Urteil des BVerwG vom 06.02.2012

Rüge, Ermessen, Gutglaubensschutz, Öffentlich

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 B 5.12
OVG 10 B 14.09
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 6. Februar 2012
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gatz und Petz
beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts
Berlin-Brandenburg vom 24. November 2011 wird zurück-
gewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind
nicht erstattungsfähig.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 5 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die weitgehend nach Art einer Berufungsbegründung verfasste Beschwerde hat
keinen Erfolg.
1. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Die
Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Klägerin bei-
misst. Auf die Fragen, wie das öffentlich-rechtliche Katasterrecht vom privat-
rechtlichen Gutglaubensschutz des Sachenrechts abzugrenzen ist und ob für
die Grenzziehung eine eindeutige gesetzliche Grundlage im Katasterrecht er-
forderlich ist oder eine in das Ermessen gestellte, unbeschränkte Generalklau-
sel ausreicht, lässt sich auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens mit
dem Oberverwaltungsgericht (UA S. 14) antworten, dass eine ausdrückliche ge-
setzliche Ermächtigungsgrundlage für Maßnahmen der Vermessungs- und
Katasterbehörden, die nicht in Rechte der Bürger, insbesondere nicht in das
durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Eigentumsrecht der Grundstückseigentü-
mer eingreifen, nicht erforderlich ist (so auch OVG Magdeburg, Urteil vom
14. September 2006 - 2 L 68/06 - juris Rn. 23). Mehr ist verallgemeinernd nicht
zu sagen.
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2. Die Revision ist auch nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen. Die
Klägerin legt nicht dar, dass das Berufungsurteil von den Entscheidungen des
Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Oktober 1990 - BVerwG 1 B 131.90 -
(NVwZ 1991, 267), vom 14. Februar 2007 - BVerwG 6 C 28.05 - (Buchholz
442.066 § 150 TKG Nr. 3) und vom 24. Oktober 2002 - BVerwG 7 C 9.02 -
(BVerwGE 117, 133) sowie von den Entscheidungen des Bundesverfassungs-
gerichts vom 12. November 1958 - 2 BvL 4, 26, 40/56, 1, 7/57 - (BVerfGE 8,
274) und vom 8. August 1978 - 2 BvL 8/77 - (BVerfGE 49, 89) abweicht. Sie
zeigt nicht auf, dass das Berufungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvor-
schrift entscheidungstragende Rechtssätze aufgestellt hat, die ebensolchen
höchstrichterlichen Rechtssätzen widersprechen. Vielmehr rügt sie eine fehler-
hafte Anwendung von Rechtssätzen, die Bundesverfassungsgericht und Bun-
desverwaltungsgericht in den in Bezug genommenen Entscheidungen formuliert
haben. Darin läge, die Vorwürfe als richtig unterstellt, keine Divergenz im Sinne
des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (vgl. nur Beschluss vom 19. August 1997
- BVerwG 7 B 261.97 - NJW 1997, 3328; stRspr).
3. Die Revision ist schließlich nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.
Mit der Rüge, das Berufungsgericht hätte ein Sachverständigengutachten zu
der Frage einholen müssen, ob das Liegenschaftskataster die richtige Grenze
nachweist, macht die Klägerin einen Verstoß gegen die Pflicht des Gerichts zur
Klärung des Sachverhalts (§ 86 Abs. 1 VwGO) geltend. Die Rüge ist nicht ord-
nungsgemäß erhoben.
Eine Aufklärungsrüge kann nur Erfolg haben, wenn u.a. dargelegt wird, dass
bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündli-
chen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unter-
bleiben nunmehr beanstandet wird, hingewirkt worden ist oder dass sich dem
Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von
sich aus hätten aufdrängen müssen (Beschluss vom 19. August 1997 a.a.O.).
Daran lässt es die Beschwerde fehlen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO und die
Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.
Prof. Dr. Rubel
Dr. Gatz
Petz
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