Urteil des BVerwG vom 20.01.2009

Betreiber des Flugplatzes, Genehmigung, Öffentliche Sicherheit, Innerstaatliches Recht

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 B 45.08
OVG 8 A 10910/07
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 20. Januar 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rojahn und die Richterin
am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bumke
beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerinnen gegen die Nichtzulas-
sung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsge-
richts Rheinland-Pfalz vom 21. Mai 2008 wird zurückge-
wiesen.
Die Klägerinnen tragen die Kosten des Beschwerdever-
fahrens zu je einem Drittel. Außergerichtliche Kosten der
Beigeladenen werden nicht erstattet.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 45 000 € festgesetzt.
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G r ü n d e :
I
Die Klägerinnen wenden sich gegen die von der beklagten Bundesrepublik
Deutschland (Wehrbereichsverwaltung West) den beigeladenen Streitkräften
der Vereinigten Staaten von Amerika, US Air Forces in Europe (im Folgenden:
US-Streitkräfte) erteilten luftrechtlichen Genehmigung für die Erweiterung des
Militärflugplatzes Ramstein. Die Klägerinnen sind Eigentümerinnen von Wohn-
grundstücken im Einwirkungsbereich des Flugplatzes.
Um die Funktion des Flughafens Frankfurt/Main als Hauptverkehrsknoten im
nationalen und internationalen zivilen Luftverkehr abzusichern, wurde seit 1990
die Verlagerung der Flugverkehrskapazitäten der US-Streitkräfte vom Flughafen
Frankfurt/Main auf den Militärflugplatz Ramstein (sowie - mit Reservefunktion -
auf den Militärflugplatz Spangdahlem) vereinbart und vorbereitet. Die
Übernahme militärischer Lufttransportaufgaben machte Ausbaumaßnahmen auf
dem Flugplatz Ramstein erforderlich. Zur Durchführung und Finanzierung des
Ausbaus schlossen u.a. die Bundesrepublik Deutschland und die Vereinigten
Staaten von Amerika im Juli 1999 eine Verlegungsvereinbarung. Im Mai 2002
beantragte die Oberfinanzdirektion Koblenz in Verfahrensstandschaft für die
US-Streitkräfte als Halter und Betreiber des Militärflugplatzes Ramstein bei der
Wehrbereichsverwaltung West die Genehmigung zur Erweiterung des Mili-
tärflugplatzes. Die Genehmigung wurde im Juni 2003 erteilt. Genehmigt wurde
u.a. die Errichtung einer zweiten Hauptstart- und Landebahn (neue Südbahn)
sowie der Ausbau der vorhandenen Start- und Landebahn (Nordbahn). Der Wi-
derspruch der Klägerinnen wurde zurückgewiesen.
Mit ihrer Klage haben die Klägerinnen die Aufhebung der Genehmigung in Ges-
talt späterer Ergänzungen und der Widerspruchsbescheide, hilfsweise die
Nachbesserung des Lärmschutzkonzepts u.a. durch Betriebsbeschränkungen,
begehrt. Das Verwaltungsgericht wies die Klagen ab. Die Berufung der Kläge-
rinnen blieb erfolglos. Mit ihrer Beschwerde wenden sie sich gegen die Nichtzu-
lassung der Revision.
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II
Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde bleibt erfolglos.
Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht.
1. Die von allen Klägerinnen übereinstimmend erhobenen Grundsatzrügen grei-
fen nicht durch. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die
ihr die Klägerinnen beimessen.
1.1 Die Beschwerde wirft als grundsätzlich bedeutsam die Frage auf, ob „Ge-
nehmigungsbehörde und Gericht die Prüfung der Möglichkeiten der Lärmmin-
derung durch den Einsatz weniger lärmintensiven Fluggeräts an militärischen
Flugplätzen ohne weitere Sachprüfung mit dem Argument ablehnen (können),
der Einsatz des Fluggeräts betreffe den Kernbereich des militärfachlichen Beur-
teilungsspielraums der Streitkräfte, in den weder die Genehmigungsbehörde
noch das Gericht eingreifen dürften“. Die Klägerinnen erstrecken die Frage
auch auf den „in erheblichem Umfang mit gecharterten Zivilmaschinen“ durch-
geführten Flugverkehr.
Die Frage bedarf nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren. Sie kann auf
der Grundlage des Luftverkehrsgesetzes und der Rechtsprechung des Bun-
desverwaltungsgerichts ohne Weiteres beantwortet werden. Dabei ist mit dem
Oberverwaltungsgericht von den folgenden Grundsätzen auszugehen: Für den
Ausbau eines Militärflugplatzes auf der Grundlage einer Genehmigung nach § 6
Abs. 1, Abs. 4 Satz 2 LuftVG gelten die in der Rechtsprechung zum fachplane-
rischen Abwägungsgebot entwickelten Grundsätze. Wie in einem Planfeststel-
lungsbeschluss sind dem Betreiber des Flugplatzes die Errichtung und Unter-
haltung der Anlagen aufzuerlegen, die für das öffentliche Wohl oder zur Siche-
rung der Benutzung der benachbarten Grundstücke gegen Gefahren oder
Nachteile notwendig sind (§ 6 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 9 Abs. 2 LuftVG). Da dem
Luftverkehrsgesetz in der hier anzuwendenden Fassung vor der Einfügung von
§ 8 Abs. 1 Sätze 3 und 4 und vor der Änderung des Gesetzes zum Schutz ge-
gen Fluglärm vom 30. März 1971 (BGBl I S. 282) durch das Gesetz zur Ver-
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besserung des Schutzes vor Fluglärm in der Umgebung von Flugplätzen vom
1. Juni 2007 (BGBl I S. 986) normative Vorgaben für die Beurteilung von Flug-
lärm nicht zu entnehmen waren, müssen die Genehmigungsbehörden und im
Streitfall die Gerichte prüfen und entscheiden, welche Lärmschutzvorkehrungen
zur Einhaltung der mit einer gerechten Abwägung nicht mehr überwindbaren
Zumutbarkeitsgrenze notwendig sind (Urteile vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A
1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 250 f. und vom 29. Januar 1991 - BVerwG
4 C 51.89 - BVerwGE 87, 332 <341 f.>). Ein genereller Vorrang von Maßnah-
men des aktiven vor solchen des passiven Schallschutzes besteht nicht (Urteile
vom 16. März 2006 a.a.O. Rn. 253 und vom 29. Januar 1991 a.a.O. S. 346 f.).
Die Behörde hat u.a. zu berücksichtigen, dass aktiver Lärmschutz in Form flug-
betrieblicher, kapazitätsbeschränkender Regelungen den Verkehrszweck des
Flughafens beeinträchtigen kann. Die Behörde darf nicht zu betriebsregelnden
Festsetzungen gezwungen werden, die dem „Widmungszweck“ des Flughafens
widersprechen (Urteil vom 29. Januar 1991 a.a.O. S. 347).
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist das Oberverwaltungsgericht ebenso
wie das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beklagte es
abwägungsfehlerfrei abgelehnt hat, den US-Streitkräften Vorgaben zur Regulie-
rung des am Militärflugplatz Ramstein eingesetzten Fluggeräts zu machen.
Nach Auffassung beider Vorinstanzen wären Schutzanordnungen im Sinne von
§ 9 Abs. 2 LuftVG, die den US-Streitkräften als Vorhabenträgerin Vorgaben
etwa zur Nutzung weniger lärmintensiver Transportflugzeuge machen, den Ein-
satz der besonders lärmintensiven Maschinen des Typs C5 „Galaxy“ beschrän-
ken oder den US-Streitkräften die Ersetzung lärmintensiver Flugzeugtypen in-
nerhalb bestimmter Fristen aufgeben, mit der militärischen Aufgabenstellung
des Flugplatzes und daher mit dessen „Widmungszweck“ nicht vereinbar (UA
S. 36). Ergänzend heißt es im Berufungsurteil (UA S. 36), die Entscheidung
darüber, welche Transportflugzeugtypen in welcher Zahl zu welchem Zeitpunkt
zum Einsatz kämen, richte sich ausschließlich nach den militärischen Aufgaben
und den jeweiligen Einsatzbedürfnissen; sie betreffe daher den Kernbereich des
militärfachlichen Beurteilungsspielraums der Streitkräfte, in den weder die
Genehmigungsbehörde noch das Gericht eingreifen dürften.
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Diese Ausführungen bewegen sich im Rahmen der vom Bundesverwaltungsge-
richt entwickelten Grundsätze zum fachplanerischen Abwägungsgebot im Luft-
verkehrsrecht. Es ist ohne Weiteres nachvollziehbar und einleuchtend, dass die
militärischen Erfordernisse einer effektiven Einsatzplanung und der Schutz des
militärfachlichen Beurteilungsspielraums der US-Streitkräfte in der konkreten
Einsatzsituation im Rahmen der Abwägung gegenüber den Lärmschutzinteres-
sen der Flughafenanwohner einen Belang von hohem Gewicht bilden, der es
rechtfertigen kann, bei der Genehmigung von Ausbaumaßnahmen von Be-
schränkungen des Einsatzes besonders lärmintensiver Flugzeugtypen Abstand
zu nehmen. An anderer Stelle verweist das Oberverwaltungsgericht selbst auf
den „Krisen- und Kriegsfall mit besonders hoher Flugzeugfrequenz und einer
nicht im einzelnen planbaren Flugzeugtypenmischung“ (UA S. 42).
Der Sache nach greift die Beschwerde in Gestalt der formulierten Grundsatzrü-
gen die Richtigkeit der vorinstanzlichen Abwägungskontrolle an. Mit dieser Ent-
scheidungskritik werden Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung nicht
aufgezeigt. Im Übrigen würde sich die von der Beschwerde sinngemäß proble-
matisierte Frage, ob das Absehen von Betriebsbeschränkungen für besonders
lärmintensive Flugzeugtypen aus Gründen der Geheimhaltung des zum Einsatz
kommenden Fluggeräts gerechtfertigt sein könne, in einem Revisionsverfahren
nicht stellen. Das Berufungsgericht hat den Verzicht der Beklagten auf Vorga-
ben zur Beschränkung lärmintensiver Flugzeugtypen entgegen der Beschwerde
nicht wegen eines „Geheimhaltungsbedarfs“ hinsichtlich des Fluggeräts, son-
dern mit Rücksicht darauf gebilligt, dass die militärische Aufgabenstellung des
Flugplatzes Ramstein und die „jeweiligen Einsatzbedürfnisse“ einer „Regulie-
rung“ des einsetzbaren Fluggeräts in Form von Genehmigungsauflagen entge-
genstünden (UA S. 36).
1.2 Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage:
„Können an einem militärischen Flugplatz betriebliche
Vorgaben zu einer lärmmindernden Nutzung der Bahnen
pauschal unter Hinweis auf die Zielsetzung einer möglichst
großen Optimierung betrieblicher Abläufe und Si-
cherheitsbedingungen ohne Abwägung mit den betroffe-
nen Fluglärmbelangen abgelehnt werden?“
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lässt ebenfalls keinen revisionsgerichtlichen Klärungsbedarf erkennen.
Die Beschwerde unterstellt dem Oberverwaltungsgericht einen Standpunkt, den
es nicht vertritt. Nach Ansicht der Vorinstanz ist der Verzicht der Beklagten dar-
auf, den US-Streitkräften eine stärkere Nutzung der Nordbahn als Start- und
Landebahn aufzugeben, frei von Abwägungsfehlern. Sie bescheinigt der Be-
klagten, dass sie in der Abwägung mit den Lärmschutzbelangen der betroffenen
Wohnbevölkerung fehlerfrei der Südbahn die Funktion der neuen Hauptstart-
und Landebahn zugewiesen habe. Für die gewählte Lösung spreche der
abwägungserhebliche Belang, die betrieblichen Abläufe und Sicherheitsbedin-
gungen dadurch „zu optimieren“, dass „künftig bei rund 90 % der Rollvorgänge
ein Queren der Hauptstart- und Landebahn vermieden werden kann“ (UA
S. 36). Flugbetriebliche Anordnungen zur stärkeren Nutzung der Nordbahn sei-
en geeignet, das Planungsziel der Optimierung der betrieblichen Abläufe zu
konterkarieren, ohne dass ein nennenswerter Vorteil solcher Anordnungen un-
ter Lärmschutzgesichtspunkten ersichtlich wäre. Ebenso wie eine Festlegung
der Nordbahn als Hauptstart- und Landebahn würden betriebliche Auflagen zu
ihrer stärkeren Nutzung nicht zu einer insgesamt günstigeren Fluglärmsituation,
sondern nur zu einer (wenn auch geringfügigeren) Verlagerung der Lärmbelas-
tung nach Norden - in ebenfalls durch Wohnnutzung geprägte Gebiete - führen
(UA S. 36 f.). Der Vorwurf der Beschwerde, die Beklagte habe „pauschal“ und
„ohne Abwägung mit den betroffenen Fluglärmbelangen“ dem Ziel einer Opti-
mierung betrieblicher Abläufe und Sicherheitsbedingungen den Vorrang einge-
räumt, geht also fehl. Im Übrigen ist es selbstverständlich und bedarf keiner
weiteren Begründung, dass sich flugbetriebliche Gründe und Sicherheitsaspek-
te bei der Konzeption des Start- und Landebahnsystems je nach den konkreten
Gegebenheiten gegenüber widerstreitenden Lärmschutzgesichtspunkten
durchsetzen können. Die in diesem Zusammenhang erhobene Verfahrensrüge
bleibt ebenfalls erfolglos (s. unten 3.2).
1.3 Die Klägerinnen möchten schließlich geklärt wissen, ob „Genehmigungsbe-
hörde und Gericht die Prüfung lärmmindernder An- und Abflugverfahren an Mili-
tärflugplätzen in Genehmigungs- und Gerichtsverfahren zum Ausbau von Mili-
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tärflugplätzen unter Hinweis auf die fehlende Zuständigkeit der Genehmigungs-
behörde verweigern“ können. Sie sind der Ansicht, für den militärischen Flugbe-
trieb sei die Frage der Zuständigkeit für die Festlegung von Flugwegen und der
daraus folgenden Rechtsschutzmöglichkeiten gegenüber der Zulassungsbe-
hörde oder einer anderen Stelle noch nicht höchstrichterlich geklärt.
Die aufgeworfene Frage ist, soweit sie überhaupt entscheidungserheblich ist,
nach den Rechtsausführungen der Vorinstanz nicht mehr klärungsbedürftig.
Das Oberverwaltungsgericht (UA S. 38 ff.) hat durch Anhörung der Vertreter der
Beklagten in der mündlichen Verhandlung geklärt, dass das Bundesministerium
der Verteidigung auf der Grundlage von § 30 Abs. 2 Satz 1 LuftVG die Zu-
ständigkeit des Amtes für Flugsicherheit der Bundeswehr (AFSBw) für den Be-
reich der Festlegung der An- und Abflugrouten einschließlich der Flughöhen,
Gleitwinkel und Meldepunkte an militärischen Flugplätzen der Bundeswehr und
der Stationierungsstreitkräfte bestimmt hat. Die Vorinstanz hat ferner festge-
stellt, dass die An- und Abflugverfahren zwar vom Betreiber des Flugplatzes
vorbereitend erarbeitet, aber nach Prüfung durch das AFSBw unter Beteiligung
der Deutschen Flugsicherheit GmbH und ggf. nach Anhörung von Betroffenen
letztlich durch das AFSBw förmlich genehmigt werden. Sie folgert daraus, dass
die Genehmigungsbehörde (Wehrbereichsverwaltung West) für diesen Bereich
nicht zuständig sei. Dementsprechend würden die beigeladenen US-Streitkräfte
im Genehmigungsbescheid lediglich deklaratorisch darauf hingewiesen, dass
Änderungen veröffentlichter IFR-An-/Abflugverfahren bzw. neue IFR-Verfahren
nach erfolgter Abstimmung mit anderen Flugsicherheitsstellen dem AFSBw zur
Genehmigung vorzulegen seien (UA S. 39). Eine mit Art. 19 Abs. 4 GG nicht zu
vereinbarende Rechtsschutzlücke entstehe dadurch nicht. Betroffenen Flug-
platzanwohnern stehe es offen, Rechtsschutz gegen die Festlegung der An-
und Abflugstrecken - etwa im Wege der Anfechtung von Genehmigungsent-
scheidungen des AFSBw - zu erlangen. Hierzu verweist die Vorinstanz auf die
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Rechtsschutz gegenüber
der Festlegung von Flugverfahren durch das Luftfahrtbundesamt (Urteil vom
9. November 2006 - BVerwG 4 A 2001.06 - BVerwGE 127, 95 Rn. 80).
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Die Beschwerde sieht gleichwohl grundsätzlichen Klärungsbedarf, weil den Ur-
teilsgründen, dem Protokoll der mündlichen Verhandlung und den Äußerungen
des Gerichts in der mündlichen Verhandlung nicht zu entnehmen sei, wie das
Oberverwaltungsgericht zu seiner Rechtsauffassung gelangt sei. Den Beteilig-
ten und dem Gericht seien weder einschlägige Vorschriften vorgelegt, noch
vorgelesen, noch benannt worden. Auch die angeblichen Genehmigungen sei-
en nicht vorgelegt worden. Die Ausführungen zum Rechtsschutz gegenüber
Entscheidungen des AFSBw seien „ohne jede tatsächliche Grundlage im Ver-
fahren“. Der Sache nach erschöpft sich die Beschwerde darin, Zweifel an der
Richtigkeit der vorinstanzlichen Rechtsauffassung zu äußern. Mit solchen An-
griffen wird die rechtsgrundsätzliche Bedeutung einer noch ungeklärten Rechts-
frage des revisiblen Rechts nicht dargelegt. Nach den Ausführungen der Vertre-
ter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsge-
richt wäre in einem Revisionsverfahren davon auszugehen, dass die Genehmi-
gungsbehörde (Wehrbereichsverwaltung West) für die Festlegung der An- und
Abflugverfahren zu und vom Flugplatz Ramstein nicht zuständig ist. Die Be-
schwerde zeigt auch nicht auf, aus welchen Gründen die Frage des Rechts-
schutzes gegenüber Entscheidungen des AFSBw, soweit sie im vorliegenden
Streitfall überhaupt entscheidungserheblich ist, in Hinblick auf das - vom Ober-
verwaltungsgericht herangezogene - Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom
9. November 2006 - BVerwG 4 A 2001.06 - (BVerwGE 127, 95) revisionsge-
richtlich klärungsbedürftig ist. Der von der Beschwerde in diesem Zusammen-
hang erhobene Vorwurf der mangelhaften Aufklärung des Sachverhalts kann
der Grundsatzrüge ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen (s. auch unten 3.3).
2. Die weiteren, allein von der Klägerin zu 2 erhobenen Grundsatzrügen (§ 132
Abs. 2 Nr. 1 VwGO) müssen ebenfalls erfolglos bleiben.
2.1 Die Klägerin zu 2 möchte (zusammengefasst) rechtsgrundsätzlich geklärt
wissen:
Ergibt sich aus Art. 25 GG und der daraus abzuleitenden
Pflicht zu völkerrechtskonformem Verhalten eine Rechts-
pflicht der zuständigen für die Bundesrepublik Deutschland
handelnden Genehmigungsbehörde, durch Auflagen im
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Genehmigungsbescheid und durch weitere damit in
unmittelbarem Zusammenhang stehende geeignete Kon-
troll- und Überwachungs-Maßnahmen sicherzustellen,
dass auf oder von dem ausschließlich militärisch von den
US-Streitkräften genutzten Flugplatz Ramstein keine Flug-
bewegungen und Militäreinsätze der US-Streitkräfte statt-
finden bzw. ausgehen dürfen, die
a) gegen allgemeine Regeln des Völkerrechts (z.B. das
zum jus cogens zu zählende völkerrechtliche Gewaltverbot
des Art. 2 Nr. 4 UN-Charta; Grundsatz der Staatenverant-
wortlichkeit), die gemäß Art. 25 GG Bestandteil des Bun-
desrechts sind und Rechte und Pflichten unmittelbar für
die Bewohner des Bundesgebiets erzeugen und/oder
b) gegen die UN-Charta, soweit diese sonstiges Völker-
gewohnheitsrecht enthält,
verstoßen?
Das Oberverwaltungsgericht hat einen Anspruch der Klägerinnen auf Aufhe-
bung der angefochtenen Genehmigung oder auf Ergänzung der Genehmigung
durch Anordnungen zur Unterbindung etwaiger völkerrechtswidriger Nutzungen
des Flughafens verneint. Seiner Ansicht nach entbehrt die Behauptung, der
Genehmigungsbescheid ziele auf die Gewährung logistischer Unterstützung für
völkerrechtswidrige Kriegseinsätze der beigeladenen US-Streitkräfte im Irak
oder in Afghanistan bzw. verstoße mit dem Unterlassen von Anordnungen zur
Unterbindung solcher Einsätze gegen völker- oder verfassungsrechtliche Ver-
pflichtungen und verletze dadurch die Klägerinnen als Flugplatzanwohnerinnen
in eigenen Rechten, in mehrfacher Hinsicht einer tragfähigen rechtlichen Be-
gründung (UA S. 84 ff.).
Die aufgeworfenen Fragen rechtfertigen die Zulassung der Revision nicht, weil
sie bereits auf der Grundlage der einschlägigen gesetzlichen und sonstigen
Regelungen und der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu be-
antworten sind. Der Ausbau eines Militärflugplatzes bedarf nach § 6 Abs. 1
Satz 1 i.V.m. Abs. 4 Satz 2 LuftVG einer luftverkehrsrechtlichen Genehmigung,
die - wie bereits ausgeführt (vgl. oben 1.1) - den Anforderungen des fachpla-
nungsrechtlichen Abwägungsgebots genügen muss. Nach § 6 Abs. 1 Satz 4
LuftVG kann die Genehmigung mit Auflagen verbunden werden. Entsprechend
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§ 9 Abs. 2 LuftVG sind dem Flughafenbetreiber (Unternehmer) die Errichtung
und Unterhaltung solcher Anlagen aufzuerlegen, die für das öffentliche Wohl
und zur Sicherung der Benutzung der benachbarten Grundstücke gegen Ge-
fahren oder Nachteile notwendig sind. Das Gebot, derartige Auflagen festzu-
setzen, setzt der planerischen Gestaltungsfreiheit der Genehmigungsbehörde
eine äußerste Grenze. So darf sich die Genehmigungsbehörde über Fluglärm,
der über das in der konkreten Planungssituation zumutbare Maß hinausgeht,
nicht ohne Ausgleichsmaßnahmen im Wege der Abwägung hinweg setzen (vgl.
Urteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116
Rn. 250 f.). Inhalt und Reichweite solcher Auflagen einschließlich der von der
Klägerin zu 2 angeführten Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen richten sich
nach der Zuständigkeit der Genehmigungsbehörde und werden durch sie be-
grenzt. Die von der Klägerin zu 2 im angefochtenen Genehmigungsbescheid
vermissten Auflagen, die sicherstellen sollen, dass vom Flugplatz Ramstein
keine völker- oder verfassungswidrigen Flugbewegungen und Militäreinsätze
ausgehen, fallen nicht in den Zuständigkeitsbereich der für die Genehmigung
nach § 6 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 Satz 2 LuftVG zuständigen Behörde. Das
ergibt sich aus den folgenden Erwägungen:
Mit der Genehmigung zum Ausbau eines Militärflugplatzes entscheidet die Be-
hörde zwar der Sache nach auch über die Zulässigkeit des Flugverkehrs, dem
das Ausbauvorhaben dient. Mit der Genehmigung legt die Behörde fest, für
ein Flughafen als Einrichtung der Verkehrsinfrastruk-
tur zur Verfügung stehen soll (Urteil vom 24. Juli 2008 - BVerwG 4 A 3001.07 -
juris Rn. 84, 87 - zum militärischen Nachtflugbetrieb auf dem Flughafen Leip-
zig/Halle). Die Genehmigung zum Ausbau des Flugplatzes Ramstein dient mili-
tärischen Zwecken. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwal-
tungsgerichts dient der Ausbau dazu, die militärischen Lufttransportaufgaben
der bisherigen Rhein-Main-Airbase zu übernehmen (UA S. 84). Die darin lie-
gende besondere Zweckbestimmung des Flugplatzes bezeichnet das Oberver-
waltungsgericht als „Widmungszweck“ (vgl. UA S. 36).
Die Genehmigung zum Ausbau eines Militärflugplatzes gemäß § 6 Abs. 4
Satz 2 LuftVG regelt nicht die Zulässigkeit von und
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zum Flugplatz nach Fertigstellung des Ausbauvorhabens. Die Zuständigkeit,
Flugbewegungen zum und vom Militärflugplatz Ramstein auf ihre Vereinbarkeit
mit Völker- und Verfassungsrecht hin zu überprüfen, ist Gegenstand besonde-
rer gesetzlicher Regelungen. Die entsprechende Überwachung und Kontrolle
liegt in der ausschließlichen Zuständigkeit der für die
zuständigen Behörden.
Der Einflug in den deutschen Luftraum und der Ausflug sind grundsätzlich er-
laubnispflichtig (§ 2 Abs. 6 und 7 LuftVG). Erlaubnisbehörde ist das Bundesmi-
nisterium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung oder eine von ihm bestimmte
Stelle (§ 94 LuftVZO). Die Erlaubnis zum Einflug von ausländischen Luftfahr-
zeugen, die im Militärdienst verwendet werden, erteilt das Bundesministerium
der Verteidigung (§ 97 Abs. 1 LuftVZO). Der Antrag auf Erteilung der Erlaubnis
muss u.a. den Ausgangs- und Zielflugplatz sowie ggf. Zwischenlandeplätze im
Bundesgebiet sowie den Zweck des Fluges enthalten (§ 95 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4
und 5 LuftVZO). Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn die Benutzung des deut-
schen Luftraums die öffentliche Sicherheit, zu der auch die allgemeinen Regeln
des Völkerrechts gehören, gefährden würde. Erlaubnisfreien Flügen kann der
Einflug in das deutsche Hoheitsgebiet untersagt werden, wenn der Verdacht
besteht, dass der Verkehr die öffentliche Sicherheit stört oder geeignet ist,
Handlungen zu dienen, die verfassungswidrig i.S.d. Art. 26 Abs. 1 GG sind.
Entsprechendes gilt für Flugbewegungen, die gegen das völkergewohnheits-
rechtliche Gewaltverbot oder Art. 2 Abs. 4 UN-Charta verstoßen (Urteil vom
24. Juli 2008 a.a.O. Rn. 86). Besondere Vorschriften für die Nutzung des deut-
schen Luftraums durch die in Deutschland im Rahmen der NATO stationierten
US-Streitkräfte enthält Art. 57 Abs. 1 Satz 1 des Zusatzabkommens zum
NATO-Truppenstatut (ZA-NTS) in der Neufassung von 1994 (BGBl 1994 II
S. 2594, 2598 - vgl. hierzu Urteil vom 21. Juni 2005 - BVerwG 2 WD 12.04 -
NJW 2006, 77 <98> - insoweit in BVerwGE 127, 302 nicht abgedruckt).
Der Senat hat ferner bereits entschieden, dass weder Art. 25 GG noch das völ-
kergewohnheitsrechtliche Gewaltverbot es gebieten, den für die Ausführung
des Luftverkehrsgesetzes zuständigen Genehmigungs- und Planfeststellungs-
behörden ein eigenständiges Prüfungsrecht bezüglich der Vereinbarkeit der
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Luftraumnutzung mit den allgemeinen Regeln des Völkerrechts einzuräumen
(Urteil vom 24. Juli 2008 a.a.O. Rn. 88 - 91). Die Behörden und Gerichte der
Bundesrepublik sind zwar durch Art. 25 GG grundsätzlich daran gehindert, in-
nerstaatliches Recht in einer Weise auszulegen und anzuwenden, die die all-
gemeinen Regeln des Völkerrechts verletzt; sie dürfen nicht an einer gegen die
allgemeinen Regeln des Völkerrechts verstoßenden Handlung nicht deutscher
Hoheitsträger bestimmend mitwirken (BVerfG, Beschluss vom 26. Oktober 2004
- 2 BvR 955/00 u.a. - BVerfGE 112, 1 <27>). Art. 25 GG regelt jedoch ebenso
wenig wie das völkergewohnheitsrechtliche Gewaltverbot, welche in-
nerstaatliche Behörde in welchem Verfahren zu prüfen hat, ob die Handlung,
die einer nicht deutschen Stelle zuzurechnen ist, allgemeine Regeln des Völ-
kerrechts verletzt. Die Zuständigkeits- und Verfahrensvorschriften betreffend die
Nutzung des deutschen Luftraums sind geeignet, eine bestimmende Mitwirkung
aller deutschen Behörden an völkerrechtswidrigen Handlungen effektiv zu ver-
hindern (Urteil vom 24. Juli 2008 a.a.O. Rn. 90, 91). Die Beschwerde zeigt nicht
auf, dass im vorliegenden Streitfall ein Revisionsverfahren dem Senat Anlass
geben könnte, die vorstehend wiedergegebenen Grundsätze fortzuentwickeln
oder zu modifizieren.
2.2 Die Klägerin zu 2 möchte rechtsgrundsätzlich geklärt wissen, ob private
Bürger unter Berufung auf Art. 25 GG im Rahmen einer Nachbarklage gegen
eine luftverkehrsrechtliche Genehmigung für die Erweiterung/Änderung eines
ausschließlich von den US-Streitkräften militärisch genutzten Flugplatzes von
der Genehmigungsbehörde die Einhaltung der Rechtspflicht(en) verlangen
können, durch Auflagen im Genehmigungsbescheid und weitere Kontroll- und
Überwachungs-Maßnahmen die Nutzung des Flugplatzes in Einklang mit all-
gemeinen Regeln des Völkerrechts, der UN-Charta und sonstigen Völkerge-
wohnheitsrecht zu gewährleisten, oder ob die Einhaltung einer solchen Rechts-
pflicht erst während der Betriebsphase des Flugplatzes gegenüber den für die
Genehmigung, Überwachung und ggf. Untersagung von Flugbewegungen zu-
ständigen deutschen Behörden (z.B. Bundesamt für Luftsicherheit) eingefordert
werden kann. Hierzu wirft die Klägerin zu 2 auch die weiteren Fragen auf, ob
sich solche „durch private Kläger rügefähige Rechtspflichten gegebenenfalls
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aus Art. 25 GG in Verbindung mit Art. 2 des 2+4-Vertrages vom 12.9.1990“
bzw. aus Art. 26 GG ergeben.
Diese Fragen sind auf der Grundlage der vorstehenden Ausführungen (unter
2.1) ohne Weiteres zu verneinen. Sie setzen das Bestehen einer „Rechtspflicht“
der für die Genehmigung nach § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG zuständigen Behörde
voraus, die nicht besteht. Ebenfalls nicht klärungsbedürftig ist die von der Be-
schwerde weiter aufgeworfene Frage:
„Hat ein/e Anrainer/in des größten NATO-Flugplatzes in
Europa, auf dem das Hauptquartier der US-Luftstreitkräfte
in Europa untergebracht ist, den Anspruch auf Aufnahme
von Vorkehrungen in einer luftverkehrsrechtlichen Ge-
nehmigung auch für den Betrieb dieser Einrichtung, wenn
Anlass für die Annahme besteht, dass diese Einrichtung
völkerrechts- und verfassungswidrig genutzt wird?“
Auf die vorstehenden Ausführungen (2.1) wird verwiesen.
2.3 Die Klägerin zu 2 bezeichnet weiter als grundsätzlich bedeutsam die Frage:
„Können private Bürger z.B. im Rahmen einer verwal-
tungsrechtlichen Nachbarklage gegen - für die Errichtung
oder die Erweiterung einer von einer ausländischen Stati-
onierungsmacht genutzten Infrastruktureinrichtung - erfor-
derliche baurechtliche oder luftverkehrsrechtliche Maß-
nahmen mit Erfolg geltend machen, im Falle der Realisie-
rung des in Rede stehenden Projekts sei nicht gewährleis-
tet, dass das völkerrechtliche Verbot einer Mitwirkung oder
einer Unterstützung eines Angriffskrieges (oder des Ver-
stoßes gegen das völkerrechtliche Gewaltverbot) hinrei-
chend eingehalten und gewährleistet werde? Haben sie
insoweit eine entsprechende Klagebefugnis und können
sie ggf. insoweit materielle Rechtsverletzung geltend ma-
chen?“
Die Frage ist, soweit sie im vorliegenden Rechtsstreit überhaupt entschei-
dungserheblich sein könnte, auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bun-
desverwaltungsgerichts zu beantworten, ohne dass es der Durchführung eines
Revisionsverfahrens bedarf. Wie der Senat in seinem Urteil vom 24. Juli 2008
(a.a.O. Rn. 90 f.) bereits ausgeführt hat, müssen die Zuständigkeits- und Ver-
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fahrensvorschriften betreffend die völkerrechtskonforme Nutzung des deut-
schen Luftraums tauglich sein, eine bestimmende Mitwirkung aller deutschen
Behörden an völkerrechtswidrigen Handlungen effektiv zu verhindern. Der Se-
nat hat hierzu u.a. ausgeführt: Die luftverkehrsrechtlichen Zuständigkeits- und
Verfahrensvorschriften erfüllten diese Voraussetzung. Die Zuständigkeit der
Erlaubnisbehörde, bereits bei der Erteilung der Einflugerlaubnis oder im Verfah-
ren der Beschränkung der Erlaubnisfreiheit zu entscheiden, ob die Benutzung
des deutschen Luftraums durch ein ausländisches Luftfahrzeug für den Trans-
port von Militärpersonal gegen das völkergewohnheitsrechtliche Gewaltverbot
verstoße, sei geeignet, eine Mitwirkung deutscher Behörden an einer solchen
Handlung zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu verhindern. Nur die ausschließli-
che Zuständigkeit der Erlaubnisbehörde könne sicherstellen, dass die beteilig-
ten Behörden die Vereinbarkeit einer Benutzung des deutschen Luftraums mit
den allgemeinen Regeln des Völkerrechts nicht unterschiedlich beurteilten. Das
Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, dass sich bei der
Bestimmung des Luftfahrt-Bundesamtes die Fachaufsicht und die Kontakte zu
Regierungsstellen ausländischer Staaten vorbehalten habe, und das Bundes-
ministerium der Verteidigung seien auch fachlich eher als die Genehmigungs-
und Planfeststellungsbehörden der Länder in der Lage, völkerrechtliche Fragen
im Zusammenhang mit der Benutzung des Luftraums zu klären. Daran ist auch
für den Fall festzuhalten, dass wie hier die Bundesrepublik Deutschland, vertre-
ten durch den Präsidenten der Wehrbereichsverwaltung West, für die Erteilung
der angegriffenen luftverkehrsrechtlichen Genehmigung (§ 6 Abs. 4 Satz 2
LuftVG) zuständig ist.
Der Senat hat in seinem Urteil vom 24. Juli 2008 (a.a.O. Rn. 87) ferner ausge-
führt: Habe die zuständige Erlaubnisbehörde entschieden, dass ein Luftfahr-
zeug den deutschen Luftraum benutzen dürfe, sei eine für die Erteilung einer
Änderungsgenehmigung nach § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG zuständige Behörde
nicht berechtigt, die Benutzung des Flugplatzes aus Gründen zu untersagen
oder zu beschränken, die bereits bei Erteilung der Einflugerlaubnis oder im Ver-
fahren der Beschränkung der Erlaubnisfreiheit zu prüfen gewesen seien. Sei die
Genehmigungsbehörde der Auffassung, dass Flugzeuge, die auf ihrem
Flugplatz landen wollten, nicht berechtigt seien, den Luftraum der Bundesrepu-
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blik Deutschland zu benutzen, müssten sie den Sachverhalt der Erlaubnisbe-
hörde anzeigen, damit diese die Berechtigung prüfen und ggf. bereits den Ein-
flug unterbinden könne.
Diese Zuständigkeitsaufteilung schlägt auf die Rechtsstellung der Flughafen-
anwohner durch, die sich im Wege einer verwaltungsgerichtlichen Nachbarkla-
ge gegen den Ausbau eines Militärflugplatzes ausländischer Stationierungs-
truppen zur Wehr setzen wollen. Einen über die bisherige Senatsrechtspre-
chung hinausgehenden revisionsgerichtlichen Klärungsbedarf lässt die Be-
schwerde der Klägerin zu 2 in diesem Zusammenhang nicht erkennen. Ebenso
wenig wirft sie besondere verwaltungsprozessrechtliche Fragen zur Auslegung
von § 42 Abs. 2 VwGO auf, die in einem Revisionsverfahren klärungsfähig und
klärungsbedürftig sein könnten.
2.4 Die Klägerin zu 2 möchte schließlich revisionsgerichtlich geklärt wissen:
„Welche Vorkehrungen müssen - aus verfassungsrechtli-
chen und aus völkerrechtlichen Gründen - von den zu-
ständigen Organen des Völkerrechtssubjekts Deutschland
getroffen werden, damit sichergestellt wird, dass von auf
deutschem Territorium gelegenen Einrichtungen, die aus-
ländischen Stationierungsstreitkräften zur ausschließlichen
Benutzung überlassen worden sind, keine Handlun-
gen/Einsätze/Aktionen vorgenommen, ermöglicht oder un-
terstützt werden, die gegen das völkerrechtliche Gewalt-
verbot/Verbot des Angriffskrieges verstoßen?“
In dieser Allgemeinheit könnte die aufgeworfene Frage in einem Revisionsver-
fahren nicht geklärt werden. Sie geht schon an den tatsächlichen Feststellun-
gen des Oberverwaltungsgerichts vorbei. Die Vorinstanz hat nicht festgestellt,
dass vom Flughafen Ramstein aus völkerrechtswidrige Flugbewegungen statt-
gefunden haben oder stattfinden werden. Im Übrigen lässt auch diese Frage,
soweit sie in einem Revisionsverfahren überhaupt entscheidungserheblich wä-
re, keinen rechtsgrundsätzlichen Klärungsbedarf erkennen. Soweit die aufge-
worfene Frage in abstrahierender Weise auf die Klärung der Rechtsfragen zielt,
die bereits Gegenstand der vorstehend erörterten Grundsatzrügen sind, recht-
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fertigt sie aus den unter 2.1 bis 2.3 genannten Gründen die Zulassung der Re-
vision nicht.
2.5 Entgegen der Beschwerde gäbe ein Revisionsverfahren im vorliegenden
Streitfall keinen Anlass, die Frage zu klären, „ob die US-Streitkräfte von Ram-
stein aus völkerrechts- und verfassungswidrige Kriegseinsätze führen“. Insoweit
wird auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen.
3. Die von allen Klägerinnen erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch.
3.1 Soweit die Beschwerde die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, die
Beklagte habe abwägungsfehlerfrei von Betriebsbeschränkungen für den Ein-
satz lärmintensiver Flugzeugtypen abgesehen, mit Verfahrensrügen angreift,
genügt das Beschwerdevorbringen nicht den Darlegungsanforderungen des
§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.
Die Ansicht der Vorinstanz, die Einschätzung der militärischen Aufgaben und
der jeweiligen Einsatzbedürfnisse falle in den Kernbereich des militärfachlichen
Beurteilungsspielraums der US-Streitkräfte, den die Genehmigungsbehörde
und das angerufene Verwaltungsgericht zu respektieren hätten (UA S. 36), ver-
letzt weder die Denkgesetze noch verletzt sie sonstige Grundsätze der richterli-
chen Überzeugungsbildung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das Oberverwal-
tungsgericht hat seine Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) auch nicht
dadurch verletzt, dass es der Frage nicht weiter nachgegangen ist, ob „der Aus-
schluss bzw. die Beschränkung welcher Flugzeugtypen zur erheblichen Lärm-
minderung geeignet, erforderlich und verhältnismäßig ist“. Die Vorinstanz hatte
von ihrem materiellrechtlichen Standpunkt aus keinen Anlass, in diese Richtung
weitere Sachaufklärung zu betreiben.
3.2 Die Beschwerde sieht einen weiteren Aufklärungsmangel darin, dass das
Oberverwaltungsgericht den Beweisantrag zu 3) der Klägerinnen abgelehnt hat,
ein Sachverständigengutachten zu der Frage einzuholen, ob die Auflage der
Nutzung der Nordbahn als Startbahn in Richtung Westen zu keinen über sonst
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an Verkehrsflughäfen und Flugplätzen hinausgehenden betrieblichen Er-
schwernissen führen würde.
Die Rüge muss ebenfalls erfolglos bleiben, weil die Beschwerde nicht substan-
tiiert darlegt, dass das Beweisthema nach der materiellrechtlichen Auffassung
des Oberverwaltungsgerichts entscheidungserheblich ist. Gegenstand der vor-
instanzlichen Abwägungskontrolle ist die Genehmigung für den Ausbau des
Militärflugplatzes Ramstein. Entscheidungserheblich ist die militärische Funktion
dieses Flugplatzes. Auf die betrieblichen Abläufe an anderen (insbesondere
zivilen) Verkehrsflughäfen und sonstigen Flugplätzen kommt es hier nicht an.
Im Übrigen war für das Oberverwaltungsgericht „eine möglichst große Optimie-
rung der betrieblichen Abläufe und Sicherheitsbedingungen auf dem Flugplatz“
nicht - wie die Klägerinnen behaupten - alleinige rechtliche Kontrollüberlegung.
Die Vorinstanz hebt auch hervor, dass eine Festlegung der Nordbahn als
Hauptstart- und Landebahn ebenso wie betriebliche Auflagen zu ihrer stärkeren
Nutzung nicht zu einer insgesamt günstigeren Fluglärmsituation führen würden,
sondern „nur zu einer (wenn auch geringfügigeren) Verlagerung der Lärmbelas-
tung“ nach Norden und damit in ebenfalls durch Wohnnutzung geprägte Gebie-
te (UA S. 37). Allein der Umstand, dass das Oberverwaltungsgericht sich die
Ausführungen des Sachverständigen der Klägerinnen in der mündlichen Ver-
handlung betreffend die Nutzung der Nordbahn nicht zu eigen gemacht hat,
rechtfertigt nicht den Vorwurf eines Aufklärungsmangels. Der Sache nach greift
die Beschwerde in Gestalt einer Verfahrensrüge die vorinstanzliche Sachver-
halts- und Beweiswürdigung an. Auf diese Weise kann ein Verfahrensmangel
grundsätzlich nicht begründet werden, da Fehler in der Sachverhalts- und Be-
weiswürdigung - wenn sie denn vorlägen, wofür hier nichts spricht - revisions-
rechtlich in aller Regel nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen
Recht zuzurechnen sind (stRspr). Im vorliegenden Streitfall gilt nichts anderes.
3.3 Die Beschwerde rügt ferner einen Aufklärungsmangel hinsichtlich der Prü-
fung lärmmindernder Flugrouten.
Soweit die Beschwerde geltend macht, für den militärischen Flugbetrieb sei die
Frage der Zuständigkeit für die Festlegung von Flugwegen und der daraus fol-
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genden Rechtsschutzmöglichkeiten gegenüber der Zulassungsbehörde oder
einer anderen Stelle höchstrichterlich nicht geklärt und auch vom Oberverwal-
tungsgericht nicht aufgeklärt, geht die Aufklärungsrüge ins Leere. Die aufge-
worfenen Fragen stellen Rechtsfragen dar. Sie betreffen die Feststellung und
Anwendung von Zuständigkeitsvorschriften sowie Rechtsschutzfragen, die sich
einer Beweisaufnahme, die der Ermittlung und Bewertung von Tatsachen und
damit der Erforschung des Sachverhalts (vgl. § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) dient,
entziehen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Zuständigkeitsfrage dahin be-
antwortet, dass die Genehmigungsbehörde für die Festlegung von An- und Ab-
flugverfahren nicht zuständig ist. Der Vorwurf fehlerhafte Rechtsfindung kann
als solcher nicht zum Gegenstand einer Aufklärungsrüge im Sinne von § 86
Abs. 1 Satz 1 VwGO gemacht werden.
3.4 Die Rüge, das Oberverwaltungsgericht habe verfahrensfehlerhaft dem hilfs-
weise gestellten Beweisantrag Nr. 5 nicht stattgegeben, durch Sachverständi-
gengutachten aufzuklären, ob eine erhebliche Lärmminderung durch Neuges-
taltung der An- und Abflugrouten, der Anflugwinkel und der Landeschwellen zu
erreichen sei, genügt ebenfalls nicht den Darlegungsanforderungen.
Das Oberverwaltungsgericht hat den Hilfsweisantrag Nr. 5 mit der Begründung
abgelehnt, die Genehmigungsbehörde sei vorliegend für Anordnungen zur
Neugestaltung der An- und Abflugrouten bereits nicht zuständig. Auf Auflagen
zur Änderung der Anflugwinkel und der Landeschwellen habe sie - soweit sie
überhaupt in Betracht kämen - jedenfalls angesichts bestehender flugtechni-
scher Sachnotwendigkeiten und im Hinblick auf das Optimierungsziel der Pla-
nung (auch für den Krisen- und Kriegsfall mit besonders hoher Flugzeugfre-
quenz und einer im Einzelnen nicht planbaren Flugzeugtypenmischung) jeden-
falls abwägungsfehlerfrei verzichtet (UA S. 42). Dies wird im Einzelnen begrün-
det (UA S. 41 f.).
Die Beschwerde greift die vorinstanzliche Sachverhaltswürdigung und Rechts-
anwendung nach Art einer Berufungsbegründung an, indem sie die Richtigkeit
der Ausführungen zur Unzuständigkeit der Genehmigungsbehörde (erneut) in
Zweifel zieht und der tatrichterlichen Sachverhaltswürdigung die Ausführungen
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des Sachbeistands der Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung vor dem
Oberverwaltungsgericht entgegenhält. Mit derartigen Angriffen gegen die tat-
richterliche Sachverhalts- und Beweiswürdigung und die vorinstanzliche
Rechtsanwendung kann - wie bereits ausgeführt - ein Aufklärungsmangel im
Sinne von § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO grundsätzlich nicht begründet werden. Der
Vorwurf einer Verletzung der Aufklärungspflicht ist bei der Ablehnung eines
Hilfsbeweisantrages nur dann begründet, wenn sich dem Gericht, eine weitere
Beweisaufnahme hätte aufdrängen müssen. Die Beschwerde zeigt nicht auf,
dass das Oberverwaltungsgericht auf der Grundlage seiner materiellrechtlichen
Auffassung noch Anlass hätte sehen müssen, den Sachverhalt in der von der
Beschwerde bezeichneten Richtung weiter aufzuklären.
3.5 Die Beschwerde sieht einen weiteren Aufklärungsmangel darin, dass das
Oberverwaltungsgericht dem Hilfsbeweisantrag Nr. 2 nicht stattgegeben hat,
Sachverständigenbeweis darüber zu erheben, ob die Schwelle von 62 dB(A)
tags bei den Klägerinnen zu 1 und 2 unter Berücksichtigung der tatsächlich
stattfindenden Überflüge im Abflug vom Flugplatz Ramstein in Richtung Osten
überschritten werden. Die Rüge bleibt erfolglos.
Das Oberverwaltungsgericht hat dem Beweisantrag mangels Entscheidungser-
heblichkeit nicht stattgegeben (UA S. 52 - 54 oben): Die Wohngrundstücke der
Klägerinnen zu 1 und 2 lägen zwar außerhalb des Tagschutzgebietes, das auf-
grund einer rechtlich nicht zu beanstandenden Prognose des Flugbetriebs im
Ausbauzustand des Flugplatzes Ramstein (UA S. 56 ff.) festgelegt worden sei.
Den Klägerinnen zu 1 und 2 stehe jedoch die Möglichkeit offen, den Nachweis
zu führen, dass in ihren Wohngebäuden ein Dauerschallpegel von 45 dB(A) bei
geschlossenen Fenstern nicht eingehalten werde. Das gelte auch für den Fall,
dass sich die 62 dB(A)-Grenzlinie des Tagschutzgebietes aufgrund unvorher-
gesehener, in der Prognose noch nicht zu berücksichtigender tatsächlicher
Entwicklungen als gerade in ihrem Bereich zu eng gezogen erweisen sollte. Die
Obliegenheit, den Nachweis der Innenpegelüberschreitung selbst führen zu
müssen, sei unter der Voraussetzung, dass keine unangemessen hohen An-
forderungen an den Nachweis gestellt würden, nicht zu beanstanden. Es werde
genügen müssen, dass der Eigentümer des betroffenen Grundstücks die Über-
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schreitung eines Innenpegels von 45 dB(A) in einem überschaubaren Zeitraum
einiger aufeinanderfolgender Tage durch entsprechende Lärmpegelmessungen
im Gebäudeinnern bei geschlossenen Fenstern zur Tagzeit belege, ohne ge-
zwungen zu sein, die entsprechenden Innenpegel über einen Zeitraum von ei-
nem Jahr zu messen und zu dokumentieren und daraus auch noch den Mittel-
wert für die sechs verkehrsreichsten Monate des Jahres zu errechnen (UA
S. 53).
Die Beschwerde lässt eine substantiierte Auseinandersetzung mit diesen Aus-
führungen im angefochtenen Urteil vermissen. Sie erschöpft sich auch insoweit
in Angriffen gegen die vorinstanzliche Sachverhaltswürdigung, die nicht geeig-
net sind, einen Aufklärungsmangel im Sinne von § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO dar-
zulegen.
3.6 Die Beschwerde rügt schließlich einen Aufklärungsmangel „hinsichtlich der
Erforderlichkeit der Durchführung von Flugverkehr in der Nachtzeit“. Das Ober-
verwaltungsgericht habe entgegen der Rechtsprechung des Bundesverwal-
tungsgerichts (Urteil vom 9. November 2006 - BVerwG 4 A 2001.06 - BVerwGE
127, 95) nicht geprüft, ob es plausibel nachgewiesene sachliche Gründe gebe,
die es rechtfertigten, dem Nachtflugverkehr auf dem Militärflugplatz Ramstein
den Vorrang vor den Lärmschutzinteressen der betroffenen Anwohner einzu-
räumen. Dabei habe die Vorinstanz die Gewichtungsvorgabe des § 29b Abs. 1
Satz 2 LuftVG nicht hinreichend berücksichtigt.
Auch mit diesem Vorbringen wird ein Aufklärungsmangel im Sinne von § 86
Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht schlüssig dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).
Das Oberverwaltungsgericht hat bei der Überprüfung der angefochtenen Ge-
nehmigung unter Lärmschutzgesichtspunkten durchgehend die militärische
Aufgabenstellung des Flugplatzes und den Ausbauzweck, die Übernahme mili-
tärischer Lufttransportaufgaben, betont und hervorgehoben, dass sich die In-
tensität des Flugbetriebs nach den militärischen Aufgaben und den jeweiligen
Einsatzbedürfnissen richte (vgl. UA S. 36, 37, 42). Dabei lässt sich das Ober-
verwaltungsgericht von der Erwägung leiten, dass der militärische „Widmungs-
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zweck“ des Flughafens und dessen „Funktions- und Leistungsfähigkeit“ in der
Abwägung gegenüber den Lärmschutzbelangen der betroffenen Anwohner
Abwägungsbelange von erheblichem Gewicht darstellten (UA S. 35). Hinsicht-
lich des im Prognosejahr 2011 zu erwartenden Nachtfluglärms geht die Vorin-
stanz davon aus, dass in die Prognose von durchschnittlich bis zu fünf Nacht-
flugbewegungen bereits eine hohe Sicherheitsreserve eingerechnet worden sei,
„die auch Unwägbarkeiten und nicht genau abschätzbaren Entwicklungen des
militärischen Nachtflugbetriebs, etwa im Krisen- und Kriegsfall, hinreichend
Rechnung trägt“ (UA S. 65). Die Beschwerde zeigt nicht auf, dass das Ober-
verwaltungsgericht bei Anlegung dieser Kontrollmaßstäbe einen Anlass hätte
sehen müssen, das Bestehen eines militärischen Nachtflugbedarfs in den
Nachtrandstunden und in der Nachtkernzeit dem Grunde nach zu bezweifeln
und zum Gegenstand weiterer Aufklärung zu machen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO,
die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Prof. Dr. Rubel
Prof. Dr. Rojahn
Dr. Bumke
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