Urteil des BVerwG vom 08.07.2014

Abstimmung, Einbau, Zustand, Baudenkmal

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 B 18.14
VGH 2 B 13.2417
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 8. Juli 2014
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Petz und Dr. Külpmann
beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungs-
gerichtshofs vom 23. Januar 2014 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 28 413 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Er-
folg.
I. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132
Abs. 2 Nr. 1 VwGO, die ihr die Beschwerde beimisst.
1. Die Beschwerde sieht grundsätzlichen Klärungsbedarf hinsichtlich der Frage,
ob der erstmalige Einbau eines Personenaufzugs in ein
Baudenkmal mit mehreren (vorliegend sechs) Ober-
geschossen zu seiner sinnvollen Nutzung im Sinne des
§ 7i Abs. 1 Satz 1 und 2 EStG erforderlich ist.
Die Beschwerde möchte mit dieser auf den Einzelfall zugeschnittenen Frage
verallgemeinernd geklärt wissen, unter welchen Voraussetzungen Baumaß-
nahmen zur sinnvollen Nutzung eines Gebäudes im Sinne von § 7i Abs. 1
Satz 1 EStG erforderlich sind. Die Frage bedarf indes keiner Klärung in einem
Revisionsverfahren, soweit sie sich im vorliegenden Verfahren stellt.
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Nach § 7i Abs. 1 Satz 2 EStG ist eine sinnvolle Nutzung nur anzunehmen,
wenn das Gebäude in der Weise genutzt wird, dass die Erhaltung seiner schüt-
zenswerten Substanz auf die Dauer gewährleistet ist. Dass Aufwendungen aus
denkmalpflegerischer Sicht angemessen oder vertretbar sind, reicht nicht aus.
Sie müssen vielmehr, gemessen am Zustand des Baudenkmals vor Beginn der
Baumaßnahmen, geboten sein, um den unter denkmalpflegerischen Gesichts-
punkten erstrebenswerten Zustand herbeiführen zu können (BFH, Beschluss
vom 8. September 2004 - X B 51/04 - BFH/NV 2005, 53 = juris Rn. 5). Der
Wortlaut der Vorschrift schließt es aus, Baumaßnahmen bereits deshalb für er-
forderlich zu halten, weil sie zu einer besseren wirtschaftlichen Nutzbarkeit des
Gebäudes führen (zutreffend VGH München, Beschluss vom 24. Juli 2009
- 21 ZB 08.3444 - BeckRS 2010, 53886 Rn. 5). Von diesen Annahmen hat sich
der Verwaltungsgerichtshof leiten lassen (UA Rn. 18).
Die wirtschaftliche Nutzbarkeit des Gebäudes der Klägerin war nach den tat-
richterlichen Feststellungen zu jedem Zeitpunkt gegeben und wird auch künftig
vorliegen. Wohnungen, auch solche in oberen Geschossen, seien auf dem
Wohnungsmarkt der Landeshauptstadt München auch ohne Aufzug jederzeit
vermietbar. Dass es ohne den Einbau einer Aufzugsanlage zu Mietverlusten
oder Mietminderungen komme, sei nicht dargelegt. Für Schwierigkeiten in diese
Richtung bestehe in absehbarer Zeit kein Anhaltspunkt. An diese Feststellun-
gen wäre der Senat auch im Revisionsverfahren gebunden (§ 137 Abs. 2
VwGO). Rechtlich war der Einbau eines Aufzugs nicht gefordert. Dies folgt aus
der Auslegung des Bauordnungsrechts des Landes (UA Rn. 23 ff.), die auch für
eine Revisionsentscheidung nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO maß-
gebend wäre.
Die Beschwerde zeigt nicht auf, dass der Einbau eines Aufzugs aus anderen
Gründen, seien diese wirtschaftlicher, rechtlicher oder sonstiger Art, zur sinnvol-
len Nutzung erforderlich sein könnte. Die Frage, ob und ggf. unter welchen an-
deren wirtschaftlichen oder rechtlichen Bedingungen der Einbau eines Aufzugs
zur sinnvollen Nutzung eines Wohngebäudes erforderlich sein könnte, könnte in
dem von der Klägerin angestrebten Revisionsverfahren nicht beantwortet wer-
den (für möglich gehalten von VGH München, Urteil vom 14. März 2001 - 9 B
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00.2134 - juris und VG Dresden, Urteil vom 10. Oktober 2013 - 7 K 681/13 -
juris; die weiter angeführte Entscheidung des VG München, Urteil vom 18. Juli
2011 - M 8 K 10.3818 - ist aufgehoben durch VGH München, Urteil vom 17. Ok-
tober 2013 - 2 B 13.1521 - BauR 2014, 256). Noch weniger wäre das Revi-
sionsverfahren geeignet, die Erforderlichkeit von Baumaßnahmen in der von
der Klägerin pauschal bezeichneten Vielzahl weiterer Fälle zu beurteilen.
2. Die Beschwerde misst der Frage grundsätzliche Bedeutung bei,
welche Rechtsfolge eine nach § 7i Abs. 1 Satz 6 EStG vor
Beginn der Baumaßnahmen erfolgte Abstimmung hat.
Sie meint, dass es nach einer Abstimmung im Sinne von § 7i Abs. 1 Satz 6
EStG für die Erteilung einer Bescheinigung nach § 7i Abs. 2 EStG auf die Erfor-
derlichkeit einer Baumaßnahme nicht mehr ankomme; nur bei diesem Ver-
ständnis sei ausreichende Planungssicherheit gewährleistet.
Diese Auffassung trifft nicht zu. Dies ergibt eine Auslegung des § 7i EStG mit
Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation, ohne dass es
eines Revisionsverfahrens bedarf (Beschlüsse vom 24. August 1999 - BVerwG
4 B 72.99 - BVerwGE 109, 268 <270> = Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 228
S. 13, vom 16. November 2004 - BVerwG 4 B 71.04 - NVwZ 2005, 449 <450>
und vom 3. April 2014 - BVerwG 2 B 70.12 - juris Rn. 7). Nach § 7i Abs. 1
Satz 6 EStG müssen Baumaßnahmen in Abstimmung mit der in § 7i Abs. 2
EStG bezeichneten Stelle durchgeführt worden sein. Die Abstimmung nach § 7i
Abs. 1 Satz 6 EStG ist eine notwendige Voraussetzung für die Erteilung der
Bescheinigung nach § 7i Abs. 2 Satz 1 EStG, eine hinreichende Voraussetzung
ist sie nicht. Denn § 7i Abs. 2 Satz 1 EStG fordert das Vorliegen einer Mehrzahl
von Voraussetzungen des Absatzes 1, lässt also allein die Abstimmung nach
§ 7i Abs. 1 Satz 6 EStG nicht ausreichen. Es bedarf vielmehr auch der Erforder-
lichkeit im Sinne des § 7i Abs. 1 Satz 1 und 2 EStG (Franzmeyer-Werbe, DStZ
2001, 507). Dies ist auch die Sichtweise der Entscheidungen, auf welche sich
die Beschwerde stützen zu können glaubt (VGH München, Urteil vom 20. Juni
2012 - 1 B 12.78 - NVwZ-RR 2012, 981 <982>; VG Regensburg, Urteil vom
9. August 2012 - RO 2 K 10.486 - juris Rn. 19 ff.). Für die Sichtweise der Be-
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schwerde besteht auch kein praktischer Bedarf. Denn Art. 38 BayVwVfG sieht
für die Herstellung weiter gehender Planungssicherheit die Möglichkeit einer
Zusicherung vor, die hier indes nicht erteilt worden ist (UA Rn. 27).
II. Die Revision ist nicht wegen Divergenz nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzu-
lassen.
Zur Darlegung des Zulassungsgrundes der Divergenz ist gemäß § 133 Abs. 3
Satz 3 VwGO erforderlich, dass die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten,
die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit
dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsge-
richts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder
des Bundesverfassungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung dersel-
ben Rechtsvorschrift widersprochen hat (Beschlüsse vom 19. August 1997
- BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26, vom 13. Juli
1999 - BVerwG 8 B 166.99 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 9 und
vom 8. April 2014 - BVerwG 4 B 5.14 - ZfBR 2014, 494 Rn. 10). Hieran fehlt es.
Die Beschwerde benennt keinen abstrakten Rechtssatz, mit dem der Verwal-
tungsgerichtshof einem abstrakten Rechtssatz aus dem Senatsbeschluss vom
18. Juli 2001 (BVerwG 4 B 45.01 - Buchholz 401.1 § 7i EStG Nr. 1) widerspro-
chen hat, sondern wirft ihm vor, Rechtssätze aus dieser Entscheidung fehlerhaft
angewandt zu haben. Dies reicht für die Darlegung einer Divergenz nicht aus
(stRspr, vgl. Beschluss vom 19. August 1997 a.a.O. S. 14).
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestset-
zung aus § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Prof. Dr. Rubel
Petz
Dr. Külpmann
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