Urteil des BVerwG vom 02.03.2004

Ermessen, Hof, Schweinehaltung, Verfahrensrecht

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 B 13.04
OVG 1 LB 99/98
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 2. März 2004
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. L e m m e l , H a l a m a
und Dr. J a n n a s c h
beschlossen:
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Re-
vision in dem Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwal-
tungsgerichts vom 10. Juli 2003 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Be-
schwerdeverfahrens; außergerichtliche Kosten des Beigelade-
nen sind nicht erstattungsfähig.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdever-
fahren auf 15 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf § 132 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde bleibt erfolglos. Aus
dem Beschwerdevorbringen ergibt sich kein Grund für die begehrte Zulassung der
Revision.
Für rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig hält die Beschwerde die Frage, ob "es trotz
§ 5 Abs. 1 Satz 2 BauNVO mit dem Rücksichtnahmegebot nach § 15 Abs. 1 Satz 2
BauNVO vereinbar (ist), bei bestehender Gemengelage zwischen Wohnnutzung und
landwirtschaftlicher Nutzung innerhalb eines faktischen Dorfgebiets der Ausweitung
eines landwirtschaftlichen Betriebes im Rahmen der geplanten Errichtung eines Bo-
xenlaufstalls ohne immissionsrelevante Auflagen zu genehmigen, wenn die nächst-
gelegene Wohnbebauung im unmittelbaren Einwirkungsbereich von Emissionen des
geplanten Betriebes (hier: Entfernung 20 m) liegt". Diese Frage hat keine grundsätz-
liche Bedeutung. Denn sie lässt sich nicht generalisierend beantworten. Wie die Be-
schwerde selbst nicht verkennt, erfordert die Beurteilung, ob eine bauliche Nutzung
mit dem Rücksichtnahmegebot vereinbar ist, regelmäßig die Berücksichtigung "aller
maßgebenden Umstände des Einzelfalls". Hiervon ist auch das Berufungsgericht
ausgegangen. Nach seiner Beurteilung kann der streitige Boxenlaufstall ohne
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Schutzauflagen zugunsten der benachbarten Wohnbebauung errichtet werden. Dass
die Kläger diese Frage anders beantworten, verleiht der Sache keine grundsätzliche
Bedeutung.
Das Berufungsgericht hat auch nicht gegen Verfahrensrecht verstoßen, indem es
den Beweisantrag der Kläger abgelehnt hat, ein zusätzliches Sachverständigengut-
achten einzuholen. Die Einholung zusätzlicher Sachverständigengutachten oder gut-
achterlicher Stellungnahmen liegt nach § 98 VwGO i.V.m. § 404 Abs. 1, § 412 Abs. 1
ZPO im Ermessen des Tatsachengerichts. Dieses Ermessen wird nur dann verfah-
rensfehlerhaft ausgeübt, wenn das Gericht von der Einholung weiterer Gutachten
absieht, obwohl sich ihm die Notwendigkeit einer weiteren Beweiserhebung hätte
aufdrängen müssen (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 6. Oktober 1987 - BVerwG 9 C
12.87 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 193 a). Ein solcher Fall lag hier nicht
vor. Soweit die Beschwerde hierzu geltend macht, der Sachverständige Dr. M. sei
von falschen Tatsachen ausgegangen, übersieht sie, dass sich das Berufungsgericht
hiermit ausdrücklich auseinander gesetzt hat, der Frage des Zeitpunkts der Schwei-
nehaltung auf dem Hof des Beigeladenen aber letztlich keine entscheidende Bedeu-
tung für das Gutachten und für die Berufungsentscheidung beigemessen hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2, § 162 Abs. 3 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 1, § 14 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3
GKG.
Dr. Lemmel Halama Dr. Jannasch