Urteil des BVerwG vom 24.09.2009

Befreiung, Ermessensfehler

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 B 27.09
OVG 10 A 3001/07
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 24. September 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gatz
und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bumke
beschlossen:
Die Beschwerde der Beigeladenen gegen die
Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des
Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-
Westfalen vom 17. Dezember 2008 wird zurück-
gewiesen.
Die Beigeladene trägt die Kosten des Beschwerde-
verfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5 000 €
festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
Die von der Beigeladenen als grundsätzlich klärungsbedürftig aufgeworfene Fra-
ge,
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ob der Zulassung einer Mobilfunkanlage in einem
reinen Wohngebiet im Wege der Befreiung nach
§ 31 Abs. 2 BauGB die „Grundzüge der Planung“
regelhaft entgegenstehen können, wenn unter Be-
achtung der Grundentscheidung des Verordnungs-
gebers zu § 14 Abs. 2 Satz 2 BauNVO 1990 das
Vorliegen der Befreiungsalternative „Wohl der All-
gemeinheit“ i.S.d. § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB zu be-
jahen wäre,
stellt sich ebenso wenig wie die weitere Grundsatzrüge, mit der die Beigeladene
- unter Bezugnahme auf divergierende Rechtsprechung des 7. Senats des Beru-
fungsgerichts - die Bedeutung der „optischen Auswirkungen“ bei der Prüfung der
Befreiungsvoraussetzungen thematisiert.
Das Berufungsgericht hat zwar ausführlich dargelegt, unter welchen Vorausset-
zungen eine Befreiung von den Festsetzungen des aus dem Jahr 1980 stam-
menden Bebauungsplans gemäß § 31 Abs. 2 BauGB erteilt werden könnte (UA
S. 15 - 19). Es hat jedoch letztlich dahin gestellt sein lassen, ob das Vorhaben
Grundzüge der Planung berührt (UA S. 15, 20) und entscheidungstragend allein
darauf abgestellt, dass die der Beigeladenen erteilte Befreiung an einem Ermes-
sensfehler leide. Eine Ermessensentscheidung könne auch dann ohne Rechts-
fehler zu Ungunsten eines Bauherrn getroffen werden, wenn Grundzüge der Pla-
nung nicht berührt seien. Der Beklagte bzw. die Widerspruchsbehörde hätten das
ihnen eingeräumte Ermessen nicht ausgeübt (UA S. 20 - 22). Die Grundsatzrüge
geht damit ins Leere. Die Frage, wann die „Grundzüge der Planung“ i.S.d. § 31
Abs. 2 BauGB berührt sind (Beschwerdebegründung S. 5 - 12), ist ebenso wenig
entscheidungserheblich wie die Frage der „optischen Auswirkungen“ (Beschwer-
debegründung S. 12 - 15). Entgegen der Auffassung der Beigeladenen hat das
Berufungsgericht im vorliegenden Fall gerade keine „Mehrfachbegründung“ ge-
geben. Insofern stellt sich auch die von der Beigeladenen aufgeworfene Frage, ob
bei einem mehrfach begründeten Urteil immer im Hinblick auf jede der tragenden
Begründungen ein Zulassungsgrund gegeben sein muss (Beschwerdebegrün-
dung S. 15 - 20), nicht. Zulassungsgründe, die sich auf die Ausführungen des Be-
rufungsgerichts zum Ermessensausfall beziehen, werden nicht dargelegt (§ 133
Abs. 3 Satz 3 VwGO). Soweit die Beigeladene zum Thema „Mehrfachbegrün-
dung“ auch eine Verfahrensrüge geltend macht (Beschwerdebegründung S. 19),
fehlt jegliche Begründung.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung
auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Prof. Dr. Rubel Dr. Gatz Dr. Bumke
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