Urteil des BVerwG vom 03.04.2014

Freifläche, Gebäude, Übereinstimmung, Geschosszahl

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 B 12.14
VGH 2 B 13.1995
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 3. April 2014
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gatz, Petz und
Dr. Külpmann
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungs-
gerichtshofs vom 12. Dezember 2013 wird zurückgewie-
sen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 20 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwer-
de beimisst. Die Beschwerde möchte grundsätzlich geklärt wissen,
ob im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB beim Tatbe-
standsmerkmal des Einfügens nach dem Maß der bauli-
chen Nutzung das Verhältnis des Gebäudes zur umlie-
genden Freifläche von rechtlicher Bedeutung ist.
Die Frage bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren. Nach dem Se-
natsurteil vom 23. März 1994 (- BVerwG 4 C 18.92 - BVerwGE 95, 277
<278 f.>) ist für § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB maßgeblich eine konkrete, am tat-
sächlich Vorhandenen ausgerichtete Betrachtung. Gründe einer praktisch
handhabbaren Rechtsanwendung sprechen dafür, in erster Linie auf solche
Maße abzustellen, die nach außen wahrnehmbar in Erscheinung treten und
anhand derer sich die vorhandenen Gebäude in der näheren Umgebung leicht
in Beziehung setzen lassen. Ihre (absolute) Größe nach Grundfläche, Ge-
schosszahl und Höhe, bei offener Bebauung zusätzlich auch ihr Verhältnis zur
umgebenden Freifläche, prägen das Bild der maßgebenden Umgebung und
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bieten sich deshalb vorrangig als Bezugsgrößen zur Ermittlung des zulässigen
Maßes der baulichen Nutzung an. Hieran hält der Senat fest (Beschluss vom
14. März 2013 - BVerwG 4 B 49.12 - BauR 2013, 1245 Rn. 5; ebenso VGH
Mannheim, Urteil vom 17. November 1995 - 5 S 2232/95 - juris Rn. 20; VGH
München, Urteil vom 30. Juli 2012 - 1 B 12.906 - juris Rn. 19; OVG Lüneburg,
Beschluss vom 3. März 2008 - 1 LA 31/07 - juris Rn. 13; Hofherr, in: Berliner
Kommentar zum Baugesetzbuch, Stand Januar 2014, § 34 Rn. 31; Söfker, in:
Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand September 2013, § 34
Rn. 40; Mitschang/Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Aufl. 2014,
§ 34 Rn. 28). Den Senatsbeschlüssen vom 26. Juli 2006 (- BVerwG 4 B 55.06 -
BRS 70 Nr. 89 = juris Rn. 6) und vom 21. Juni 2007 (- BVerwG 4 B 8.07 -
BRS 71 Nr. 83 = juris Rn. 5) lässt sich Abweichendes nicht entnehmen, weil
dort andere Maßkriterien als das Verhältnis der Gebäude zur umgebenden Frei-
fläche besonders prägend waren, so dass auf sie vorrangig abzustellen war
(vgl. Urteil vom 23. März 1994 a.a.O. S. 282).
Die Beschwerde hält die von ihr aufgeworfene Frage für nicht geklärt, weil - was
zutrifft - die Ausführungen zum Verhältnis von Gebäude und umgebender Frei-
fläche das Senatsurteil vom 23. März 1994 (a.a.O.) nicht tragen. Dies bedarf
keiner Vertiefung (eine Klärung in solchen Fällen verneinend: Kummer, Die
Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl. 2010, Rn. 360; BFH, Beschluss vom
10. Oktober 1973 - I B 51/73 - BFHE 110, 421 <422>). Die aufgeworfene
Rechtsfrage lässt sich jedenfalls auf der Grundlage der vorhandenen Recht-
sprechung und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpreta-
tion in Übereinstimmung mit der Vorinstanz und den Ausführungen des genann-
ten Senatsurteils beantworten (vgl. Beschluss vom 24. August 1999 - BVerwG
4 B 72.99 - BVerwGE 109, 268 <270>). Die Einwände der Beschwerde führen
auf keinen weiteren Klärungsbedarf. Dass die Grundflächen- und Geschoss-
flächenzahl nur eine untergeordnete oder, je nach den Umständen des Einzel-
falls, auch gar keine Bedeutung für die Frage des Einfügens haben, folgt da-
raus, dass sie in der Örtlichkeit häufig schwer ablesbar sind und erst errechnet
werden müssen (Urteil vom 23. März 1994 a.a.O. S. 279). Aus dieser unterge-
ordneten oder im Einzelfall fehlenden Bedeutung von Grundflächen- oder Ge-
schossflächenzahl kann indes nicht gefolgert werden, dass für das Einfügen
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nach dem Maß der baulichen Nutzung im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB
durch ein Verhältnis zu bestimmende Größen von vornherein keine Rolle spie-
len. Der Senat hat in seinem Urteil vom 23. März 1994 auch die Geschossflä-
chenzahl als Größe nicht „verworfen“, wie die Beschwerde meint, sondern an-
genommen, es könne auf sie in bestimmten Situationen ankommen (Urteil vom
23. März 1994 a.a.O. S. 282). Dass das Verhältnis des Gebäudes zu der um-
gebenden Freifläche eine relative Größe ist, steht ihrer Berücksichtigung bei der
Bestimmung des Maßes der baulichen Nutzung danach nicht entgegen. Die
weiteren Hinweise der Beschwerde auf Schwierigkeiten der Praxis bleiben ohne
Substanz.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des
Streitwerts auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Dr. Gatz
Petz
Dr. Külpmann
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