Urteil des BVerwG vom 12.07.2007

Einkaufszentrum, Werbung, Bestandteil, Rüge

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 B 29.07
OVG 1 KO 1127/03
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 12. Juli 2007
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rojahn, Gatz und
Dr. Jannasch
beschlossen:
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der
Revision in dem Urteil des Thüringer Oberverwaltungsge-
richts vom 17. April 2007 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des
Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 374 266 € festgesetzt.
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G r ü n d e :
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen. Der Revi-
sionszulassungsgrund der Abweichung liegt nicht vor. Die Vorinstanz hat keinen
Rechtssatz aufgestellt, der einem Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts
widerspricht.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist ein Einkaufszentrum im Sinne des § 11
Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauNVO anzunehmen, wenn Einzelhandelsbetriebe ver-
schiedener Art und Größe räumlich konzentriert werden und die einzelnen Be-
triebe aus der Sicht der Kunden als aufeinander bezogen, als durch ein räumli-
ches Konzept und durch Kooperation miteinander verbunden in Erscheinung
treten. Dies entspricht der Definition des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil
vom 1. August 2002 - BVerwG 4 C 5.01 - (BVerwGE 117, 25 <34>). Entgegen
der Darstellung der Beschwerde hat das Berufungsgericht im Rahmen der
Subsumtion dem Begriff des Einkaufszentrums keinen davon abweichenden
Inhalt beigelegt. Es hat nämlich nicht allein darauf abgestellt, dass die geplan-
ten Einzelhandelsbetriebe in den Gebäuden G 1 bis G 3 zusammengefasst
werden, sondern auch ins Feld geführt, dass die Gebäude durch einen ge-
meinsamen Verbindungsgang miteinander vernetzt werden sollen, in dem Mit-
telgebäude G 2 eine „räumliche Mitte“ für den gesamten Komplex geschaffen
werden soll und gemeinsame Stellplätze vorgesehen sind. Dass es den Cha-
rakter des zur Beurteilung gestellten Vorhabens als Einkaufszentrum nicht des-
halb verneint hat, weil weder eine gemeinsame Verwaltung des Gewerbeparks
noch eine gemeinsame Werbung vorgesehen ist, bedeutet keine Abkehr von
den Entscheidungen des Senats vom 27. April 1990 - BVerwG 4 C 16.87 -
(BRS 50 Nr. 67) und vom 15. Februar 1995 - BVerwG 4 B 84.94 - (juris). In bei-
den Entscheidungen wird eine gemeinsame Werbung oder eine verbindende
Sammelbezeichnung als Beispiel dafür genannt, in welcher Weise sich die
Verbundenheit von Betrieben zu einem Einkaufszentrum dokumentieren kann.
Zwingende Voraussetzungen für ein Einkaufszentrum sind die Merkmale nicht.
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Die Beschwerde legt auch nicht dar, dass das Berufungsurteil von Rechtssät-
zen abweicht, die das Bundesverwaltungsgericht in seinen Entscheidungen
vom 23. Mai 1986 - BVerwG 4 C 34.85 - (BRS 46 Nr. 176), vom 11. Februar
1993 - BVerwG 4 C 15.92 - (BRS 55 Nr. 174) und vom 21. Juni 1996 - BVerwG
4 B 84.96 - (BRS 58 Nr. 83) formuliert hat. Die Beschwerde entnimmt den Ent-
scheidungen zu den Tatbestandsmerkmalen „Art und Maß der baulichen Nut-
zung, Bauweise und zu überbauende Gründstücksfläche“ des § 34 Abs. 1
BauGB den Rechtssatz, dass es sich bei ihnen um städtebaulich relevante und
nicht um bauordnungsrechtliche Kriterien handelt. Die von ihr beanstandete
Würdigung des Berufungsgerichts, der westlich der Bundesstraße 4 gelegene
„Marktkauf“ sei nicht Teil der maßgebenden Umgebung, betrifft diese Tatbe-
standsmerkmale jedoch nicht. Sie ist im Rahmen der Prüfung erfolgt, ob der
Komplex des Marktkaufs Bestandteil der näheren Umgebung ist, in das sich
das geplante Vorhaben gemäß § 34 Abs. 1 BauGB nach Art und Maß der bau-
lichen Nutzung, Bauweise und zu überbauende Gründstücksfläche einfügen
muss. Im Übrigen handelt es sich bei der vom Berufungsgericht herangezoge-
nen „deutlich anderen Bau- und Nutzungsstruktur“ (UA S. 13) ersichtlich um ein
städtebauliches Kriterium.
2. Die Revision ist auch nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen Verfah-
rensmängeln zuzulassen. Die Rüge, das Gericht habe seine Pflicht zur Klärung
des Sachverhalts (§ 86 Abs. 1 VwGO) verletzt, genügt nicht den Anforderungen
des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Die Beschwerde scheitert schon daran, dass
sie nicht darlegt, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungs-
maßnahmen das Berufungsgericht über die von ihm durchgeführte Ortsbesich-
tigung hinaus hätte ergreifen müssen. Ihr Vorbringen erschöpft sich in einer
Kritik an der vorinstanzlichen Beweiswürdigung. Damit ist ein Aufklärungsman-
gel nicht dargetan.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO und die
Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Prof. Dr. Rojahn Gatz Dr. Jannasch
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