Urteil des BVerwG vom 23.04.2015

Gutachter, Kritik, Verfahrensmangel, Haus

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 B 5.15
OVG 8 A 2418/12
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 23. April 2015
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Petz und Dr. Decker
beschlossen:
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts
für das Land Nordrhein-Westfalen vom 1. Dezember 2014
wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 5 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.
Das Oberverwaltungsgericht hat ausgeführt, eine Gefahr i.S.v. § 4 Abs. 1
Buchst. c) der Satzung zum Schutz des Baumbestandes in der Bundesstadt
Bonn vom 21. Juni 2000 (BS) für die Gesundheit der Ehefrau des Klägers liege
nicht vor, weil der Kläger nicht habe darlegen können, dass die allergischen
Beschwerden seiner Ehefrau durch die Beseitigung der verfahrensgegenständ-
lichen Platane spürbar gelindert würden (UA S. 18). Begründet hat es dies zum
einen damit, der Kläger habe den Nachweis nicht erbracht, dass die weiteren,
im Berufungsverfahren festgestellten Allergien der Ehefrau des Klägers im Ver-
gleich zu den Allergien gegen Platanenpollen und gegen die Pilzsporen von
Cladosporium und Alternaria für die Beschwerden von keiner oder von nur un-
tergeordneter Bedeutung seien (UA S. 20). Zum anderen belege das Gutachten
vom 15. August 2013 nicht, dass sich die allergischen Beschwerden der Ehe-
frau des Klägers bei einem Entfernen der Platane von dem klägerischen
Grundstück deutlich verbessern würden, weil auf dem Nachbargrundstück eine
weitere Platane stehe, deren Einfluss auf die Beschwerden der Ehefrau des
Klägers vom Gutachter nicht habe ausgeschlossen werden können (UA S. 21,
23). Ausweislich der Entscheidungsgründe soll dabei jeder dieser Gründe die
Entscheidung selbständig tragen. Ist die vorinstanzliche Entscheidung aber auf
mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, so kann die Revision nur
zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder dieser Begründungen ein Revisi-
onszulassungsgrund dargelegt wird und vorliegt (stRspr; vgl. nur BVerwG, Be-
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schluss vom 28. Januar 2014 - 4 B 50.13 - juris Rn. 2 m.w.N.). Denn ist nur be-
züglich einer Begründung ein Zulassungsgrund gegeben, kann diese Begrün-
dung hinweggedacht werden, ohne dass sich der Ausgang des Verfahrens än-
dert (BVerwG, Beschluss vom 9. September 2009 - 4 BN 4.09 - ZfBR 2010, 67
= juris Rn. 5). Vorliegend fehlt es jedenfalls bezüglich des letzteren Begrün-
dungsstranges an einer § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Darlegung
eines Verfahrensfehlers, denn die Beschwerde erschöpft sich insofern in einer
inhaltlichen Kritik an der Beweiswürdigung des Berufungsgerichts (Verstoß ge-
gen Denkgesetze). Das genügt nicht. Ein Verfahrensmangel ist im Sinne des
§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO vielmehr nur dann ausreichend bezeichnet, wenn er
sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner
rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird (vgl. BVerwG, Beschlüsse
vom 10. November 1992 - 3 B 52.92 - Buchholz 303 § 314 ZPO Nr. 5 und vom
19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26).
Der behauptete Verstoß gegen Denkgesetze liegt im Übrigen nicht vor. Die An-
nahme des Oberverwaltungsgerichts, die Pollen der Platane auf dem Nachbar-
grundstück flögen unter bestimmten Windrichtungen ebenfalls auf das klägeri-
sche Haus zu, ist als Schlussfolgerung nicht logisch ausgeschlossen.
Von einer weiteren Begründung, insbesondere im Hinblick auf den Ausnahme-
tatbestand des § 4 Abs. 1 Buchst. d) BS, sieht der Senat ab, weil diese nicht
geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine
Revision zuzulassen ist (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung
des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 2 GKG.
Prof. Dr. Rubel
Petz
Dr. Decker
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