Urteil des BVerwG vom 13.08.2002

Beweisergebnis, Rechtsverletzung, Rüge, Beweisantrag

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BESCHLUSS
BVerwG 4 B 45.02
VGH 8 B 01.1172
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 13. August 2002
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. P a e t o w und die Richter am Bundesverwaltungs-
gericht Prof. Dr. Dr. B e r k e m a n n und G a t z
beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nicht-
zulassung der Revision in dem Urteil des
Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom
10. April 2002 wird verworfen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerde-
verfahrens.
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Der Wert des Streitgegenstandes wird für das
Beschwerdeverfahren auf 35 985 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Beschwerde ist nicht zulässig.
1. Die Beschwerde rügt als Verfahrensfehler, das Berufungsge-
richt habe den Sachverhalt unter Verletzung des § 86 Abs. 1
VwGO nicht hinreichend aufgeklärt. Das Vorbringen rechtfertigt
keine Zulassung der Revision. Die Beschwerde hat die Darle-
gungspflicht des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO nicht hinreichend
beachtet.
a) Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Sach-
verhaltsaufklärung grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer
Beweiserhebung absieht, die eine durch einen Rechtsanwalt ver-
tretene Partei nicht ausdrücklich beantragt hat (vgl. BVerwG,
Beschluss vom 1. Dezember 1999 - BVerwG 9 B 434.99 - Buchholz
310 § 130 a VwGO Nr. 45; Beschluss vom 11. August 1999
- BVerwG 11 B 61.98 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO
Nr. 19 - insoweit nicht abgedruckt).
Die anwaltlich vertretene Klägerin hat in der mündlichen Ver-
handlung vor dem Berufungsgericht einen förmlichen Beweisan-
trag nicht gestellt. Das ergibt die Niederschrift über die
mündliche Verhandlung. Die Niederschrift ergibt auch, dass die
Frage der Verkehrsverhältnisse und ihrer Ursachen auf der Bun-
desstraße B 303 (alt) Gegenstand der Erörterungen waren.
b) Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Sach-
verhaltsaufklärung allerdings auch dann, wenn es von einer
sich nach der Lage der Dinge aufdrängenden Beweiserhebung ab-
sieht, die eine durch einen Rechtsanwalt vertretene Partei
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nicht ausdrücklich beantragt hat. Eine hierauf gerichtete Rüge
der Verletzung der Amtsermittlungspflicht im vorinstanzlichen
Verfahren setzt indes voraus, dass unter Auseinandersetzung
mit dem Prozessgeschehen und der Begründung der vorinstanz-
lichen Entscheidung schlüssig aufgezeigt wird, welche konkre-
ten Sachverhaltsermittlungen sich dem Tatsachengericht in Be-
zug auf welche entscheidungserheblichen Tatsachen, mit welchen
Beweismitteln und welchem für den Beschwerdeführer günstigen
Beweisergebnis noch hätten aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, Be-
schluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - NJW 1997,
3328 = DÖV 1998, 117). An diesem Vorbringen der Beschwerde
fehlt es in mehrfacher Hinsicht.
Die Beschwerde gibt nicht an, welchen Beweismitteln sich das
Berufungsgericht zur genaueren Ermittlung der behaupteten Ver-
kehrsbedeutung hätte bedienen sollen. Sie legt ferner nicht
dar, welche tatsächliche Feststellung bei Durchführung der un-
terbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen
worden wäre. Dazu genügt nicht die Mutmaßung, eine Verkehrsun-
tersuchung hätte gesicherte Erkenntnisse erbracht. Das mag so-
gar unterstellt werden. Maßgebend ist, welche Bedeutung derar-
tige gesicherte Erkenntnisse gerade für die von der Klägerin
geltend gemachte Rechtsverletzung haben konnten. Soweit die
Beschwerde mit ihrem Vorbringen nicht die Verletzung des § 86
Abs. 1 VwGO, sondern der Sache nach einen Verstoß gegen § 108
Abs. 1 Satz 1 VwGO rügt, bleibt offen, worin Mängel in der
Überzeugungsbildung des Berufungsgerichtes zu erblicken sind.
Die Beschwerde führt auch nicht aus, in welcher Hinsicht das
vermisste Beweisergebnis für die vom Berufungsgericht zugrunde
gelegte materiellrechtliche Auslegung bedeutsam sein könnte.
Ein nur allgemeiner Hinweis auf die Erforderlichkeit der Be-
weiserhebung genügt nicht der Darlegungspflicht des § 133
Abs. 3 Satz 3 VwGO. Zwar hat das erstinstanzliche Gericht die
Begründung der angegriffenen Abstufung in tatsächlicher Hin-
sicht als nicht ausreichend angesehen. Darauf weist die Be-
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schwerde zutreffend hin. Daraus folgt jedoch nichts zugunsten
der Klägerin. Das Berufungsgericht hat die Auffassung des
Erstgerichtes auch aus materiellrechtlichen Gründen missbil-
ligt. Nach seiner Ansicht hatte nicht die Behörde weitere Er-
mittlungen vorzunehmen, vielmehr hatte das Gericht die Spruch-
reife selbst zu beurteilen und ggf. herzustellen. Demgemäß ist
der geltend gemachte Verfahrensfehler unzureichender Aufklä-
rung gerade von diesem Standpunkt des vorinstanzlichen Ge-
richts aus zu beurteilen (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Januar
1998 - BVerwG 11 C 11.96 - BVerwGE 106, 115 = NVwZ 1998, 628;
Beschluss vom 2. Juli 1998 - BVerwG 11 B 30.97 - Buchholz
451.171 § 6 AtG Nr. 2 = NVwZ 1999, 654). Dem wird das Vorbrin-
gen der Beschwerde ebenfalls nicht gerecht. Ob die von der Be-
schwerde kritisierte Abstufung gerade zu einer Gemeindeverbin-
dungsstraße zutreffend ist, betrifft übrigens eine Frage irre-
visiblen Landesrechts und entzieht sich bereits aus diesem
Grunde revisionsgerichtlicher Prüfung (vgl. § 137 Abs. 1,
§ 173 VwGO, § 560 ZPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Fest-
setzung des Streitwertes folgt aus § 14 Abs. 3, § 13 Abs. 1
Satz 1 GKG. Der beschließende Senat folgt der Streitwertfest-
setzung des Berufungsgerichtes.
Paetow Berkemann Gatz