe und daher ein wichti-
ger Bestandteil der Bewertung und Entscheidungsfindung sein sollte, und hält
es in der Erwägung (13) für angezeigt, die Auswirkungen von Projekten auf das
Klima (z.B. Treibhausgasemissionen) und ihre Anfälligkeit in Bezug auf den
Klimawandel zu bewerten, weil der Klimawandel weitere Umweltschäden verur-
sachen werde. Identische oder vergleichbare Erwägungen sind der nahezu
30 Jahre älteren Richtlinie 85/337/EWG nicht vorangestellt. Daraus lässt sich
der Schluss ziehen, dass Art. 3 2. Spiegelstrich der Richtlinie 85/337/EWG die
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- 24 -
Auswirkungen eines Projekts auf das globale Klima nicht zum Gegenstand der
Umweltverträglichkeitsprüfung machen wollte. Einer Vorlage an den Europäi-
schen Gerichtshof nach Art. 267 Abs. 1 AEUV bedarf es nicht (vgl. EuGH, Urteil
vom 6. Oktober 1982 - C-283/81 [ECLI:EU:C:1982:335] - Rn. 14).
3. Die Revision ist schließlich nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.
Verfahrensfehler, auf denen das angefochtene Urteil beruhen kann, liegen ent-
weder nicht vor oder sind nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3
VwGO entsprechend dargelegt.
a) Der Kläger rügt als Verstoß gegen die Pflicht zur Erforschung des Sachver-
halts (§ 86 Abs. 1 VwGO), dass der Verwaltungsgerichtshof die Kenntnisse der
sonstigen Vorschriften und Maßnahmen, deren Vorliegen mitursächlich für den
Regimewechsel von der Vogelschutzrichtlinie zur FFH-Richtlinie sein sollen, nur
auf die Informationen im Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für
Umwelt und Verbraucherschutz vom 31. Oktober 2013 und in der mündlichen
Verhandlung vom 7. November 2013 gestützt, die darin genannten Verordnun-
gen und Dokumentationen zu den Maßnahmen, insbesondere Verträgen, aber
nicht zur Kenntnis und zur Gerichtsakte genommen habe (Beschwerdebegrün-
dung S. 31).
Die Rüge ist nicht ordnungsgemäß erhoben. Eine Aufklärungsrüge kann nur
Erfolg haben, wenn substantiiert dargetan wird, hinsichtlich welcher tatsächli-
chen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und er-
forderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen
wären, welche tatsächlichen Feststellungen bei der Durchführung der vermiss-
ten Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwie-
fern das unterstellte Ergebnis zu einer dem Kläger günstigeren Entscheidung
hätte führen können, wobei vom materiellrechtlichen Standpunkt der Vorinstanz
auszugehen ist, auch wenn dieser rechtlich verfehlt sein sollte (BVerwG, Urteil
vom 25. März 1987 - 6 C 10.84 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 183; stRspr).
Diesen Anforderungen wird der Kläger jedenfalls deshalb nicht gerecht, weil er
nicht aufzeigt, dass bei Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Verwal-
tungsgerichtshofs die Entscheidung zu seinen Gunsten hätte ausgehen müs-
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- 25 -
sen, wenn das Gericht die vermisste Aufklärung betrieben hätte. Er missver-
steht die Aufklärungsrüge, wenn er sie als Instrument nutzen will, um die
Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs zu kritisieren, in der Schutzer-
klärung bräuchten die zur Erreichung des Schutzzwecks notwendigen Ge- und
Verbote sowie Pflege-, Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen nicht
festgelegt zu werden (Beschwerdebegründung S. 33).
b) Der Kläger beanstandet als Verstöße gegen den Überzeugungsgrundsatz
(§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO), gegen die Begründungspflicht (§ 108 Abs. 1
Satz 2 VwGO) und gegen die Pflicht zur Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 108
Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG), dass sich der Verwaltungsgerichtshof nicht
ausreichend mit dem Vorbringen auseinandergesetzt habe, das "Nördliche Er-
dinger Moos" sei zu Unrecht nicht als Vogelschutzgebiet für die Arten Dorn-
grasmücke, Feldschwirl, Kuckuck und Sumpfrohrsänger ausgewiesen worden
(Beschwerdebegründung S. 48).
Die Rüge ist schon deshalb unbegründet, weil es nach der Rechtsauffassung
des Verwaltungsgerichtshofs für die Frage, welches Schutzregime vorliegend
zur Anwendung kommt, keine Rolle spielt, ob im Vogelschutzgebiet "Nördliches
Erdinger Moos" die vom Kläger benannten Vogelarten als Erhaltungsziel hätten
aufgenommen werden müssen (UA Rn. 677). Sie kann aber auch deshalb kei-
nen Erfolg haben, weil die zusätzliche und die Entscheidung selbständig tra-
gende Begründung ("Unbeschadet dessen…"), dass keine rechtlich durchgrei-
fenden Fehler des Beklagten bei der Festlegung der Erhaltungszielarten im Vo-
gelschutzgebiet "Nördliches Erdinger Moos" ersichtlich seien, den Angriffen des
Klägers stand hält. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich dem Vorbringen des
Klägers im gebotenen Umfang gewidmet und seinen Befund, dass der Verord-
nungsgeber bei der Festlegung der Erhaltungszielarten seinen naturschutzfach-
lichen Beurteilungsspielraum nicht überschritten habe, mit mehreren Argumen-
ten untermauert (UA Rn. 678). Dass der Kläger die Argumente nicht für über-
zeugend hält, ist ohne Belang. Seiner Rüge, dass die vorinstanzliche Aussage,
die Arten seien bayernweit stark vertreten, mangels Ermittlung der Verbrei-
tungszahlen aktenwidrig sei (Beschwerdebegründung S. 51), liegt ein unzutref-
fendes Verständnis des Begriffs der Aktenwidrigkeit zugrunde. Aktenwidrigkeit
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bedeutet einen offensichtlichen Widerspruch zwischen den tatsächlichen Fest-
stellungen, die in der angegriffenen Entscheidung getroffen worden sind, und
dem insoweit unumstrittenen Akteninhalt (vgl. BVerwG, Beschluss vom
19. November 1997 - 4 B 182.97 - Buchholz 406.11 § 153 BauGB Nr. 1 S. 1).
Sie kann nicht mit der Behauptung begründet werden, eine tatsächliche Fest-
stellung finde in den Akten keine Stütze.
c) § 86 Abs. 1 und § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO wurden nach Ansicht des Klä-
gers durch die Feststellung der fehlenden Betroffenheit der Bekassine als Rast-
vögel verletzt (Beschwerdebegründung S. 57 f.). Der Verwaltungsgerichtshof
sei von einem falschen Sachverhalt ausgegangen, weil seine Behauptung, eine
Beobachtung von etwa 300 rastenden Bekassinen im Bereich der Südlichen
Lüsse sei nicht publiziert und habe für die Beigeladene und den Beklagten im
maßgeblichen Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses nicht zur Verfügung
gestanden (UA Rn. 691), und die Feststellung, dass Bekassine mangels geeig-
neter Habitate auf den Flughafenwiesen nicht in signifikantem Umfang vorkä-
men (UA Rn. 839), unzutreffend seien. Außerdem habe der Verwaltungsge-
richtshof das wiederholte Vorbringen des Klägers, eine hohe Zahl von Individu-
en raste auch im Bereich der Südlichen Lüsse und damit im Einwirkungsbereich
des Vorhabens, zum Anlass nehmen müssen, den Sachverhalt weiter aufzuklä-
ren.
Die vom Kläger in Bezug genommene, im Planfeststellungsverfahren einge-
reichte Stellungnahme vom 18. Dezember 2007 belegt nicht, dass die vorins-
tanzliche Feststellung unzutreffend ist, eine Beobachtung von etwa 300 rasten-
den Bekassinen im Bereich der Südlichen Lüsse sei bei Erlass des Planfeststel-
lungsbeschlusses nicht publiziert. Der Kläger weist in seiner Stellungnahme
keine Publikation nach, sondern beschränkt sich auf den Hinweis, es fehlten
Angaben zur Bekassine als häufiger Durchzügler (Maximum größer 200 Ex.).
Seinen Vortrag in der mündlichen Verhandlung vom 24. Oktober 2013, dass
eine hohe Zahl von Individuen während ihrer mehrwöchigen Rastzeiten nicht
nur im Bereich der Nördlichen Lüsse, sondern auch in der Südlichen Lüsse und
damit im Eingriffsbereich raste, musste der Verwaltungsgerichtshof nicht zum
Anlass für weitere Maßnahmen der Sachverhaltsaufklärung nehmen; denn nach
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seiner - zutreffenden - Ansicht kam es auf den Kenntnisstand der Planfeststel-
lungsbehörde bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses an.
Die Feststellung, dass Bekassine mangels geeigneter Habitate auf den Flugha-
fenwiesen nicht in nennenswertem Umfang vorkämen, stützt der Verwaltungs-
gerichtshof auf die Aussage des Vertreters der höheren Naturschutzbehörde in
der mündlichen Verhandlung. Danach bevorzugen Bekassine die Nördliche
Lüsse, weil sie viel stärker vernässt sei als die Südliche Lüsse und auch mehr
Moorböden aufweise als die Südliche Lüsse, wo mineralische Böden überwö-
gen (Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 29. Oktober 2013 S. 8).
Der Kläger hält die Feststellung für aktenwidrig und widersprüchlich (Beschwer-
debegründung S. 59). Aus den zu den Gerichtsakten genommenen Planfest-
stellungsunterlagen ergebe sich, dass im südlichen Teil der Lüsse ebenso
Moorböden vorkämen wie im nördlichen Teil und sich auch die Nässeverhält-
nisse nicht signifikant unterschieden. Der gerügte Verfahrensfehler ist damit
nicht dargetan. Der Verwaltungsgerichtshof hat keine Tatsachen festgestellt, die
dem insoweit unumstrittenen Akteninhalt widersprechen. Er hat weder ange-
nommen, dass es in der Südlichen Lüsse überhaupt keine Moorböden gibt,
noch hat er jegliche Vernässung in der Südlichen Lüsse verneint. Die Einschät-
zung des Klägers, dass der Unterschied der Nässeverhältnisse nicht signifikant
sei, ist eine Frage der Wertung und der Rüge der Aktenwidrigkeit nicht zugäng-
lich.
d) Als Verstoß gegen § 86 Abs. 1 VwGO bemängelt der Kläger, dass der Ver-
waltungsgerichtshof seinem Einwand nicht nachgegangen sei, der FFH-
Verträglichkeitsuntersuchung gem. § 34 Abs. 3 BNatSchG sowie der arten-
schutzrechtlichen Prüfung der Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 BNatSchG
sei keine ordnungsgemäße Erfassung der Brutvögel zugrunde gelegt worden
(Beschwerdebegründung S. 64). Der Verwaltungsgerichtshof habe sich nicht
darauf zurückziehen dürfen, die von ihm, dem Kläger, vorgelegten Sachver-
ständigengutachten für nicht nachvollziehbar zu erklären, sondern hätte ihn um
weitere Aufklärung ersuchen oder einen Sachverständigen einschalten müssen.
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Die Aufklärungsrüge bleibt erfolglos. Soweit der Kläger dem Verwaltungsge-
richtshof vorwirft, dem Beklagten zu Unrecht eine Einschätzungsprärogative bei
der Methode der Bestandserfassung zugebilligt zu haben (Beschwerdebegrün-
dung S. 66), macht er die Verletzung materiellen Rechts geltend. Mit der Aufklä-
rungsrüge können aber nur die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz an-
gegriffen werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich davon überzeugt, dass die Revierkartie-
rung der Beigeladenen den Vorgaben der vom Bundesministerium für Verkehr
und digitale Infrastruktur herausgegebenen Technischen Vertragsbedingungen
für landschaftsplanerische Leistungen im Straßen- und Brückenbau entspricht
(UA Rn. 686). Der Kläger stellt die vom Verwaltungsgerichtshof angenommene
Zahl der Begehungen nicht in Frage. Er bestreitet aber, dass die jeweilige Be-
gehungsdauer ausreichend war, und meint, dass der Verwaltungsgerichtshof
seinem substantiierten, durch den Sachverständigen Dr. S. untermauerten Vor-
trag hätte nachgehen müssen (Beschwerdebegründung S. 68). Die Kritik ist
unberechtigt. Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Kenntnis genommen, dass
der Sachverständige aus internen Rohdaten der Beigeladenen auf Defizite des
zeitlichen Aufwands für die Bestandserfassung geschlossen hat. Er hat die Be-
rechnungsergebnisse des Sachverständigen aber nicht als plausibel nachvoll-
ziehen können. Dies beruht nicht auf fehlendem Sachverstand des Gerichts,
der im Wege des vom Kläger vermissten Sachverständigenbeweises hätte aus-
geglichen werden können, sondern hat seinen Grund darin, dass der Verwal-
tungsgerichtshof der Aussage des Vertreters der höheren Naturschutzbehörde
Glauben geschenkt hat, Rohdaten seien ihrer Art nach nicht gesichtet, gewich-
tet und richtig eingeordnet und deshalb vielfach nicht aussagekräftig (UA
Rn. 688). Der Einwand des Klägers, Rohdaten an sich und auch die von ihm
ausgewerteten Zusammenfassungen der Rohdaten seien einer Auswertung
durch Dritte zugänglich (Beschwerdebegründung S. 74), führt nicht auf den Ver-
fahrensfehler der mangelnden Klärung des Sachverhalts, sondern betrifft die
Tatsachen- und Beweiswürdigung, die in der Regel und so auch hier dem sach-
lichen Recht zuzuordnen ist.
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e) Der Kläger vermisst eine Auseinandersetzung des Verwaltungsgerichtshofs
mit seinem Vortrag, wonach es sich bei dem Vorkommen der Libellenart Vogel-
Azurjungfer im "Nördlichen Erdinger Moos" um eines der wichtigsten Schwer-
punktvorkommen in Bayern handele. Der Verwaltungsgerichtshof habe damit
gegen seine Verpflichtung aus § 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG versto-
ßen, das klägerische Vorbringen zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu
ziehen (Beschwerdebegründung S. 79).
Die Rüge wird dem angefochtenen Urteil nicht gerecht. Der Verwaltungsge-
richtshof hat sich mit dem Vorkommen der Libellenart Vogel-Azurjungfer be-
schäftigt. Er ist davon ausgegangen, dass es ein Vorkommen dieser Art im
Nördlichen Erdinger Moos gibt und die Art auch schutzwürdig ist, das Vorhan-
densein eines potentiellen FFH-Gebiets aber verneint, weil die Verbreitungs-
schwerpunkte der Art in Franken und im Landkreis Donau-Ries lägen und die
dortigen Vorkommen größer seien als diejenigen im Bereich Nördliches Erdin-
ger Moos (UA Rn. 819 f.). Der Auffassung des Klägers, jedes meldewürdige
Gebiet sei dem Regime der FFH-Richtlinie zu unterstellen (Beschwerdebegrün-
dung S. 82), hat er eine Absage erteilt. Darin liegt kein Gehörsverstoß. Art. 103
Abs. 1 GG verpflichtet die Gerichte nicht, der Rechtsansicht einer Partei zu fol-
gen (BVerfG, Beschluss vom 12. April 1983 - 2 BvR 678/81 u.a. - BVerfGE 64,
1 <12>).
f) Nach Auffassung des Klägers beruht die Abweisung der Klage wegen des
angeblichen Vorliegens des Ausnahmetatbestandes des Art. 9 Abs. 1 Buchst. c
VRL - vernünftige Nutzung bestimmter Vogelarten in geringen Mengen unter
streng überwachten Bedingungen - auf einer Missachtung der Vorgaben des
§ 108 Abs. 1 VwGO (Beschwerdebegründung S. 95). Die Rüge führt schon
deshalb nicht zur Zulassung der Revision, weil - wie bereits bei der Prüfung der
Grundsatzrügen dargelegt - Fragen zu Art. 9 Abs. 1 Buchst. c VRL nicht ent-
scheidungserheblich sind.
g) Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO ist dem Verwal-
tungsgerichtshof nach Ansicht des Klägers bei der Überprüfung der arten-
schutzrechtlichen Ausnahme hinsichtlich der Art Zauneidechse unterlaufen (Be-
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schwerdebegründung S. 97). Der Verwaltungsgerichtshof habe den Vortrag
übergangen, wonach die Bestandserfassung nicht ausreichend sei (Beschwer-
debegründung S. 98 f.), und aktenwidrig angenommen, dass die Methode der
Bestandserfassung an den Vorgaben des Handbuchs für die Vergabe von frei-
beruflichen Leistungen im Straßen- und Brückenbau orientiert gewesen sei
(Beschwerdebegründung S. 101). Außerdem sei er nicht auf die Einwendung
eingegangen, dass die Zwischenhälterungsfläche im Rahmen des Schutzmaß-
nahmenkonzepts ungeeignet sei (Beschwerdebegründung S. 104).
Die Rüge des Klägers, der Verwaltungsgerichtshof habe den Vortrag zur defizi-
tären Bestandserfassung und zur mangelnden Eignung des Schutzkonzepts
ausgeblendet, ist unbegründet. Aus dem Urteil ergibt sich, dass der Verwal-
tungsgerichtshof die Ausführungen der Klägerseite zur Kenntnis genommen
und in Erwägung gezogen hat (UA Rn. 832, 860 ff.). Er ist ihnen nur nicht ge-
folgt. Die Rüge einer aktenwidrigen Feststellung des Sachverhalts ist nicht ord-
nungsgemäß erhoben. Der Kläger bestreitet nicht, dass die Beigeladene drei
Begehungen von je einer Stunde pro Fläche durchgeführt hat, wie Nr. 6.7.3 des
Handbuchs für die Vergabe von freiberuflichen Leistungen im Straßen- und
Brückenbau dies für die Standarduntersuchung vorsieht und der Verwaltungs-
gerichtshof für ausreichend angesehen hat, sondern meint - im Gewand der
Rüge der Aktenwidrigkeit verfehlt -, dass eine aufwändigere Spezialuntersu-
chung erforderlich gewesen wäre.
h) Der auf Tatsachenbehauptungen der höheren Naturschutzbehörde des Be-
klagten und der Beigeladenen gestützte Befund des Verwaltungsgerichtshofs,
dass Fledermausarten keinem signifikant erhöhten Mortalitätsrisiko durch Wir-
belschleppen und Kollisionen mit Flugzeugen ausgesetzt seien (UA Rn. 840),
beruht nach Ansicht des Klägers auf einer unzureichenden Bildung der richterli-
chen Überzeugung (Beschwerdebegründung S. 108). Der Kläger beanstandet,
dass der Verwaltungsgerichtshof die abweichende Einschätzung des Sachver-
ständigen D., die auf anderen Annahmen zum Flugverhalten, insbesondere zur
Flughöhe, von Fledermäusen beruht, nicht zum Anlass genommen hat, die be-
antragte Beweisaufnahme durchzuführen (Beschwerdebegründung S. 110).
Seine Kritik führt nicht zur Zulassung der Revision. Der Verwaltungsgerichtshof
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hat dem Beweisantrag schon eine hinreichende tatsächliche Grundlage abge-
sprochen. Zudem habe der Kläger die vorliegenden Untersuchungen zum Vor-
kommen von Fledermäusen sowie zu Kollisions- und Wirbelschleppenrisiken für
Fledermäuse im Wirkbereich der geplanten dritten Start- und Landebahn nicht
ernsthaft erschüttert. Jedenfalls die zweite Begründung erweist sich als tragfä-
hig. Die unter Beweis gestellte Tatsache, dass im Wirkbereich des planfestge-
stellten Vorhabens Fledermausarten vorkommen, die bis zu 200 Meter hoch
über Grund fliegen (Beiakten II Bl. 457 R, VI Bl. 2694 zu 8 A 11.40051), hat der
Verwaltungsgerichtshof nicht in Abrede gestellt. Er ist allerdings der Darstellung
der fachkundigen höheren Naturschutzbehörde gefolgt, dass die regelmäßige
Flughöhe der vorliegend betroffenen Fledermausarten (insbesondere Großer
Abendsegler, Rauhautfledermaus, Zweifarbfledermaus und Kleiner Abendseg-
ler) bei maximal 40 Metern liege und Fledermausflüge in größerer Höhe ledig-
lich Einzelereignisse insbesondere über besonders geeigneten Gebieten dar-
stellten, zu denen der gesamte Wirkbereich der geplanten Start- und Lande-
bahn nicht gehöre. Die in der Beschwerde aufgestellte Behauptung des Klä-
gers, dass Fledermausarten, insbesondere der Große Abendsegler, ständig in
Flughöhen über 40 Metern flögen und den Luftraum bis zu 500 Meter nutzten
(Beschwerdebegründung S. 111), war nicht Gegenstand des Beweisantrags.
Damit verhält sich der Beweisantrag nicht zu den vom Verwaltungsgerichtshof
als maßgeblich angesehenen Tatsachen, dass der Wirkbereich des planfestge-
stellten Vorhabens kein Fledermaushabitat ist und Fledermausflüge in größerer
Höhe als 220 Meter lediglich Einzelereignisse sind (UA Rn. 840). Der klägeri-
sche Vortrag zwang den Verwaltungsgerichtshof auch nicht, von sich aus das
vermisste Sachverständigengutachten einzuholen. Entgegen der Ansicht des
Klägers (Beschwerdebegründung S. 110) muss divergierenden Aussagen von
Sachverständigen nicht stets durch ein "Obergutachten" nachgegangen wer-
den.
i) Der Kläger kritisiert mit verschiedenen, auf Einzelheiten bezogenen Verfah-
rensrügen, dass der Verwaltungsgerichtshof die für die Beigeladene erstellte
Luftverkehrsprognose der I. GmbH, deren Methodik und Ergebnis die von dem
Beklagten mit der Qualitätssicherung beauftragen Gutachter der Technischen
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Universität Hamburg-Harburg als nachvollziehbar und plausibel bezeichnet ha-
ben, nicht beanstandet hat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich davon überzeugt, dass die dem Planfest-
stellungsbeschluss zugrunde gelegte Verkehrsprognose nach einer geeigneten
Methode durchgeführt, der maßgebliche Sachverhalt zutreffend ermittelt und
das Ergebnis einleuchtend begründet worden ist. Die vom Kläger vorgebrach-
ten Bedenken griffen nicht durch (UA Rn. 375). Der Verwaltungsgerichtshof hat
im Einzelnen dargelegt, dass
- der in der Verkehrsprognose des Gutachters der Beigeladenen (zuletzt) ge-
wählte Prognosezeitraum nicht zu beanstanden sei (UA Rn. 377 bis 379),
- die Methodik der Verkehrsprognose trotz Nicht-Offenlegung der verwendeten
Quelle-Ziel-Matrizes und des eher die Ausnahme bildenden Ansatzes eines
komplexen, integrierten Gesamtverkehrsmodells der Prüfung standhalte (UA
Rn. 380 bis 385), weil weder gegen den Umgang des Gutachters der Beige-
ladenen mit Elastizitäten (als Maß für Verhaltensänderungen) noch gegen die
Verwendung der Quelle-Ziel-Matrix des Jahres 2008 für die Prognose mit
dem Basisjahr 2009 etwas einzuwenden sei,
- die qualitätsgesicherte Verkehrsprognose auch hinsichtlich der zugrunde ge-
legten Prognoseprämissen bzw. der Validität der zugrunde liegenden Tatsa-
chen an keinem durchgreifenden Mangel leide (UA Rn. 386 bis 397), weil die
Annahme von 18 Prozent Treibstoffkostenanteil in der Luftverkehrsprognose
2010 einen plausiblen Durchschnitt für die in München operierenden Airlines
darstelle, die Treibstoffkosten als preiserhöhender Faktor in angemessenem
Umfang Berücksichtigung gefunden hätten und die Annahmen zum zu erwar-
tenden Passagierwachstum am Flughafen München von Klägerseite nicht
ernsthaft erschüttert worden seien,
- nach der als hinreichend valide zugrunde zu legenden Luftverkehrsprognose
des Gutachters der Beigeladenen bei Erlass des Planfeststellungsbeschlus-
ses im Prognosejahr 2025 im so genannten Basisszenario mit einer sich in
Höhe von 590 000 Flugbewegungen niederschlagenden Luftverkehrsnachfra-
ge zu rechnen sei, die mit dem derzeit bestehenden Zwei-Bahn-System nicht
zu befriedigen sei (UA Rn. 398 bis 409).
61
- 33 -
Der Kläger greift einzelne Annahmen und Bewertungen des Verwaltungsge-
richtshofs mit Verfahrensrügen an (Beschwerdebegründung S. 118 bis 151).
Die Rügen, die sich zusammengefasst bescheiden lassen, haben keinen Erfolg.
Soweit der Kläger geltend macht, ihm sei rechtliches Gehör versagt worden, ist
ihm entgegenzuhalten, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfas-
sungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts in der Regel davon auszu-
gehen ist, dass das Gericht bei seiner Entscheidung die Ausführungen der Be-
teiligten zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Das gilt auch
für Vorbringen, das in den Entscheidungsgründen nicht erörtert ist. Das Gericht
ist nicht gehalten, das gesamte Vorbringen in den Entscheidungsgründen wie-
derzugeben und zu jedem einzelnen Gesichtspunkt Stellung zu nehmen (vgl.
§ 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO), sondern darf sich auf die Gründe beschränken, die
für seine Entscheidung leitend gewesen sind. Die Beweisanträge des Klägers
zum Wachstum im Luftverkehr, der zu erwartenden Zahl von Flugbewegungen
bzw. der zu erwartenden Slot-Nachfrage durfte der Verwaltungsgerichtshof
rechtsfehlerfrei mit der Begründung ablehnen, die in ihrer Qualität gesicherte
Luftverkehrsprognose des Gutachters der Beigeladenen sei nicht ernsthaft er-
schüttert worden und zu seiner Überzeugungsbildung geeignet (UA Rn. 397).
Die Kritik des Klägers, dem Verwaltungsgerichtshof hätte sich eine weitere
Sachverständigenbegutachtung aufdrängen müssen, weil die reale Entwicklung
der Flugbewegungszahlen nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses die
Richtigkeit der Prognose in Frage stelle (Beschwerdebegründung S. 150), führt
nicht auf einen Verfahrensfehler, weil der Verwaltungsgerichtshof darauf abge-
stellt hat, Gegenstand der gerichtlichen Prüfung könne - abgesehen von extrem
gelagerten Fällen - ausschließlich die Frage sein, ob die der Planungsentschei-
dung zugrunde liegende Prognose den an sie gestellten Anforderungen genü-
ge, nicht aber, ob die Prognose durch die spätere tatsächliche Entwicklung
mehr oder weniger bestätigt oder widerlegt sei, und für einen dergestalt extrem
gelagerten Fall keine Anhaltspunkte gefunden hat (UA Rn. 413).
Soweit der Kläger mit seinen Rügen Fehler in der Sachverhalts- und Beweis-
würdigung beanstandet, ist darauf zu verweisen, dass solche Fehler - sofern sie
denn vorlägen - revisionsrechtlich regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, son-
dern dem sachlichen Recht zuzuordnen sind und einen Verfahrensmangel im
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Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO deshalb grundsätzlich nicht begründen
können. Eine Ausnahme hiervon kommt bei einer aktenwidrigen, gegen die
Denkgesetze verstoßenden oder sonst von objektiver Willkür geprägten Sach-
verhaltswürdigung in Betracht (BVerwG, Beschluss vom 3. Februar 2010 - 7 B
35.09 - juris Rn. 15).
aa) Der Kläger beanstandet als aktenwidrig, dass der Verwaltungsgerichtshof
den Gutachtern der Qualitätssicherung gefolgt sei, Preiselastizitäten im I.-Ver-
kehrsmodell würden nur als "Output-Elastizitäten" ausgegeben, die sich im Er-
gebnis einstellen (UA Rn. 383). Die tatsächlichen Abläufe der Qualitätssiche-
rung seien andere, wie sich aus dem Inhalt der zwischen der I. und dem Quali-
tätssicherer ausgetauschten fünf unveröffentlichten Berichte ergebe (Be-
schwerdebegründung S. 121 ff.). Die Rüge der Aktenwidrigkeit greift nicht
durch. Der Kläger zitiert selbst aus einem Dokument von I., wonach der Begriff
"Elastizitäten" im Sinne von "Output-Elastizitäten" zu verstehen sei, die sich im
Ergebnis einstellten, wenn im Modell (ausschließlich) die Luftverkehrspreise
variiert würden. Er wirft I. aber eine irreführende Verwendung des Ausdrucks
"Output-Elastizitäten" vor, weil diese Elastizitäten keine Elastizitäten im Sinne
der ökonomischen Nachfragetheorie sowie der ökonometrischen Nachfra-
geanalyse und -prognose seien, sondern um nachträglich errechnete Relatio-
nen zwischen Preis- und Nachfrageänderungen. Ein eventuell unzutreffendes,
weil auf dem Sprachgebrauch von I. beruhendes Verständnis des Begriffs der
"Output-Elastizitäten" durch den Verwaltungsgerichtshof wäre nicht aktenwidrig.
bb) Als aktenwidrig bezeichnet der Kläger die vom Verwaltungsgerichtshof zi-
tierte Aussage des Gutachters des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts in
der mündlichen Verhandlung vom 21. März 2013, die Luftverkehrsprognose
2010 beziehe sich vollumfänglich auch auf den Zeitraum bis zum Jahr 2025 (UA
Rn. 377). Aus dem vom Verwaltungsgerichtshof ebenfalls in Bezug genomme-
nen schriftlichen Gutachten ergebe sich das Gegenteil (Beschwerdebegrün-
dung S. 130). Die Rüge geht an dem Inhalt des Urteils vorbei. Der Verwal-
tungsgerichtshof hat den Prognosezeitraum nicht dem schriftlichen Gutachten
entnommen, sondern der Aussage des Gutachters in der mündlichen Verhand-
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lung. Dass sich die dem Gutachter zugeschriebene der protokollierten Aussage
widerspricht, behauptet auch der Kläger nicht.
j) Die Wertung des Verwaltungsgerichtshofs, für einen extrem gelagerten Fall
des nachträglichen Auseinanderklaffens von Prognose und tatsächlicher Ver-
kehrsentwicklung sei nichts ersichtlich (UA Rn. 413), macht der Kläger zum
Gegenstand der Rüge des Fehlens tatrichterlicher Feststellungen und einer
Gehörsrüge (Beschwerdebegründung S. 160 f.). Die Rügen sind unbegründet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Darstellungen des Klägers, wie sich nach
Erlass des Planfeststellungsbeschlusses namentlich die Zahl der Flugbewe-
gungen entwickelt habe, zur Kenntnis genommen und seine Wertung auf der
Basis des vom Kläger präsentierten Zahlenmaterials abgegeben.
k) Der Kläger hält das Urteil im Punkt Alternativenprüfung der Variante 5b (UA
Rn. 744) für widersprüchlich und deshalb für nicht mit dem Überzeugungs-
grundsatz des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO vereinbar (Beschwerdebegründung
S. 162). Außerdem beruhe das Urteil insoweit auf einer aktenwidrigen Feststel-
lung sowie einem Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (Beschwer-
debegründung S. 166, 168).
Der Verwaltungsgerichtshof hat bei der Prüfung, ob es zur Errichtung einer drit-
ten Start- und Landebahn zumutbare Alternativen im Sinne des § 34 Abs. 3
Nr. 2 BNatSchG bzw. des Art. 6 Abs. 4 FFH-RL gegeben sind, eine Verkürzung
der planfestgestellten Bahnlänge von 4 000 Meter nicht als zumutbar angese-
hen, weil mit dem Vorhaben verfolgte selbständige Teilziele, zum einen das
(Haupt-)Ziel der Gewährleistung eines (möglichst) unabhängigen Zweibahnsys-
tems bei Ausfall/Sperrung einer Bahn, zum anderen das (Neben-)Ziel eines ho-
hen Sicherheitsniveaus während der Rollvorgänge sowie bei Starts und Lan-
dungen, aufgegeben werden müssten (UA Rn. 744). Diese Aussage steht nach
Auffassung des Klägers im Widerspruch zu der Einschätzung des Verwaltungs-
gerichtshofs, wonach bei einer Verkürzung der Bahn das weitere Hauptziel der
Gewährleistung eines (möglichst) unabhängigen Zweibahnsystems bei Ausfall
bzw. einer Bahn verfehlt werde, weil ein uneingeschränkter Betrieb sämtlicher
Luftfahrzeugmuster nicht mehr möglich sei (UA Rn. 442). Ein Widerspruch be-
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stehe auch, soweit es um das Ziel eines hohen Sicherheitsniveaus gehe. Der
Verwaltungsgerichtshof habe an anderer Stelle (UA Rn. 443) ausgeführt, bei
einer Verkürzung der geplanten dritten Start- und Landebahn würde auch das
selbständige Nebenziel eines hohen Sicherheitsniveaus während der Rollvor-
gänge sowie bei Starts und Landungen nur mit gravierenden Abstrichen er-
reicht. Der vom Kläger konstruierte Widerspruch - die Verfehlung eines Ziels in
seiner bestmöglichen Ausprägung zwinge nicht zur Aufgabe des Ziels - lässt
sich auflösen. Aufgegeben werden muss ein Ziel, wenn es nicht mehr erreich-
bar ist. Ob es erreichbar ist, hängt von der Zielvorstellung ab. Ist das Ziel abso-
lut gesetzt, ist es auch nicht mehr erreichbar, wenn es mit Abstrichen erreichbar
wäre.
Die weiteren Rügen genügen schon nicht dem Darlegungserfordernis des § 133
Abs. 3 Satz 3 VwGO. Eine aktenwidrige Feststellung kann nicht damit begrün-
det werden, dass ein Gericht seiner Entscheidung andere als die vom Be-
schwerdeführer behauptete Tatsachen zugrunde gelegt hat. Die Aufklärungsrü-
ge scheitert daran, dass der Kläger nicht substantiiert darlegt, hinsichtlich wel-
cher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für ge-
eignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht
gekommen wären, welche tatsächlichen Feststellungen bei der Durchführung
der vermissten Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären
und inwiefern das unterstellte Ergebnis zu einer ihm günstigeren Entscheidung
hätte führen können.
l) Einen Widerspruch sieht der Kläger darin, dass der Verwaltungsgerichtshof
die Kohärenzmaßnahmen für die Vogelarten Kiebitz und Großer Brachvogel
trotz time-lags für rechtmäßig hält (Beschwerdebegründung S. 172). Der Ver-
waltungsgerichtshof habe die Kohärenzmaßnahmen, die einen Ausgleich der
vorhabenbedingten Beeinträchtigungen erst nach Jahren erwarten ließen, gebil-
ligt, obwohl der Ausgleich nicht, wie von ihm gefordert, zeitnah möglich sei.
Die Rüge missversteht den Verwaltungsgerichtshof. Das Gericht ist davon aus-
gegangen, dass sich eine Beeinträchtigung nicht zeitnah ausgleichen lässt und
es deshalb hinnehmbar ist, wenn die eintretenden Funktionseinbußen erst auf
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längere Sicht wettgemacht werden können (UA Rn. 765). Der Notwendigkeit
eines zeitnahen Ausgleichs der Beeinträchtigungen hat er nicht das Wort gere-
det. Unabhängig davon zielen die Ausführungen des Klägers nicht auf einen
Verfahrensfehler. Der Kläger wendet sich vielmehr gegen die die materiellrecht-
liche Würdigung des Verwaltungsgerichtshofs. Damit lässt sich der Revisions-
zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nicht darlegen.
m) Mit der Aufklärungsrüge und der Gehörsrüge beanstandet der Kläger (Be-
schwerdebegründung S. 185), dass sich der Verwaltungsgerichtshof darauf be-
rufe, der Kläger habe nicht hinreichend darzulegen vermocht, inwieweit eine
klägerische Äußerung zu den betreffenden Unterlagen vor Erlass des Planfest-
stellungsbeschlusses den Beklagten dazu hätte veranlassen können, eine an-
dere Entscheidung zu treffen (UA Rn. 366). Die Rügen lösen die Zulassung der
Revision schon deshalb nicht aus, weil der Verwaltungsgerichtshof - vom Klä-
ger unbeanstandet - einen möglichen Anhörungsmangel für geheilt hält und es
auf die Richtigkeit der zusätzlichen ("Dessen ungeachtet …") Begründung, der
Kläger habe die Kausalität zwischen dem Mangel und dem Planfeststellungs-
beschluss nicht hinreichend darzulegen vermocht, nicht ankommt.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 133 Abs. 5 Satz 2
Halbs. 2 VwGO ab, da sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzun-
gen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO und die
Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Prof. Dr. Rubel
Dr. Gatz
Dr. Külpmann
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