Urteil des BVerwG vom 15.04.2003, 4 B 34.03
Akte, Unterlassen, Beweisantrag, Verfahrensmangel
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 B 34.03 OVG 1 L 153/02
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 15. April 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. P a e t o w und die Richter am Bundesverwaltungsgericht H a l a m a und Dr. J a n n a s c h
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen- Anhalt vom 14. November 2002 wird verworfen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
1. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist verspätet eingegangen und
daher als unzulässig zu verwerfen. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist entgegen § 60 Abs. 2 Satz 1
VwGO nicht innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses gestellt worden. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung hinsichtlich dieser Frist kann nicht entsprochen werden. Dies ergibt sich aus Folgendem:
Innerhalb der Monatsfrist für die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 133 Abs. 2 Satz 1 VwGO) ist keine Beschwerdeschrift beim Oberverwaltungsgericht eingegangen. Dagegen ist
am letzten Tag der Zweimonatsfrist (§ 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO)
eine Begründungsschrift vorgelegt worden. Daraufhin hat das
Oberverwaltungsgericht dem Prozessbevollmächtigten des Klägers
per Fax am 19. Februar 2003 mitgeteilt, dass nach Aktenlage
keine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision vorliege. Der erst am 19. März 2003 beim Gericht eingegangene Antrag
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auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist somit verspätet
gewesen. Ob diesem Antrag in der Sache hätte entsprochen werden können, kann dahinstehen. Denn auf jeden Fall bleibt der
Antrag auf Wiedereinsetzung in die Wiedereinsetzungsfrist erfolglos.
Der Kläger hat hierzu vortragen lassen, sein Prozessbevollmächtigter sei am Tage des Eingangs des Hinweises des Gerichts
(Freitag, der 21. März 2003) auswärts gewesen. Am Montag habe
er ab 10:30 Uhr einen Gerichtstermin wahrgenommen und den Vorgang nicht mehr zur Kenntnis genommen. Da sich aus dem Schreiben keine Frist ergeben habe und keine Antwort verlangt worden
sei, seien seine Mitarbeiterinnen davon ausgegangen, dass er
die Akten gesehen und nichts veranlasst habe, und daher die
Akte weggelegt.
Dieses Vorbringen rechtfertigt nicht die Wiedereinsetzung in
den vorigen Stand. Denn der Prozessbevollmächtigte hat nicht
vorgetragen, dass er dafür Sorge getragen hat, dass ein derartiger Vorgang erst weggelegt wird, wenn er dies als Anwalt angeordnet hat. Ein Hinweis des Gerichts, es liege keine Beschwerde vor, muss beim Büro des Prozessbevollmächtigten des
Beschwerdeführers gleichsam die Alarmglocken schrillen lassen
und Anlass zu besonders sorgfältiger Beachtung geben. In einer
derartigen Situation stellt es eine grobe Fehlleistung dar,
die Akte ohne einen Vermerk des Rechtsanwalts wegzulegen. Der
Anwalt hat durch entsprechende organisatorische Vorkehrungen
sicherzustellen, dass dies nicht geschieht. Dafür, dass vorliegend derartige Vorkehrungen getroffen worden wären, ist
nicht ersichtlich oder vorgetragen.
2. Davon abgesehen wäre die Nichtzulassungsbeschwerde auch in
der Sache ohne Erfolg geblieben.
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2.1 Die Rechtssache hat nicht die rechtsgrundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst. Dies setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten
und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des
revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die
allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll. Diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht. Dies gilt auch, soweit sich die Beschwerde auf das "Erfordernis der Rechtssicherheit" und das "Gebot der Verfahrensfairness" beruft.
2.2 Soweit die Beschwerde einen Verstoß gegen die Pflicht zur
Sachaufklärung rügt, wäre sie ebenfalls ohne Erfolg geblieben.
Der insoweit geltend gemachte Verfahrensmangel ist nur dann im
Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO bezeichnet, wenn er sowohl
in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in
seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird. Hinsichtlich des von der Beschwerde behaupteten Aufklärungsmangels hätte dementsprechend substantiiert dargelegt werden müssen, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung
der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären; weiterhin hätte dargelegt werden müssen,
dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, entweder auf die Vornahme
der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt
wird, hingewirkt worden ist oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von
sich aus hätten aufdrängen müssen. Denn die Aufklärungsrüge
stellt kein Mittel dar, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz, vor allem das Unterlassen der
Stellung von Beweisanträgen, zu kompensieren. Lediglich
schriftsätzlich angekündigte Beweisanträge genügen nicht
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(stRspr). Auch diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht
gerecht. Einen Beweisantrag hat der Kläger ausweislich der
Niederschrift in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht nicht gestellt.
Auch soweit die Beschwerde rügt, das Oberverwaltungsgericht
habe bestimmten Sachvortrag nicht gewürdigt, käme eine Zulassung der Revision nicht in Betracht. Der Kläger setzt lediglich seine eigenen rechtlichen Schlussfolgerungen an die Stelle derjenigen des Berufungsgerichts. Damit wird ein Verfahrensfehler nicht aufgezeigt.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 133
Abs. 5 VwGO ab, da sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der
Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 162
Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 14 Abs. 1 und 3,
§ 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Paetow Halama Jannasch
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