Urteil des BVerwG vom 17.01.2012

Feststellungsklage, Gesetzesvorbehalt, Normenkontrolle, Ausnahme

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 B 46.11
OVG 1 LB 6/11
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 17. Januar 2012
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Jannasch und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bumke
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Schleswig-Holsteinischen
Oberverwaltungsgerichts vom 20. Oktober 2011 wird zu-
rückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens
mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beige-
ladenen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 15 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO gestützte Beschwerde des Klägers hat kei-
nen Erfolg.
1. Die vom Kläger als klärungsbedürftig aufgeworfene Frage, ob § 75 Abs. 1 und 2
LBO SH drittschützenden Charakter besitzt, betrifft irrevisibles Landesrecht, das
nach § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO nicht der revisionsgerichtlichen Prüfung unterliegt.
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Die Frage wird nicht dadurch zu einer Frage des Bundesrechts, dass der Kläger
auf Art. 2 und 14 GG verweist. Es genügt nicht, die Frage der Vereinbarkeit von
Landesrecht mit Bundesrecht (einschließlich Bundesverfassungsrecht) aufzuwer-
fen. Ob das Berufungsgericht den verfassungsrechtlichen Grundsätzen im Einzel-
nen gerecht geworden ist - wie die Beschwerde bezweifelt -, ist keine Frage der
weiteren Klärung dieser Grundsätze, sondern deren korrekter Anwendung im Ein-
zelfall. Dies zu überprüfen ist nicht Aufgabe des Zulassungsverfahrens.
Soweit die Grundsatzrüge sinngemäß auf den verwaltungsprozessualen Prü-
fungsmaßstab einer Feststellungsklage und damit auf die Bedeutung des § 43
VwGO zielt, zeigt der Kläger nicht auf, dass die Rechtsprechung des Bundesver-
waltungsgerichts einer Weiterentwicklung bedürfte. Wie das Oberverwaltungsge-
richt unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
ausgeführt hat, eröffnet eine Feststellungsklage - anders als das Verfahren der
Normenkontrolle - kein objektives Prüfungsverfahren; die Feststellungsklage dient
allein dem Individualrechtsschutz (Beschluss vom 5. Oktober 2009 - BVerwG 4 B
8.09 - juris Rn. 6). Entgegen der Auffassung des Klägers ist diese Aussage nicht
auf bestimmte Fallkonstellationen beschränkt.
2. Die geltend gemachte Divergenzrüge genügt nicht den Darlegungsanforderun-
gen gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Der Revisionszulassungsgrund der Ab-
weichung liegt nur vor, wenn die Vorinstanz in Anwendung derselben Rechtsvor-
schrift mit einem ihre Entscheidung tragenden Rechtssatz zu einem ebensolchen
Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts in Widerspruch tritt (Beschluss vom
20. Dezember 1995 - BVerwG 6 B 35.95 - NVwZ-RR 1996, 712 <713>).
Der Kläger zeigt keinen Rechtssatzwiderspruch auf. Weder führt der Kläger einen
Rechtssatz aus der in Bezug genommenen - auch vom Oberverwaltungsgericht
zugrunde gelegten - Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts an, noch be-
nennt er einen Rechtssatz aus dem angefochtenen Urteil. Sein Vortrag beschränkt
sich auf den Vorwurf, das Oberverwaltungsgericht habe die Reichweite des Nach-
barschutzes verkannt und übersehen, dass eine Halbierung des Mindestabstands
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nicht mit dem Runderlass begründet werden könne, weil dies dem Gesetzesvorbe-
halt widerspreche.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streit-
wertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Prof. Dr. Rubel Dr. Jannasch Dr. Bumke
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