Urteil des BVerwG vom 24.07.2014

Aufwand, Versicherung, Beweisantrag, Vertretener

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 B 28.14
OVG 2 B 8.12
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 24. Juli 2014
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Decker und Dr. Külpmann
beschlossen:
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Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts
Berlin-Brandenburg vom 13. März 2014 wird zurückgewie-
sen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 2 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Er-
folg.
1. Die Beschwerde sieht grundsätzlichen Klärungsbedarf hinsichtlich der Frage,
ob § 24 VwVfG im Falle formell illegaler baulicher Anla-
gen, deren materielle Baurechtmäßigkeit vom Zeitpunkt
ihrer Errichtung abhängt, neben der Aktenauswertung von
der Behörde noch weitere umfangreiche und zeitaufwän-
dige Aufklärungsaktivitäten verlangt, bejahendenfalls, wel-
che.
Dies führt nicht zur Zulassung der Revision. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne
von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache dann, wenn in dem ange-
strebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklär-
ten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zu Grunde liegenden Einzel-
fall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen
Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist
(stRspr; Beschluss vom 9. April 2014 - BVerwG 4 BN 3.14 - ZfBR 2014, 479
Rn. 2).
Das angegriffene Urteil wirft die von der Beschwerde formulierte Rechtsfrage
nicht auf. Das Oberverwaltungsgericht hat geprüft, ob die Beklagte gegen Art. 3
Abs. 1 GG verstoßen hat, weil sie gegen andere in Walmflächen vorhandene
Gauben bisher nicht vorgegangen ist, deren Errichtungszeitpunkt unbekannt ist.
Es hat einen Verstoß verneint und einen sachlichen Grund für die Ungleichbe-
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handlung in dem in den anderen Fällen erforderlichen weitergehenden Ermitt-
lungsaufwand zur Feststellung eines möglichen Bestandsschutzes gesehen
(UA S. 7). Damit formuliert es keinen Rechtssatz zu den Ermittlungspflichten
aus § 24 Abs. 1 und 2 VwVfG, sondern schätzt den tatsächlichen Verwaltungs-
aufwand prognostisch ein. Hiervon geht im Ergebnis auch die Beschwerde aus,
die mit ihrer Verfahrensrüge geltend macht, das Oberverwaltungsgericht hätte
den konkret erforderlichen Aufwand aufklären müssen.
2. Die Verfahrensrüge nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO führt ebenfalls nicht zur
Zulassung der Revision. Das Oberverwaltungsgericht hat seine Pflicht zur
Sachaufklärung aus § 86 Abs. 1 VwGO nicht dadurch verletzt, dass es eine
weitere Aufklärung zum erforderlichen Ermittlungsaufwand und zur Entwicklung
der Personalsituation bei der Beklagten unterlassen hat.
Nach ständiger Rechtsprechung verletzt ein Tatsachengericht seine Pflicht zur
erschöpfenden Sachaufklärung nicht, wenn es von einer Beweiserhebung ab-
sieht, die - wie hier - ein anwaltlich vertretener Beteiligter nicht ausdrücklich be-
antragt hat (stRspr, Beschlüsse vom 20. Dezember 2012 - BVerwG 4 B 20.12 -
BRS 79 Nr. 73 Rn. 6 und vom 10. März 2014 - BVerwG 4 B 45.13 - Rn. 5). Et-
was Anderes gilt nur dann, wenn sich dem Tatsachengericht auch ohne aus-
drücklichen Beweisantrag eine weitere Sachverhaltsermittlung hätte aufdrängen
müssen (stRspr, Beschluss vom 10. Oktober 2013 - BVerwG 4 BN 36.13 -
BauR 2014, 57 Rn. 14). Maßgebend ist dabei der materiell-rechtliche Stand-
punkt des Tatsachengerichts, auch wenn dieser rechtlichen Bedenken begeg-
nen sollte (Urteil vom 14. Januar 1998 - BVerwG 11 C 11.96 - BVerwGE 106,
115 <119>, Beschlüsse vom 25. Januar 2005 - BVerwG 9 B 38.04 - NVwZ
2005, 447 <449> und vom 20. Dezember 2010 - BVerwG 5 B 38.10 - juris
Rn. 18).
Soweit die Klägerin eine weitere Aufklärung zur Entwicklung der Personalsitua-
tion vermisst, verkennt sie den allein maßgeblichen Rechtsstandpunkt des
Oberverwaltungsgerichts, auf dessen materiell-rechtliche Richtigkeit es in die-
sem Zusammenhang nicht ankommt. Es hat als sachlichen Grund für das Vor-
gehen der Behörde auf die Versicherung der Beklagten verwiesen, diese werde
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andere Fälle bearbeiten, sobald die Personalsituation dies zulasse. Ob und ggf.
in welchem Zeitrahmen mit einer Verbesserung dieser Situation zu rechnen
sein könnte, war von diesem materiellen Standpunkt aus nicht erheblich.
Dem Oberverwaltungsgericht musste sich - von seinem materiellen Standpunkt
aus - zum zu erwartenden Verwaltungsaufwand keine weitere Sachaufklärung
aufdrängen. Der zu erwartende Verwaltungsaufwand selbst ist kein tauglicher
Gegenstand des geforderten Zeugenbeweises. Die Klägerin benennt auch kei-
ne Anhaltspunkte dafür und solche sind auch nicht ersichtlich, dass die Ein-
schätzung der zuständigen Stadträtin des Bezirks T… zu diesem Aufwand von
der dem Oberverwaltungsgericht bekannten Einschätzung des Bezirksamtes
abweichen könnte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestset-
zung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Prof. Dr. Rubel
Dr. Decker
Dr. Külpmann
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