Urteil des BVerwG vom 18.07.2003

Bebauungsplan, Beseitigungsverfügung, Zaun, Rechtsgrundlage

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 B 49.03
VGH 14 B 99.858
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 18. Juli 2003
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. L e m m e l , H a l a m a
und G a t z
beschlossen:
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Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in
dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom
1. April 2003 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Ge-
samtschuldner.
Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren
auf 1 533 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde ist unbegründet. Die Rechtssache
hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Kläger beimessen.
Wie Art. 63 BayBO 1998 und die textliche Festsetzung C 6 Satz 1 im Bebauungsplan vom
3. Mai 1999 auszulegen sind, ließe sich in dem erstrebten Revisionsverfahren nicht klären,
da beide Normen dem irrevisiblen Landesrecht angehören. Davon abgesehen verkennen die
Kläger, dass die von ihnen insoweit aufgeworfenen Fragen nicht entscheidungserheblich
sind. Nach ihrer eigenen Darstellung regelt Art. 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 a BayBO 1998 ledig-
lich, unter welchen Voraussetzungen die Errichtung eines Zaunes genehmigungspflichtig ist.
Eine etwaige Genehmigungsfreiheit entbindet indes nicht von der Beachtung des einschlägi-
gen materiellen Rechts. Das Berufungsurteil beruht im Übrigen nicht auf der Annahme, dass
der von den Klägern errichtete Zaun wegen Verstoßes gegen die textliche Festsetzung C 6
Satz 1 baurechtswidrig ist. Nach Ansicht des Berufungsgerichts scheitert das Vorhaben je-
denfalls an der Nummer C 6 Satz 3 ("Auch wenn man mit den Klägern der Auffassung ist,
...").
Soweit die Kläger einen Verstoß gegen das Willkürverbot geltend machen, weist ihr Vorbrin-
gen zwar einen bundesrechtlichen Bezug auf, sie legen jedoch nicht dar, in welcher Richtung
in diesem Punkt ein revisionsgerichtlicher Klärungsbedarf besteht. Aus Art. 3 Abs. 1 GG lässt
sich ableiten, dass die Bauaufsichtsbehörde beim Erlass einer bauordnungsrechtlichen
Beseitigungsverfügung nicht ohne einleuchtenden Grund unterschiedlich, systemwidrig oder
planlos vorgehen darf. Dies bedarf keiner erneuten Bekräftigung in einem Revisions-
verfahren. Ob der Beklagte den Anforderungen gerecht geworden ist, die sich aus dem
Gleichheitssatz ergeben, ist eine Frage der Würdigung der Umstände des Einzelfalls, die
einer grundsätzlichen Klärung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht zugänglich ist.
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Auch die Frage, unter welchen Voraussetzungen durch rückwirkende Inkraftsetzung von
Bebauungsplänen in eigentumsrechtlich geschützte Rechtspositionen eingegriffen werden
kann, rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Der Bebauungsplan vom 3. Mai 1999
scheidet als Grundlage für die Beseitigungsverfügung nicht deshalb aus, weil die Kläger den
Zaun bereits 1990 errichtet haben. Der Plan ist rückwirkend in Kraft gesetzt worden und an
die Stelle des im Jahre 1978 beschlossenen Plans getreten, der wegen eines Bekanntma-
chungsmangels nicht wirksam geworden ist. § 215 a Abs. 2 BauGB lässt eine solche Rück-
wirkungsanordnung zu. Wird ein formeller Fehler in einem ergänzenden Verfahren behoben
und der Bebauungsplan rückwirkend in Kraft gesetzt, so wird hierdurch die Rechtsgrundlage
für eine zuvor ergangene Beseitigungsverfügung nachgeliefert, ohne dass sich der Betroffe-
ne mit Erfolg darauf berufen kann, auf den Fortbestand der früheren Rechtslage vertraut zu
haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 1986 - BVerwG 4 C 31.85 - BVerwGE 75, 262).
Die Kläger zeigen nicht auf, inwiefern diese Rechtsprechung korrektur- oder fortent-
wicklungsbedürftig sein könnte.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 und § 162 Abs. 3 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 14 Abs. 3 und § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Lemmel Halama Gatz