Urteil des BVerwG vom 04.04.2007

Hauptsache, Verfahrenskosten, Entschädigung, Minderung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 A 2004.07
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 4. April 2007
durch den Richter am Bundesverwaltungsgericht Gatz als Berichterstatter
gemäß § 87a Abs. 1 und 3 VwGO
beschlossen:
Das Verfahren wird eingestellt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich
der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 200 000 € fest-
gesetzt.
G r ü n d e :
Nachdem die Hauptbeteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Haupt-
sache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren entsprechend § 92 Abs. 3
Satz 1 VwGO einzustellen und gemäß § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO unter Be-
rücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen
über die Verfahrenskosten zu entscheiden. Vorliegend entspricht es der Billig-
keit, dass die Klägerin die Verfahrenskosten trägt. Dazu gehören auch die au-
ßergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die nach § 162 Abs. 3 VwGO für
erstattungsfähig zu erklären sind, weil die Beigeladene einen Klagabweisungs-
antrag gestellt und diesen auch begründet hat.
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Die Kostenentscheidung beruht auf der Einschätzung, dass die Klage abgewie-
sen worden wäre, wenn über sie zur Hauptsache hätte entschieden werden
müssen. Dazu ist im Einzelnen auszuführen:
Der Klageantrag zu 1, den Beklagten insoweit zur Ergänzung des Planfeststel-
lungsbeschlusses zu verpflichten, als Schallschutz gemäß Teil A II. 4.2.1 für
alle Aufenthaltsräume zu gewährleisten ist, hätte keinen Erfolg haben können.
Teil A II. 4.2.1. ordnet zur Vermeidung von Schlafstörungen und zur Gewähr-
leistung des Wiedereinschlafens an, dass für Schallschutzvorrichtungen an
Schlafräumen Sorge zu tragen ist. Schlafräume sind alle Räume, die ganz oder
teilweise dem Schlafen dienen, also die im Grundrissplan Marktzentrum Süd als
Schlafzimmer, kombinierte Wohn-/Schlafzimmer und Kinderzimmer konzipierten
Räume. Ausschließlich zur Wohnnutzung gekennzeichnete Räume bedürfen
keiner Einbeziehung in das Programm zum Schutz vor nächtlichem Fluglärm.
Die Ansicht der Klägerin, es müsse jedem ihrer Mieter selbst überlassen
bleiben, welche Räume er zum Schlafen nutzen wolle, und deshalb sei jeder
Aufenthaltsraum so zu schützen, dass er sich als Schlafraum eigne, trifft nicht
zu. Den Mietern wird nichts Unzumutbares angesonnen, wenn sie diejenigen
Räume zum Schlafen nutzen, in denen die zur Sicherstellung störungsfreien
Nachtschlafs notwendigen Schallschutzmaßnahmen ergriffen werden. Die
Vorbelastung der Immobilie durch die Existenz des Flughafens Leipzig/Halle
mindert den Ausgleichsanspruch nach § 9 Abs. 2 LuftVG, § 74 Abs. 2 Satz 2
VwVfG (vgl. Bonk/Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 74
Rn. 93) und begründet die Obliegenheit, durch mögliche und zumutbare Maß-
nahmen der „architektonischen Selbsthilfe“ (vgl. dazu Urteil vom 23. September
1999 - BVerwG 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 <323>) auf die Lärmemissionen
des Flughafens Rücksicht zu nehmen.
Mit dem Anspruch im Klageantrag zu 2, den Beklagten zu verpflichten, der Bei-
geladenen die Erstattung der Betriebs- und Wartungskosten für die einzubau-
enden Lüfter aufzugeben, ist die Klägerin nach § 10 Abs. 4 Satz 1 LuftVG
präkludiert, weil sie den Anspruch in ihrem Einwendungsschreiben vom
30. Dezember 2003 nicht angemeldet hat. Gleiches gilt für den Anspruch im
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Klageantrag zu 4, den Beklagten zu verpflichten, der Beigeladenen aufzugeben,
ihr, der Klägerin, die Kosten für einen häufigeren Fassadenanstrich zu ersetzen.
Der auf die Festsetzung einer Entschädigung gerichtete Hilfsantrag zu 3 wäre
ohne Erfolg geblieben, weil die Voraussetzungen des § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG
nicht vorliegen. Der in der Vorschrift verbriefte Entschädigungsanspruch ist
davon abhängig, dass der Betroffene einen Anspruch auf Schutzvorkehrungen
nach § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG hat, diese aber untunlich oder mit dem
Vorhaben unvereinbar sind. Hier fehlt es bereits an der ersten Voraussetzung;
denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Schutzeinrichtungen an anderen als
an Schlafräumen.
Mit dem Anspruch auf Entschädigung wegen Minderung des Grundstückswerts
im Klageantrag zu 5 wäre die Klägerin aus den Gründen des den Beteiligten
bekannten Musterurteils vom 9. November 2006 - BVerwG 4 A 2001.06 - (juris
Rn. 139, 140, 143, 144) gescheitert.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG.
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