Urteil des BVerwG vom 02.10.2007

Verkehrsauffassung, Werkstatt, Bestätigung, Brand

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 B 39.07
VGH 26 B 05.3141
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 2. Oktober 2007
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rojahn und
Dr. Jannasch sowie die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp
beschlossen:
Die Beschwerde der Beigeladenen gegen die Nichtzulas-
sung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwal-
tungsgerichtshofs vom 21. Juni 2007 wird zurückgewie-
sen.
Die Beigeladenen tragen als Gesamtschuldner die Kosten
des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 7 500 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf den Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Be-
schwerde bleibt ohne Erfolg. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Be-
deutung, die ihr die Beigeladenen beimessen.
Die Frage, wie lange eine aufgegebene Nutzung nachprägend für den Gebiets-
charakter eines unbeplanten Innenbereichs im Sinne von § 34 BauGB ist, ver-
leiht der Rechtssache keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung. Sie ist in der
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits geklärt. Ein Altbe-
stand, der vernichtet, oder eine Nutzung, die aufgegebenen worden ist, verliert
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nicht automatisch die prägende Kraft, von der § 34 Abs. 1 BauGB es abhängen
lässt, wie weit der Bezugsrahmen reicht. Die Prägung dauert fort, solange mit
einer Wiederbebauung oder einer Wiederaufnahme der Nutzung zu rechnen ist.
Innerhalb welcher zeitlichen Grenzen Gelegenheit besteht, an die früheren
Verhältnisse wieder anzuknüpfen, richtet sich nach der Verkehrsauffassung
(Urteil vom 27. August 1998 - BVerwG 4 C 5.98 - BRS 60 Nr. 83 ). Da-
von ist auch der Verwaltungsgerichtshof ausgegangen. Zur Bestimmung der
Verkehrsauffassung hat er als Orientierungshilfe das vom Senat zur erleichter-
ten Zulassung der „alsbaldigen Neuerrichtung eines zulässigerweise errichte-
ten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse
zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle“ (§ 35 Abs. 4 Nr. 3
BauGB) entwickelte Zeitmodell (vgl. Urteil vom 18. Mai 1995 - BVerwG 4 C
20.94 - BVerwGE 98, 235 <240>) herangezogen. Dass dagegen keine Einwän-
de bestehen, wenn - wie im Urteil des Verwaltungsgerichtshofs - die Umstände
des jeweiligen Einzelfalles maßgebend bleiben, bedarf ebenfalls nicht der Be-
stätigung in einem Revisionsverfahren. Der Verwaltungsgerichtshof hat in
Rechnung gestellt, dass die weiter vorhandene Bausubstanz des Gebäudes
ihre prägende Wirkung im Sinne einer gewerblichen oder zumindest nicht dem
Wohnen dienenden Nutzung wohl beibehalte; dies hindere aber nicht die Ein-
stufung der näheren Umgebung als allgemeines Wohngebiet, da dort ein nicht
störender, gebietsversorgender Gewerbebetrieb zulässig sei (UA S. 7). Mit der
Aufnahme einer störenden Nutzung - hier als KFZ-Werkstatt - sei etwa acht
Jahre nach Aufgabe der ursprünglichen Nutzung als Landmaschinenwerkstatt
und vier Jahre nach Einstellung der Nutzung als Getränkeauslieferungslager
nicht mehr zu rechnen gewesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO, die
Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Prof. Dr. Rojahn Dr. Jannasch Dr. Philipp
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