Urteil des BVerwG vom 08.02.2002

Sanierung, Versuch, Rüge, Befangenheit

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BESCHLUSS
BVerwG 4 B 3.02 (4 PKH 6.01)
OVG 8 A 10741/01
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 8. Februar 2002
durch den Vorsitzenden Richter Dr. P a e t o w
und die Richter Dr. L e m m e l und G a t z
beschlossen:
Der Antrag des Klägers, ihm Prozesskostenhilfe
zu gewähren und ihm einen Fachanwalt für Ver-
waltungsrecht beizuordnen, wird abgelehnt.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzu-
lassung der Revision in dem Urteil des Ober-
verwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom
31. Oktober 2001 wird zurückgewiesen.
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Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdever-
fahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das
Beschwerdeverfahren auf 4 090 Euro (früher:
8 000 DM) festgesetzt.
G r ü n d e :
I.
Der Kläger begehrt, die Beklagte zur Gewährung weiterer För-
dermittel für die Kosten von Modernisierungsmaßnahmen an dem
Haus ... in Mainz zu verpflichten. Das Verwaltungsgericht hat
die Klage als unzulässig abgewiesen, weil der Kläger nicht
prozessfähig sei. Die Berufung blieb erfolglos. Auch das Beru-
fungsgericht hatte erhebliche Zweifel daran, dass der Kläger
- zumindest in den im Zusammenhang mit dem Anwesen ... stehen-
den Angelegenheiten - geschäftsfähig sei. Da diese Zweifel
nicht hätten ausgeräumt werden können, weil der Kläger eine
für eine erforderliche weitere Begutachtung notwendige Unter-
suchung ablehne, sei die Klage zu Recht als unzulässig abge-
wiesen worden.
Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich der Kläger
mit einem von ihm selbst gestellten (GA Bl. 1263 ff.) und von
seinem Prozessbevollmächtigten schriftsätzlich wiederholten
(Schriftsatz vom 27. November 2001 ; vgl. auch
den Schriftsatz vom 20. Dezember 2001 ) An-
trag, ihm Prozesskostenhilfe für das Nichtzulassungsbeschwer-
deverfahren zu gewähren und ihm einen Fachanwalt in verwal-
tungsrechtlichen Dingen beizuordnen. Ferner legt der Kläger
mit dem Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 27. No-
vember 2001 (GA Bl. 1356) Beschwerde gegen die Nichtzulassung
der Revision ein.
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II.
1. Über die Anträge des Klägers kann der Senat in seiner im
Geschäftsverteilungsplan vorgesehenen Besetzung entscheiden.
Zwar hat der Kläger mit Schreiben vom 29. Januar 2002 neben
den anderen Mitgliedern des 4. Senates auch die unterzeichnen-
den Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.
Gleichwohl dürfen diese Richter an der Entscheidung mitwirken;
denn nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungs-
gerichts dürfen abgelehnte Richter über das Ablehnungsgesuch
selbst entscheiden, wenn sich dieses als offensichtlich miss-
bräuchlich darstellt (BVerwG, Beschluss vom 7. August 1997
- BVerwG 11 B 18.97 - Buchholz 310 § 54 VwGO Nr. 57, m.w.N.).
Hinsichtlich des Vorsitzenden Richters und des Berichterstat-
ters trägt der Kläger mit seinem Schreiben vom 29. Januar 2002
nichts vor, was nicht bereits in seinen Schreiben vom 7. und
vom 12. Januar 2002 enthalten war. Insoweit ist sein Ableh-
nungsgesuch jedoch bereits mit Beschluss vom 21. Januar 2002
zurückgewiesen worden. Die Besorgnis der Befangenheit des
dritten Richters wird allein mit seiner Mitwirkung an diesem
Beschluss begründet. Der Umstand, dass ein Kläger eine solche
Entscheidung für fehlerhaft hält, ist jedoch nicht geeignet,
einen an ihr beteiligten Richter von der weiteren Mitwirkung
im Verfahren auszuschließen.
2. Dem Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und auf
Beiordnung eines Rechtsanwalts kann nicht stattgegeben werden.
Nach § 166 VwGO in Verbindung mit § 114 ZPO kann Prozesskos-
tenhilfe (einschließlich der Beiordnung eines Rechtsanwalts)
nur gewährt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung
hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Daran fehlt es hier.
Bei der im Rahmen einer Prozesskostenhilfeentscheidung gebote-
nen Prüfung sind keinerlei Gründe erkennbar, die eine Zulas-
sung der Revision auch nur als ernsthaft in Betracht kommend
erscheinen lassen könnten.
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Die Revision kann nur zugelassen werden, wenn einer der Zulas-
sungsgründe des § 132 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO vorliegt. Die
Rechtssache müsste also entweder grundsätzliche Bedeutung ha-
ben (Nr. 1), das Urteil müsste von einer Entscheidung des Bun-
desverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten
Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts ab-
weichen und auf dieser Abweichung beruhen (Nr. 2) oder es
müsste ein Verfahrensmangel vorliegen, auf dem das Berufungs-
urteil beruhen kann (Nr. 3). Der Zulassungsgrund müsste im
Hinblick auf die Verneinung der Zulässigkeit der Klage wegen
fehlender Prozessfähigkeit des Klägers bestehen. Denn das Be-
rufungsgericht hat die Klage als unzulässig angesehen; über
die Frage, ob dem Kläger die beanspruchten weiteren Fördermit-
tel zustehen, ist nicht entschieden worden. Entscheidungstra-
gend hat das Berufungsgericht darauf abgestellt, dass der Klä-
ger zumindest für Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit der
Sanierung des Hauses ... als nicht prozessfähig anzusehen sei.
Auch im Beschwerdeverfahren und gegebenenfalls in einem Revi-
sionsverfahren könnte es nur um die Frage der Prozessfähigkeit
des Klägers gehen. Soweit sich der Kläger zur Berechtigung
seiner Forderung äußert, ist sein Vortrag deshalb im vorlie-
genden Prozesskostenhilfe- und Beschwerdeverfahren unbeacht-
lich. Hinsichtlich der Prozessfähigkeit enthalten die vom Klä-
ger selbst zur Begründung seines Prozesskostenhilfeantrags ge-
fertigten Schreiben jedoch keinen Vortrag, der sich von einem
Rechtsanwalt in Erfolg versprechende Zulassungsrügen im ge-
nannten Sinne umsetzen ließe. Und auch die Schriftsätze seines
Prozessbevollmächtigten rechtfertigen die Gewährung von Pro-
zesskostenhilfe nicht, weil die in ihnen angesprochenen Grund-
satzfragen bereits geklärt sind.
a) Der Kläger wendet sich vor allem dagegen, dass das Beru-
fungsgericht seine Entscheidung auf das Gutachten des Sachver-
ständigen Prof. Dr. G. vom 16. März 1998 (GA Bl. 38 ff.) ge-
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stützt habe. Mit seinem Vortrag, er habe das Gutachten als ein
"Betrugs-, Fälschungs-, Rufmord- und Verleumdungsprodukt", als
"verbrecherisches Machwerk" "entlarvt" (Schreiben vom
23. Dezember 2001, S. 4 ), macht er sinngemäß
geltend, das Berufungsgericht habe dieses Gutachten nicht für
seine Entscheidung über die Prozessfähigkeit des Klägers he-
ranziehen dürfen. Diese Rüge mag als Verfahrensrüge gemäß
§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zulässig sein; sie ist jedoch unbe-
gründet. Dem Verwaltungsgericht Mainz lag das im Auftrag des
Landgerichts Mainz erstellte Gutachten vor (GA Bl. 15). Aus
ihm ergaben sich Bedenken gegen die Prozessfähigkeit des Klä-
gers. Diesen Bedenken musste das Verwaltungsgericht und später
auch das Berufungsgericht nachgehen. Anhaltspunkte für ein
Verwertungsverbot des Gutachtens ergeben sich weder aus dem
Vortrag des Klägers, noch sind sie sonst ersichtlich.
Eine andere Frage ist, in welcher Weise das Gutachten verwer-
tet werden durfte. Der Kläger irrt jedoch, wenn er offenbar
meint, das Berufungsgericht sei in vollem Umfang dem Gutachten
G. (und B.) gefolgt. Das Berufungsgericht stimmt der Beurtei-
lung des Verwaltungsgerichts insoweit zu, als es meint, die
auf der Grundlage von Akten erstellten Gutachten hätten "vie-
les an Plausibilität" für sich. Es führt aber selbst weiter
aus, die Begutachtungen beruhten nicht auf persönlichen Unter-
suchungen, ihnen hafteten daher gewisse Unsicherheiten an (Be-
rufungsurteil S. 9). Auch sonst geht das Berufungsgericht auf
die Einwände des Klägers gegen das Gutachten ein, würdigt sie
und gelangt zu einem eigenen Urteil. Während der Sachverstän-
dige Prof. Dr. G. in seinem Gutachten die Prozessfähigkeit des
Klägers verneint, äußert das Berufungsgericht zusammenfassend
lediglich "erhebliche Zweifel" an der Prozessfähigkeit (Beru-
fungsurteil S. 15). Irgendwelche Verfahrensfehler im Zusammen-
hang mit der Verwertung des Gutachtens G., die eine Zulassung
der Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO rechtfertigen könn-
ten, sind nicht erkennbar.
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b) Der Kläger macht weiter geltend, die Beauftragung eines
weiteren Sachverständigen durch das Verwaltungsgericht nach
der Begutachtung durch Prof. Dr. G. und Prof. Dr. Bo. sei
"überflüssig" gewesen und hätte keine neuen Erkenntnisse brin-
gen können (Schreiben vom 10. November 2001, S. 5
Bl. 1267> und Schreiben vom 14. November 2001, S. 3
Bl. 1321>). Sollte der Kläger hiermit vortragen wollen, das
Gutachten des Prof. Dr. B. vom 10. Oktober 2000 (GA
Bl. 716 ff.) hätte weder eingeholt noch verwertet werden dür-
fen, so irrt er. Nach § 412 Abs. 1 ZPO (i.V.m. § 98 VwGO) kann
das Gericht eine neue Begutachtung anordnen, wenn es ein be-
reits erstattetes Gutachten für ungenügend erachtet. Von die-
ser Möglichkeit hat das Verwaltungsgericht Gebrauch gemacht
(vgl. die Verfügung vom 16. Mai 2000 und den Be-
weisbeschluss vom 15. September 2000 ). Es hat-
te hierzu auch Anlass, denn die ihm bereits vorliegenden Gut-
achten von Prof. Dr. G. einerseits und von Prof. Dr. Bo. (vom
15. November 1999 <- 2 L 1309/99.MZ - Bl. 27 ff.>, mit Zusatz-
gutachten von Prof. Dr. Bo. und Dr. R. vom 12. November 1999
) andererseits waren zu unvereinbaren Er-
gebnissen gekommen. Ob es möglich gewesen wäre, über die Pro-
zessfähigkeit des Klägers auch ohne die Beauftragung eines
weiteren Sachverständigen zu entscheiden - etwa durch Einho-
lung eines Zusatzgutachtens des Prof. Dr. Bo., wie der Kläger
meint (Schreiben vom 23. Dezember 2001, S. 5 ) -,
kann offen bleiben. Denn es war jedenfalls prozessual zulässig
(und sinnvoll), mit Hilfe eines bisher unbeteiligten Sachver-
ständigen den Versuch einer Klärung zu unternehmen.
c) Der Kläger wendet sich dagegen, dass das Berufungsgericht
versucht habe, ein weiteres Gutachten einzuholen. Er meint,
nach der Begutachtung durch Prof. Dr. Bo. und Dr. R. seien
keine weiteren Erkenntnisse mehr zu gewinnen gewesen (Schrei-
ben vom 14. November 2001, S. 3 ). Soweit der
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Kläger hiermit das Verfahren des Berufungsgerichts angreift,
ist seine Kritik unbegründet. Nachdem der Sachverständige
Prof. Dr. B. in Kenntnis der gegenteiligen Beurteilung durch
Prof. Dr. Bo. in seinem Gutachten zu dem Ergebnis gekommen
war, dass sich der Kläger zumindest im Hinblick auf das The-
mengebiet des anhängigen Klageverfahrens in einem Zustand be-
finde, der seine freie Willensbestimmung wegen einer krankhaf-
ten Störung seiner Geistestätigkeit aufgrund eines paranoi-
schen Querulantenwahns ausschließe, war keineswegs gesichert,
dass der Kläger geschäfts- und prozessfähig sei. Vielmehr
durfte das Berufungsgericht einen (letzten) Versuch machen,
durch Einholung eines weiteren Gutachtens eine bessere Grund-
lage für seine eigene Entscheidung zu gewinnen. Sollte der
Kläger meinen, durch das Gutachten des Prof. Dr. Bo. sei seine
Prozessfähigkeit bereits abschließend im positiven Sinne ge-
klärt, so kann ihm auch darin nicht gefolgt werden. Über die
Frage der Prozessfähigkeit einer Partei entscheidet nicht der
medizinische Sachverständige, sondern das Gericht nach seiner
freien Überzeugung in Würdigung des gesamten Prozessstoffs
(BVerwG, Beschluss vom 26. Januar 1988 - BVerwG 5 B 123.86 -
Buchholz 310 § 62 VwGO Nr. 20). Andere Gründe, die gegen die
Zulässigkeit der Beauftragung des Sachverständigen Dr. D. ge-
mäß § 412 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 98 VwGO sprechen könnten, sind
nicht ersichtlich. Entgegen der Auffassung des Klägers
(Schreiben vom 10. November 2001, ) wird mit der
Frage, ob sich der Kläger allgemein oder hinsichtlich des Ge-
genstandes des Gerichtsverfahrens dauerhaft in einem die freie
Willensbestimmung ausschließenden Zustands krankhafter Störung
der Geistestätigkeit befinde (Beweisbeschluss vom 2. Juli 2001
), das Beweisthema deutlich beschrieben; im
Übrigen konnte über das Beweisthema kein Zweifel bestehen,
nachdem es auch in den bereits vorliegenden drei Gutachten der
Sache nach um die Prozessfähigkeit des Klägers ging.
d) Der Kläger meint, es sei ausschließlich seine Entscheidung,
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ob er eine persönliche Untersuchung verweigere oder akzeptie-
re. Aus seiner Weigerung, sich von Dr. D. untersuchen zu las-
sen, dürften keine für ihn negativen Schlüsse gezogen werden
(Schreiben vom 10. November 2001, S. 14 ). Auch
aus diesem Vorbringen ergibt sich kein Verfahrensfehler des
Berufungsgerichts. Es werden auch keine Fragen aufgeworfen,
die Gegenstand einer durchgreifenden Grundsatzrüge gemäß § 132
Abs. 2 Nr. 1 VwGO sein könnten.
Richtig mag sein, dass der Kläger nicht gezwungen werden konn-
te, sich gegen seinen Willen auf seinen Geisteszustand unter-
suchen zu lassen (vgl. Wieczorek, ZPO, 2. Aufl. 1976 § 56
Anm. A III b). Das Berufungsgericht hat insoweit aber auch
keinen Zwang auf den Kläger ausgeübt. Das bedeutet jedoch
nicht, dass es dem Gericht auch verwehrt war, aus der Weige-
rung, sich untersuchen zu lassen, Schlüsse zu ziehen. Dabei
kann offen bleiben, ob es zulässig wäre, einen Verfahrensbe-
teiligten schon allein deshalb als prozessunfähig anzusehen,
weil nicht klärbare Zweifel an seiner Prozessfähigkeit beste-
hen, wie es der Bundesgerichtshof annimmt (vgl. Thomas/Putzo,
ZPO, 23. Aufl. 2001, § 52 Rn. 8, mit Nachweisen; a.A.
Musielak, NJW 1997, 1736). In der Rechtsprechung des Bundes-
verwaltungsgerichts geklärt und - soweit ersichtlich - im
Schrifttum nicht bestritten ist jedenfalls, dass die Weigerung
eines Klägers, sich einer ärztlichen Untersuchung zu unterzie-
hen, zu seinen Ungunsten gewertet werden darf, wenn alle übri-
gen Möglichkeiten zur Überprüfung der Prozessfähigkeit - zu
denen auch der persönliche Eindruck des Gerichts von dem Klä-
ger gehört - erschöpft sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Janu-
ar 1963 - BVerwG 4 C 137.62 - Buchholz 310 § 62 VwGO Nr. 5).
Im vorliegenden Fall lagen sich widersprechende Sachverständi-
gengutachten vor, die eine weitere Begutachtung als geboten
erschienen ließen. Die neue Begutachtung musste einerseits die
bereits erstatteten Gutachten und die dem Berufungsgericht
vorliegenden schriftlichen Äußerungen des Klägers berücksich-
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tigen; sie musste andererseits auch eine persönliche Untersu-
chung des Klägers umfassen, weil nur so die unterschiedlichen
Beurteilungen der Sachverständigen überprüft werden konnten.
Der Kläger hatte sich aber im ersten Rechtszug geweigert, sich
von dem Sachverständigen Prof. Dr. B. untersuchen zu lassen.
Und im zweiten Rechtszug hat er diese Weigerung gegenüber dem
Sachverständigen Dr. D. wiederholt, obwohl er von der Bericht-
erstatterin mit Schreiben vom 10. August 2001 (GA Bl. 1098 c)
noch einmal gebeten worden war, im "eigenen wohlverstandenen
Interesse" den Untersuchungstermin wahrzunehmen. Unter diesen
Umständen durfte das Berufungsgericht davon ausgehen, dass
weitere Mittel zur Überwindung seiner erheblichen Zweifel an
der Prozessfähigkeit des Klägers nicht gegeben seien, und ihn
deshalb zumindest für Verfahren im Zusammenhang mit der Sanie-
rung des Hauses ... als prozessunfähig ansehen.
e) Der Kläger beruft sich auf den Beschluss des Bundessozial-
gerichts vom 8. November 2001 - B 11 AL 197/01 B - (GA
Bl. 1322 ff.), in dem ausgeführt werde, das Landessozialge-
richt habe davon ausgehen können, dass keine vernünftigen
Zweifel an der Prozessfähigheit des Klägers beständen (Schrei-
ben vom 14. November 2001 ). Dem Kläger ist zu-
zugeben, dass die unterschiedliche Beurteilung seiner
Prozessfähigkeit durch das Landessozialgericht (und das
Bundessozialgericht) und durch das Oberverwaltungsgericht auf
den ersten Blick befremdet. Für die Frage, ob im vorliegenden
Verfahren die Revision zuzulassen ist, ergeben sich daraus
aber keine Folgerungen, weil die divergierende Bewertung der
Prozessfähigkeit durch verschiedene Gerichte allein keinen
Zulassungsgrund gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO darstellt.
Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit dem Ziel, einem
Rechtsanwalt die Möglichkeit zu dem Versuch zu geben, wegen
dieser Diskrepanz eine zulässige Rüge zu formulieren, kommt
aber vor allem deshalb nicht in Betracht, weil die Beurteilun-
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gen der Prozessfähigkeit nur scheinbar widersprüchlich sind.
Das Bundessozialgericht stellt nämlich keineswegs fest, dass
der Kläger prozessfähig sei. Vielmehr sagt es nur, das Landes-
sozialgericht habe unter Auswertung des Gutachtens von
Prof. Dr. Bo. davon ausgehen können, dass keine vernünftigen
Zweifel an der Prozessfähigkeit des Klägers beständen (Be-
schluss, S. 2 ). Das Landessozialgericht ist je-
doch von einer anderen Tatsachenlage ausgegangen als das Ober-
verwaltungsgericht. Dem Landessozialgericht war das Gutachten
von Prof. Dr. B. mit seiner Kritik am Gutachten des
Prof. Dr. Bo. nicht bekannt; denn ihm lagen nur die Gutachten
von Prof. Dr. G. und Prof. Dr. Bo. vor, wie sich aus seinem
Urteil vom 26. Juli 2001 ergibt (GA Bl. 1180 b ff.
S. 5 f.>). Andererseits beschränkt das Oberverwaltungsgericht
seine erheblichen Zweifel an der Prozessfähigkeit des Klägers
auf Rechtsstreite, die im Zusammenhang mit der Sanierung des
Hauses ... stehen. Insoweit berücksichtigt das Oberverwal-
tungsgericht - zu Recht - auch den umfangreichen Vortrag des
Klägers im vorliegenden Rechtsstreit und leitet seine Zweifel
auch aus der Art seiner Argumentation ab. Die Annahme der So-
zialgerichte, es hätten keine vernünftigen Zweifel an der Pro-
zessfähigkeit des Klägers in dem - für ihn vergleichsweise we-
niger wichtigen - Rechtsstreit um Gewährung einer höheren Ar-
beitslosenhilfe bestanden, steht deshalb nicht im Widerspruch
zu der Wertung des Oberverwaltungsgerichts, dass der Kläger im
Hinblick auf den ihn seit fast zwanzig Jahren existenziell be-
schäftigenden Rechtsstreit um Fördermittel für die Sanierung
des Hauses ... nicht prozessfähig sein dürfte.
f) Keine hinreichende Erfolgsaussicht hätte schließlich eine
Beschwerde wegen der Weigerung des Berufungsgerichts, dem Klä-
ger einen Prozesspfleger zu bestellen. Insoweit ist weder ein
Verfahrensfehler des Berufungsgerichts erkennbar, noch wirft
seine Entscheidung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 VwGO be-
achtliche materielle Rechtsfragen auf. Zwar ist gemäß § 62
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Abs. 4 VwGO die Bestellung eines Prozesspflegers gemäß § 57
ZPO grundsätzlich auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren
statthaft. Ausnahmsweise kommt sogar in analoger Anwendung des
§ 57 ZPO eine Bestellung für einen Kläger in Betracht. Nach
der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann ein Pro-
zesspfleger aber nur für Anfechtungsklagen (vgl. BVerwGE 23,
15; 30, 24; Beschluss vom 21. August 1979 - BVerwG 7 B
143.77 - Buchholz 310 § 62 VwGO Nr. 14) sowie für Klagen in
Sozialhilfesachen (BVerwGE 25, 36) bestellt werden. Um ein
solches Verfahren handelt es sich hier nicht. Besondere Um-
stände im vorliegenden Einzelfall, die eine Weiterentwicklung
der Rechtsprechung gebieten könnten, ergeben sich weder aus
dem Vortrag des Klägers selbst (Schreiben vom 10. November
2001, S. 14 ) noch aus dem Schriftsatz seines
Prozessbevollmächtigten vom 9. Januar 2002 (S. 5
Bl. 1453>).
g) Wegen der im Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des
Klägers vom 20. Dezember 2001 (GA Bl. 1377 ff. <1379>) aufge-
worfenen Frage, wie Gerichte zu verfahren haben, wenn sie mit
einander widersprechenden Sachverständigengutachten zu tun ha-
ben, deren abschließende Bewertung ihnen aus eigener Sachkunde
nicht möglich sein kann, und zu wessen Lasten es gehen soll,
wenn sich beim Gericht verbleibende Zweifel an der Prozessfä-
higkeit eines Klägers aus eigener Sachkunde des Gerichts nicht
mehr weiter aufklären lassen und die Möglichkeit der Einholung
weiterer sachverständiger Stellungnahmen, und sei es auch auf-
grund Ablehnung des Betroffenen, nicht möglich ist, kommt die
Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Durchführung eines
Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens ebenfalls nicht in Be-
tracht. Denn die mit ihr angesprochenen Probleme sind bereits
rechtsgrundsätzlich geklärt, wie oben unter d. ausgeführt wor-
den ist.
h) Dasselbe gilt für die im Schriftsatz vom 9. Januar 2002 (GA
- 12 -
Bl. 1449 ff.) zum Problem der Beweislastverteilung beim Nach-
weis von Prozessvoraussetzungen aufgeworfenen Fragen. Selbst
wenn man Bedenken gegen die Rechtsauffassung haben wollte,
dass Zweifel an der Prozessfähigkeit eines Verfahrensbeteilig-
ten, die nicht durch weitere Aufklärung überwindbar sind, ge-
nerell dazu führen, ihn als prozessunfähig anzusehen, so gilt
nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung doch jedenfalls
unbedenklich, dass die Verhinderung weiterer Aufklärung durch
die Weigerung des Beteiligten, sich von einem (weiteren) Sach-
verständigen untersuchen zu lassen, zu seinem Nachteil gewer-
tet werden darf. Die weiteren Ausführungen der Beschwerde
hierzu erschöpfen sich in einer von der Würdigung des Beru-
fungsgerichts abweichenden Beurteilung insbesondere der
Schreiben des Klägers; sie sind von vornherein nicht geeignet,
eine über den vorliegenden Einzelfall hinausgehende Frage von
allgemeiner, grundsätzlicher Bedeutung darzulegen.
3. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt
erfolglos.
Der Senat kann über den Prozesskostenhilfeantrag und die Be-
schwerde gleichzeitig entscheiden. Die Beschwerde ist in zu-
lässiger Weise eingelegt worden. Dem anwaltlichen Schriftsatz
vom 27. November 2001 (GA Bl. 1356) kann nicht entnommen wer-
den, dass die Beschwerde etwa nur für den Fall der Bewilligung
der Prozesskostenhilfe angekündigt werden solle; vielmehr ist
die Beschwerde ohne jede Einschränkung oder Bedingung einge-
legt worden. Einen Anspruch darauf, dass zunächst über den
Prozesskostenhilfeantrag und erst dann über die Beschwerde
entschieden wird, hat der Kläger nicht. Eine Benachteiligung
gegenüber einem Beschwerdeführer, der die Kosten der Prozess-
führung selbst tragen kann, liegt darin nicht. Denn wenn über
den Prozesskostenhilfeantrag erst nach Ablauf der Beschwerde-
oder Beschwerdebegründungsfrist entschieden wird, ist Wieder-
einsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn Prozesskos-
- 13 -
tenhilfe gewährt wird. Wird sie dagegen versagt, so besteht
kein Anlass, die Entscheidung über eine unabhängig vom Pro-
zesskostenhilfeantrag eingelegte Beschwerde zurückzustellen.
Die Beschwerdesache ist auch entscheidungsreif. Die Beschwerde
ist mit den Schriftsätzen vom 20. Dezember 2001 und vom 9. Ja-
nuar 2002 korrekt begründet worden. Der Senat unterstellt da-
bei zugunsten des Klägers, dass der Schriftsatz vom 9. Januar
2002 - wie auf S. 1 (GA Bl. 1449) angegeben - vorab per Tele-
fax noch am selben Tage innerhalb der Beschwerdebegründungs-
frist des § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO beim Berufungsgericht ein-
gegangen ist. Eine weitere Begründung der Beschwerde ist nach
Fristablauf rechtlich ausgeschlossen.
Soweit die Beschwerde den Anforderungen des § 133 Abs. 3
Satz 3 VwGO an die Darlegung der Zulassungsgründe genügt, ist
sie unbegründet. Auf die Ausführungen zu 2 g, h und f wird Be-
zug genommen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Den Wert
des Streitgegenstandes setzt der Senat gemäß § 14 Abs. 1
und 3, § 13 Abs. 1, § 73 Abs. 1 GKG fest.
Paetow Lemmel Gatz