Urteil des BVerwG vom 15.09.2009

Windenergie, Überprüfung, Gemeinde, Gleichbehandlung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 B 51.09
VGH 22 B 07.1384
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 15. September 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Gatz und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bumke
beschlossen:
Die Beschwerde des Beigeladenen gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsge-
richtshofs vom 18. Juni 2009 wird zurückgewiesen.
Der Beigeladene trägt die Kosten des Beschwerdeverfah-
rens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 78 000 € festge-
setzt.
G r ü n d e :
Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg. Die
Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde bei-
misst.
Das Berufungsgericht hat die beklagte Bauaufsichtsbehörde verpflichtet, den An-
trag der Klägerin auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für
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die Errichtung und den Betrieb einer Windfarm mit drei Windkraftanlagen unter Be-
achtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden. Zur Begründung hat
das Berufungsgericht - soweit es hier interessiert - ausgeführt, § 35 Abs. 3 Satz 3
BauGB sei nicht anwendbar. Nach der maßgeblichen 7. und 8. Änderung des Flä-
chennutzungsplans des Beigeladenen seien die Voraussetzungen des § 35 Abs. 3
Satz 3 BauGB nicht erfüllt. Dass der Beigeladene der Auffassung sei, dass es auf
seinem Gemeindegebiet keinerlei für die Windenergienutzung geeignete Flächen
gebe, spiele in diesem Zusammenhang keine Rolle. Dass die FlNrn. 228/1 und
228/2 der Gemarkung G. als Flächen für die Windenergienutzung ausgewiesen
worden seien, genüge nicht. Die Ausweisung habe gemäß Begründung zur 7. Än-
derung des Flächennutzungsplans lediglich der Bestandssicherung gedient und sei
von vornherein nicht als Konzentrationsfläche für die Windenergienutzung gedacht
gewesen (UA S. 15 Rn. 28).
Zwar nicht als Frage formuliert, aber der Sache nach als klärungsbedürftige Frage
umschrieben, macht der Beigeladene geltend, im Rahmen der Gleichbehandlung
müsse auch jenen Gemeinden die Rechtswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB
zugestanden werden, die aufgrund vorhandener komplexer entgegenstehender
öffentlicher Belange nicht in der Lage seien, Vorrangflächen konkret auszuweisen.
Er habe die Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts zu § 35 Abs. 3 Satz 3
BauGB erfüllt: Durch ein Planungsbüro sei die gesamte Gemeindefläche vollstän-
dig in Richtung Nutzung zur Windenergie überprüft worden. Die Überprüfung habe
ergeben, dass sich im gesamten Gemeindegebiet keine Fläche als Vorranggebiet
für Windenergie eigne. Der Beigeladene könne daher gar nicht von dem gesetzlich
verbrieften Recht des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB Gebrauch machen. Den Um-
stand, dass in einem Gemeindegebiet keine einzige Fläche für Windenergie aus-
gewiesen werden könne, hätten der Gesetzgeber und die Rechtsprechung nicht
berücksichtigt bzw. nicht bewertet.
Klärungsbedarf wird mit dieser Grundsatzrüge - ungeachtet der Darlegungsanfor-
derungen - nicht aufgezeigt. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass es
auch dann, wenn im gesamten Gemeindegebiet keine geeignete Fläche zu finden
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ist und die Gemeinde daher keine Konzentrationszone im Flächennutzungsplan
vorsehen darf, beim allgemeinem Zulässigkeitstatbestand des § 35 Abs. 1 Nr. 6
BauGB bleibt (Urteil vom 17. Dezember 2002 - BVerwG 4 C 15.01 - BVerwGE 117,
287 <296>). Wenn der Träger der Flächennutzungsplanung der Auffassung ist, für
seinen Zuständigkeitsbereich sei es im Hinblick auf entsprechende örtliche Beson-
derheiten nicht möglich, eine ausgewogene Planung zu beschließen, hat er sich
darauf zu beschränken, die Zulassung von Windenergieanlagen im Rahmen der
Anwendung von § 35 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 BauGB durch das Geltendmachen
von öffentlichen Belangen im Einzelfall zu steuern (Urteil vom 24. Januar 2008
- BVerwG 4 CN 2.07 - Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 376 Rn. 12). Zu einer
„Ungleichbehandlung“ führt das nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung
auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Prof. Dr. Rubel
Dr. Gatz
Dr. Bumke
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