Urteil des BVerwG vom 19.07.2004

Pachtvertrag, Vorrang, Jagdrecht, Unvereinbarkeit

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 B 46.04
OVG 1 LB 46/03
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 19. Juli 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. P a e t o w ,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht H a l a m a und die Richterin am
Bundesverwaltungsgericht Dr. P h i l i p p
beschlossen:
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Re-
vision in dem Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwal-
tungsgerichts vom 24. November 2003 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit
Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu
je 1/5.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdever-
fahren auf 10 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht.
1. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Kläger bei-
messen.
Die Kläger möchten in einem Revisionsverfahren geklärt wissen, ob das Jagdverbot
des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 des Gesetzes zur Neufassung des Gesetzes zum Schut-
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ze des schleswig-holsteinischen Wattenmeeres (Nationalparkgesetz - NPG) vom
17. Dezember 1999 und die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmege-
nehmigung gemäß § 6 Abs. 4 Satz 3 NPG in der Auslegung durch das Berufungsge-
richt mit dem Grundgesetz, insbesondere mit dem Grundsatz der Verhältnismäßig-
keit vereinbar sind.
Die Auslegung und Anwendung des Nationalparkgesetzes betrifft irrevisibles Lan-
desrecht (vgl. § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Insoweit können sich keine Fragen von
grundsätzlicher Bedeutung stellen, die in dem erstrebten Revisionsverfahren einer
Klärung zugeführt werden könnten. Das Revisionsgericht wäre nämlich an die Aus-
legung, die das Berufungsgericht dem Nationalparkgesetz gegeben hat, gebunden.
Soweit die Beschwerde die Unvereinbarkeit des Nationalparkgesetzes und der Aus-
legung des Gesetzes durch das Berufungsgericht mit dem Grundgesetz, insbeson-
dere dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, rügt, zeigt sie nicht - wie es erforder-
lich wäre (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. März 1984 - BVerwG 7 B 238.81 -
Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 49; Beschluss vom 22. Dezember 1994
- BVerwG 4 B 114.94 - NVwZ 1995, 700 <702>) - auf, dass nicht die Auslegung des
Landesrechts, sondern der bundesverfassungsrechtliche Maßstab klärungsbedürftig
ist. Die insoweit allein aufgeworfene Frage, ob Art. 14 Abs. 1 GG auch das obligato-
rische Jagdrecht schützt, würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen, denn
auch das Berufungsgericht ist hiervon ausgegangen (vgl. UA S. 15). Es hat den
Pachtvertrag jedoch dahin ausgelegt, dass die vertragliche Position der Kläger unter
dem Vorbehalt rechtlicher Einschränkungen steht. Insoweit zeigt die Beschwerde
einen bundesrechtlichen Klärungsbedarf nicht auf.
2. Die Verfahrensrüge greift ebenfalls nicht durch.
Die Kläger legen nicht dar, warum sich dem Berufungsgericht auf der Grundlage sei-
nes - insoweit maßgeblichen (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Januar 1998 - BVerwG
11 C 11.96 - BVerwGE 106, 115, 119) - materiellrechtlichen Standpunktes eine Be-
weisaufnahme zu der Frage, ob mit der beabsichtigten Jagdausübung eine nachhal-
tige Störung des Schutzgebietes verbunden sein würde, hätte aufdrängen müssen.
Das Berufungsgericht hat die Ablehnung der beantragten Ausnahmegenehmigung
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für rechtmäßig gehalten, nicht nur weil die beantragte Jagdausübung - hinreichend
wahrscheinlich - zu "nachhaltigen" Beeinträchtigungen der Vögel im Schutzgebiet
führen wird, sondern auch, weil die Beklagte - selbst bei verbleibenden Zweifeln an
dieser Annahme oder jedenfalls am Maß der Beeinträchtigungen - den Belangen des
Naturparkschutzes im Rahmen des Optimierungsgebotes und der insoweit vorgese-
henen Abwägung (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 2 NPG) gegenüber den Inte-
ressen der Kläger den Vorrang geben durfte (vgl. UA S. 14 f.). Warum sich dem Be-
rufungsgericht auf der Grundlage dieser Rechtsauffassung eine Beweiserhebung
über die Auswirkungen der beabsichtigten Jagdausübung hätte aufdrängen sollen, ist
weder dargelegt noch ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO, die
Streitwertfestsetzung auf § 72 Nr. 1 GKG n.F. i.V.m. § 14 Abs. 1 und 3 sowie auf
§ 13 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F.
Dr. Paetow Halama Dr. Philipp