Urteil des BVerwG vom 19.08.2004

Stadt, Durchgangsverkehr, Klagebefugnis, Zukunft

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IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
BVerwG 4 A 9.04
Verkündet
am 19. August 2004
Röder
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 19. August 2004
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht H a l a m a , Prof. Dr. R o j a h n ,
Prof. Dr. R u b e l , G a t z und Dr. J a n n a s c h
für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerinnen tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.
G r ü n d e :
I.
Die Klägerinnen wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Regie-
rungspräsidiums Leipzig vom 19. Dezember 2003 für den Bau der Bundesauto-
bahn 38 (A 38) - Südumgehung Leipzig - 3. Bauabschnitt zwischen der Bundesstra-
ße 2 und der Staatsstraße 38 (S 38).
Der planfestgestellte Bauabschnitt ist Teil desjenigen Streckenabschnitts der A 38,
der die A 9 (Berlin-Nürnberg) mit der A 14 (Magdeburg-Dresden) verbindet. Der Plan-
feststellungsbeschluss sieht entsprechend dem Antrag des Vorhabenträgers zwi-
schen Bau-km 56+000.00 und Bau-km 56+500.00 die Autobahn-Anschlussstelle L.-
Südost vor, mit der das südöstliche Stadtgebiet von L. und der Raum G./B. an das
überörtliche Verkehrsnetz angebunden werden soll. Die Funktion des Zubringers
wird die geplante S 38a übernehmen, die im Ortsteil M. der Stadt L. von der vorhan-
denen S 38 in Richtung Süden abzweigen, westlich um den Ortsteil L. herumgeführt
werden, südlich der zu L. gehörenden Wiesengrundsiedlung den Anschluss an die
querende A 38 erhalten und zwischen Gü. und G. auf die künftige S 43n stoßen wird,
die, in West-Ost-Richtung verlaufend, als Ersatz für die K 7923 die S 38a mit der
1,8 km entfernten S 38 verbinden soll. In Richtung Süden findet die S 38a ihre Fort-
setzung in der vorhandenen K 7925, die bei E. in die B 95 (L.-B.) einmündet.
Die Klägerin zu 1 ist Eigentümerin der Grundstücke ..., ...und ... in der Gemarkung G.
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Die Klägerin zu 2 betreibt auf den Grundstücken seit dem Jahr 1993 das Einkaufs-
zentrum "...", in dem mehr als 60 Einzelhandelsgeschäfte untergebracht sind. Der ...,
der in zentraler Lage der Gemeinde G. angesiedelt ist, wird über die S 38 erschlos-
sen, welche die Stadt L. mit der südöstlich gelegenen Stadt G. verbindet und zu-
sammen mit der von ihr zwischen G. und T. abzweigenden S 43 auch als Autobahn-
zubringer zur Anschlussstelle N. der A 14 dient.
Die Klägerinnen hatten bereits im Anhörungsverfahren gegen den vorgesehenen
Standort der Anschlussstelle L.-Südost eingewandt, er werde, wie die von ihnen in
Auftrag gegebene Studie des Verkehrsplaners Prof. M. belege, eine Umlenkung der
Verkehrsströme und als deren Folge einen Kunden- und Umsatzrückgang zwischen
20 und 23 % mit sich bringen. Die zu erwartende Einbuße werde kurz- bis mittelfristig
zum Ruin des ... und damit zum Verlust von 600 Arbeitsplätzen führen. Die wirt-
schaftlichen Risiken für den Fortbestand der Geschäfte könnten mindestens redu-
ziert und die Vorteile der vom Vorhabenträger geplanten Variante gesichert werden,
wenn die Anschlussstelle entsprechend dem Alternativvorschlag des Stadtplaners
und Architekten T. um ca. 1,3 km in östliche Richtung mit der Folge verschoben wer-
de, dass sich die Entfernung zur S 38 auf 500 m verringere.
Im Planfeststellungsbeschluss lehnte das Regierungspräsidium Leipzig die Forde-
rung der Klägerinnen nach einer Verlegung der Anschlussstelle ab. Der von ihnen
eingebrachte Vorschlag zur Lage und Ausgestaltung der Anschlussstelle sei der ge-
wählten Lösung aus mehreren Gründen so weit unterlegen, dass die wirtschaftlichen
Nachteile für den ..., die sich - als wahr unterstellt - aus dem geplanten Standort der
Anschlussstelle gegenüber einer weiter östlich angesiedelten Verknüpfung mit dem
Staatsstraßennetz ergäben, jedoch keine existenzgefährdenden Ausmaße annäh-
men, als nachrangig anzusehen seien.
Die Klägerin zu 1 hat unter Berufung auf ihr Grundrecht auf Grundeigentum, die Klä-
gerin zu 2 unter Berufung auf ihr Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewer-
bebetrieb am 12. Februar 2004 Klage erhoben. Die Klägerinnen bekräftigen ihre Be-
fürchtung, dass dem ... durch den planfestgestellten Standort der Anschlussstelle L.-
Südost die Existenzgrundlage entzogen werde - ein möglicher Umsatzrückgang zwi-
schen 10 und 20 % sei von acht befragten Unternehmen bereits als existenzgefähr-
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dend eingeschätzt worden -, und vertreten die Ansicht, dass sich der Planfeststel-
lungsbehörde das von ihnen ins Verfahren eingebrachte Modell als vorzugswürdig
habe aufdrängen müssen. Im Klageverfahren haben sie noch eine weitere, im Januar
2004 vom Planungsbüro S. als Kompromisslösung erarbeitete Variante zur Diskussi-
on gestellt.
Die Klägerinnen beantragen,
den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Leipzig
für das Vorhaben BAB 38 - Südumgehung Leipzig, 3. Bauab-
schnitt, vom 19. Dezember 2003 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält die Klage bereits mangels Klagebefugnis für unzulässig, weil Art. 14 Abs. 1
GG nicht vor dem Verlust von Lagevorteilen schütze, die ein Gewerbetreibender aus
einer günstigen Verkehrsanbindung ziehe. Die Klage sei jedenfalls unbegründet. Wie
im Gutachten und der ergänzenden Stellungnahme der Ingenieurgesellschaft Dr. B.
und M. überzeugend dargelegt werde, seien nachteilige wirtschaftliche Auswirkungen
als Folge der Lage der Anschlussstelle L.-Südost in der von den Klägerinnen be-
fürchteten Größenordnung nicht zu erwarten.
II.
Die Klage hat keinen Erfolg.
1. Sie ist allerdings zulässig, insbesondere erscheint eine Verletzung der Klägerinnen
in eigenen Rechten (§ 42 Abs. 2 VwGO) nicht ausgeschlossen. Zwar vermittelt
Art. 14 Abs. 1 GG den Klägerinnen keine gefestigte Rechtsposition auf eine ihren
Vorstellungen entsprechende Anordnung der Anschlussstelle L.-Südost. Sie müssen
es daher im Grundsatz hinnehmen, wenn die umstrittene Planung eine Verschlechte-
rung der für den ... bestehenden Verkehrslage herbeiführt. Nach ständiger Recht-
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sprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist ein etwaiges Vertrauen in den Be-
stand oder Fortbestand einer bestimmten Markt- oder Verkehrslage regelmäßig kein
für die Fachplanung unüberwindlicher Belang (vgl. Beschluss vom 9. November 1979
- BVerwG 4 N 1.78, 2 - 4.79 - BVerwGE 59, 87 <102 f.>; Beschluss vom 11. Mai
1999 - BVerwG 4 VR 7.99 - Buchholz 407.4 § 8a FStrG Nr. 11; Urteil vom 28. Januar
2004 - BVerwG 9 A 27.03 - DVBl 2004, 658). Das bedeutet aber nicht, dass Anlieger-
interessen rechtlich überhaupt nicht zu Buche schlagen. Sie müssen, sofern sie nicht
als geringfügig ausnahmsweise außer Betracht zu bleiben haben, in die Abwägung
eingestellt werden. Das Regierungspräsidium Leipzig hat dies getan. Die Klägerin-
nen machen indes einen Abwägungsmangel geltend. Die Behörde habe mit der An-
nahme, die Lage der Anschlussstelle L.-Südost werde zu keiner Existenz gefährden-
den Änderung der Kundenströme führen, die wirtschaftlichen Auswirkungen auf den
Betrieb des ... unterschätzt und die Vorzugswürdigkeit der von ihnen vorgeschlage-
nen Alternativlösung fehlerhaft verkannt. Mit diesem Vortrag haben sie im Hinblick
auf den drittschützenden Charakter des fachplanungsrechtlichen Abwägungsgebots
(vgl. BVerwG, Urteil vom 24. September 1998 - BVerwG 4 CN 2.98 - BVerwGE 107,
215 <220> m.w.N.) ihre Klagebefugnis dargetan.
2. Die Klage ist aber nicht begründet, weil der angefochtene Planfeststellungsbe-
schluss die Klägerinnen nicht in ihren Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1
VwGO). Die Entscheidung des Regierungspräsidiums für den vom Vorhabenträger
vorgesehenen Standort der Anschlussstelle L.-Südost lässt einen Abwägungsfehler
zum Nachteil der Klägerinnen nicht erkennen.
Nach § 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG sind bei der Planfeststellung von Bundesfernstraßen
die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange im Rahmen der
Abwägung zu berücksichtigen. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats verlangt
das Abwägungsgebot, dass - erstens - eine Abwägung überhaupt stattfindet, dass
- zweitens - in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge
in sie eingestellt werden muss, und dass - drittens - weder die Bedeutung der betrof-
fenen öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen
in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belan-
ge außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Abwägungsrahmens wird das
Abwägungsgebot jedoch nicht verletzt, wenn sich die zur Planung ermächtigte Stelle
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in Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und
damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen entscheidet. Die darin
liegende Gewichtung der von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belan-
ge ist vielmehr im Gegenteil ein wesentliches Element der planerischen Gestaltungs-
freiheit und als solches der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle entzogen. Diese be-
schränkt sich im Rahmen des Abwägungsgebots daher auf die Frage, ob die Plan-
feststellungsbehörde die abwägungserheblichen Gesichtspunkte rechtlich und tat-
sächlich zutreffend bestimmt hat und ob sie - auf der Grundlage des derart zutreffend
ermittelten Abwägungsmaterials - die aufgezeigten Grenzen der ihr obliegenden Ge-
wichtung eingehalten hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Februar 1975 - BVerwG 4 C
21.74 - BVerwGE 48, 56 <63 f.>). Bei Anwendung dieser Grundsätze ist die umstrit-
tene Entscheidung des Regierungspräsidiums zum Standort der Anschlussstelle L.-
Südost nicht zu beanstanden.
a) Die Klägerinnen haben nicht aufzuzeigen vermocht, dass die von ihnen vorge-
schlagene Alternativlösung sich dem Beklagten unter Berücksichtigung aller für und
gegen das Planvorhaben sprechenden Gesichtspunkte als vorzugswürdig hätte auf-
drängen müssen (vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 25. Januar 1996 - BVerwG 4 C
5.95 - BVerwGE 100, 238, vom 26. März 1998 - BVerwG 4 A 7.97 - Buchholz 407.4
§ 17 FStrG Nr. 137 und vom 14. November 2002 - BVerwG 4 A 15.02 - BVerwGE
117, 149). Sie haben den Senat nicht davon überzeugen können, dass die Einschät-
zung des Regierungspräsidiums, die Existenz des ... als Einkaufszentrum hänge von
der Lage der Anschlussstelle nicht ab, unzutreffend ist. Es spricht Überwiegendes
dafür, dass sich der von ihnen favorisierte Standort auf das Verhalten motorisierter
Kunden des ... nicht entscheidend anders auswirken würde, als es die planfestge-
stellte Lösung erwarten lässt.
aa) Für den Zielverkehr, zu dem die Klägerinnen diejenigen Kunden zählen, die den
... auf der S 38 ansteuern und nach der jeweiligen Verweildauer wieder in die Rich-
tung zurückfahren, aus der sie gekommen sind, ist die Lage der Anschlussstelle irre-
levant. Der Zielverkehr aus Richtung Süden kann durch die A 38 nicht gebunden
werden, weil deren Trasse nördlich des ... verläuft. Dies sieht Prof. M., auf dessen
Gutachten sich die Klägerinnen berufen, nicht anders. Entgegen seiner Einschätzung
wird aber auch der aus Richtung Norden über die S 38 abgewickelte Zielverkehr
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nicht betroffen. Dieser Verkehr hat in Zukunft die Wahl zwischen der S 38 und der
S 38a/S 43n als An- und Abfahrtsweg. Prof. M. hat zwar errechnet, dass die Nutzung
beider Routen zu einer Verlängerung der jetzigen Fahrtzeiten führt, wenn - wovon
auszugehen sei - der Verkehr auf der S 38 in der Ortslage L. durch bauliche oder
administrative Maßnahmen auf eine mittlere Fahrgeschwindigkeit von 30 km/h redu-
ziert wird. Auf den Vergleich der derzeitigen und künftigen Fahrtzeiten kommt es in-
dessen nicht an, weil es allein um die Frage geht, ob der Zielverkehr durch die Lage
der Anschlussstelle L.-Südost beeinflusst werden wird. Das ist nicht der Fall. Die
Verortung der Anschlussstelle ist nur für Nutzer der A 38 von Interesse. Zu diesem
Personenkreis gehören die Zielkunden, so wie sie die Klägerinnen definieren, nicht.
bb) Auf den gebrochenen Durchgangsverkehr, dem diejenigen Kunden (im Wesentli-
chen Pendler) angehören, die ihre Fahrt für einen Besuch des ... unterbrechen und
anschließend ihre Fahrt zu ihrem Ziel fortsetzen, wird sich der Standort der An-
schlussstelle in weit geringerem Maße auswirken, als dies die Klägerinnen befürch-
ten. Von Interesse ist die Entfernung zwischen der Anschlussstelle und dem ... für
Kunden, die als Verbindung zur A 14 zurzeit die S 38 und die S 43 nutzen und in Zu-
kunft die A 38 nutzen werden. Dass ein Teil dieser Kunden durch die gewählte An-
ordnung der Anschlussstelle verloren gehen wird, hat das Regierungspräsidium in
Rechnung gestellt. Der Senat pflichtet ihm jedoch in der Prognose bei, dass sich der
Kundenkreis nicht in signifikantem Umfang verkleinern wird. Die Teilnehmer des ge-
brochenen Durchgangsverkehrs, bei denen es sich ebenso wie bei den Teilnehmern
des Zielverkehrs nach der Begriffsbestimmung der Klägerinnen um Stammkunden
handelt, können an Tagen, in denen Einkäufe zu erledigen sind, ihre frühere Route
wählen und dabei einen Abstecher in den ... machen. An dem derzeitigen Straßen-
netz ändert sich zu ihrem Nachteil nichts. Da die S 38 weiterhin als Staatsstraße für
den Durchgangsverkehr gewidmet bleibt, sind verkehrsberuhigende, zu einem Zeit-
verlust führende Maßnahmen nirgends zu erwarten (vgl. § 45 Abs. 1 c Satz 2 StVO).
Bestätigt sieht sich der Senat in der Einschätzung, dass die Lage der Anschlussstelle
keinen nennenswerten Einfluss auf den gebrochenen Durchgangsverkehr von und
zur A 14 haben wird, durch die Äußerung von Prof. M., dass "die Probleme … nicht
bei der A 38" lägen (S. 16 der Verkehrsuntersuchung). Der Gutachter sieht die wirt-
schaftlichen Nachteile für den ... primär in der Verlagerung des Nord-Süd-Verkehrs
auf die K 7925, die künftig in der S 38a aufgehen wird. Ob die S 38a, die mit der K
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7925 eine relativ gradlinige Verbindung zwischen L. und der B 95 bei E. herstellt, ü-
berhaupt Kraftfahrzeugverkehr aufnehmen wird, der bislang auf der S 38 am ... vor-
beiführt, kann offen bleiben; denn da auch das Konzept der Klägerinnen eine Ver-
knüpfung der S 38a mit der K 7925 südlich der Wiesengrundsiedlung vorsieht, ließe
sich mit seiner Umsetzung nicht verhindern, dass Kraftfahrer, die zwischen L. und
E./B 95 unterwegs sind, die S 38 meiden.
cc) Der zu erwartende Verlust an Zufallskunden, deren Anteil am Gesamtkundenauf-
kommen nach Angaben der Klägerinnen lediglich 3 % beträgt, ist hauptsächlich auf
die Existenz der A 38 und erst in zweiter Linie auf den Standort der Anschlussstelle
L.-Südost zurückzuführen. Deren von den Klägerinnen bevorzugte Lage mag allen-
falls Kraftfahrer ansprechen, die, von der A 14 in Richtung Westen fahrend, auf den
... aufmerksam werden und ihre Entscheidung für einen Besuch von der Entfernung
der nächsten Abfahrt abhängig machen. Ihre Anzahl wird naturgemäß gering sein.
Kraftfahrer, die die A 38 in West-Ost-Richtung befahren, werden auch durch die von
den Klägerinnen gewünschte Verschiebung der umstrittenen Anschlussstelle nach
Osten nicht als Zufallskunden des ... erreicht, weil dieser frühestens bei der Querung
der S 38 ins Blickfeld gerät.
In welcher Höhe sich die finanziellen Verluste der Klägerinnen bewegen werden,
lässt sich nicht konkret berechnen. Das ist auch nicht nötig. Es reicht aus, dass die
Klägerinnen die behaupteten Umsatzeinbußen nicht schlüssig dargelegt und die
Prognose des Regierungspräsidiums, die Einbußen würden keine existenzbedro-
henden Ausmaße annehmen, nicht erschüttert haben.
b) Der Verzicht auf die Verschiebung der Anschlussstelle zur Verringerung der Um-
satzeinbußen in einer realistischen Größenordnung hält sich im Rahmen des planeri-
schen, vom Gericht zu respektierenden Abwägungsspielraums. Das Regierungsprä-
sidium hat die Vorzüge und Nachteile der zur Wahl stehenden Standortalternativen
zueinander und zu den wirtschaftlichen Folgen für die Klägerinnen in Beziehung ge-
setzt. Es hat den vom Vorhabenträger vorgesehenen Standort vorgezogen, weil die
Alternativplanung der Klägerinnen seiner Ansicht nach gravierende Schwachpunkte
aufweist, die auch durch die Vorteile für die wirtschaftliche Situation der Klägerinnen
nicht wettgemacht würden. Im Planfeststellungsbeschluss wird die Variante der Klä-
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gerinnen im Wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, sie sehe - erstens - im Be-
reich der Anschlussstelle eine Doppelkurve, die eine starke Einschränkung der
Sichtverhältnisse mit sich bringe und daher aus Gründen der Verkehrssicherheit
problematisch sei, und - zweitens - nach Abhängung der derzeitigen K 7923/6523
von der K 7925 eine Wiederanbindung des Gewerbestandorts westlich der Eisen-
bahnstrecke Leipzig-Chemnitz an die S 38a in zu kurzer Entfernung zur östlichen
Anschlussrampe vor, erfordere - drittens - die kostenträchtige Errichtung und Unter-
haltung eines zusätzlichen Brückenbauwerks, weil die K 7925 über die A 38 geführt
werden müsse, habe - viertens - durch die Anordnung einer Überführung der S 38a
und der Autobahnanschlussstelle westlich G. nicht nur eine Erhöhung des Flächen-
bedarfs zur Folge, sondern auch die Notwendigkeit, die S 38a südöstlich der Sied-
lung Wiesengrund ebenfalls in Dammlage zu führen, und erkaufe - fünftens - die Vor-
teile einer direkten Verbindung zwischen der Ortslage G. und der A 38 sowie der
Verkürzung der Fahrzeit und Fahrstrecke zwischen der S 38a (westlich L.) und dem
... mit einer Verlängerung der Fahrzeit und Fahrstrecke für Kraftfahrer aus den Orts-
lagen Gü., S. und D.-M. zum ... sowie einem rund 1 km längeren Weg zwischen der
Stadt L. und der Anschlussstelle L.-Südwest. Diese Erwägungen bieten zu Bean-
standungen keinen Anlass. Auch die Klägerinnen treten ihnen nicht substantiiert ent-
gegen. Mit ihrem bloßen Einwand, die behördlichen Argumente seien nicht stichhal-
tig, ist es nicht getan. Mit der erst im Klageverfahren vorgestellten Kompromisslö-
sung, die statt der Verlegung der Anschlussstelle eine ungehinderte Zufahrt nach G.
ohne Lichtsignalanlagen und Knotenpunkte vorsieht, lässt sich die Rechtmäßigkeit
des Planfeststellungsbeschlusses nicht in Frage stellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 Satz 1 VwGO, § 100 Abs. 1
ZPO.
Halama
Prof. Dr. Rojahn
Prof. Dr. Rubel
Gatz
Dr. Jannasch
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B e s c h l u s s
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 50 000 € festgesetzt.
Halama
Prof. Dr. Rojahn
Prof. Dr. Rubel
Gatz
Dr. Jannasch