Urteil des BVerwG vom 26.04.2005

Hoheitsverwaltung, Zwang, Körperschaft, Aufteilung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 B 16.05
OVG 3a A 763/01
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 26. April 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. P a e t o w
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. R o j a h n und
Dr. J a n n a s c h
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der
Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das
Land Brandenburg vom 14. Dezember 2004 wird zurückgewie-
sen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdever-
fahren auf 5 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO gestützte Beschwerde bleibt erfolglos. Das
Beschwerdevorbringen rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht.
1. Die Rechtssache besitzt nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr der Kläger
beimisst.
Die Beschwerde wirft keine entscheidungserhebliche Rechtsfrage des revisiblen
Rechts auf, die im Interesse der Einheit oder Fortbildung des Rechts höchstrichterli-
cher Klärung bedarf. Soweit die Beschwerde geltend macht, das Oberverwaltungs-
gericht habe die Vorschriften der §§ 31, 72 und 72 a BbgNatSchG unzutreffend aus-
gelegt und das Verhältnis dieser Vorschriften zu den straßenrechtlichen Bestimmun-
gen der §§ 10 und 27 BbgStrG verkannt, rügt sie die Auslegung nicht revisiblen Lan-
desrechts. Die Ausführungen der Beschwerde (lex posterior, Gesetzesmaterialien,
Baumschau) erschöpfen sich insoweit in Angriffen auf die tatrichterliche Sachver-
haltswürdigung und Rechtsanwendung im Einzelfall, welche die grundsätzliche Be-
deutung einer Rechtssache nicht begründen können.
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Das Vorbringen der Beschwerde, § 31 BbgNatSchG verletze die rahmenrechtliche
Vorschrift des § 29 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG, verhilft der Beschwerde ebenfalls nicht
zum Erfolg. Die Rüge, die vorinstanzliche Auslegung und Anwendung irrevisiblen
Landesrechts verletze Bundesrecht, kann die Zulassung der Grundsatzrevision nur
dann rechtfertigen, wenn die Beschwerde zur Auslegung der bundesrechtlichen
Norm eine klärungsbedürftige Frage von grundsätzlicher Bedeutung aufzeigt (vgl.
BVerwG, Beschluss vom 11. März 1998 - BVerwG 8 BN 6.97 - Buchholz 415.1 All-
gemeines Kommunalrecht Nr. 144 = NVwZ 1998, 952; Beschluss vom 9. Oktober
1997 - BVerwG 6 B 42.97 - Buchholz 406.39 Denkmalschutzrecht Nr. 8 = BRS 59
Nr. 231; stRspr). Eine ungeklärte Frage von grundsätzlicher Bedeutung zur Ausle-
gung von § 29 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG wirft die Beschwerde jedoch nicht auf. Sie
problematisiert allein den Norminhalt des § 31 BbgNatSchG.
Soweit die Beschwerde dem Oberverwaltungsgericht vorwirft, es habe seine Ent-
scheidung zu Unrecht auf die Rechtslage zum Zeitpunkt des Urteilserlasses und
nicht auf den Zeitpunkt des Erlasses der angegriffenen Genehmigung abgestellt, und
den Inhalt des Protokolls der Baumschau fehlerhaft gewürdigt, rügt sie wiederum die
fehlerhafte Rechtsanwendung der Vorinstanz, ohne eine Rechtsfrage von grundsätz-
licher Bedeutung darzulegen.
2. Die gerügte Divergenz zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Januar
1968 - BVerwG 1 A 1.67 - (BVerwGE 29, 52) besteht nicht. Eine Divergenz im Sinne
von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegt nur vor, wenn das Berufungsgericht mit einem
seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz zu einem in der Rechtspre-
chung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Wi-
derspruch tritt. Das ist hier nicht der Fall.
Das vorgenannte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts betrifft die Frage, ob die
Verwaltungstätigkeit des Bundes im Bereich der Verteidigung ganz oder teilweise
von der materiellrechtlichen Geltung des württembergischen Forstpolizeigesetzes
ausgenommen ist. Soweit das Bundesverwaltungsgericht in diesem Zusammenhang
den Standpunkt vertreten hat, "dass - von Sonderregelungen und Ausnahmelagen,
z.B. Gefahr in Verzug abgesehen - eine Hoheitsverwaltung nicht mit Anordnungen
oder gar mit Zwang in die hoheitliche Tätigkeit einer anderen Hoheitsverwaltung, sei
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es derselben, sei es einer anderen Körperschaft, eingreifen darf", sind diese Ausfüh-
rungen so allgemein gehalten, dass sie keinen Beurteilungsmaßstab für die gesetz-
lich geregelte Verteilung der Kompetenzen zwischen Straßenbaubehörden und Na-
turschutzbehörden im Lande Brandenburg abgeben könnten. Im Übrigen heißt es in
dem vorgenannten Urteil, für die Beachtung auch der fachfremden Gesetze sei "in
der Regel" die jeweils tätig werdende Hoheitsverwaltung selbst zuständig und ver-
antwortlich, nicht die fremde Fachbehörde (a.a.O., S. 59). Diese Formulierung lässt
Raum für landesgesetzliche Sonderregelungen zur Aufteilung der Zuständigkeiten im
Verhältnis verschiedener Landesbehörden zueinander. Schon aus diesem Grund
scheidet der von der Beschwerde geltend gemachte Widerspruch zwischen dem an-
gegriffenen Berufungsurteil und dem vorgenannten Urteil des Bundesverwaltungsge-
richts aus.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung
des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 und 3 und § 52 Abs. 2 GKG.
Dr. Paetow Prof. Dr. Rojahn Dr. Jannasch