Urteil des BVerwG vom 29.11.2007

Widerruf, Europäische Kommission, Genehmigung, Flughafen

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 B 22.07
OVG 12 A 2.05
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 29. November 2007
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Paetow
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Gatz und Dr. Jannasch
beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerinnen gegen die Nichtzulas-
sung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungs-
gerichts Berlin-Brandenburg vom 12. Februar 2007 wird
zurückgewiesen.
Die Klägerinnen tragen die Kosten des Beschwerdever-
fahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der
Beigeladenen zu je einem Viertel.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 200 000 € festgesetzt.
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G r ü n d e :
I
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Klage mehrerer Fluggesell-
schaften gegen den Widerruf der gesetzlich fingierten Betriebsgenehmigung für
den Flughafen Tempelhof mit Wirkung zum 31. Oktober 2008. Das Oberverwal-
tungsgericht hat die Klage abgewiesen: Der Beklagte sei berechtigt gewesen,
durch eine konstitutiv wirkende Widerrufsentscheidung die Schließung des
Flughafens zu verfügen. Die angegriffenen Bescheide mit diesem Inhalt bedürf-
ten gegenüber den Klägerinnen keiner Ermächtigungsgrundlage. Sollte eine
Ermächtigungsgrundlage erforderlich sein, ließen sich die Bescheide unmittel-
bar auf § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG, auf § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG analog oder auf
§ 1 Abs. 1 BlnVwVfG i.V.m. § 49 VwVfG stützen. Sie seien mit europarechtli-
chen Vorschriften vereinbar und griffen weder in Grundrechte noch in ein unter-
stelltes Recht der Klägerinnen auf gerechte Abwägung ein.
Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen richtet
sich die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO gestützte Beschwerde der Kläge-
rinnen.
II
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Die
Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Klägerinnen
beimessen.
a) Die Klägerinnen greifen sowohl die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts
an, der verfügte Widerruf der Betriebsgenehmigung für den Flughafen Tempel-
hof bedürfe ihnen gegenüber keiner Ermächtigungsgrundlage, als auch die An-
sicht, für den Fall der Notwendigkeit einer Ermächtigungsgrundlage könne der
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Widerruf auf § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG, § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG analog oder
auf § 1 Abs. 1 BlnVwVfG i.V.m. § 49 VwVfG gestützt werden. Dies geschieht in
der zutreffenden Erkenntnis, dass gegen eine Entscheidung, die auf mehrere
selbständig tragende Begründungen gestützt ist, die Revision nur zugelassen
werden kann, wenn hinsichtlich jeder Begründung ein Zulassungsgrund geltend
gemacht wird und vorliegt.
Zugunsten der Klägerinnen kann sowohl unterstellt werden, dass der Widerruf
einer luftrechtlichen Betriebsgenehmigung auf Antrag des Flughafenunterneh-
mers einer Ermächtigungsgrundlage bedarf, als auch, dass § 1 BlnVwVfG
i.V.m. § 49 VwVfG als alleinige Ermächtigungsgrundlage ausscheidet; denn die
Zulassung der Revision scheitert daran, dass die Rechtsfrage, ob § 6 Abs. 4
Satz 2 LuftVG in unmittelbarer oder analoger Anwendung eine Ermächtigungs-
grundlage zur Schließung eines Verkehrsflughafens durch Widerruf der Be-
triebsgenehmigung darstellt, der Rechtssache nicht die behauptete grundsätzli-
che Bedeutung verleiht. Die Frage lässt sich nämlich auf der Grundlage der
vorhandenen Rechtsprechung und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter
Gesetzesinterpretation schon im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde im
Sinne des Oberverwaltungsgerichts beantworten.
Nach § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG ist die Änderung einer luftrechtlichen Genehmi-
gung erforderlich, wenn die Anlage oder der Betrieb eines Flugplatzes wesent-
lich erweitert oder geändert werden soll. Dem Oberverwaltungsgericht ist darin
beizupflichten, dass sich die Stilllegung des Betriebs eines Flugplatzes als des-
sen Änderung verstehen lässt. Eine Änderung im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 2
LuftVG ist immer dann zu bejahen, wenn der Betrieb in seiner bisherigen Form
nicht mehr fortgesetzt werden soll. Das ist nicht nur der Fall bei beabsichtigten
Beschränkungen des Flugbetriebs, z.B. durch Reduzierung der Kapazität der
Anlagen (Giemulla, in: Giemulla/Schmid, LuftVG, § 6 Rn. 9) oder Verringerung
des Flugbetriebs durch „Streichung“ einer Flugzeugart (Hofmann/Grabherr,
LuftVG, § 6 Rn. 30), sondern auch und in gleicher Weise, wenn der Betrieb
ganz aufgegeben werden soll. Die Auffassung, die Stilllegung eines Flughafens
sei keine Änderung seines Betriebs, weil eine Änderung voraussetze, dass
auch nach der Änderung eine Flughafenanlage fortbestehe und betrieben wer-
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de (Sellner/Reidt, NVwZ 2004, 1168 <1169>), ist unzutreffend. Der Begriff der
Änderung erfasst jede Abweichung vom genehmigungsrechtlich festgelegten
Bestand (Wysk, in: Ziekow, Praxis des Fachplanungsrechts, 6. Aufl. 2004,
S. 621, Rn. 1676).
Ein anderes Gesetzesverständnis liefe darauf hinaus, dass das Luftverkehrs-
gesetz zwar eine - einem teilweisen Widerruf der Betriebsgenehmigung gleich-
kommende - Betriebsbeschränkung zuließe, nicht aber eine Betriebsaufgabe
durch einen vollständigen Widerruf. Für eine solche Differenzierung ist ein
sachlicher Grund nicht erkennbar. Ermöglichte § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG den
vollständigen Widerruf einer Betriebsgenehmigung nicht, wäre der Flughafen-
unternehmer gezwungen, den Flughafen auf Dauer offen zu halten; denn die
Betriebsgenehmigung verpflichtet ihn, den Flughafen in betriebssicherem Zu-
stand zu erhalten und zu betreiben (§ 45 Abs. 1 Satz 1 LuftVZO). Dies liegt
nicht in der Absicht des Gesetzgebers. Beleg dafür ist auch § 6 Abs. 1 Satz 3
LuftVG, der die Genehmigungsbehörde ermächtigt, die Betriebsgenehmigung
zu befristen.
§ 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG unterwirft den von der Genehmigung abweichenden
neuen Betriebszustand ebenfalls der Genehmigungspflicht. Dies gilt auch für
die Einstellung des Flughafenbetriebs. Der Änderung der Genehmigung in der
Form der Aufhebung bedarf es, um den Flughafenunternehmer dauerhaft von
seiner Betriebspflicht zu entbinden. Es liegt nahe anzunehmen, dass der Ge-
setzgeber mit der Anerkennung eines Bedürfnisses für den Widerruf der Ge-
nehmigung die Ermächtigung zum Widerruf verbinden wollte. Von ihr darf
Gebrauch gemacht werden, wenn der Flughafenunternehmer den Widerruf der
Betriebsgenehmigung, wie hier geschehen, beantragt; denn aus der Genehmi-
gungsbedürftigkeit einer Änderungsmaßnahme folgt, dass die Genehmigung
nur auf Antrag erteilt werden darf (Giemulla, in: Giemulla/Schmid, a.a.O. § 41
LuftVZO Rn. 2).
Änderungsgenehmigungen nach § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG unterliegen sowohl in
ihrem verwaltungsverfahrensrechtlichen Entstehungsvorgang als auch in ihren
materiellen Voraussetzungen den für die Genehmigung maßgebenden Vor-
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schriften (vgl. Urteil vom 22. Juni 1979 - BVerwG 4 C 40.75 - NJW 1980, 718
<720>). In Bezug genommen wird damit auch § 6 Abs. 1 bis 3 LuftVG. Sofern
der vollständige Widerruf einer Betriebsgenehmigung in Rede steht, gilt das
darin enthaltene Prüfprogramm freilich nur in beschränktem Umfang. So bedarf
es nicht der Prüfung derjenigen Vorschriften, die die Fortsetzung des Flugha-
fenbetriebs voraussetzen, also beispielsweise nicht der Prüfung der Umweltver-
träglichkeit. Da die Betriebsgenehmigung nicht nur Unternehmergenehmigung,
sondern auch Planungsentscheidung ist (Urteil vom 11. Juli 2001 - BVerwG
11 C 14.00 - BVerwGE 114, 364 <367>), sind indes auch bei ihrer Aufhebung
die abwägungserheblichen Belange der von den Maßnahmen Betroffenen zu
ermitteln und die widerstreitenden Interessen unter Beachtung des Grundsatzes
der Verhältnismäßigkeit auszugleichen (vgl. Urteil vom 26. Juli 1989 - BVerwG
4 C 35.88 - BVerwGE 82, 246 <249>). Zu den schutzwürdigen Belangen zählt
das Interesse angesiedelter Flugunternehmen auf Aufrechterhaltung und
Sicherung der bisher gewährten geschäftlichen Entfaltungsmöglichkeiten. Das
Oberverwaltungsgericht hat dies nicht verkannt. Es hat sich der Frage, ob der
Beklagte die Belange der Klägerinnen zutreffend ermittelt und gerecht
abgewogen hat, gewidmet und sie mit bindender Wirkung für den Senat (§ 137
Abs. 2 VwGO) bejaht (UA S. 29 bis 34).
b) Die Klägerinnen halten des Weiteren für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob
Art. 8 Abs. 5 VO (EWG) Nr. 2408/92- StreckenzugangsVO - dahingehend aus-
zulegen ist, dass die Änderung eines Flughafensystems vor deren Vollzug
durch die Europäische Kommission zu überprüfen und zu genehmigen ist. Die
Revision sei zuzulassen, um dem Europäischen Gerichtshof die Frage gemäß
Art. 234 EGV zur Vorabentscheidung vorzulegen.
Auch diese Grundsatzrüge führt nicht zur Zulassung der Revision. Zwar ist rich-
tig, dass Rechtsfragen aus dem Bereich des Europäischen Gemeinschafts-
rechts revisibles Recht betreffen und es für die Grundsatzrüge ausreicht, wenn
dargelegt ist, dass in einem zukünftigen Revisionsverfahren voraussichtlich eine
Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofes einzuholen sein wird. Dies
gilt jedoch nicht, wenn hinreichende Gründe vorliegen, die die Einholung der
Vorabentscheidung entbehrlich erscheinen lassen. Das ist der Fall, wenn die
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Anwendung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig ist, dass für einen
vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt (EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982
- Rs. 283/81 - Slg. 1982, I-3415 <3417>). So verhält es sich hier. Es liegt auf
der Hand, dass Art. 8 Abs. 5 StreckenzugangsVO nicht verlangt, dass die
Schließung eines zu einem Flughafensystem gehörenden Flughafens von der
Kommission genehmigt werden muss.
Nach Art. 8 Abs. 5 Satz 1 StreckenzugangsVO teilt ein Mitgliedstaat, der die
Änderungen an einem bestehenden Flughafensystem beschließt, dies den üb-
rigen Mitgliedstaaten und der Kommission mit. Hat sich die Kommission davon
überzeugt, dass die Flughäfen als ein zusammenhängendes System dieselbe
Stadt oder dasselbe Ballungsgebiet bedienen, so veröffentlicht sie einen über-
arbeiteten Anhang II im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften (Art. 8
Abs. 5 Satz 2 StreckenzugangsVO). Eine Verpflichtung, Änderungen an einem
bestehenden Flughafensystem genehmigen zu lassen, normiert Art. 8 Abs. 5
Satz 2 StreckenzugangsVO nicht, und der in der Vorschrift angesprochenen
„Überzeugungsbildung“ bedarf es auch nur im Falle der Ausweitung eines be-
stehenden Flughafensystems durch Einbeziehung oder Neuerrichtung eines
weiteren Flughafens, weil sich nur dann die Frage stellen kann, ob die Anforde-
rungen, die Art. 2 Buchst. m StreckenzugangsVO an ein Flughafensystem stellt,
weiterhin erfüllt sind. Wird - wie hier - ein bestehendes Flughafensystem durch
Schließung eines Flughafens verkleinert, so enthält die Überzeugung der
Kommission, nach der die verbleibenden Flughäfen ein zusammenhängendes
Flughafensystem bilden, keinen eigenständigen Gehalt. Deshalb bedarf die
Herausnahme eines Flughafens aus einem bestehenden System ebenso wie
dessen Auflösung keiner Überprüfung durch die Kommission, sondern lediglich
der Veröffentlichung eines korrigierten Anhangs II im Amtsblatt der Europäi-
schen Gemeinschaften (Niejahr, in: Mückenhausen/Boeing, EG Verkehrsecht,
Stand: Dezember 2003, 51 Rn. 208).
c) Wegen der Fragen,
- ob die StreckenzugangsVO dahingehend auszulegen ist,
dass eine Verkehrsverteilungsregelung zulässig ist, wenn
sie zum Zwecke der Erzielung von Einsparungen des
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Betreibers, die zur Kostendeckung des Ausbaus eines
anderen Flughafens des Flughafensystems dienen sollen,
und ohne Diskriminierung erfolgt,
- ob Art. 8 Abs. 1 StreckenzugangsVO als Rechtsgrundlage
für eine Verkehrsverteilungsregelung genügt,
ist die Grundsatzrevision ebenfalls nicht zuzulassen. Die erste Frage ist auf ei-
nen Sachverhalt zugeschnitten, den das Oberverwaltungsgericht nicht festge-
stellt hat. Anlass für den zu einer Schließung des Verkehrsflughafens Tempel-
hof führenden Widerruf der Betriebsgenehmigung, die das Oberverwaltungsge-
richt als Verkehrsaufteilung ansieht (UA S. 22), ist nicht die Absicht des Beklag-
ten, durch die Schließung Geldmittel freizusetzen, die in den Ausbau des Ver-
kehrsflughafens Berlin-Schönefeld fließen sollen, sondern nach den vorinstanz-
lichen Feststellungen u.a. die Vermeidung weiterer Verluste durch den defizitä-
ren Flughafenbetrieb (UA S. 34). Die zweite Frage ist eindeutig zu verneinen.
Art. 8 Abs. 1 StreckenzugangsVO ist nicht als Rechtsgrundlage für Eingriffe in
Streckenzugangsrechte von Fluggesellschaften konzipiert. Die Vorschrift über-
lässt es vielmehr den Mitgliedstaaten, ohne Diskriminierung aus Gründen der
Staatsangehörigkeit oder der Identität des Luftfahrtunternehmens die Aufteilung
des Verkehrs auf die einzelnen Flughäfen eines Flughafensystems zu regeln.
d) Die Frage, ob ein Widerruf einer luftrechtlichen Betriebsgenehmigung zuläs-
sig ist, wenn nicht dargelegt ist, dass Verhandlungen des Genehmigungsinha-
bers mit Dritten, denen ein Angebot für die Übernahme der Infrastruktureinrich-
tungen zu in diesem Bereich üblichen Bedingungen gemacht wurde, erfolglos
geblieben sind, nötigt nicht zur Zulassung der Grundsatzrevision, weil sie sich
zwanglos bejahen lässt. § 11 Abs. 1 AEG, der erfolglose Verhandlungen mit in
Betracht kommenden Übernahmewilligen zur Voraussetzung für die Genehmi-
gung der Aufsichtsbehörde macht, eine Eisenbahnstrecke oder einen wichtigen
Bahnhof dauernd einzustellen, und auf den sich die Beschwerde beruft, hat
einen spezifisch eisenbahnrechtlichen Hintergrund. Entstanden ist die Vor-
schrift, die es in ihrer jetzigen Fassung seit 2005 gibt, nachdem das Schienen-
netz von der Deutschen Bundesbahn auf die nach wirtschaftlichen Maßstäben
operierende DB Netz AG übergegangen war (Hermes/Schütz, in: Hermes/
Sellner, AEG, § 11 Rn. 1), diese mit der Stilllegung unrentabler Strecken be-
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gann und im Interesse der Daseinsvorsorge nach einem Instrumentarium ge-
sucht wurde, bestehende Einrichtungen der Schieneninfrastruktur zu erhalten
(BTDrucks 14/8176 S. 4). Ausdruck eines allgemeinen, für das gesamte Fach-
planungsrecht geltenden Rechtsgrundsatzes ist § 11 AEG nicht.
e) Die Frage, ob der Widerruf der Betriebsgenehmigung für den Flughafen
Tempelhof mit Inbetriebnahme des Flughafens Berlin-Brandenburg International
in Schönefeld zwingend ist oder ob eine Einschränkung der Betriebsge-
nehmigung auf einen Landeplatz im Sinne des § 49 LuftVZO möglich ist, recht-
fertigt nicht die Zulassung der Grundsatzrevision, da sie auf den konkreten
Sachverhalt gemünzt ist und zudem anhand der Zielfestlegung Z 1 des Lan-
desentwickungsplans Flughafenstandortentwicklung in der Fassung der Ände-
rungsverordnung vom 30. Mai 2006 (GVBl Bln S. 509) mit eindeutigem Ergeb-
nis beantwortet werden kann. Danach sind mit Inbetriebnahme der Kapazitäts-
erweiterung am Standort Schönefeld die Flugplätze Berlin-Tegel und Berlin-
Tempelhof zu schließen und ihre Flächen einer anderen Nutzung zuzuführen.
Die Regelung schließt unmissverständlich auch die Fortführung als Landeplatz
aus und ist für die Behörden des Landes Berlin, die für den Widerruf der luft-
rechtlichen Genehmigung für die Flughäfen Tegel und Tempelhof zuständig
sind, gemäß § 4 Abs. 1 ROG bindend (Urteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A
1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 193).
2. Der Revisionszulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegt ebenfalls
nicht vor.
Die Beschwerde entnimmt dem angefochtenen Urteil den Rechtssatz, dass der
Widerruf der luftrechtlichen Betriebsgenehmigung auf Antrag des Genehmi-
gungsinhabers als Verwaltungsakt, der für den Genehmigungsinhaber eine Be-
günstigung, für Dritte jedoch eine Belastung in einem grundrechtsrelevanten
Bereich entfaltet, gegenüber den Dritten keiner Ermächtigungsgrundlage be-
darf, und sieht darin eine Abweichung von verschiedenen Entscheidungen des
Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts zum Geset-
zesvorbehalt. Der Senat kann zugunsten der Klägerinnen unterstellen, dass die
gerügte Divergenz vorliegt. Die Zulassung der Revision scheidet dennoch aus,
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weil das angefochtene Urteil auf der Abweichung nicht beruht. Das Oberverwal-
tungsgericht begründet seine Entscheidung kumulativ. Dazu zählt, dass es von
drei möglichen Rechtsgrundlagen jedenfalls eine als einschlägig ansieht. Die
von ihm verneinte Frage, ob in einem Fall wie dem vorliegenden überhaupt eine
Ermächtigungsgrundlage erforderlich ist, ist daher nicht entscheidungser-
heblich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m.
§ 100 Abs. 1 ZPO, § 162 Abs. 3 VwGO und die Streitwertfestsetzung auf § 47
Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Dr. Paetow Gatz Dr. Jannasch
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Sachgebiet:
BVerwGE:
nein
Luftverkehrsrecht
Fachpresse:
ja
Rechtsquellen:
LuftVG
§ 6 Abs. 4 Satz 2
VO (EWG) Nr. 2408/92
Art. 8 Abs. 1, Abs. 5
Stichworte:
Flughafen; Verkehrsflughafen; Stilllegung; Schließung, Widerruf der Betriebs-
genehmigung; - auf Antrag des Flughafenunternehmers; flughafenansässige
Luftfahrtunternehmen; Abwägung; Flughafensystem; Verkehrsaufteilung.
Leitsatz:
Die Stilllegung eines Flughafens durch den Widerruf der luftrechtlichen Be-
triebsgenehmigung auf Antrag des Flughafenunternehmers lässt sich auf § 6
Abs. 4 Satz 2 LuftVG stützen. Bei der Widerrufsentscheidung sind die Belange
flughafenansässiger Luftfahrtunternehmen angemessen zu berücksichtigen
(Flughafen Berlin-Tempelhof).
Beschluss des 4. Senats vom 29. November 2007 - BVerwG 4 B 22.07
I. OVG Berlin-Brandenburg vom 12.02.2007 - Az.: OVG 12 A 2.05 -