Urteil des BVerwG vom 23.09.2009, 4 B 46.09
Luft, Betreiber, Vorsorge, Nachbar
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 B 46.09 OVG 1 LB 6/08
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 23. September 2009 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel, den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Jannasch und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bumke
beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 26. März 2009 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 15 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
1Die auf den Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO gestützte
Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
21. Die Rechtssache hat nicht die rechtsgrundsätzliche Bedeutung, die ihr die
Beschwerde beimisst. Dies setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen
Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die
allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll
(stRspr).
31.1 Die Beschwerde wirft die Frage auf:
Soweit in Gemäßheit der Nr. 1 der TA Luft im Rahmen der Anwendung des § 22 BImSchG die Nr. 5.2.5 TA Luft an-
gewendet wird, sind dann nach Maßgabe der jeweiligen tatbestandlichen Voraussetzungen die jeweiligen Anforderungen an Emissionsbegrenzungen einzuhalten?
4Sie legt jedoch nicht dar, dass sich diese Frage in einem Revisionsverfahren
überhaupt stellen würde. Denn das Oberverwaltungsgericht führt zum einen
aus, dass die Frage, ob die Abluft aus der Lackierkabine vorliegend die Emissionswerte nach dem 5. Teil der TA Luft einhält, für die Entscheidung des
Rechtsstreits unerheblich sei, da eine Überschreitung nicht zu einem Abwehranspruch der Klägerin führe (UA S. 10). Soweit die Beschwerde - wie der Hinweis auf Seite 12 der angefochtenen Entscheidung es nahe legen könnte - mit
der Frage der Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts angreift, dass
die TA Luft für nicht genehmigungsbedürftige Anlagen nicht unmittelbar gelte
und sich die Beurteilung daher nicht an den strengen Emissionswerten für genehmigungsbedürftige Neuanlagen orientiere, wird nicht beachtet, dass diese
Ausführungen lediglich nicht entscheidungserhebliche Hinweise darstellen (UA
S. 11 ff.).
51.2. Das gilt auch für die Frage, ob bei der Erteilung der Genehmigung auf den
Umfang des tatsächlichen Betriebs, des genehmigten Betriebs oder gar des
möglichen Betriebs (Kapazität der Anlage) abzustellen ist. Gegenstand der
Überprüfung einer Baugenehmigung ist der durch sie genehmigte Betrieb. Daran zu erinnern bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren. Abgesehen
davon hat das Oberverwaltungsgericht „im Übrigen“ - selbstständig tragend -
auf den genehmigten - in der mündlichen Verhandlung geänderten - maximalen
Lösungsmittelverbrauch von 1 t/a abgestellt (UA S. 12).
61.3 Die Frage, ob, wenn im Rahmen einer baurechtlichen Prüfung immissionsschutzrechtliche Fragen geprüft werden müssen, der Nachbar einen Anspruch
auf ermessensfehlerfreie Entscheidung hat dahingehend, ob der Betreiber hinsichtlich der Einhaltung immissionsschutzrechtlicher Vorschriften zuverlässig
sei, ist auf einen Sachverhalt gemünzt, den das Oberverwaltungsgericht nicht
festgestellt hat; das Gericht hat keine Feststellungen zur Zuverlässigkeit des
Betreibers getroffen. Abgesehen davon, dass jegliche Ausführungen zur Entscheidungserheblichkeit fehlen, kommt die Zulassung der Grundsatzrevision
nicht in Betracht, wenn die Vorinstanz eine Tatsache nicht festgestellt hat, die
für die Entscheidung der angesprochenen Rechtsfrage erheblich sein würde,
vielmehr lediglich die Möglichkeit besteht, dass die Rechtsfrage nach Zurückverweisung der Sache aufgrund weiterer Sachaufklärung entscheidungserheblich werden könnte (vgl. Beschlüsse vom 28. Dezember 1998 - BVerwG 9 B
197.88 - juris und vom 28. November 2005 - BVerwG 4 B 66.05 - ZfBR 2006,
159).
72. Auch die Divergenzrüge bleibt ohne Erfolg. Eine die Revision eröffnende
Abweichung, also ein Widerspruch im abstrakten Rechtssatz, läge nur vor,
wenn das Berufungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem in der
genannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz abgewichen wäre (stRspr). Die Beschwerde legt nicht dar,
welche Rechtssätze im Widerspruch stehen könnten.
8Sie bezieht sich auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Dezember 2003 - BVerwG 7 C 19.02 - BVerwGE 119, 329. Auf diese Entscheidung stützt sich das Oberverwaltungsgericht selbst ausdrücklich. Auch in der
Sache ist eine Abweichung nicht erkennbar. Das Bundesverwaltungsgericht
hebt im genannten Urteil hervor, dass es eine drittschützende Wirkung von Regelungen, die der Vorsorgepflicht dienen, verneint (a.a.O. S. 332). Bei den vorliegend im Streit stehenden Regelungen nach Nr. 5 der TA Luft handelt es sich
- wie bereits die Überschrift verdeutlicht - um Anforderungen zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen. Der von der Beschwerde demgegenüber
angeführte erste Leitsatz im genannten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
betrifft einen gänzlich anderen Regelungsbereich, nämlich der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungspflicht unterliegende ultrafeine Metall- und
Keramikpulver (Nanopulver), von denen (möglicherweise) ein Krebsrisiko ausgeht; darauf hat bereits das Oberverwaltungsgericht zutreffend hingewiesen
(UA S. 10).
9
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 133 Abs. 5 Satz 2
VwGO ab, da sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.
10Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, die Streitwertfestsetzung auf
§ 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Prof. Dr. Rubel Dr. Jannasch Dr. Bumke
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5 C 19.11 vom 10.01.2013
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