Urteil des BVerwG vom 08.09.2009

Wohnhaus, Rüge, Gebäude, Offenkundig

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 B 39.09
VGH 3 S 1953/07
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 8. September 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Jannasch und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bumke
beschlossen:
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Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs
Baden-Württemberg vom 11. März 2009 wird zurückge-
wiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 140 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf den Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO gestützte Be-
schwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg.
1. Die Beschwerde macht als Verfahrensfehler geltend, das Gericht habe den
Sachverhalt „aktenwidrig“ festgestellt. Diese Verfahrensrüge bedingt die
schlüssig vorgetragene Behauptung, zwischen den in der angegriffenen Ent-
scheidung getroffenen tatsächlichen Annahmen und dem insoweit unumstritte-
nen Akteninhalt bestehe ein Widerspruch. Nach der Rechtsprechung des Bun-
desverwaltungsgerichts muss dieser Widerspruch offensichtlich sein, so dass
es keiner weiteren Beweiserhebung zur Klärung des richtigen Sachverhalts be-
darf; der Widerspruch muss also „zweifelsfrei“ sein. Es bedarf daher einer ge-
nauen Darstellung des Verstoßes, und zwar durch konkrete Angaben von Text-
stellen aus dem vorinstanzlichen Verfahren, aus denen sich der Widerspruch
ergeben soll. Diese Voraussetzungen sind erforderlich, da eine Kritik an der
tatrichterlichen Beweiswürdigung und Überzeugungsbildung als solche nicht als
Verfahrensmangel rügefähig ist (stRspr, vgl. nur Beschlüsse vom 2. November
1999 - BVerwG 4 BN 41.99 - UPR 2000, 226; vom 4. Juli 2001 - BVerwG 4 B
51.01 -).
Ein derartiger Fall liegt hier offenkundig nicht vor. Denn der Verwaltungsge-
richtshof hat zu dem Haus L. 32 keine eigenen Feststellungen getroffen, die mit
dem Inhalt der Akten nicht vereinbar wären. Vielmehr hat er sich gerade auf
den Inhalt der ihm vorliegenden Akten gestützt und es lediglich nicht als erfor-
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derlich angesehen, auf den Fall des genannten Hauses in seinem Urteil aus-
drücklich einzugehen. Wie auch in dem - den Antrag auf Tatbestandsberichti-
gung ablehnenden - Beschluss vom 26. Mai 2009 ausgeführt, hat der Verwal-
tungsgerichtshof den Vortrag, im Baugebiet „sei ein ebenfalls satzungswidriges
auffälliges Pultdach zugelassen worden“ (UA S. 8), zur Kenntnis genommen
(BA S. 2). Mit der Annahme, weil der Verwaltungsgerichtshof diesen Umstand
(in den Entscheidungsgründen) nicht erwähne, unterstelle er „aktenwidrig“ ent-
weder, dass das Haus ein Satteldach oder ein Pultdach mit zwei gegeneinander
versetzten Dachflächen aufweise (Beschwerdebegründung S. 10), wird kein
Widerspruch zwischen dem Akteninhalt und bestimmten textlich markierten
Feststellungen des Urteils aufgezeigt. Die Klägerin hebt vielmehr allein auf die
aus ihrer Sicht „konträren Rechtsfolgen“ ab (Beschwerdebegründung S. 11). In
Wahrheit macht die Beschwerde damit lediglich geltend, der Verwaltungsge-
richtshof hätte aus der Dachform des genannten Gebäudes andere rechtliche
Schlussfolgerungen ziehen sollen, als er es getan hat. Damit kann eine Verfah-
rensrüge jedoch nicht begründet werden.
2. Die Rüge, der Verwaltungsgerichtshof habe im Hinblick auf denselben Sach-
verhalt das rechtliche Gehör der Klägerin verletzt, ist ebenfalls nicht begründet.
Mit dem Einwand der Klägerin, die Umbauverfügung verstoße gegen den
Gleichheitsgrundsatz, hat sich der Verwaltungsgerichtshof auseinander gesetzt.
Dabei behandelt er ein von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung ange-
sprochenes Wohnhaus (UA S. 23). Demgegenüber war das von der Klägerin in
der Beschwerde besonders herausgestellte mit einem Pultdach errichtete
Wohnhaus für den Verwaltungsgerichtshof auf der Grundlage seiner
Rechtsauffassung ersichtlich nicht von Gewicht; maßgeblich war die „strikte
Ablehnungspraxis für Walmdächer“ (UA S. 23). Daher durfte er davon absehen,
auf dieses Gebäude in seinem Urteil ausdrücklich einzugehen. Mit Angriffen auf
die Rechtsauffassung lässt sich ein Gehörsverstoß nicht begründen.
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Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 133 Abs. 5 Satz 2
VwGO ab, da sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizu-
tragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestset-
zung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Prof. Dr. Rubel
Dr. Jannasch
Dr. Bumke
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