Urteil des BVerwG vom 22.01.2014

Campingplatz, Wohnwagen, Vermietung, Ausnahmefall

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 B 48.13
OVG 1 LB 245/10
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 22. Januar 2014
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gatz und Dr. Külpmann
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Ober-
verwaltungsgerichts vom 24. Juli 2013 wird zurückgewie-
sen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht er-
stattungsfähig.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 30 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg. Die
Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr der Kläger bei-
misst.
1. Der Kläger hält die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob ein Cam-
pingplatz i.S.d. bundesrechtlichen Begriffs in § 10 Abs. 5 BauNVO schon dann
vorliegt, wenn - analog der Definition in den landesrechtlichen Campingplatz-
verordnungen - der Platz für mehr als drei Wohnwagen oder Zelte oder Wohn-
mobile bestimmt ist. Die Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision,
weil sie sich so in einem Revisionsverfahren nicht stellen würde. Der Kläger hat
im Berufungsverfahren vorgetragen, dass er acht Stellplätze für Wohnmobile
errichten will. Es kommt daher nicht darauf an, ob bereits ein Platz für mindes-
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tens vier Wohnmobile als Campingplatz i.S.d. § 10 Abs. 5 BauNVO anzusehen
ist.
Sollte der Kläger die Frage aufwerfen wollen, ob ein Platz für acht Wohnmobile
ein Campingplatz i.S.d. § 10 Abs. 5 BauNVO ist, wäre ihm entgegenzuhalten,
dass er die grundsätzliche Bedeutung der Frage nicht dargelegt hat. Dem Klä-
ger ist darin beizupflichten, dass der - bundesrechtlich nicht definierte - Begriff
des Campingplatzes erfüllt ist, wenn der Platz planungsrechtliche Relevanz hat,
wenn er also die in § 1 Abs. 5 und 6 BauGB genannten Belange in einer Weise
berühren kann, die geeignet ist, das Bedürfnis nach einer seine Zulässigkeit
regelnden verbindlichen Bauleitplanung hervorzurufen (vgl. Urteil vom 31. Au-
gust 1973 - BVerwG 4 C 33.71 - BVerwGE 44, 59 <62>). Auch das Oberverwal-
tungsgericht stellt darauf ab und begründet das Bedürfnis, Campingplätze als
eigene Nutzungsart zu definieren, deren Zulassung Gegenstand einer spezifi-
schen Planung sein soll, damit, dass die Nutzer - einerseits - besondere Anfor-
derungen an die Erreichbarkeit und Freizeiteignung stellen, von ihnen aber
- andererseits - angesichts des Umstandes, dass sich ihr Aufenthalt überwie-
gend im Freien abspielt und zudem nur vorübergehend ist, auch stärkere Belas-
tungen ausgehen können als von einer dauerhaften Wohnnachbarschaft (UA
S. 10). Für einen Platz vom Zuschnitt des vom Kläger geplanten bejaht die Vor-
instanz ein Planungsbedürfnis. Der Kläger setzt sich mit der Argumentation des
Oberverwaltungsgerichts nicht auseinander, sondern beschränkt sich auf den
Vortrag, ein Platz für nur acht Zelte/Wohnwagen/Wohnmobile würde „niemals
planungsrechtlich als Sondergebiet ausgewiesen“. Damit ist es nicht getan (vgl.
Beschlüsse vom 9. März 1993 - BVerwG 3 B 105.92 - NJW 1993, 2825 und
vom 3. Dezember 2012 - BVerwG 4 BN 11.12 - juris).
2. Der Kläger hält weiter für grundsätzlich bedeutsam, ob ein Gewerbebetrieb in
einem Dorf- oder Mischgebiet im Regelfall unzulässig ist, wenn er Wohnmobil-
stellplätze in einer Anzahl umfasst, die bei isolierter Realisierung als Camping-
platz i.S.d. § 10 Abs. 5 BauNVO einzustufen wären.
Die Frage ist nach der Beschwerdebegründung auf einen „gemischten“ Gewer-
bebetrieb bzw. einen Gewerbebetrieb „eigener Art“ zugeschnitten, der neben
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gastronomischen Leistungen auch Stellplätze für Wohnmobile gegen Entgelt
anbietet (Schriftsätze vom 10. Oktober 2013, S. 3, 7 und vom 13. Januar 2014,
S. 3). Sie führt nicht zur Zulassung der Revision, weil sie an dem Inhalt des an-
gefochtenen Urteils vorbeigeht. Das Oberverwaltungsgericht hat das Vorhaben
des Klägers nicht als Gewerbebetrieb eigener Art (Betrieb mit sechs Gästebet-
ten, Wellness-Bereich und acht Wohnmobilstellplätzen) angesehen. Vielmehr
hat es in Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse, an die der Senat nach
§ 137 Abs. 2 VwGO gebunden ist, die Vermietung der Wohnmobilstellplätze als
Schwerpunkt des klägerischen Vorhabens eingestuft (UA S. 7) und - aus seiner
Sicht folgerichtig - das Vorhaben rechtlich als Campingplatz behandelt (UA
S. 9 ff.), obwohl es auch Elemente eines Beherbergungsbetriebes aufweist.
3. Schließlich möchte der Kläger rechtsgrundsätzlich klären lassen, ob ein Ge-
werbebetrieb, der Beherbergungsräume mit Nebeneinrichtungen und zudem
weniger als zehn Wohnmobilstellplätze umfasst, derart vom Regelfall eines
Campingplatzes nach § 10 Abs. 5 BauNVO abweicht, dass er auch in einem
Misch- oder Dorfgebiet zugelassen werden kann, sofern er die ausreichende
Rücksichtnahme auf Nachbargrundstücke einhält.
Der Kläger wirft diese Frage auf der Grundlage der auch vom Oberverwal-
tungsgericht herangezogenen Senatsrechtsprechung auf (Urteil vom 29. April
1992 - BVerwG 4 C 43.89 - BVerwGE 90, 140 <144 f.>). Danach kann ein be-
stimmtes, unter eine spezielle gewerbliche Nutzungsart fallendes Vorhaben
- hier: ein gewerblich betriebener Campingplatz - ein Gewerbebetrieb im Sinne
bauplanungsrechtlicher Vorschriften sein und als solcher in einem Baugebiet
zugelassen werden, wenn er - unter anderem - von dem in der Baunutzungs-
verordnung bei der Definition der speziellen gewerblichen Nutzungsart voraus-
gesetzten Regelfall abweicht. Das Oberverwaltungsgericht hat eine solche Ab-
weichung geprüft. Es ist dabei rechtlich zutreffend von planungsrechtlichen Er-
wägungen ausgegangen und hat hierzu einerseits die Erwartungen der Nutzer,
andererseits die Belastungen für die Nachbarschaft in Erwägung gezogen (UA
S. 10) und hierauf aufbauend einen Ausnahmefall verneint. Einen darüber hi-
nausgehenden grundsätzlichen Klärungsbedarf zeigt der Kläger nicht auf. Er
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beschränkt seine Frage vielmehr auf den Einzelfall, ohne eine Frage fallüber-
greifender Bedeutung zu formulieren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO und die
Streitwertentscheidung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Prof. Dr. Rubel
Dr. Gatz
Dr. Külpmann
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