Urteil des BVerwG vom 09.09.2002

Eigentumsschutz, Jagdhütte, Baurecht, Zustand

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BESCHLUSS
BVerwG 4 B 52.02
VGH 4 UE 4857/96
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 9. September 2002
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. P a e t o w und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
H a l a m a und G a t z
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nicht-
zulassung der Revision in dem Urteil des
Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 14. Mai
2002 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdever-
fahrens.
- 2 -
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das
Beschwerdeverfahren auf 60 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde ist unbe-
gründet. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeu-
tung, die ihr der Kläger beimisst.
Die Frage, wie weit der durch eine Baugenehmigung vermittelte
Bestandsschutz reicht, wenn die genehmigte Nutzung eines Ge-
bäudes als Jagdhütte eingestellt wird, rechtfertigt nicht die
Zulassung der Revision. Soweit sie einer Erörterung in einem
Revisionsverfahren überhaupt zugänglich wäre, lässt sie sich
auf der Grundlage der bisherigen Senatsrechtsprechung unschwer
im Sinne des Berufungsurteils beantworten.
Die Baugenehmigung stellt sich als Instrument des Bauordnungs-
rechts dar. Als solches gehört sie dem irrevisiblen Recht an,
das nicht der Überprüfung durch das Bundesverwaltungsgericht
unterliegt (vgl. § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Was den Regelungs-
gegenstand einer Baugenehmigung ausmacht, bestimmt das Landes-
recht. Dies gilt sowohl für die inhaltliche als auch die zeit-
liche Reichweite und schließt die Frage mit ein, wann eine
Nutzungsunterbrechung zum Verlust des Schutzes einer erteilten
Baugenehmigung führt (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. November 1997
- BVerwG 4 C 7.97 - Buchholz 11 Art. 14 GG Nr. 316; Beschlüsse
vom 16. Januar 1997 - BVerwG 4 B 244.96 - und vom 10. November
1998 - BVerwG 4 B 107.98 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz
Nrn. 142 und 155). Soweit sich der vom Kläger angesprochenen
Entscheidung vom 18. Mai 1995 - BVerwG 4 C 20.94 - (BVerwGE
98, 235) eine andere Sichtweise entnehmen lässt, hat der Senat
bereits im Urteil vom 7. November 1997 - BVerwG 4 C 7.97 -
(a.a.O.) für eine Klarstellung gesorgt.
- 3 -
Mit der Frage, ob die Entprivilegierung einer Jagdhütte zur
Folge hat, dass der Bestandsschutz auch für die Gebäudesub-
stanz entfällt, zeigt der Kläger ebenfalls keinen Klärungsbe-
darf auf, der die Durchführung des von ihm erstrebten Revi-
sionsverfahrens rechtfertigt. Zu dem von ihm erörterten Prob-
lembereich hat sich der Senat bereits mehrfach geäußert:
Der Bestandsschutz gewährleistet, dass sich die rechtmäßige
Nutzung einer baulichen Anlage auch gegen neues entgegenste-
hendes Recht durchsetzt. Von ihm gedeckt ist aber nur die nach
Art und Umfang unveränderte Nutzung (vgl. BVerwG, Urteile vom
23. Februar 1979 - BVerwG 4 C 86.76 - und vom 23. Januar 1981
- BVerwG 4 C 83.77 - Buchholz 406.16 Eigentumsschutz Nrn. 13
und 23). Wird ein Bauwerk, das bisher für einen nach § 35
Abs. 1 BauGB im Außenbereich privilegierten Zweck genutzt wor-
den ist, für einen anderen Zweck genutzt, so liegt hierin
nicht nur eine Nutzungs-, sondern zugleich auch eine Funkti-
onsänderung, die zu einer Entprivilegierung führt (vgl.
BVerwG, Urteile vom 15. November 1974 - BVerwG 4 C 32.71 -
BVerwGE 47, 185 und vom 24. Oktober 1980 - BVerwG 4 C 81.77 -
BVerwGE 61, 112). Damit erledigt sich auch der Bestandsschutz,
der dem Gebäude zukommt (vgl. BVerwG - Urteil vom 18. Mai 1990
- BVerwG 4 C 49.89 - Buchholz 406.16 Eigentumsschutz Nr. 52).
Bauliche Substanz und Nutzung unterliegen nicht unabhängig
voneinander unterschiedlichen rechtlichen Regelungen. Be-
standsschutz genießt die bauliche Anlage in ihrer durch die
Nutzung bestimmten Funktion. Reicht freilich eine Nutzungsun-
tersagung aus, um einen rechtmäßigen Zustand herbeizuführen,
so hat die Bauordnungsbehörde es hiermit bewenden zu lassen.
Dies setzt jedoch voraus, dass eine rechtmäßige Nutzung über-
haupt in Betracht kommt. Lässt das geltende materielle
Baurecht hierfür keinen Raum, so schließt das öffentliche In-
teresse an einer Durchsetzung der bebauungsrechtlichen Ordnung
auch das Mittel der Beseitigungsanordnung ein (vgl. BVerwG,
- 4 -
Beschluss vom 27. Februar 1993 - BVerwG 4 B 5.93 - Buchholz
406.16 Eigentumsschutz Nr. 61). Jagdhütten machen insoweit
keine Ausnahme (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 1982
- BVerwG 4 C 52.78 - Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 193; Be-
schluss vom 21. Juni 1994 - BVerwG 4 B 108.94 - Buchholz
406.16 Eigentumsschutz Nr. 65).
Der Kläger legt nicht dar, in welcher Richtung diese langjäh-
rige Rechtsprechung korrektur- oder fortentwicklungsbedürftig
sein könnte.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die
Streitwertfestsetzung beruht auf § 14 Abs. 3 und § 13 Abs. 1
Satz 1 GKG.
Paetow Halama Gatz