Urteil des BVerwG vom 30.10.2002

Aufschiebende Wirkung, Stadt, Gesetzliche Frist, Zustand

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IM NAMEN DES VOLKES
GERICHTSBESCHEID
BVerwG 4 A 5.02 und 4 VR 2.02
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 30. Oktober 2002
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. P a e t o w und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
Prof. Dr. Dr. B e r k e m a n n , H a l a m a ,
Prof. Dr. R o j a h n und G a t z
für Recht erkannt:
- 2 -
I. Die Klage gegen den Planfeststellungsbe-
schluss des Beklagten vom 20. Dezember 2001 zur
Änderung des Planfeststellungsbeschlusses des
Beklagten vom 16. September 1999 wird abgewie-
sen.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden
Wirkung der Klage wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Klage-
verfahrens und des Anordnungsverfahrens.
III. Der Wert des Streitgegenstandes wird für
das Klageverfahren auf 50 000 €, für das Anord-
nungsverfahren auf 20 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
I.
1. Die Klägerin ist eine Agrargenossenschaft. Sie wendet sich
gegen den Planfeststellungsbeschluss des beklagten Regierungs-
präsidiums Chemnitz vom 20. Dezember 2001 zur Änderung des
Planfeststellungsbeschlusses vom 16. September 1999. Die Plan-
feststellung betrifft den Ausbau der Bundesautobahn A 4. Ge-
genstand des ergänzenden Planfeststellungsbeschlusses ist die
Vervollständigung landschaftspflegerischer Ausgleichs- und Er-
satzmaßnahmen. Durch sie sollen Eingriffe in Natur und Land-
schaft ausgeglichen werden. Der angegriffene ändernde Plan-
feststellungsbeschluss sieht dazu die Inanspruchnahme von etwa
6,35 ha Fläche für die landespflegerische Maßnahme E 4 vor.
Die benötigte Fläche steht derzeit im Eigentum der Bundesrepu-
blik Deutschland. Diese hat die Fläche durch die ... GmbH ...
an die Klägerin verpachtet. Das Pachtverhältnis ist auf das
Jahr 2010 befristet. Die Klägerin strebt eine Verlängerung des
Pachtverhältnisses oder den Kauf der Pachtfläche an.
- 3 -
2. Die Klägerin hat fristgemäß gegen den Planfeststellungsbe-
schluss vom 20. Dezember 2001 Klage erhoben. Mit ihr macht sie
die Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses geltend.
Dazu trägt sie im Wesentlichen vor:
Bei der beanspruchten Fläche handele es sich um eine Hauptfut-
terfläche für die von der Klägerin betriebene Milchwirtschaft.
Die Fläche habe für den Betrieb existenzielle Bedeutung. Sie
sei ferner für die Entsorgung der anfallenden Gülle notwendig.
Die beanspruchte Fläche sei auch nicht geeignet, das land-
schaftspflegerische Ziel zu erreichen. Ein naturschutzrechtli-
cher Ausgleich sei zudem auf anderen Flächen möglich. Das wür-
de den klägerischen Betrieb weniger beeinträchtigen. Bereits
im Aufstellungsverfahren habe sie dazu Vorschläge unterbrei-
tet, mit denen sich die Planfeststellungsbehörde jedoch nicht
hinreichend auseinander gesetzt habe. Es müsse davon ausgegan-
gen werden, dass die Behörde nicht hinreichend geprüft habe,
ob nicht weniger einschneidende Maßnahmen auf anderen
Grundstücken hätten getroffen werden können. Die Klägerin habe
außerdem im Zusammenhang mit dem Ausbau der Bundesautobahn be-
reits erhebliche Flächenverluste hinnehmen müssen.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums
Chemnitz vom 20. Dezember 2001 zur Änderung des Planfest-
stellungsbeschlusses des Regierungspräsidiums Chemnitz vom
16. September 1999 insoweit aufzuheben, als hiervon die in
dem Grunderwerbsverzeichnis der DEGES Deutsche Einheit
Fernstraßen-, Planungs- und -Bau GmbH vom 21. November 2000
- Unterlage 14.2 b lfd. Nr. 01.1 bis 11.1 - aufgeführten
Grundstücke der Gemarkung A., Fl-Nr. 1019/1, 1019/2, 1019
d, 1019 e, 1019 f, 1019 i, 1019 m, 1019 n, 1019 p, 1019 q,
1019 u mit einer Gesamtfläche von ca. 6,35 ha betroffen
sind.
- 4 -
Der Beklagte, der die Abweisung der Klage beantragt, vertei-
digt die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses und
legt dar, aus welchen Gründen ein Zugriff auf andere Flächen
nicht in Betracht gekommen sei.
3. Die Klägerin hat zudem beantragt, die aufschiebende Wirkung
ihrer Klage anzuordnen. Der Beklagte weist dazu daraufhin,
dass der Planfeststellungsbeschluss den Sofortvollzug bis
1. Oktober 2002 ausgesetzt habe (vgl. PFB S. 9). Die Klägerin
hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung mit
Schriftsatz vom 18. Oktober 2002 erneut gestellt.
4. Der Berichterstatter hat die Sach- und Rechtslage am
15. August 2002 mit den Beteiligten erörtert und das im Klage-
antrag bezeichnete Gelände in Augenschein genommen. Die Betei-
ligten haben daraufhin ergänzend vorgetragen.
II.
Das Gericht macht von der ihm durch § 84 VwGO eröffneten Mög-
lichkeit Gebrauch, über die Klage ohne mündliche Verhandlung
durch Gerichtsbescheid zu entscheiden. Der Streitfall weist
keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtli-
cher Art auf. Die Beteiligten sind dazu unter Hinweis auf die
vom Berichterstatter vorläufig beurteilte Rechtslage gehört
worden.
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
1. Das Bundesverwaltungsgericht ist als Gericht der Hauptsache
zuständig. Das angegriffene Planvorhaben wird von § 1 Abs. 1
Nr. 5 des Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes
- VerkPBG - vom 16. Dezember 1991 (BGBl I S. 2174) erfasst.
- 5 -
Der Planfeststellungsbeschluss vom 20. Dezember 2001 betrifft
eine im Gebiet der neuen Bundesländer liegende Bundesfernstra-
ße im Sinne der §§ 1, 17 Abs. 1 des Bundesfernstraßengesetzes
- FStrG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. April 1994
(BGBl I S. 854).
Die Klagebefugnis besteht. Die Klägerin kann als Pächterin des
betroffenen Grundeigentums geltend machen, durch den angegrif-
fenen Planfeststellungsbeschluss in ihren Rechten verletzt zu
sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. August 1996 - BVerwG 4 A
29.95 - Buchholz 407.4 § 19 FStrG Nr. 8 = NVwZ 1997, 486).
2. Die Klage ist nicht begründet. Die Klägerin wird durch den
angegriffenen Planfeststellungsbeschluss nicht in ihren Rech-
ten als Pächterin der benötigten Fläche verletzt (vgl. § 113
Abs. 1 Satz 1 VwGO).
2.1 Die Klägerin trägt keine durchgreifenden Verfahrensfehler
im Verfahren der Planaufstellung vor. Es kann keine Rede davon
sein, dass die Klägerin im Verfahren der Planaufstellung nicht
beizeiten gehört wurde. Die Klägerin hatte - wie die beigezo-
genen Verfahrensakten ausweisen - in jeder Hinsicht die Mög-
lichkeit, sich mit Einwendungen gegen die Inanspruchnahme zu
wehren. Sie hat von dieser Möglichkeit schriftlich und im be-
hördlichen Erörterungstermin auch Gebrauch gemacht.
2.2 Auch durchgreifende inhaltliche Fehler bestehen nicht. Das
Gericht prüft insoweit lediglich das Vorbringen im Anordnungs-
und Hauptsacheverfahren. Diese Prüfung ergibt nicht, dass der
angegriffene Planfeststellungsbeschluss auf einem Abwägungs-
fehler oder auf einem anderen Rechtsfehler beruht. Die Inan-
spruchnahme der für die Durchführung von naturschutzrechtli-
chen Ersatzmaßnahmen benötigten Pachtfläche von 6,35 ha ist
rechtmäßig.
- 6 -
2.2.1 § 19 Abs. 1 FStrG bildet die erforderliche gesetzliche
Ermächtigungsgrundlage, um zugunsten landespflegerischer Maß-
nahmen im Planfeststellungsbeschluss ggf. auch eine Enteignung
vorzunehmen (BVerwG, Urteil vom 28. Januar 1999 - BVerwG 4 A
18.98 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 146 = NVwZ-RR 1999, 629;
Urteil vom 23. August 1996 - BVerwG 4 A 29.95 - a.a.O.). Für
Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen kommen allerdings nur solche
Flächen in Betracht, die in ökologischer Hinsicht aufwertungs-
bedürftig und -fähig sind. Diese Voraussetzung erfüllen sie,
wenn sie in einen Zustand versetzt werden können, der sich im
Vergleich mit dem früheren Zustand als ökologisch höherwertig
einstufen lässt (BVerwG, Gerichtsbescheid vom 10. September
1998 - BVerwG 4 A 35.97 - Buchholz 406.401 § 8 BNatSchG Nr. 25
= NVwZ 1999, 532). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.
a) Die Planfeststellungsbehörde hat in ihrer Entscheidung der
Sache nach die für die beabsichtigte Ersatzmaßnahme vorgesehe-
nen Grundstücke zutreffend erfasst. Das hiergegen gerichtete
Vorbringen der Klägerin ist unerheblich.
Die Klägerin trägt erstmals mit Schriftsatz vom 29. Mai 2002
vor, Gegenstand der planfestgestellten Maßnahme E 4 sei nicht
das Flurstück Nr. 329, wie der Planfeststellungsbeschluss an-
nehme (vgl. PFB S. 7). Das Flurstück Nr. 329 erfasse die Er-
satzmaßnahmen E 2 und E 3. Die planfestgestellte Ersatzmaßnah-
me E 4 erfasse Flächen mit anderen Flurbezeichnungen. Die Klä-
gerin folgert aus ihrem Vorbringen, dass die angegriffene Ent-
scheidung der Planfeststellungsbehörde unter einem Abwägungs-
ausfall leide.
Das Vorbringen greift nicht durch. Die Planfeststellungsbehör-
de hat sich in der Sache nicht geirrt. Die bestehende Verwech-
selung der Bezeichnungen hat der Beklagte in seiner Klageerwi-
derung klargestellt. Das ist im Erörterungstermin vom
15. August 2002 nochmals klargestellt worden. Sachliche Fehler
- 7 -
bestehen nicht. Die dem Gericht vorliegenden Verfahrensakten
der Planfeststellungsbehörde ergeben, dass sowohl die im Auf-
stellungsverfahren angehörte Klägerin als auch die Planfest-
stellungsbehörde sich einig darüber waren, über welche Bele-
genheit sie sprachen. Das ergibt sich mit großer Deutlichkeit
auch aus der Niederschrift über die Anhörung der Klägerin vom
27. September 2001. Die Beteiligten haben stets über dieselbe
Fläche von 6,35 ha gesprochen. Die so von beiden Seiten ge-
meinte Fläche war alsdann auch Gegenstand der Planfeststellung
als Sachentscheidung. Ohnedies kann die Planfeststellungsbe-
hörde eine nur fehlerhafte Bezeichnung jederzeit berichtigen
(vgl. § 42 VwVfG). Ihre Sachentscheidung wird davon nicht be-
rührt.
b) Die vorgesehenen Flächen können in einen Zustand versetzt
werden, der sich im Vergleich mit dem früheren Zustand als
ökologisch höherwertig einstufen lässt. Das dagegen gerichtete
Vorbringen der Klägerin ist unzulässig, jedenfalls unbegrün-
det. Die Klägerin trägt vor, es sei bereits ein ökologisch
hochwertiger Zustand erreicht, der eine weitere Aufwertung
nicht mehr zulasse.
Das Vorbringen der Klägerin steht bereits mit dem übrigen ei-
genen Vorbringen in Widerspruch. Sollte eine weitere ökologi-
sche Aufwertung aus tatsächlichen Gründen ausgeschlossen sein,
dann ist damit die von der Klägerin erstrebte Fortsetzung der
landwirtschaftlichen Nutzung unvereinbar. Das bedarf hier in-
des keiner abschließenden Beurteilung. Die Erheblichkeit des
klägerischen Vorbringens scheitert aus prozessualen Gründen.
Die naturfachliche Stellungnahme in der Ergänzung zum Land-
schaftspflegerischen Begleitplan (Unterlage 12.1 - Stand De-
zember 2000) weist des Näheren die Möglichkeit ökologisch aus-
gerichteter Aufwertungsmaßnahmen auf. Die Klägerin kann die
sachliche Richtigkeit zwar bestreiten. Das muss indes in einer
Weise geschehen, dass das Gericht gehalten ist, durch einen
- 8 -
gerichtlichen Sachverständigen die Sachlage zu klären. Dazu
ist erforderlich, dass die Voraussetzungen vorliegen, nach de-
nen das Gericht ein "Obergutachten" einzuholen hat. Das Einho-
len eines zusätzlichen Sachverständigengutachtens oder einer
gutachterlichen Stellungnahme liegt nach § 98 VwGO in Verbin-
dung mit § 404 Abs. 1, § 412 Abs. 1 ZPO im Ermessen des Tatsa-
chengerichtes (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. März 1992
- BVerwG 4 B 39.92 - NVwZ 1993, 268; Beschluss vom 23. April
1996 - BVerwG 11 B 96.95 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1
VwGO Nr. 10 = NVwZ 1996, 1010). Das klägerische Vorbringen
bietet für eine Ermittlung des Gerichts keine geeignete Grund-
lage.
aa) Das klägerische Vorbringen ergibt nicht, dass das benötig-
te Flurstück für die vorgesehenen landschaftspflegerischen
Maßnahmen ungeeignet ist. Die Klägerin behauptet dazu, die be-
anspruchte Fläche könne im Sinne der Rechtsprechung ökologisch
nicht aufgewertet werden, weil sie bereits von ökologisch ho-
hem oder höchstem Wert sei (Beweis: Zeugnis S. K., Sachver-
ständigengutachten).
Das Beweisanerbieten ist unbeachtlich, weil es - wie ausge-
führt - bereits mit dem bisherigen eigenen Vortrag in Wider-
spruch steht. Die Klägerin trägt selbst vor, sie benötige die
Fläche als Hauptfutterfläche im Rahmen der von ihr betriebenen
Milchwirtschaft. Sie hat also keineswegs vor, den naturhaften
Zustand unberührt zu lassen. Widersprüchlichem Parteivortrag
braucht das Gericht nicht nachzugehen. Vielmehr ergibt das ei-
gene weitere Vorbringen der Klägerin gerade, dass die bean-
spruchte Fläche geeignet ist, als eine ökologisch aufwertbare
Fläche im Sinne des § 9 Abs. 3 des Sächsischen Gesetzes über
Naturschutz und Landschaftspflege - SächsNatSchG - in der Fas-
sung der Bekanntmachung vom 11. Oktober 1994 (GVBl S. 1601) zu
dienen. Darüber hinaus ist das Beweisangebot untauglich. Dass
benannte Zeugin fähig ist, die naturfachliche Frage zu beur-
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teilen, wird nicht dargetan. Der nur allgemeine Verweis auf
ein Gutachten eines Sachverständigen genügt ebenfalls nicht.
Da dem Planfeststellungsbeschluss bereits eine fachliche Stel-
lungnahme zugrunde liegt, bedarf es gesonderter Darlegung, aus
welchen Gründen diese Stellungnahme zu Zweifeln Anlass gibt
(vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Januar 1982 - BVerwG 7 B
254.81 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 137 = NVwZ 1982,
309; Urteil vom 5. Dezember 1986 - BVerwG 4 C 13.85 - BVerwGE
75, 214). Daran fehlt es.
Die klägerische Annahme, zwischen der Eingriffsweise und den
getroffenen Maßnahmen des Ausgleiches oder des Ersatzes müsse
gemäß § 9 Abs. 3 SächsNatSchG eine "Ähnlichkeit" bestehen,
trifft nicht zu. Maßgebend ist allein eine Bilanzierung der
Kompensation. Zulässig ist, durch eine gezielt höherwertige
ökologische Aufwertung eine geringere Fläche in Anspruch zu
nehmen, als es der Eingriffsfläche hinsichtlich des dort vor-
genommenen Eingriffs entspricht. Eine eher formale Gleichar-
tigkeit wird nicht gefordert. Auch eine Gleichwertigkeit kann
- davon geht auch § 9 Abs. 3 SächsNatSchG aus - genügen (vgl.
BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2000 - BVerwG 4 A 18.99 -
Buchholz 406.401 § 8 BNatSchG Nr. 29 = NVwZ 2001, 673).
Ergänzend wird bemerkt: Ein weiteres Vorbringen der Klägerin
würde zu einer gemäß § 5 Abs. 3 VerkPBG in Verbindung mit
§ 87 b Abs. 3 VwGO zu beachtenden Verzögerung in der Erledi-
gung des Rechtsstreits führen.
c) Die beanspruchte Fläche erfüllt auch die tatbestandsmäßigen
Voraussetzungen einer nach § 9 Abs. 3 SächsNatSchG zu beurtei-
lenden Ersatzmaßnahme. Die hiergegen gerichteten Einwendungen
der Klägerin treffen nicht zu.
aa) Die festgelegte Ersatzmaßnahme verlangt nicht, dass ein
unmittelbarer funktionaler Zusammenhang zwischen Eingriffsort
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und Ort der Maßnahme besteht. Dies ist nur bei einer Aus-
gleichsmaßnahme geboten (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. September
1990 - BVerwG 4 C 44.87 - BVerwGE 85, 348 <360> = NVwZ 1991,
364; Urteil vom 23. August 1996 - BVerwG 4 A 29.95 - Buchholz
407.4 § 19 FStrG Nr. 8 = NVwZ 1997, 486; Gerichtsbescheid vom
10. September 1998 - BVerwG 4 A 35.97 - a.a.O.).
Eine unmittelbare Wechselwirkung zwischen der Fläche des Ein-
griffs und der Fläche für die vorgesehene Kompensationsmaßnah-
me ist nicht geboten. § 9 Abs. 3 SächsNatSchG bestimmt nicht,
dass nur Ausgleichsmaßnahmen zu treffen sind. Vielmehr ist ge-
nügend, wenn der Verursacher bei nicht ausgleichbaren Eingrif-
fen die durch den Eingriff gestörten Funktionen des Naturhaus-
haltes oder des Landschaftsbildes in dem vom Eingriff betrof-
fenen Natur- und Landschaftsraum durch Ersatzmaßnahmen mög-
lichst gleichwertig wiederherstellt. Der sächsische Gesetzge-
ber verlangt mithin nicht, dass die Ersatzmaßnahme gerade auf
den Eingriffsort zurückwirkt. Vielmehr lässt er es genügen,
dass überhaupt eine räumliche Beziehung zwischen dem Ort des
Eingriffs und der Durchführung der Maßnahme besteht. Dafür
maßgebend ist der vom Eingriff betroffene Natur- und Land-
schaftsraum.
Diesen räumlichen Anforderungen genügt die planfestgestellte
Maßnahme. Welche räumliche Entfernung im Sinne des § 9
SächsNatSchG maßgebend sein kann, lässt sich nicht allgemein,
geschweige denn metrisch festlegen. Welches der Bereich des
vom Eingriff betroffenen Natur- und Landschaftsraums ist, er-
gibt sich aus einer bewertenden Betrachtung. Dafür kommt den
örtlichen Gegebenheiten ein maßgebendes Gewicht zu. Die hier
gegebene "Nähe" der Fläche für die vorgesehene Ersatzmaßnahme
und dem Eingriffsort ist (noch) hinreichend sachbezogen. Das
ergibt sich jedenfalls dann, wenn die Fläche Teil eines
nächstgelegenen Landschaftsschutzgebietes und/oder eines ge-
meldeten FFH-Gebietes und dort aufwertungsfähig ist. Der Be-
- 11 -
klagte hat im gerichtlichen Verfahren vorgetragen, die in An-
spruch genommene Fläche sei Teil eines übergeleiteten Land-
schaftsschutzgebietes, das seinerseits entsprechend in den
Entwurf eines Regionalplanes Chemnitz/Erzgebirge aufgenommen
worden sei, und ferner Teil eines gemeldeten FFH-Gebietes.
Dieses Vorbringen weist hinreichend auf, dass die Planfest-
stellungsbehörde mit guten Gründen von einer ökologisch zu-
treffenden Beurteilung ausgegangen ist.
Die dagegen erhobenen Bedenken der Klägerin greifen nicht
durch. Der Beklagte hat durch eine Stellungnahme des zuständi-
gen Fachreferates vom 21. August 2002 dargelegt, dass sich die
im Klageantrag bezeichneten Flächen innerhalb des Landschafts-
schutzgebietes "Mulden- und Chemnitztal" befinden. Das Gericht
hat keinen Anlass, die Richtigkeit dieser Angaben zu bezwei-
feln. Insbesondere gibt ihm das nur pauschale Bestreiten der
Klägerin dazu keinen Grund. Der Beklagte war auch nicht ver-
pflichtet, den Beschluss des Rates des Bezirks Karl-Marx-Stadt
vom 12. Juli 1968 vorzulegen. Maßgebend ist allein, ob die
Planfeststellungsbehörde im Zeitpunkt der Planfeststellung von
einer zutreffenden Beurteilung der ökologischen Lage ausgegan-
gen ist. Das ist durch drei Umstände hinreichend belegt. Be-
reits der Rat des Bezirks Karl-Marx-Stadt hat sich von der be-
sonderen Schutzwürdigkeit des Gebietes überzeugt. Das Gebiet
ist ferner entsprechend seiner Wertigkeit in den Entwurf des
Regionalplanes Chemnitz/Erzgebirge aufgenommen worden. Auch
wenn im Zeitpunkt der Planfeststellung die Rechtsverbindlich-
keit des Regionalplanes noch nicht gegeben war, durfte die
Planfeststellungsbehörde die Aufnahme in den Plan als Indiz
für die fachlich anerkannte Wertigkeit des Gebietes ihrer Be-
urteilung zugrunde legen. Schließlich wird das Gebiet als po-
tentielles FFH-Gebiet gemäß Art. 4 FFH-RL angesehen und wurde
inzwischen gemeldet. Damit ist das Gebiet als ökologisch be-
sonders bedeutsam anerkannt worden. Dass die Klägerin die Tat-
sache der Meldung "vorsorglich" bestreitet, ist nicht geeig-
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net, die Richtigkeit der Darstellung des zuständigen Fachrefe-
rates vom 21. August 2002 in Zweifel zu ziehen.
bb) Die Inanspruchnahme der Fläche für Ersatzmaßnahmen ist
auch nicht aus naturschutzrechtlichen Gründen unzulässig. Die
Klägerin meint dazu, in einem angenommenen Landschaftsschutz-
gebiet seien Ersatzmaßnahmen rechtlich als Veränderungen des
Gebietes zu beurteilen. Die Voraussetzungen für eine alsdann
erforderliche Befreiung seien nicht gegeben.
Das klägerische Vorbringen zeigt nicht auf, dass die Fläche
aus Rechtsgründen ungeeignet ist, die Ersatzmaßnahmen durch-
führen zu können. Eine Verbesserung des bestehenden Naturzu-
standes durch eine ökologisch begründete Aufwertung des Natur-
haushaltes wird durch keinen förmlichen Landschaftsschutz aus-
geschlossen. Die von der Klägerin angenommene Notwendigkeit
einer naturschutzrechtlichen Befreiung besteht dafür nicht.
Eine Aufwertung dient gerade der Zielsetzung des Naturschut-
zes. Bei dieser Rechtslage kann dahinstehen, ob sich die Klä-
gerin in dem Rechtsstreit noch redlich verhält, wenn sie für
das angenommene Landschaftsschutzgebiet eine landwirtschaftli-
che Nutzung für sich in Anspruch nehmen will.
cc) Die Inanspruchnahme der Fläche für Ersatzmaßnahmen schei-
tert aus den vorstehenden Gründen auch nicht daran, dass es
sich um ein nach Art. 4 FFH-RL gemeldetes FFH-Gebiet handelt.
Dazu bedarf es auch der von der Klägerin begehrten Aufklärung
nicht, ob prioritäre Lebensraumtypen oder prioritäre Arten
vorhanden sind. Das hierauf gerichtete klägerische Vorbringen
ist unsubstantiiert und spekulativ und insoweit letztlich auf
eine Verzögerung des Rechtsstreites ausgerichtet. Eine Schutz-
erklärung nach § 33 Abs. 3 BNatSchG kann derzeit nicht vorlie-
gen, weil bislang die Kommission der EU eine Liste der Gebiete
von gemeinschaftlicher Bedeutung noch nicht übermittelt hat.
- 13 -
Die Klägerin gibt in ihrem nunmehrigen Vorbringen auch keiner-
lei Anhalt dafür, dass es sich bei der Fläche um ein fakti-
sches Vogelschutzgebiet handeln könnte.
2.2.2 Bei der notwendigen Auswahl der in Betracht kommenden
ökologisch geeigneten Flächen ist der Grundsatz der Verhält-
nismäßigkeit zu beachten (BVerwG, Urteil vom 1. September 1997
- BVerwG 4 A 36.96 - BVerwGE 105, 178 <185> = NVwZ 1998, 504).
Die Planfeststellungsbehörde ist diesen Anforderungen gerecht
geworden.
a) Die Planungsbehörde ist im Aufstellungsverfahren den Ein-
wendungen der Klägerin konkret nachgegangen, ob geeignetere
Standorte zur Verfügung stehen, um den Zielen der landespfle-
gerischen Planung gerecht werden zu können. Sie hat im Einzel-
nen andere Flächen dahin überprüft, ob sie als Kompensations-
flächen in tatsächlicher oder in rechtlicher Hinsicht geeignet
seien. Dies hat die Behörde verneint (vgl. PFB S. 8). Die
Planfeststellungsbehörde hat dazu drei Bereiche dahin unter-
sucht, ob Möglichkeiten der Kompensation bestünden. Das hie-
rauf bezogene klägerische Vorbringen ergibt nicht, dass die
von der Planfeststellungsbehörde im Planfeststellungsbeschluss
vorgenommene Beurteilung fehlerhaft ist.
aa) Die Planfeststellungsbehörde hat geprüft, ob man auf ge-
eignete Flächen in der Stadt Chemnitz zurückgreifen könne
(vgl. PFB S. 8). Dies hat die Behörde aufgrund der ihr vorlie-
genden Stellungnahme der Stadt verneint. Das Klagevorbringen
zeigt nicht auf, dass die Beurteilung der Behörde in tatsäch-
licher oder rechtlicher Hinsicht von unzutreffenden Vorausset-
zungen ausgegangen ist.
Die Klägerin hat in ihrem Schreiben vom 15. Juni 2000 Vor-
schläge für Ausgleichsflächen unterbreitet. Die hierzu befrag-
te Stadt Chemnitz hat mit Schreiben vom 17. Juli 2000 nur das
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Flurstück 697/2 für geeignet angesehen. Das Flurstück
Nr. 480/1 wurde nicht geprüft. Die übrigen von der Klägerin
bezeichneten Grundstücke wurden nicht "befürwortet". Die Klä-
gerin hält es für ungenügend, dass sich die Planfeststellungs-
behörde mit einer derartigen Auskunft der Stadt Chemnitz zu-
frieden gab. Die Verfahrensweise der Planfeststellungsbehörde
ist nicht zu beanstanden. Die Planfeststellungsbehörde hat
sich mit ihrer Aufklärung an das Umweltamt der Stadt Chemnitz
als untere Naturschutzbehörde gewandt. Sie durfte davon ausge-
hen, dass ihr eine fachkundige Behörde antwortete. Die Kläge-
rin ist im Übrigen mit ihrem Vorbringen gemäß § 17 Abs. 4
FStrG teilweise präkludiert. Ihr ist mit Schreiben vom 8. Juni
2001 im Aufstellungsverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme
gegeben worden. Dabei wurde sie auf die Ausschlusswirkung ge-
mäß § 17 Abs. 4 FStrG hingewiesen (Verfahrensakte Bl. 145). In
ihrer fristgerecht abgegebenen Stellungnahme vom 20. Juni 2001
hat sie sich zwar auch auf das Schreiben vom 15. Juni 2000 be-
zogen und des Weiteren Ausgleichsmaßnahmen in der Gemarkung
Wittgensdorf vorgeschlagen (Verfahrensakte Bl. 142/143). Eine
Spezifizierung, welche Flächen hierbei in Betracht kommen
könnten, hat die Klägerin nicht vorgenommen. Dies ist auch in
ihrer Anhörung nicht geschehen. Bei dieser Sachlage kann der
Planfeststellungsbehörde nicht als Rechtsfehler vorgehalten
werden, es habe weitere Flächen auf ihre Tauglichkeit als Flä-
chen für Ersatzmaßnahmen untersuchen müssen.
bb) Die Planfeststellungsbehörde hat ferner die im Schreiben
der Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) vom
14. Februar 2000 benannten Flächen auf ihre Kompensationsfä-
higkeit geprüft und dies verneint. Das ergibt ebenfalls der
Planfeststellungsbeschluss (PFB S. 8). Soweit die Klägerin da-
zu vorträgt, die Behörde habe keine nähere Prüfung vorgenom-
men, ob die benannten Flächen als Alternativmöglichkeiten in
Betracht kämen, trifft dies nicht zu. Das Vorbringen der Klä-
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gerin zeigt auch nicht auf, dass die Annahmen des Planfest-
stellungsbeschlusses sachlich fehlerhaft sind.
cc) Schließlich ist die Behörde der im behördlichen Erörte-
rungstermin vom 27. September 2001 behandelten Frage nachge-
gangen, ob eine weitere alternative Fläche von 1,83 ha zur
Verfügung stehe. Das wurde ebenfalls verneint. Auch insoweit
zeigt das Klagevorbringen nicht auf, dass die Beurteilung der
Planfeststellungsbehörde fehlerhaft ist. Kommt die Klägerin
insoweit ihrer Obliegenheit des § 5 Abs. 3 VerkPBG zur subs-
tantiierenden Klagebegründung nicht nach, besteht für das an-
gerufene Gericht keine Ermittlungspflicht. Danach kann keine
Rede davon sein, dass die Planfeststellungsbehörde das Vor-
bringen der Klägerin im Einwendungsverfahren und im Erörte-
rungstermin im Wesentlichen außer Acht gelassen habe.
b) Die Klägerin trägt vor allem in ihren Schriftsätzen vom
29. Mai 2002 und vom 18. Oktober 2002 vor, die dort näher be-
zeichneten Flächen seien geeignet, um auf ihnen erforderliche
Ersatzmaßnahmen durchführen zu können. Das Vorbringen ergibt
nicht, dass die angegriffene Anordnung rechtswidrig ist.
aa) Die Klägerin ist ersichtlich der Auffassung, es sei im ge-
richtlichen Verfahren zulässig, weitere Flächen anzugeben, die
für Ersatzmaßnahmen im Sinne des § 9 Abs. 3 SächsNatSchG in
Betracht kämen. Diese Ansicht trifft nicht zu. Das Gericht
prüft allein die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlus-
ses. Dazu gehört im vorliegenden Zusammenhang, ob die für na-
turschutzrechtliche Ersatzmaßnahmen ausgewiesene Fläche den
Voraussetzungen des § 9 Abs. 3 SächsNatSchG entspricht oder ob
sich der Planfeststellungsbehörde die Berücksichtigung anderer
Flächen als geeignet hätte aufdrängen müssen. Maßgebend ist
die der Planfeststellungsbehörde im Verfahren der Planfest-
stellung erkennbare Sachlage. Diese wird unter anderem auch
durch das Vorbringen Betroffener bestimmt.
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Die Klägerin ist ferner mit ihrem nunmehrigen Vorbringen gemäß
§ 5 Abs. 3 VerkPBG in Verbindung mit § 87 b Abs. 3 VwGO ausge-
schlossen. Nach dieser Bestimmung hat ein Kläger im gerichtli-
chen Verfahren innerhalb einer Frist von sechs Wochen die Tat-
sachen anzugeben, durch deren Berücksichtigung oder Nichtbe-
rücksichtigung im Verwaltungsverfahren er sich beschwert
fühlt. Diese Frist beginnt mit Klageerhebung (vgl. BVerwG, Ur-
teil vom 30. August 1993 - BVerwG 7 A 14.93 - NVwZ 1994, 371).
Auf diese Rechtsfolge ist die anwaltlich vertretene Klägerin
durch richterliche Verfügung vom 18. März 2002 nochmals aus-
drücklich hingewiesen worden. Es handelt sich zudem um eine
gesetzliche Frist (BVerwG, Urteil vom 31. März 1995 - BVerwG
4 A 1.93 - BVerwGE 98, 126 <129> = NVwZ 1995, 901). Die Zulas-
sung des weiteren Vorbringens der Klägerin würde die Erledi-
gung des Rechtsstreites weiter verzögern. Der Rechtsstreit ist
entscheidungsreif. Darüber hinaus ergibt sich:
bb) Die Klägerin trägt vor, sie habe mit Schreiben vom
20. Juni 2001 an die DEGES (Deutsche Einheit Fernstraßen Pla-
nungs- und Bau GmbH) Alternativvorschläge für Ausgleichsflä-
chen unterbreitet. Das sei mit Schreiben vom 5. Juli 2001 wie-
derholt worden. Ein entsprechendes Schreiben sei der Planfest-
stellungsbehörde übermittelt worden. Auch dieses Vorbringen
vermag die Klage nicht zu begründen.
Aus dem klägerischen Vorbringen ergibt sich nicht, dass die
seinerzeit angegebenen Flächen besser zum Zwecke landespflege-
rischer Maßnahmen geeignet sind. Es ergibt sich insoweit nur,
dass die Klägerin gegenüber der DEGES oder der Planfeststel-
lungsbehörde auf entsprechende Flächen hingewiesen hat. In
welcher Hinsicht die benannten Flächen den Anforderungen des
landesrechtlichen Naturschutzrechtes genügen, wird nicht vor-
getragen. Das vorgelegte Schreiben des Staatlichen Amtes für
Landwirtschaft und Gartenbau mit Fachschule für Landwirtschaft
- 17 -
Mittweida vom 19. Juli 2001 enthält selbst keine weiterführen-
den Angaben über Kompensationsflächen. Das Beweisangebot
(Zeugnis: H. T.) ist nicht substantiiert. Ihm muss das Gericht
daher nicht nachgehen. Insbesondere wird nicht dargelegt, dass
das angeführte Amt kraft fachlicher Zuständigkeit eine eigene
naturfachliche Beurteilung über anderweitige Kompensationsflä-
chen abgeben kann. Das Schreiben des Regierungspräsidiums (Re-
ferat 82) vom 27. Juli 2001 wiederholt nur das Schreiben des
Staatlichen Amtes für Landwirtschaft. Es hat insoweit keine
eigene Aussagekraft.
Die von der Klägerin mitgeteilte Meinungsbildung befasster Be-
hörden ersetzt auch nicht den eigenen Vortrag, dass es eine
Alternativfläche gibt. Vielmehr ist dem Vorbringen nur zu ent-
nehmen, dass diese Behörden aus wirtschaftsstrukturellen Grün-
den Bedenken hinsichtlich des Verlustes der gepachteten Fläche
äußerten. Diese Bedenken betreffen indes nicht die hier erör-
terte und beweisbedürftige Frage, ob andere Flächen zum Zwecke
der naturschutzrechtlich als geboten angesehenen Kompensation
im Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses zur Verfügung
standen. Soweit die Klägerin auf ein Schreiben der Bodenver-
wertungs- und -verwaltungs GmbH vom 9. November 2001 hinweist,
ist diesem Vorbringen nicht zu entnehmen, welche geeigneten
Kompensationsflächen in dem Schreiben gerade im Hinblick auf
das Flurstück 329 angegeben wurden. Dasselbe gilt, soweit die
Klägerin auf ihre Schreiben vom 15. Juni 2000 verweist. Dem
Schreiben ist nur zu entnehmen, dass der DEGES als Vorha-
benträgerin Vorschläge unterbreitet wurden. Für die mit der
Klage geltend gemachte Rechtswidrigkeit kommt es indes nicht
darauf an, ob die Planfeststellungsbehörde entsprechende Vor-
schläge geprüft und sich mit ihnen inhaltlich auseinander ge-
setzt hat. Maßgebend ist allein, ob es im Vergleich zu dem
Pachtgelände von 6,35 ha andere, zumindest in gleicher Weise
naturfachlich geeignete Flächen tatsächlich gibt.
- 18 -
cc) Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 29. Mai 2002 weitere
Flächen "benannt", die nach ihrer Ansicht als Kompensations-
flächen genutzt werden könnten. Unabhängig davon, ob die Klä-
gerin mit diesem Klagevorbringen materiellrechtlich oder pro-
zessual ausgeschlossen ist, ergibt der Vortrag nicht die
Rechtswidrigkeit der im Planfeststellungsbeschluss getroffenen
Anordnung.
Die Klägerin behauptet, die bezeichneten Flächen seien geeig-
net, um der vorgesehenen Ersatzmaßnahme im Sinne des § 9
Abs. 3 SächsNatSchG zu dienen. Das ergibt sich aus dem Vor-
bringen indes nicht. Der Umfang der Flächen ist geringer als
die in Anspruch genommene Ersatzfläche. Die von der Klägerin
bezeichneten Flächen sind ferner nicht zusammenhängend. Damit
haben sie von vornherein eine geringere naturfachliche Bedeu-
tung. Bereits diese Unterschiede legen es nicht nahe, dass
sich die Planfeststellungsbehörde mit dieser nunmehr vorgetra-
genen anderweitigen Lösung von sich aus zu beschäftigen hatte.
Das ist der maßgebende Gesichtspunkt.
Aus dem Vorbringen der Klägerin ergibt sich schließlich auch
nicht, aus welchen Gründen die bezeichneten Flächen als Er-
satzmaßnahmen naturfachlich besser geeignet seien als die in
Anspruch genommene Fläche. Selbst wenn die angegebenen Flächen
nur in derselben Weise naturfachlich für Kompensationsmaßnah-
men geeignet wären wie die im Planfeststellungsbeschluss vor-
gesehenen, ergäbe sich daraus die Rechtswidrigkeit der zum
Nachteil der Klägerin getroffenen Anordnung nur, wenn die
Planfeststellungsbehörde eine sachwidrige Auswahl getroffen
hätte. Auch dies ist - wie noch darzulegen ist - nicht der
Fall.
dd) Das Vorbringen der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom
18. Oktober 2002 führt - unabhängig von der bestehenden pro-
- 19 -
zessualen Präklusion des Vorbringens - zu keinem anderen Er-
gebnis.
aaa) Die Klägerin trägt vertiefend zu den Flurstücken Nr. 669
der Gemarkung Wittgensdorf (etwa 1,2 ha), Nr. 691 der Gemar-
kung Wittgensdorf (etwa 0,64 ha) und Nr. 480/1 und Nr. 536 der
Gemarkung Pleißa (zusammen etwa 2,02 ha) vor. Es ist nur zu
wiederholen, dass die Entscheidung der Planfeststellungsbehör-
de - unabhängig von anderen Gründen - sachgerecht ist, eine
hinreichend geschlossene Fläche als besser geeignet auszuwäh-
len. Deshalb ist das klägerische Vorbringen unerheblich, ob
einzelne Teilflächen ökologisch aufwertungsfähig sind und
überhaupt zur Verfügung stehen. Auf die Beweisangebote kommt
es aus Rechtsgründen nicht an.
bbb) Die Klägerin verweist nochmals auf die Flurstücke
Nr. 223, 223 b und 224 der Gemarkung Borna (etwa 3,0 ha). Die
Flächen stehen im Eigentum der Stadt Chemnitz. Davon ist die
Klägerin in ihrem Schreiben vom 15. Juni 2000 selbst ausgegan-
gen. Die Stadt Chemnitz hat in ihrem Schreiben vom 9. August
2000 der Planfeststellungsbehörde mitgeteilt, dass sie die
Flächen für eigene Ausgleichsmaßnahmen benötigt. Diesen Sach-
verhalt hält der Planfeststellungsbeschluss fest (vgl. PFB
S. 8). Das nunmehrige Klagevorbringen ergibt nicht, dass die
Planfeststellungsbehörde insoweit von einem unzutreffenden
Sachverhalt ausgegangen ist.
Es ist nicht sachwidrig, wenn die Planfeststellungsbehörde in
der Wahl geeigneter Flächen berücksichtigte, dass die Stadt
Chemnitz ihrerseits auf die in ihrem Eigentum stehenden Flä-
chen zur Erfüllung naturschutzrechtlicher Kompensationsmaßnah-
men zugreifen will.
2.2.3 Auch wenn man zugunsten der Klägerin unterstellt, dass
die Möglichkeit einer zumindest geringeren anderweitigen Kom-
- 20 -
pensation gegeben ist, ist die Entscheidung der Planfeststel-
lungsbehörde im Hinblick auf den geltend gemachten Eigentums-
schutz nicht rechtswidrig. Die Planfeststellungsbehörde hat
nämlich ergänzend geprüft, ob die Inanspruchnahme unverhält-
nismäßig sei. Die Behörde hat dazu als Maßstab die geltend ge-
machte Existenzgefährdung der Klägerin zugrunde gelegt. Eine
derartige Gefährdung hat sie allerdings verneint. Auch diese
Beurteilung lässt Rechtsfehler nicht erkennen und wird durch
das Klagevorbringen nicht erschüttert.
Bereits nahe liegend ist es, auf solche Flächen zuzugreifen,
die im Eigentum der öffentlichen Hand stehen, mögen sie auch
befristet verpachtet sein. Eine gesetzliche Wertung ergibt
sich u.a. aus § 90 Abs. 1 Nr. 2 BauGB (vgl. auch BVerwG, Ur-
teil vom 6. Juni 2002 - BVerwG 4 CN 6.01 - IBR 2002, 638
Leitsatz>, juris, zur weiteren Veröffentlichung vorgesehen).
Einen Rechtsanspruch auf Fortsetzung eines zeitlich befriste-
ten Pachtverhältnisses hat die Klägerin nicht. Ist die Frage
der Existenzvernichtung eines Betriebs für das Abwägungsergeb-
nis der konkreten Planung ausschlaggebend, muss die Planfest-
stellungsbehörde allerdings klären, ob eine Existenzvernich-
tung eintritt oder diese sich durch die Bereitstellung von Er-
satzland vermeiden lässt (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Januar
1999 - BVerwG 4 A 18.98 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 146 =
NVwZ-RR 1999, 629).
Die Klägerin trägt dazu vor, in welcher Hinsicht sie durch die
beabsichtigten landespflegerischen Ausgleichsmaßnahmen in der
Fortführung ihres Betriebes mutmaßlich beschwert werde. Die
Planfeststellungsbehörde hat dieses Vorbringen im Aufstel-
lungsverfahren zur Kenntnis genommen und im Einzelnen in den
Gründen des Planfeststellungsbeschlusses gewürdigt (vgl. PFB
S. 7). Die Behörde hat dabei die klägerischen Belange in ihrer
Bedeutung ersichtlich nicht verkannt. Sie hat allerdings eine
- 21 -
Existenzgefährdung ausdrücklich verneint und dies auch näher
begründet.
Das klägerische Vorbringen lässt demgegenüber nicht erkennen,
welche konkreten Abwägungsfehler der Planfeststellungsbehörde
insoweit vorzuhalten wären. Das Vorbringen erschöpft sich
weitgehend in einem Bestreiten. Damit genügt die Klägerin in-
des nicht ihrer prozessualen Mitwirkungspflicht. Sie setzt das
Gericht nämlich nicht in die Lage, beispielsweise etwaigen Er-
mittlungsfehlern der Planfeststellungsbehörde nachzugehen. Der
alleinige Aufweis von bestehenden Nachteilen der Planung
reicht dazu nicht aus. Es führt auch nicht weiter, Einwendun-
gen aus dem Aufstellungsverfahren lediglich zu wiederholen.
Vielmehr musste zumindest näher vorgetragen werden, in welcher
Weise existenzbedrohende Nachteile bei Verlust der im Klagean-
trag bezeichneten Flurstücke jetzt - also bereits vor Ablauf
der regulären Pachtzeit - zu erwarten sind, die durch betrieb-
liche Maßnahmen nicht in zumutbarer Weise ausgeglichen werden
können. An einem derartigen Vorbringen fehlt es.
Die Planfeststellungsbehörde legt ihrer Entscheidung den Er-
fahrungssatz zugrunde, dass für die Bewirtschaftung einer
Vieheinheit etwa 0,5 ha Grünfläche erforderlich ist. Danach
entspricht die in Anspruch genommene Pachtfläche von 6,5 ha
etwa 13 Vieheinheiten. Die Klägerin trägt vor, ihr stehe von
einer gepachteten Gesamtfläche von 2 600 ha nur ein Anteil von
20 v.H. als Grünland zur Verfügung. Damit können nach dem an-
gegebenen Erfahrungssatz etwa 1 040 Vieheinheiten versorgt
werden. Auch wenn dies nur grobe Annahmen sind, zeigen sie
doch, dass die Klägerin näher hätte darlegen müssen, aus wel-
chen konkreten Gründen bereits der Verlust von 6,5 ha zu einer
Existenzgefährdung führen wird. Das ist dem Vorbringen der
Klägerin nicht zu entnehmen. Das Beweisangebot der Klägerin
(Zeugnis S. K.) ist unsubstantiiert und zudem als Beweiser-
mittlungsantrag unzulässig. Auch aus dem eigenen Klagevorbrin-
- 22 -
gen ergibt sich, dass eine Existenzgefährdung nicht besteht.
Die Klägerin legt eine Berechnung vor, nach der sie die Er-
tragsminderung auf rund 10 137 € p.a. schätzt. Bei dieser Grö-
ßenordnung des voraussichtlichen Mehraufwandes lässt sich die
Gefahr einer Existenzschädigung nicht begründen.
Die Klägerin wiederholt mit ihrem Vorbringen nur, dass der
Entzug der beanspruchten Fläche zugunsten der Maßnahme E 4 zu
Engpässen in der Futtermittelversorgung aus eigener Produktion
führt. Das ist jedoch nicht der von der Planfeststellungsbe-
hörde zutreffend zugrunde gelegte Gesichtspunkt, ob der Be-
trieb der Klägerin - wie diese während des Aufstellungsverfah-
rens vorgetragen hatte - in seiner Existenz gefährdet wird
(vgl. PFB S. 8). Dem kann mit der Klage nicht entgegengehalten
werden, dass bei einem Entzug für den Gesamtbetrieb spürbare
Nachteile entstehen würden. Dass die Abwägungsentscheidung mit
Nachteilen verbunden ist, macht sie - für sich betrachtet -
noch nicht rechtswidrig. Der beabsichtigten vorzeitigen Been-
digung des Pachtverhältnisses steht das rechtmäßige Ziel ge-
genüber, landschaftspflegerische Maßnahmen zu treffen und
hierfür auch das Mittel der Enteignung einzusetzen. Die Recht-
mäßigkeit der Enteignung wird nicht dadurch begründet, dass
der Klägerin bereits aus anderen Gründen Teile des Pachtlandes
entzogen werden müssen.
3. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung (BVerwG
4 VR 2.02) ist unbegründet. Auszugehen ist von einem einheit-
lichen Antrag. Der mit Schriftsatz vom 18. Oktober 2002 erneut
gestellte Antrag ist nur wiederholender Natur.
3.1 Der mit dem Klageschriftsatz gestellte Antrag war unzuläs-
sig. Für den Antrag fehlte das erforderliche Rechtsschutzinte-
resse. Die Klage hatte kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung.
Die Planfeststellungsbehörde hatte den Sofortvollzug in dem
- 23 -
Planfeststellungsbeschluss bis zum 30. September 2002 ausge-
setzt (vgl. PFB S. 9). Dazu war sie befugt.
3.2 Der Antrag - seine Zulässigkeit seit dem 1. Oktober 2002
unterstellt - ist jedenfalls unbegründet. Nach dem Ergebnis
der Hauptsache besitzt die Klage - wie dargelegt - keine Aus-
sicht auf Erfolg. Daran würde - aus jetziger Sicht - auch ein
Antrag der Klägerin auf mündliche Verhandlung nichts ändern.
4. Die Kostenentscheidung im Hauptsache- und im Anordnungsver-
fahren beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des
Streitwertes folgt für das Hauptsacheverfahren aus § 13 Abs. 1
Satz 1 GKG. Die Klägerin gibt für das Klageverfahren einen
Streitwert von rund 253 430 € an. Dem ist nicht zu folgen.
Die Festsetzung des Streitwerts bestimmt sich in Verfahren
betreffend eine straßenrechtliche Planfeststellung im Regel-
fall nach dem Verkehrswert als Ausgangswert, wenn der Plan-
feststellungsbeschluss für den klagenden Grundeigentümer ent-
eignungsrechtliche Vorwirkung besitzt (BVerwG, Beschluss vom
1. März 1993 - BVerwG 4 B 188.92 - Buchholz 360 § 13 GKG
Nr. 73 = NVwZ-RR 1993, 331; Beschluss vom 26. Juli 1990
- BVerwG 4 B 235.89 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 99 =
NVwZ 1991, 566). Liegen Besonderheiten in der einen oder ande-
ren Richtung nicht vor, dann dürfte eine Streitwerthöhe von
30 bis maximal 50 v.H. des Verkehrswerts angemessen sein
(BVerwG, Beschluss vom 22. September 1999 - BVerwG 11 B
48.99 - Buchholz 316 § 75 VwVfG Nr. 20 = NVwZ-RR 2000, 138;
Beschluss vom 26. Juli 1990 - BVerwG 4 B 235.89 - a.a.O.). Die
Klägerin gibt als Pächterin als sog. Vermeidungskosten einen
jährlichen Betrag von etwa 10 140 € an. Dies lässt sich als
Ausgangswert für eine Abschätzung des Streitwertes zugrunde
legen. Maßgebend ist die Restlaufzeit des Pachtverhältnisses
(vgl. BGH, Urteil vom 7. Januar 1982 - III ZR 114/80 - BGHZ
83, 1 <7> = NJW 1982, 2181; BGH, Urteil vom 15. November 1971
- 24 -
- III ZR 162/69 - NJW 1972, 528). Bei einer verbleibenden
Pachtdauer von etwa 10 Jahren ergibt dies einen Gesamtbetrag
von etwa 101 400 €. Der von der Klägerin angenommene 25fache
Jahresbetrag des zusätzlichen Aufwandes kommt nicht in Be-
tracht. Bei einem 50%igen Abschlag für die hier zu betrachten-
de Vorwirkung bestimmt sich danach der Streitwert im Hauptsa-
cheverfahren auf etwa 50 000 €.
Für das Anordnungsverfahren ermäßigt sich der Streitwert gemäß
§ 20 Abs. 3 GKG auf etwa 20 000 €.
Rechtsmittelbelehrung
Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung
des Gerichtsbescheides mündliche Verhandlung beantragen. Der
Antrag ist beim Bundesverwaltungsgericht Leipzig, Simson-
platz 1, 04107 Leipzig einzureichen. Hierfür besteht Vertre-
tungszwang. Jeder Beteiligte muss sich durch einen Rechtsan-
walt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im
Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richter-
amt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Perso-
nen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch
durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt
sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften
auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richter-
amt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kom-
munalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zu-
gehören, vertreten lassen.
Der im Anordnungsverfahren (BVerwG 4 VR 2.02) ergangene Be-
schluss ist unanfechtbar.
Paetow Berkemann Halama
Rojahn Gatz