Urteil des BVerwG vom 30.07.2007

Rechtliches Gehör, Überprüfung, Wiedergabe, Rüge

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 3 C 9.07
VG 5 A 296/05
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 30. Juli 2007
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht van Schewick und Dr. Dette
beschlossen:
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Die Anhörungsrüge des Klägers gegen das Urteil des Se-
nats vom 28. Februar 2007 - BVerwG 3 C 18.06 - wird zu-
rückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
G r ü n d e :
Der Antrag des Klägers ist unbegründet. Eine Verletzung des Anspruchs auf
rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) liegt nicht vor.
Der Anspruch der Prozessbeteiligten auf rechtliches Gehör verpflichtet das Ge-
richt, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in
Erwägung zu ziehen. Art. 103 Abs. 1 GG ist allerdings nur dann verletzt, wenn
sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekom-
men ist. Denn grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerichte das von
ihnen entgegengenommene Parteivorbringen auch zur Kenntnis genommen
und in Erwägung gezogen haben (BVerfG, u.a. Beschluss vom 10. Juni 1975
- 2 BvR 1086/74 - BVerfGE 40, 101 <104 f.>). Die Gerichte sind nicht verpflich-
tet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu
befassen (BVerfG, u.a. Beschluss vom 5. Oktober 1976 - 2 BvR 558/75 - BVerf-
GE 42, 364 <368>). Deshalb müssen, wenn ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1
GG festgestellt werden soll, im Einzelfall besondere Umstände deutlich
ergeben, dass das Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur
Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung ersichtlich nicht erwogen
worden ist (BVerfG, u.a. Beschlüsse vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE
86, 133 <146>; 1. Februar 1978 - 1 BvR 426/77 - BVerfGE 47, 182 <187 f.>).
Solche Umstände sind hier nicht erkennbar.
Der Kläger rügt unter Wiedergabe zahlreicher Einzelheiten seines Revisions-
vorbringens, dass der Senat seine wesentlichen Argumente im Revisionsurteil
„nicht berücksichtigt“, „nicht gewürdigt“, oder zwar zur Kenntnis genommen,
aber „nur partiell“ und dann „nur äußerst selektiv“ gewürdigt habe; konkrete
Gehörsausfälle oder -verstöße sieht er bezüglich seiner Darlegungen zur be-
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reits vorliegenden Rechtsprechung zum Verfolgungscharakter der Bodenreform
und zur Kreisverweisungsrehabilitierung, bezüglich der historischen Grundlagen
der Bodenreform, des Arguments der Mitenteignung der letzten 100 ha sowie
seiner Rüge nach Art. 3 Abs. 1 GG im Hinblick auf das Urteil des Senats vom
21. Februar 2002 - BVerwG 3 C 16.01 - (BVerwGE 116, 42).
Eine Verletzung des Rechts aus Art. 103 Abs. 1 GG ergibt sich aus diesen
- ausschließlich auf die rechtliche Beurteilung des Revisionsvorbringens zielen-
den - Rügen nicht. Der Senat hat sich in seinem Urteil mit dem schriftlichen und
mündlichen Vortrag des Klägers auseinandergesetzt und im Einzelnen darge-
legt, warum der geltend gemachte Anspruch nicht besteht. Mehr gebietet der
Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht; er gebietet insbesondere
nicht, dass das Gericht bei der Würdigung des von ihm pflichtgemäß zur Kennt-
nis genommenen und in Erwägung gezogenen Prozessstoffs den Vorstellungen
der Beteiligten folgt. Der Anhörungsrüge des Klägers liegt offenbar das Miss-
verständnis zugrunde, das Verfahren nach § 152a VwGO eröffne den Weg zu
einer Überprüfung der dem angegriffenen Urteil zugrunde liegenden materiell-
rechtlichen Auffassung des Senats.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Kley van Schewick Dr. Dette
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