Urteil des BVerwG vom 24.11.2011

Sonderabgabe, Unternehmen, Winzer, Werbung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
BVerwG 3 C 6.11
OVG 8 A 10882/10
Verkündet
am 24. November 2011
Bech
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 24. November 2011
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Liebler, Dr. Langer, Dr. Wysk
und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kuhlmann
für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberver-
waltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. Dezember 2010
wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens ein-
schließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigelade-
nen zu 2; der Beigeladene zu 1 trägt seine im Revisions-
verfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten selbst.
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G r ü n d e :
I
Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zu den von der Beklagten
nach §§ 37 ff. des Weingesetzes (WeinG) festgesetzten Abgaben für den Deut-
schen Weinfonds, den Beigeladenen zu 2, und die vom Beigeladenen zu 1 be-
triebene so genannte gebietliche Absatzförderung.
Der Beigeladene zu 2 ist eine nach den Bestimmungen des Weingesetzes er-
richtete Anstalt des öffentlichen Rechts, die im Wesentlichen mit der Absatzför-
derung des deutschen Weins betraut ist. Der Beigeladene zu 1 ist ein eingetra-
gener Verein, der nach rheinland-pfälzischem Landesrecht den in seinem Ge-
biet erzeugten Wein besonders zu fördern hat und hierfür Mittel aus der Abgabe
für die gebietliche Absatzförderung nach dem rheinland-pfälzischen Absatzför-
derungsgesetz Wein (AbföG Wein) erhält.
Der Kläger ist Inhaber eines Weinguts und bewirtschaftet im Gebiet der beklag-
ten Gemeinde eine Weinbergsfläche von 9,34 ha (rund 934 Ar). Die Beklagte
zog ihn für das Kalenderjahr 2009 mit Leistungsbescheid vom 27. Januar 2009
zu einer Abgabe für den Beigeladenen zu 2 in Höhe von 625,78 € und zu einer
Abgabe für die gebietliche Absatzförderung des Beigeladenen zu 1 in Höhe von
719,18 € heran.
Die Widersprüche und Klagen gegen die Heranziehung zu beiden Abgaben
blieben ohne Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Klägers
zurückgewiesen. Die Abgabe für den Beigeladenen zu 2, deren einfachrechtli-
che Voraussetzungen nicht streitig seien, sei mit Verfassungsrecht und mit eu-
ropäischem Recht vereinbar. Es handele sich zwar um eine Sonderabgabe mit
Finanzierungsfunktion, die nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungs-
gerichts nur unter engen Voraussetzungen zulässig sei; diese Voraussetzungen
seien aber erfüllt. Der Gesetzgeber wolle durch die abgabefinanzierte Tätigkeit
des Beigeladenen zu 2 die Weinqualität und den Absatz von Wein fördern und
verfolge damit einen über die bloße Mittelbeschaffung hinausgehenden Sach-
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zweck. Die abgabenbelastete Gruppe sei hinreichend homogen und abge-
grenzt. Sie stehe den Aufgaben des Beigeladenen zu 2 evident näher als jede
andere Gruppe oder die Allgemeinheit. Der Gesetzgeber habe den Abgabe-
pflichtigen zu Recht auch eine besondere Finanzierungsverantwortung für die
mit der Abgabe finanzierten Aufgaben zugewiesen. Die deutsche Weinwirt-
schaft sei erheblichen Beeinträchtigungen und spezifischen Nachteilen im
transnationalen Wettbewerb ausgesetzt. Das zeige sich in einer fortdauernd
negativen Außenhandelsbilanz und in deutlich niedrigeren Durchschnittspreisen
gegenüber qualitativ vergleichbaren Weinen aus Frankreich, Italien oder Spa-
nien. Der Beigeladene zu 2 habe plausibel dargelegt, dass dies auf einem nach
wie vor schlechten Image deutscher Weine im Ausland beruhe. Die Nachteile
könnten von den Angehörigen der abgabepflichtigen Gruppe selbst zumindest
nicht mit derselben Erfolgsaussicht kompensiert werden wie durch ein abgabe-
finanziertes staatliches Gemeinschaftsmarketing.
Aus im Wesentlichen denselben Gründen sei auch die Abgabe für die gebietli-
che Absatzförderung durch den Beigeladenen zu 1 mit Verfassungsrecht und
europäischem Recht vereinbar. Die Abgabepflicht finde ihre sachliche Rechtfer-
tigung darin, dass die gebietliche Absatzförderung für die Gruppe der Winzer
von erheblich größerer Bedeutung sei als für die Angehörigen des Bereichs der
Weiterverarbeitung und Vermarktung. Insbesondere die größeren Weinhan-
delsunternehmen, die Weine mehrerer Anbaugebiete vermarkteten, seien typi-
scherweise an einer gebietsbezogenen Absatzförderung weniger interessiert.
Zudem würde die Erhebung einer Mengenabgabe von den im Land Rheinland-
Pfalz ansässigen Weinverarbeitern oder Weinhändlern eine genaue Erfassung
der Umsätze des gebietserzeugten Weines erfordern und damit den einzelnen
Betrieben wie den erhebenden Stellen einen unangemessen hohen Verwal-
tungsaufwand abverlangen. Eine Mengenabgabe wäre auch nicht geeignet, alle
im Abgabengebiet erzeugten Weine in gleicher Weise zu erfassen, weil z.B. die
außerhalb des Landes gelegenen Verarbeitungs- oder Weinhandelsbetriebe
wegen der territorialen Begrenzung der Abgabenhoheit nicht erfassbar wären.
Die besondere Finanzierungsverantwortung der belasteten Gruppe folge - wie
bei der Abgabe für den Beigeladenen zu 2 - aus dem plausibel begründeten
Erfordernis, spezielle Nachteile der deutschen Weinwirtschaft im transnationa-
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len Wettbewerb auszugleichen, die von den Gruppenangehörigen nicht gleich
erfolgreich kompensiert werden könnten. Dies gelte in gleicher Weise für die
gebietliche Absatzförderung, weil die festgestellten besonderen Beeinträchti-
gungen und spezifischen Nachteile, soweit es um die Teilgruppe der Weiner-
zeuger gehe, naturgemäß auch die Winzer und Weinbergsflächeneigentümer in
den jeweiligen bestimmten Anbaugebieten träfen. Dem könne nicht entgegen-
gehalten werden, es sei nicht Aufgabe der Gebietsweinwerbungen, speziell den
Nachteilen im transnationalen Wettbewerb entgegenzuwirken, weil die Ge-
bietsweinwerbungen im Außenhandel nicht aktiv seien. Zum einen bestünden
die festgestellten spezifischen Nachteile des deutschen Weins nicht nur auf
wichtigen Exportmärkten, sondern gerade auch in einer signifikanten Markt-
schwäche auf dem Inlandsmarkt im dortigen Wettbewerb mit Importweinen aus
den großen Weinexportländern in Europa und Übersee. Zum anderen treffe es
nicht zu, dass die Gebietsweinwerbungen im Bereich der Exportförderung nicht
aktiv seien. Die Heranziehung erfordere auch keine besondere zusätzliche
Rechtfertigung im Sinne des Nachweises einer zwingenden Erforderlichkeit ei-
ner zweiten Organisation zur Absatzförderung neben dem Beigeladenen zu 2.
Stehe fest, dass ein plausibel begründetes Erfordernis für ein sonderabgabenfi-
nanziertes Gemeinschaftsmarketing für deutschen Wein bestehe, liege es im
weiten Organisations- und Gestaltungsermessen des Gesetzgebers, ob er hier-
für nur eine zentrale, bundesweit und international operierende Marketingorga-
nisation vorsehe oder einem zweistufigen Organisationsaufbau den Vorzug ge-
be, bei der sich zentrale Marketingorganisationen (der Beigeladene zu 2 im Ver-
bund mit dem Deutschen Weininstitut) und regionale, gebietsspezifische Ab-
satzförderungseinrichtungen im Rahmen eines Kooperationsverhältnisses
wechselseitig ergänzten. Die Abgabe begegne schließlich keinen Bedenken im
Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG; sie sei auch ihrer Höhe nach richtig festgesetzt.
Zur Begründung seiner Revision vertieft der Kläger seine Ansicht, die Abgaben
seien verfassungswidrig. Die in Anspruch genommene Gruppe sei nicht homo-
gen. Die Größe und Profilierung der Weingüter und die Interessen der Weiner-
zeuger einerseits, der Kellereien und Genossenschaften andererseits seien da-
zu zu unterschiedlich. Er selbst sei ein kleiner Winzer, der Flaschenweine an
Kundschaft vermarkte, die er sich selbst erschlossen habe. Er sehe keinen
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Grund, ihn zwangsweise an der Finanzierung von Marketingmaßnahmen teil-
nehmen zu lassen, durch die Exportpreise und die Preise bei inländischen Dis-
countern beeinflusst werden sollten. Entgegen der Auffassung des Berufungs-
gerichts gebe es auch keine besondere Finanzierungsverantwortung der in An-
spruch genommenen Gruppe. Soweit das Berufungsgericht Nachteile im trans-
nationalen Wettbewerb annehme, übersehe es, dass der Markt insoweit den
Gesetzen von Angebot und Nachfrage folge. Die Außenhandelsbilanz sei kein
Hinweis auf ungesunde Marktverhältnisse, sondern spiegele lediglich wider,
dass in Deutschland weniger Wein produziert als konsumiert werde. Der erhöh-
te Bedarf an Importen sei ausschließlich auf den hohen Konsum in Deutschland
und die staatliche Mengenbegrenzung zurückzuführen, nicht aber auf die deut-
sche Erzeugerseite. Eine negative Außenhandelsbilanz sei kein staatlich kor-
rekturbedürftiger Zustand, sondern werde durch die inländische Mengennach-
frage bestimmt.
Unzutreffend sei auch die Annahme, die deutschen Weinerzeuger seien wegen
einer zu geringen Wertschöpfung pro Mengeneinheit benachteiligt. Der unter-
schiedliche Preis könne auch dadurch gerechtfertigt sein, dass die ausländi-
schen Vergleichsweine den deutschen Verbrauchern besser schmeckten. Zu-
dem würden nach den Feststellungen des Berufungsgerichts knapp 25 % des
Weins über andere Vertriebswege verkauft. Zu Unrecht greife das Berufungs-
gericht zur Feststellung einer angeblichen Benachteiligung ausschließlich auf
deutsche Qualitätsweinpreise zurück. Bei einer an allen Weinen orientierten
Betrachtung der Wertschöpfung pro Mengeneinheit wäre das Gericht nicht zu
dem Ergebnis einer erheblichen Benachteiligung gekommen. Denn die inländi-
sche Preisentwicklung sei insgesamt positiv und biete keinen Anlass zu staatli-
chen Eingriffen. Wenn exportorientierte Weinerzeuger glaubten, die Exporte
weiter steigern zu müssen, so bedürfe dies weder der zwangsweisen Inan-
spruchnahme aller Winzer noch einer sonstigen staatlichen Einflussnahme. Für
die Wahrnehmung solcher spezieller Interessen gebe es den Verband deut-
scher Weinexporteure e.V., in dem eine Mitgliedschaft auf freiwilliger Basis
möglich sei. Die angeblichen Exportprobleme beträfen zudem nur einige wenige
Großkellereien, für deren Sonderinteressen die große Mehrzahl der deutschen
Erzeuger nicht einzustehen habe.
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Unzutreffend sei ferner die Annahme, die Weinwirtschaft könne etwaige Nach-
teile nicht selbst kompensieren. Ein freiwilliger Zusammenschluss der Betriebe
zu Marketingzwecken sei ohne Weiteres denkbar. Halte ein Unternehmen die
zu finanzierenden Maßnahmen für sinnvoll, würde es sich an der Finanzierung
im eigenen Interesse selbst dann beteiligen, wenn nicht alle Unternehmen mit-
machten. Das Phänomen der Trittbrettfahrer dürfe kein Anlass sein, Pflichtmit-
gliedschaften einzuführen und Zwangsabgaben zu erheben. Auch müsse die
Geeignetheit der Maßnahmen des Beigeladenen zu 2 bezweifelt werden. Die-
ser bestehe nunmehr schon mehrere Jahrzehnte, ohne viel erreicht zu haben.
Möglicherweise könne der deutsche Wein im internationalen Vergleich einfach
nicht mithalten. Schließlich habe keine regelmäßige Überprüfung der Abgaben-
erhebung durch den Gesetzgeber stattgefunden.
Dieselbe Kritik sei gegen die landesrechtliche Gebietsweinwerbung vorzubrin-
gen. Die Annahme des Berufungsgerichts, die von ihm festgestellten besonde-
ren Beeinträchtigungen und spezifischen Nachteile im transnationalen Wettbe-
werb träfen auch die Winzer in den jeweiligen bestimmten Anbaugebieten, sei
durch nichts untermauert. Es gebe keinen Erfahrungssatz, dass die pfälzischen
Weinexporteure im gleichen Maße benachteiligt wären wie die Exporteure aus
anderen Anbaugebieten. Darüber hinaus sei nicht nachgewiesen, dass eine
zweite gebietsspezifische Organisation im Sinne des Grundsatzes der Verhält-
nismäßigkeit zwingend erforderlich sei. Das vom Berufungsgericht angenom-
mene Organisations- und Gestaltungsermessen des Gesetzgebers sei von Ver-
fassungs wegen zu verneinen, weil es sich um Eingriffsverwaltung handele.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz
vom 8. Dezember 2010 und des Verwaltungsgerichts
Neustadt an der Weinstraße vom 16. Juni 2010 zu ändern
sowie den Bescheid der Beklagten vom 27. Januar 2009,
soweit dort Abgaben für die Beigeladenen zu 1 und 2 er-
hoben werden, und den Widerspruchsbescheid des Kreis-
rechtsausschusses bei der Kreisverwaltung Germersheim
vom 23. Dezember 2009 aufzuheben.
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Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Das Berufungsgericht habe die Voraus-
setzungen für die Erhebung der Sonderabgaben mit Finanzierungsfunktion zu-
treffend bejaht. Die Einwände des Klägers hiergegen überzeugten nicht. Das
Berufungsgericht habe die Unterschiede innerhalb der Weinwirtschaft durchaus
erkannt und komme überzeugend zu dem Ergebnis, dass eine Binnendifferen-
zierung gleichwohl nicht geboten sei. Gerade für kleinere Winzerbetriebe seien
zentrale Marketingmaßnahmen sinnvoll. Auch Maßnahmen der Exportförderung
führten letztlich zu einer allgemein wirksamen Steigerung der Marktpreise. Oh-
nehin sage die Größe eines Winzers nichts über seinen Absatzmarkt aus. Ent-
sprechendes gelte für die unterschiedlichen Produktionsstufen. Es sei davon
auszugehen, dass die Angehörigen vorgelagerter Produktionsstufen, wie die
reinen Weinerzeuger, zumindest mittelbar von Preissteigerungen profitierten.
Die Angriffe des Klägers gegen die Geeignetheit der Maßnahmen der Beigela-
denen erschöpften sich in allgemeinen Erwägungen und Vermutungen und
könnten die eingehenden Erwägungen im Berufungsurteil nicht widerlegen, zu-
mal das Bundesverfassungsgericht lediglich eine plausible Begründung fordere,
aber keinen exakten Nachweis.
Der Beigeladene zu 2 beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Revision sei unbegründet. Die Einbeziehung sowohl der Erzeuger als auch
der Abfüller in die Abgabepflicht sei unter dem Gesichtspunkt der Homogenität
der Gruppe nicht zu beanstanden. Alle an der Produktion beteiligten Unterneh-
men hätten an der erfolgreichen Vermarktung der Endprodukte der Produk-
tionskette ein gemeinsames Interesse. Die Unterschiede in der Größe und Pro-
filierung der Weingüter spielten insoweit keine Rolle. Der besonderen Situation
selbstvermarktender Unternehmen habe der Gesetzgeber dadurch Rechnung
getragen, dass er deren Erzeugnisse nur der Flächenabgabe und nicht der
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Handelsabgabe unterworfen habe. Soweit der Kläger sich gegen die vom Beru-
fungsgericht vorgenommenen Preisvergleiche wende, übersehe er, dass der-
artige Vergleiche nur differenziert für Qualitätsweine einerseits und Tafel- und
Landweine andererseits aussagekräftig seien. Verkaufspreise ließen sich aus-
sagekräftig nur auf einem bestimmten Ländermarkt und einem bestimmten Ab-
satzweg miteinander vergleichen. Entgegen der Ansicht des Klägers habe des-
halb der Ab-Hof-Verkauf nicht in den Preisvergleich einbezogen werden müs-
sen und dürfen. Schließlich handele es sich beim Export auch nicht um ein
Sonderinteresse einiger großer Weinkellereien. Der Kläger verkenne insoweit,
dass z.B. der Export einer Winzergenossenschaft mittelbar eine Exportaktivität
der in ihr zusammengeschlossenen Winzer darstelle. Weinkellereien exportier-
ten ebenfalls den Wein einer Vielzahl von Winzern, die ihren Wein an die jewei-
lige Kellerei lieferten. Er - der Beigeladene zu 2 - habe durch Indizien nicht nur
plausibel begründet, sondern belegt, dass seine Maßnahmen wirksam seien
und zu einer Imageverbesserung für den deutschen Wein beigetragen hätten.
Das Problem der vom Kläger angesprochenen fehlenden großen deutschen
Weinmarken habe seine Ursache in der im internationalen Vergleich, gerade
mit Unternehmen aus der neuen Welt, kleinteiligen Struktur der deutschen
Weinwirtschaft. Die sich hieraus ergebenden Nachteile ließen sich nicht da-
durch kompensieren, dass man eigene große Marken aufbaue; dies sei auch
kaum möglich. Ziel müsse vielmehr eine Unterstützung der Absatzförderung der
deutschen Weinwirtschaft in ihrer vorhandenen Struktur sein, was er etwa durch
Rieslingkampagnen und Werbung für die 13 deutschen Anbaugebiete betreibe.
Der Kläger verkenne, dass er, der Beigeladene zu 2, sich auf Maßnahmen be-
schränke, die einzelne Unternehmen nicht wahrnehmen könnten.
Der Beigeladene zu 1 verteidigt das angegriffene Urteil, stellt aber keinen An-
trag.
Der Vertreter des Bundesinteresses hält das angegriffene Urteil für zutreffend.
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II
Die Revision ist unbegründet. Das Berufungsurteil beruht nicht auf einer Verlet-
zung von Bundes- oder Unionsrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).
Im Revisionsverfahren ist nur die Verfassungsmäßigkeit der streitigen Abgaben
zu klären. Dass sie europarechtskonform sind, wie der Senat im Urteil vom heu-
tigen Tage im Parallelverfahren BVerwG 3 C 32.10 für die Abgabe für den zu 2
beigeladenen Deutschen Weinfonds entschieden hat, wird vom Kläger mit der
Revision nicht bezweifelt. Ebenso wenig stellt er infrage, dass beide Abgaben,
wie vom Berufungsgericht festgestellt, den einfachrechtlichen Vorgaben ent-
sprechen und danach fehlerfrei festgesetzt worden sind.
A. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Abgabe für den
Beigeladenen zu 2 verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist.
1. Dem Bund fehlte nicht die Gesetzgebungskompetenz für die Errichtung des
Beigeladenen zu 2. Die Abgabe ist, wie noch näher darzulegen ist, keine Steu-
er, sondern eine Sonderabgabe, zu deren Einführung der Gesetzgeber Sach-
zuständigkeiten außerhalb der Finanzverfassung in Anspruch nehmen muss.
Das Weingesetz, das mit der Abgabe für den Beigeladenen zu 2 insbesondere
die Qualität des Weines sowie den Absatz des Weines fördern will (§ 37 Abs. 1
WeinG), kommt in erster Linie dem Weinbau zugute und dient insoweit der „För-
derung der landwirtschaftlichen Erzeugung“ im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 17
GG in dessen bei Erlass des Weingesetzes geltenden Fassung. Soweit einzel-
ne Bestimmungen den Weinhandel sowie andere Gruppen der Weinwirtschaft
und ihr nahestehende Geschäftszweige berühren, ergibt sich die Gesetzge-
bungskompetenz des Bundes jedenfalls aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG („Recht
der Wirtschaft“), wie es das Bundesverfassungsgericht für entsprechende Re-
gelungen des früheren Weinwirtschaftsgesetzes entschieden hat (vgl. BVerfG,
Beschluss vom 5. März 1974 - 1 BvL 27/72 - BVerfGE 37, 1 <17>).
2. Die Abgabe nach § 43 WeinG ist auch materiell verfassungsgemäß. Sie ist
eine Sonderabgabe mit Finanzierungsfunktion (a), die strengen verfassungs-
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rechtlichen Zulässigkeitsanforderungen unterliegt (b). Diese Anforderungen sind
hier erfüllt (c und d).
a) Die Abgabe ist keine Steuer, die zur Deckung des allgemeinen Finanzbe-
darfs eines öffentlichen Gemeinwesens erhoben wird. Sie dient speziell zur Fi-
nanzierung der Aufgaben des Beigeladenen zu 2, ist also einem besonderen
Finanzbedarf gewidmet, und unterliegt nach § 44 Abs. 2 WeinG der Verwaltung
durch den als rechtsfähige Anstalt des Bundes ausgestalteten Beigeladenen
zu 2, fließt mithin nicht in den allgemeinen Haushalt. Damit wird den Abgabe-
pflichtigen als einer bestimmten Gruppe von Wirtschaftsteilnehmern wegen ih-
rer besonderen Nähe zu der zu finanzierenden Aufgabe eine spezielle Finanzie-
rungsverantwortung zugewiesen.
Mit einer derartigen Sonderabgabe im engeren Sinn nimmt der Gesetzgeber
Kompetenzen außerhalb der Finanzverfassung in Anspruch, obwohl weder ein
Gegenleistungsverhältnis noch ähnlich unterscheidungskräftige besondere Be-
lastungsgründe eine Konkurrenz der Abgabe zur Steuer ausschließen. Sonder-
abgaben schaffen trotz ihrer Ähnlichkeit mit den Steuern neben diesen und au-
ßerhalb der Grundsätze steuergerechter Verteilung der Gemeinlasten zusätzli-
che Sonderlasten und gefährden bei organisatorischer Ausgliederung des Ab-
gabenaufkommens und seiner Verwendung aus dem Kreislauf staatlicher Ein-
nahmen und Ausgaben, wie es hier der Fall ist, zugleich das Budgetrecht des
Parlaments. Deswegen unterliegen sie engen Grenzen und müssen gegenüber
den Steuern seltene Ausnahmen bleiben (stRspr, vgl. BVerfG, Beschluss vom
24. November 2009 - 2 BvR 1387/04 - „Wertpapierhandel Sonderabgabe“ -
BVerfGE 124, 348 <365 f.> m.w.N.). Dass es sich bei der Abgabe nach § 43
WeinG um eine solche Sonderabgabe handelt, hat das Berufungsgericht unter
Auswertung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu ähnlichen
Abgaben (vgl. BVerfG, Urteile vom 3. Februar 2009 - 2 BvL 54/06 -
„CMA-Pflichtabgabe“ - BVerfGE 122, 316 <334> und vom 6. Juli 2005 - 2 BvR
2335/95 u.a. - „Solidarfonds Abfallrückführung“ - BVerfGE 113, 128 <149 f.>)
überzeugend ausgeführt. Dementsprechend hat das Bundesverwaltungsgericht
bereits die Abgabe nach dem früheren Weinwirtschaftsgesetz ohne Weiteres
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als Sonderabgabe mit Finanzierungsfunktion eingeordnet (Urteil vom 27. April
1995 - BVerwG 3 C 9.95 - Buchholz 451.49 WWiG Nr. 3 ).
b) Für Sonderabgaben mit Finanzierungsfunktion, die ähnlich wie Steuern „vo-
raussetzungslos“ erhoben werden, hat das Bundesverfassungsgericht die fi-
nanzverfassungsrechtlichen Begrenzungen für nichtsteuerliche Abgaben in be-
sonders strenger Form präzisiert. Der Gesetzgeber darf sich ihrer nur im Rah-
men der Verfolgung eines Sachzwecks bedienen, der über die bloße Mittelbe-
schaffung hinausgeht. Zu der Abgabe darf nur eine homogene Gruppe her-
angezogen werden, die in einer spezifischen Beziehung zu dem mit der Abga-
benerhebung verfolgten Zweck und deshalb in einer besonderen Finanzie-
rungsverantwortung steht. Das Abgabenaufkommen muss gruppennützig ver-
wendet werden. Zusätzlich muss der Gesetzgeber die erhobenen Sonderabga-
ben haushaltsrechtlich vollständig dokumentieren und ihre sachliche Rechtferti-
gung in angemessenen Zeitabständen überprüfen (stRspr, BVerfG, Urteil vom
3. Februar 2009 a.a.O. S. 334 f.; Beschlüsse vom 12. Mai 2009 - 2 BvR
743/01 - „Holzabsatzfonds“ - BVerfGE 123, 132 <142> und vom 16. September
2009 - 2 BvR 852/07 - „BaFin-Umlage“ - BVerfGE 124, 235 <243 f.>).
c) Auf der Grundlage der den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen
des Berufungsgerichts (dazu unten 4) sind diese verfassungsrechtlichen Vor-
gaben hier erfüllt.
aa) Die Abgabe dient einem Sachzweck, der über die bloße Mittelbeschaffung
hinausgeht. Nach § 43 Abs. 1 i.V.m. § 37 Abs. 1 WeinG ist ihr Aufkommen dazu
bestimmt, die wesentlichen Mittel für die Durchführung der dem Beigeladenen
zu 2 in § 37 Abs. 1 Nr. 1 und 2 WeinG zugewiesenen Aufgaben zu beschaffen,
Qualität und Absatz des Weines zu fördern und auf den damit zusammenhän-
genden Markenschutz hinzuwirken.
bb) Im Hinblick auf diesen Zweck handelt es sich bei den Abgabepflichtigen um
eine homogene Gruppe. Die deutsche Land- und Forstwirtschaft ist eine in der
europäischen Rechtsordnung vorstrukturierte Gruppe (vgl. BVerfG, Urteil vom
3. Februar 2009 a.a.O. S. 335). Innerhalb dieser Gruppe bildet die Weinwirt-
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schaft - auch nach der Integration der Weinmarktordnung in die einheitliche
gemeinsame Organisation der Agrarmärkte - einen sozial wie rechtlich geson-
derten Sektor (vgl. nur die Art. 55 Abs. 2a, 85a ff., 103i ff., 113c f., 118a ff.,
120a ff., 158a, 185a ff., 190a und 203b der Verordnung Nr. 1234/2007
des Rates vom 22. Oktober 2007 über eine gemeinsame Organisation der
Agrarmärkte und mit Sondervorschriften für bestimmte landwirtschaftliche Er-
zeugnisse, ABl Nr. L 299 S. 1). In diesem Sektor sind Erzeuger und Abfüller
durch gleichgerichtete Interessen an der erfolgreichen Vermarktung von Wein
und Weinerzeugnissen mit dem Normzweck und über diesen mit den Aufgaben
des Beigeladenen zu 2 verbunden. An der Gleichgerichtetheit ihrer Interessen
nach „außen“, also gegenüber den Abnehmern, ändert sich nichts dadurch,
dass sie untereinander im Wettbewerb um Marktanteile stehen. Eine Differen-
zierung innerhalb der Weinwirtschaft, wie sie der Kläger geltend macht, hat das
Berufungsgericht daher zu Recht nicht als geboten erachtet.
Die Homogenität wird nicht dadurch infrage gestellt, dass in § 43 Abs. 1 Satz 1
Nr. 1 WeinG neben den Nutzungsberechtigten auch Eigentümer von Wein-
bergsflächen als Abgabepflichtige genannt sind, die als Verpächter ein lediglich
mittelbares Interesse an der Absatzförderung haben; denn das Gesetz geht
davon aus, dass Eigentümer nur dann zu der Abgabe veranlagt werden, wenn
sie ihre Weinbergsflächen selbst zur Produktion von Wein nutzen. Dies ergibt
sich schon aus dem Wortlaut des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WeinG, wonach die
Nutzungsberechtigten von Weinbergsflächen (wie Pächter) alternativ zu den
Eigentümern heranzuziehen sind. Diese Regelung soll sicherstellen, dass die
Abgabe in jedem Fall von denjenigen entrichtet wird, die zum Weinanbau be-
stimmte Flächen bewirtschaften und Erzeugnisse herstellen, an deren Absatz
sie ein durch den Beigeladenen zu 2 förderungsfähiges Interesse haben. Die-
ses Verständnis kommt auch in § 44 Abs. 1 Satz 1 WeinG in der hier maßgebli-
chen Fassung des Dritten Gesetzes zur Änderung des Weingesetzes vom
16. Mai 2007 (BGBl I S. 753) zum Ausdruck. Danach ist Berechnungsgrundlage
für die Erhebung der Abgabe die zur Weinbaukartei gemeldete Fläche. Damit
wurde seinerzeit die Verordnung (EWG) Nr. 2392/86 des Rates vom 24. Juli
1986 zur Einführung der gemeinschaftlichen Weinbaukartei (ABl Nr. L 208 S. 1)
umgesetzt, die in Art. 2 verlangte, in der Kartei nicht die Flächen, sondern sämt-
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liche Weinbaubetriebe der Mitgliedstaaten zu erfassen, also die Winzer und
sonstigen Produzenten. Dies konkretisierend verpflichtet Art. 3 der Verordnung
(EG) Nr. 436/2009 der Kommission vom 26. Mai 2009 (ABl Nr. L 128 S. 15), in
die Weinbaukartei als „Betriebsinhaber“ solche natürlichen oder juristischen
Personen aufzunehmen, die eine mit Reben bepflanzte Fläche „bewirtschaften“
(vgl. Art. 2 Buchst. a). Ein Eigentümer, der seine Grundstücke nicht selbst „als“
Weinbergsflächen nutzt, ist demgemäß nicht in Anspruch zu nehmen.
Die Gruppenhomogenität lässt sich auch nicht deswegen bezweifeln, weil der
Beigeladene zu 2, wie der Kläger annimmt, Wein jeglicher Herkunft zu fördern
hätte. Die Tätigkeit des Beigeladenen zu 2 ist auf die Förderung von „inländi-
schen“, also von Abgabepflichtigen erzeugten Weinprodukten beschränkt, was
§ 37 Abs. 1 Nr. 2 WeinG deutlich erkennen lässt. Entsprechend wird in der Be-
schlussempfehlung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Ver-
braucherschutz zum Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Weinge-
setzes hervorgehoben, dass die Aufgaben des Beigeladenen zu 2 darauf aus-
gerichtet sind, „die Qualität und den Absatz der Erzeugnisse aus den deutschen
Anbaugebieten zu fördern“ (vgl. BTDrucks 16/4209 S. 9).
Die Einwände gegen die Zusammensetzung des Verwaltungsrats des Beigela-
denen zu 2 (vgl. § 37 Abs. 3 Nr. 3 WeinG) betreffen nicht die Gruppe der Abga-
bepflichtigen. Schon deswegen kann deren Homogenität nicht dadurch beein-
trächtigt sein, dass dem Verwaltungsrat nach § 40 WeinG auch Vertreter von
Wirtschaftszweigen angehören, die nicht zum Kreis der Abgabepflichtigen ge-
hören. Davon abgesehen hat das Bundesverfassungsgericht eine ähnliche Zu-
sammensetzung des Verwaltungsrats des Stabilisierungsfonds nach dem
Weinwirtschaftsgesetz verfassungsrechtlich gebilligt (BVerfG, Beschluss vom
5. März 1974 a.a.O. S. 26 ff.). Diese Überlegungen sind auf den Beigeladenen
zu 2 unmittelbar übertragbar.
cc) Die Gruppe der Abgabepflichtigen steht auch zu den abgabefinanzierten
Aufgaben in einer Beziehung, die die Auferlegung dieser Sonderlast rechtfertigt
(vgl. BVerfG, Urteil vom 3. Februar 2009 a.a.O. S. 334). Den Zwecken des Bei-
geladenen zu 2, den Absatz von Wein und den Markenschutz zu fördern, ste-
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hen die Gruppenmitglieder näher als jede andere Gruppe und die Gesamtheit
aller Steuerzahler. Der Kläger bezweifelt zu Unrecht, dass dies „evident“ ist. Mit
dem Erfordernis einer „evidenten“, „besonderen“ oder „spezifischen“ Sachnähe
bezieht sich die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den Son-
derabgaben auf den Vergleich zwischen der abgabepflichtigen Gruppe und an-
deren, nicht abgabepflichtigen Gruppen sowie vor allem auf den Vergleich zwi-
schen der abgabepflichtigen Gruppe und der Allgemeinheit der Steuerzahler.
Die besondere Nähe zu einer Sachaufgabe, die zu einer Finanzierungsverant-
wortung führen kann, meint danach ein Entweder-Oder zulässiger oder unzu-
lässiger Sonderbelastung außerhalb der Regeln der Finanzverfassung (vgl.
BVerfG, Beschluss vom 24. November 2009 a.a.O. S. 372 f.).
dd) Die rechtlich vorstrukturierte Abgrenzbarkeit als Gruppe und deren beson-
dere Sachnähe sind für sich genommen noch nicht geeignet, eine staatlich or-
ganisierte Absatzförderung zu rechtfertigen, die kraft hoheitlicher Entscheidung
an die Stelle des individuellen unternehmerischen Handelns tritt. Die Auferle-
gung einer Sonderlast bedarf hier einer besonderen Rechtfertigung; denn die
finanzielle Inanspruchnahme entspringt keiner Verantwortlichkeit der Abgabe-
pflichtigen für die Folgen gruppenspezifischer Zustände oder Verhaltensweisen.
Die Weinerzeuger und Abfüller verursachen keinen Bedarf, für dessen Befriedi-
gung sie verantwortlich gemacht werden sollen. Vielmehr geht es um eine wirt-
schaftspolitisch begründete Fördermaßnahme, zu deren Finanzierung die
Gruppe der Abgabepflichtigen nur aus Gründen eines Nutzens herangezogen
wird, den der Gesetzgeber ihnen als Gruppe zugedacht hat. In einem solchen
Fall sind an die gruppennützige Verwendung, die nicht jedem einzelnen Abga-
bepflichtigen in gleicher Weise zugute kommen muss (BVerfG, Beschluss vom
31. Mai 1990 - 2 BvL 12/88 u.a. - BVerfGE 82, 159 <179>), erhöhte Anforde-
rungen zu stellen. Der durch die Abgabe zu finanzierende und die Abgabe
rechtfertigende Gruppennutzen muss evident sein; das ist der Fall, wenn er sich
plausibel begründen lässt.
ee) Bei staatlichen Fördermaßnahmen kann sich der erforderliche greifbare
Gruppennutzen vor allem aus einem - dementsprechend plausibel zu begrün-
denden - Erfordernis ergeben, erheblichen Beeinträchtigungen entgegenzuwir-
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ken oder spezielle Nachteile auszugleichen, die die Gruppenangehörigen be-
sonders betreffen und die von diesen selbst voraussichtlich nicht oder jedenfalls
nicht mit gleicher Erfolgsaussicht kompensiert werden könnten (BVerfG, Urteil
vom 3. Februar 2009 a.a.O. S. 338; Beschluss vom 12. Mai 2009 a.a.O.
S. 143). Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts besteht ein so gearte-
ter rechtfertigender Zusammenhang zwischen den Aufgaben des Beigeladenen
zu 2 und einer spezifischen Finanzierungsverantwortung der Abgabepflichtigen.
Das Berufungsgericht folgert aus im Einzelnen bezeichneten Tatsachen, dass
die deutsche Weinwirtschaft erheblichen Beeinträchtigungen - namentlich im
transnationalen Wettbewerb - ausgesetzt ist und dass diese durch die Gruppe
der Abgabepflichtigen selbst nicht gleich effektiv kompensiert werden können
wie durch die Aktivitäten des Beigeladenen zu 2. Diese Schlussfolgerungen lei-
tet es aus tatsächlichen Feststellungen ab, die den Senat binden (§ 137 Abs. 2
VwGO, dazu unten 4) und die gezogenen Schlüsse tragen.
Das Berufungsgericht sieht erhebliche Beeinträchtigungen und spezifische
Nachteile der deutschen Weinwirtschaft im transnationalen Wettbewerb durch
eine vergleichsweise geringe Marktstärke sowohl auf dem Inlandsmarkt als
auch auf den wichtigen Exportmärkten (insbesondere Frankreich, Italien, Spa-
nien, Österreich, Großbritannien, die Niederlande, USA und Australien) und
daraus folgend in einer geringen Wertschöpfung pro Mengeneinheit im Verhält-
nis zu vergleichbaren ausländischen Produkten „großer“ konkurrierender Wein-
länder. Als Indiz, das diesen Schluss erlaubt, stützt sich das Berufungsgericht
auf eine fortdauernd stark negative Außenhandelsbilanz, als Ursache sieht es
ein schlechtes Image des deutschen Weins im In- und Ausland.
Das ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat ihrer
Art nach taugliche Indiztatsachen herangezogen, um seinen Schluss auf einen
Gruppennutzen der Tätigkeit des Beigeladenen zu 2 zu belegen. Die dazu im
Revisionsverfahren geäußerte Kritik greift nicht durch. Der Kläger verkennt zu-
nächst, dass das Berufungsgericht seine maßgebliche Wertung aus den ermit-
telten Tatsachen in ihrer Gesamtheit gefolgert hat, nicht aber aus jeder einzel-
nen für sich. Daher kommt es nicht darauf an, dass den einzelnen Umständen
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ein unterschiedliches Gewicht für die Rechtfertigung der angenommenen Be-
einträchtigungen zukommt. Es reicht - wie gesagt - aus, dass sich die Einschät-
zung des Gesetzgebers, die Abgabe und ihre Verwendung bringe einen Grup-
pennutzen, plausibel begründen lässt.
Einen derart plausiblen Begründungsweg hat das Berufungsgericht aufgezeigt.
Die festgestellten Tatsachen lassen jedenfalls in ihrer Gesamtheit den gezoge-
nen Schluss zu, erweisen sich aber auch einzeln keineswegs als unplausibel.
Das gilt zunächst für die festgestellte „fortdauernd stark negative Außenhan-
delsbilanz“ für Wein. Dass ein Defizit in der Handelsbilanz auf eine Markt-
schwäche des deutschen Produkts hindeuten kann, hat das Bundesverfas-
sungsgericht wiederholt angenommen (BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2009
a.a.O. S. 144; Urteil vom 3. Februar 2009 a.a.O. S. 338 ff.). So liegen die Dinge
auch hier. Das Defizit belegt eine dauerhafte und relativ starke Bevorzugung
ausländischer Weine im internationalen Vergleich wie auch auf dem nationalen
Markt; denn auch in Deutschland wird der Weinbedarf zum weit überwiegenden
Teil mit ausländischen Weinen gedeckt. Diese Indizwirkung büßt das Handels-
bilanzdefizit nicht deshalb ein, weil die Menge des in Deutschland produzierten
Weins über einen höchstzulässigen Hektarertrag begrenzt ist (vgl. §§ 9 f.
WeinG), sodass sich eine Erhöhung eines Marktanteils nur zulasten eines an-
deren in gleicher Größenordnung erzielen ließe. Das Berufungsgericht misst
nicht der Menge, sondern der Wertschöpfung pro Mengeneinheit Aussagekraft
bei. Das trifft zu: Da die Handelsbilanz die in ihr erfassten Waren wertmäßig
abbildet, nämlich die Warenausfuhr als Zahlungseingang und die Wareneinfuhr
als Zahlungsausgang (vgl. Gabler Wirtschaftslexikon, Stichwort: Handelsbilanz,
online im Internet: http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/2428/handelsbilanz-
v9.html), belegt ein langfristiges Defizit gerade bei einer fixen Warenmenge das
- relativ zu importierten Produkten gleicher Art und Qualität - unterdurchschnitt-
liche Preisniveau und das Ausbleiben einer angemessenen Preisentwicklung
über die Zeit. Auf den Umfang der Warenmengen, die (unterpreislich) ausge-
tauscht werden, kommt es demgegenüber nicht unmittelbar an.
Plausibel ist ebenso, dass sich das Gericht zum Beleg erheblicher Nachteile der
deutschen Weinwirtschaft auch im Übrigen an der Wertschöpfung pro Mengen-
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einheit orientiert und dabei insbesondere dem Vergleich von Durchschnittsver-
kaufspreisen deutscher und ausländischer Weine in entsprechender Qualität
Bedeutung beigelegt hat. Die deutlich niedrigeren Preise, die deutsche Quali-
tätsweine im Inland und auf wichtigen Exportmärkten erzielen, haben ihre Ursa-
che offenkundig in einer im Verhältnis zu entsprechenden Weinen ausländi-
scher Herkunft geringeren Wertschätzung der Konsumenten. Es ist überzeu-
gend, diesen Umstand für das Inland anhand der Preise des Einzelhandels für
Wein herauszuarbeiten. Das gilt nicht nur, weil über ihn der Großteil, nämlich
etwa Dreiviertel des gesamten Weins in Deutschland vertrieben wird. Vor allem
kann der Absatz über den Lebensmitteleinzelhandel viel unmittelbarer als der
Direkt- und Genossenschaftsverkauf durch ein Marketing des Beigeladenen
zu 2 stimuliert werden. Daher kann gegen die Indizwirkung der Einzelhandels-
preise nicht eingewandt werden, dass im Direkt- und Genossenschaftsverkauf
ein prozentual größerer Teil der Wertschöpfung erzielt wird. Genau dieser Um-
stand bestätigt die Einschätzung, dass die Wettbewerbsnachteile des deut-
schen Weins im Einzelhandel beurteilt und durch die Tätigkeit des Beigelade-
nen zu 2 verringert werden müssen. Schon deswegen verfängt auch die Kritik
nicht, richtigerweise müsse die Wertschöpfung im Verhältnis von Winzern und
Abfüllern und nicht zwischen Einzelhandel und Endverbraucher verglichen wer-
den. Es liegt auf der Hand, dass eine Erhöhung der Einzelhandelspreise, die
einen gut nachvollziehbaren Anknüpfungspunkt für die Wertentwicklung des
größten Teils des Weins bieten, tendenziell auf davor liegende Glieder der
Wertschöpfungskette (Erzeuger und Abfüller) zurückwirkt. Zwar wird ihnen nicht
jede Erhöhung der Endverbrauchspreise zugute kommen; ohne Preissteigerun-
gen auf der letzten Stufe werden sich aber höhere Abgabepreise auf vorgela-
gerten Produktionsstufen schwerlich durchsetzten lassen.
Nicht zu beanstanden ist weiter, dass das Berufungsgericht von einem - im
Verhältnis zu staatlicher Absatzförderung - geringeren Potenzial der abgabe-
belasteten Gruppe ausgeht, die aufgezeigten Nachteile aus eigener Kraft zu
kompensieren. Nach seinen Feststellungen, die im Revisionsverfahren nicht
durchgreifend beanstandet worden sind, weisen die deutschen Weinbaubetrie-
be durchschnittlich nur eine geringe Betriebsgröße auf und müssen unter un-
günstigen Bedingungen und Inkaufnahme von Standortnachteilen produzieren
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(z.B. unter klimatisch ungünstigen Verhältnissen, in Steillagen und mit einem
hohen Lohnkostenniveau). Diese Verhältnisse lassen es ohne Weiteres als
nachvollziehbar erscheinen, dass sich die Wertschöpfung nicht durch eine Ver-
änderung der Produktionsbedingungen wesentlich steigern lässt. Ebenso wenig
ist es unplausibel, aus diesen Umständen zu folgern, eine auf privatwirtschaftli-
cher Basis organisierte zentrale Absatzförderung wäre nicht in gleichem Maße
effektiv. Kleinteilige Strukturen mit nur geringer Personal- und Finanzkraft sind
kaum in der Lage, sich ebenso schlagkräftig wie starke ausländische Konkur-
renten zu organisieren und diesen gleichgewichtige Marketingstrategien ent-
gegenzusetzen. Diese Annahmen können sich auf naheliegende Wirkungs-
zusammenhänge stützen, die sich aus den konkreten Verhältnissen des be-
trachteten Wirtschaftszweiges ergeben, nicht aber auf der vom Bundesverfas-
sungsgericht abgelehnten Vermutung eines automatischen Mehrwerts staatlich
organisierter Werbung beruhen (BVerfG, Urteil vom 3. Februar 2009 a.a.O.
S. 338).
Schließlich hat das Berufungsgericht die Existenz vergleichbarer staatlich ge-
stützter Fördereinrichtungen in anderen weinproduzierenden EU-Ländern zu
Recht als Hinweis darauf betrachtet, dass diese Länder ein zentrales oder so-
gar staatlich organisiertes Marketing ungeachtet des größeren wirtschaftlichen
Erfolgs ihrer Weinwirtschaft für sinnvoll und hinreichend effektiv erachten, um
das für den Verkaufserfolg von Qualitätsweinen wesentliche Image herzustel-
len.
d) Es ist nicht durchgreifend infrage gestellt worden, dass die Tätigkeit des Bei-
geladenen zu 2 hinreichend effektiv ist, um eine Finanzierung durch die Abga-
bepflichtigen zu rechtfertigen.
aa) Das Berufungsgericht hat zum einen die besondere Eignung des Beigela-
denen zu 2 festgestellt, einen Imagegewinn des deutschen Weins zu bewirken,
der sich langfristig in einer Qualitäts- und Absatzförderung und verbesserten
Wertschöpfung niederschlägt. Auch der Kläger bezweifelt nicht, dass der Beige-
ladene zu 2 in seiner jahrzehntelangen Tätigkeit erhebliches Erfahrungswissen
angesammelt hat, um die Kräfte der Weinerzeuger und -vermarkter zu bündeln,
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ihre Interessen auszugleichen und die Position des deutschen Weins auf den
Exportmärkten gegenüber Konkurrenten zu verbessern. Zudem hat das Beru-
fungsgericht tragfähige Hinweise dafür aufgezeigt, dass die Tätigkeit des Beige-
ladenen zu 2 zu einer Imageverbesserung des deutschen Weins beigetragen
hat. Dem steht wegen der Notwendigkeit der Plausibilisierung nicht entgegen,
dass der Umfang dieser Verbesserung wegen der komplexen Wirkungszusam-
menhänge nicht genau quantifizierbar ist. Ebenso ist es unschädlich, dass es
dem Beigeladenen zu 2 verwehrt ist, Werbung für bestimmte Produkte oder
Produzenten zu machen. Dies ist der Verpflichtung zu staatlicher Neutralität
gegenüber der wirtschaftlichen Tätigkeit der untereinander in Konkurrenz ste-
henden Abgabepflichtigen geschuldet. Eine effektive Absatzförderung ist aber
auch dann möglich, wenn der Beigeladene zu 2 so genannte generische Wer-
bung oder Werbung für einzelne Rebsorten macht (wie für den vom Gericht als
„Vorzeigerebsorte“ bezeichneten Riesling), die von zahlreichen Winzern ange-
baut werden, im Ausland besondere Beachtung finden und dort für deutschen
Wein als solchen stehen.
bb) Dass der Beigeladene zu 2 in seiner Tätigkeit durch Unionsrecht keinen Be-
schränkungen ausgesetzt ist, die eine sinnvolle Werbung für deutschen Wein
im Ausland unmöglich machen würden, hat der Senat im Urteil im Parallelver-
fahren BVerwG 3 C 32.10 ebenfalls entschieden. Hierauf kann Bezug genom-
men werden, da der Kläger derartige Einschränkungen nicht vertiefend geltend
gemacht hat.
3. Was die weiteren verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Zulässigkeit
einer Sonderabgabe mit Finanzierungsfunktion angeht, hat das Berufungs-
gericht ebenfalls das Notwendige festgestellt. Es hat insbesondere dargelegt,
dass die Abgabe haushaltsrechtlich ausreichend dokumentiert ist und ihre Er-
forderlichkeit regelmäßig überprüft wird. Die Feststellungen und Bewertungen
dazu sind mit der Revision nicht durchgreifend angegriffen worden. Soweit der
Kläger bezweifelt, dass der Gesetzgeber bei der vom Berufungsgericht festge-
stellten Überprüfung im Jahr 2007 ein „hinreichendes Problembewusstsein“ ge-
habt habe, setzt er der Würdigung des Gerichts lediglich seine eigene Würdi-
gung entgegen, ohne aufzuzeigen, dass die Bewertung des Berufungsgerichts
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gegen Beweiswürdigungsgrundsätze, allgemeine Erfahrungssätze oder Denk-
gesetze verstößt.
4. An die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil ist der Senat
gebunden, weil in Bezug auf sie keine zulässigen und begründeten Revisions-
gründe vorgebracht worden sind (vgl. § 137 Abs. 2 VwGO). Zu den bindenden
Feststellungen gehören Tatsachenurteile und Bewertungen, soweit sie nicht
von normativen Vorgaben abhängen, sowie tatsächliche Schlussfolgerungen
und Indizien (vgl. Kraft, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 137 Rn. 47;
Prütting, in: Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung
ZPO>, Bd. 1, 3. Aufl. 2008, § 284 Rn. 41 f.). Derartige Feststellungen können
nur damit infrage gestellt werden, dass ein Verstoß gegen die Beweiswürdi-
gungsgrundsätze, allgemeine Erfahrungssätze oder Denkgesetze geltend ge-
macht wird und vorliegt (vgl. Urteil vom 23. September 2010 - BVerwG 3 C
32.09 - ZfSch 2011, 52 = DAR 2011, 39 ). Rügen, die diese Anforde-
rungen erfüllen, hat der Kläger nicht erhoben. Das gilt auch, soweit er bemän-
gelt, das Berufungsgericht habe sich mit seinem Vortrag zur Interpretation der
negativen Außenhandelsbilanz unzureichend auseinandergesetzt.
5. Der Kläger ist auch nicht in seinem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG ver-
letzt. Freilich greift die Sonderabgabe nach § 43 Abs. 1 WeinG in den Schutz-
bereich dieses Grundrechts ein. Das ist bei öffentlichen Abgaben der Fall, wenn
sie in engem Zusammenhang mit der Ausübung eines Berufs stehen und objek-
tiv eine berufsregelnde Tendenz erkennen lassen (vgl. BVerfG, Beschluss vom
24. November 2009 a.a.O. S. 363 m.w.N.). Aus der Sicht der Abgabepflichtigen
stellt sich die Sonderabgabe (auch) als eine Verkürzung ihrer durch Art. 12
Abs. 1 GG geschützten unternehmerischen Freiheit dar und bedarf auch daher
besonderer Rechtfertigung. Für die im Schwerpunkt in Rede stehenden Wer-
bemaßnahmen des Beigeladenen zu 2 wird diese freiheitsbeschränkende Qua-
lität der Abgabe besonders augenfällig, weil die finanzielle Inanspruchnahme
der Unternehmen der Weinwirtschaft als Schmälerung ihrer eigenen unterneh-
merischen Werbeetats angesehen werden kann (stRspr, vgl. BVerfG, Urteile
vom 3. Februar 2009 a.a.O. S. 337 m.w.N. und vom 6. Juli 2005 a.a.O. S. 145;
Beschluss vom 12. Mai 2009 a.a.O. S. 139 f.; anders noch Beschluss vom
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5. März 1974 a.a.O. S. 17 f.). Die Erhebung einer solchen Abgabe ist nur auf-
grund eines Gesetzes zulässig, das auch im Übrigen mit der Verfassung in Ein-
klang steht (vgl. BVerfG, Urteil vom 6. Juli 2005 a.a.O. S. 145; Beschluss vom
12. Mai 2009 a.a.O. S. 140). Gesetzliche Regelungen der Berufsausübung sind
nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zulässig, wenn
sie durch hinreichende Gründe des gemeinen Wohls gerechtfertigt sind, wenn
das gewählte Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und auch
erforderlich ist und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere
des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der
Zumutbarkeit noch gewahrt ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 13. Dezember 2000
- 1 BvR 335/97 - BVerfGE 103, 1 <10> m.w.N.). Für Sonderabgaben ist dies
regelmäßig bereits dann der Fall, wenn sie den kompetenz- und finanzverfas-
sungsrechtlichen Anforderungen standhalten (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom
24. November 2009 a.a.O. S. 363 ff.). Damit steht zugleich fest, dass sich die
Auferlegung der Abgabe auf vernünftige Gründe des Gemeinwohls stützen
kann, und zwar hier deshalb, weil die Gruppe der Abgabepflichtigen in geeigne-
ter Weise von Beeinträchtigungen entlastet wird, die sie selbst nicht hinreichend
ausgleichen könnte. Auf der Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen ist
die Zumutbarkeit der Sonderabgabe zu bejahen, weil den Winzern mit weniger
als einem Cent pro Quadratmeter Weinbergsfläche eine nur geringfügige Abga-
benlast auferlegt ist, die zum Gruppennutzen schon deswegen nicht in einem
unangemessenen Verhältnis steht. Dies ist auf der Grundlage des klägerseiti-
gen Vorbringens revisionsrechtlich ebenso wenig zu beanstanden wie die Fest-
stellung, dass die Abgabe ihrer Höhe nach verfassungsgemäß bemessen, d.h.
nicht übermäßig und auf die Gruppenangehörigen gleichheitsgerecht verteilt ist.
Weitergehende Anforderungen sind unter dem Gesichtspunkt der Berufsaus-
übungsfreiheit nicht zu beachten.
6. Entgegen der Annahme des Klägers verletzt ihn die Heranziehung zu der
Abgabe für den Beigeladenen zu 2 auch nicht in seinem Grundrecht der negati-
ven Vereinigungsfreiheit. Es fehlt bereits an einem Eingriff in Art. 9 Abs. 1 GG,
dessen Schutzbereich offenkundig nicht berührt ist. Die Gruppe der Abgabe-
pflichtigen ist kein von Art. 9 Abs. 1 GG erfasster Personenzusammenschluss.
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B. Die Abgabe für die gebietliche Absatzförderung ist ebenfalls verfassungsge-
mäß.
1. Rechtsgrundlage für die Erhebung ist § 1 des rheinland-pfälzischen Absatz-
förderungsgesetzes Wein (AbföG Wein) vom 28. Juni 1976 (GVBl S. 187), Ab-
satz 2 dieser Vorschrift in der bei Erlass der angefochtenen Bescheide gelten-
den Fassung des Gesetzes vom 6. Februar 2001 (GVBl S. 29). Damit hat der
rheinland-pfälzische Gesetzgeber von der Ermächtigung des § 46 Satz 1
WeinG Gebrauch gemacht, die nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WeinG Abgabe-
pflichtigen zu einer Abgabe zur besonderen Förderung des in ihrem Gebiet er-
zeugten Weines heranzuziehen. Die Abgabe wird nach § 1 AbföG Wein von
den Eigentümern oder Nutzungsberechtigten der in Rheinland-Pfalz belegenen
Weinbergsflächen erhoben (Absatz 1); für den in der Pfalz produzierenden Klä-
ger beträgt sie jährlich 0,77 € je Ar der Weinbergsfläche (Absatz 2). Einwände
hat der Kläger insoweit nicht erhoben.
2. Das Berufungsgericht geht zu Recht davon aus, dass es sich auch bei der
Abgabe für die gebietliche Absatzförderung, die so genannte Gebietsweinwer-
bung, um eine Sonderabgabe handelt, die denselben Charakter hat wie die Ab-
gabe für den Beigeladenen zu 2 und denselben verfassungsrechtlichen Anfor-
derungen unterliegt. Zur Begründung kann auf die vorstehenden Erwägungen
hierzu (A 2 a und b) verwiesen werden, die entsprechend gelten.
3. Die Bewertung, die materiellen Anforderungen der Verfassung an die Einfüh-
rung einer solchen Abgabe seien erfüllt, ist revisionsrechtlich nicht zu bean-
standen. Dass das Berufungsgericht zur Begründung auf seine - wie gezeigt
tragfähigen - Erwägungen zur Abgabe für den zu 2 beigeladenen Deutschen
Weinfonds Bezug genommen hat, ist schon deswegen zwingend, weil diese in
gleicher Weise gelten; denn es handelt sich um strukturell identische Abgaben,
die mit derselben Zielrichtung nach gleichartigen Maßstäben von denselben
Abgabepflichtigen erhoben werden. Dementsprechend konnte das Berufungs-
gericht auf Feststellungen zurückgreifen, die es zur Abgabe für den Beigelade-
nen zu 2 getroffen hatte, und sich im Übrigen darauf beschränken, die Beson-
derheiten der Gebietsweinwerbung zu behandeln.
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Die strukturelle Gleichartigkeit und Übertragbarkeit der Feststellungen gilt un-
geachtet dessen, dass die Abgabe für die gebietliche Absatzförderung nur von
den nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WeinG Abgabepflichtigen, also von Eigentü-
mern und Nutzungsberechtigten von Weinbergsflächen und damit einem Teil
der bundesweit zur Abgabe für den Beigeladenen zu 2 Herangezogenen erho-
ben wird. Insbesondere ist deshalb nicht, wie der Kläger meint, die Gruppen-
homogenität infrage gestellt. § 46 Satz 1 WeinG ermächtigt die Länder nicht zur
Heranziehung auch der Abfüllbetriebe (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WeinG). Dies
beruht auf tragfähigen Erwägungen, vor allem auf einem geringeren Interesse
der Vermarkter von überregionalen Erzeugnissen an einer gebietsbezogenen
Weinwerbung¸ wie das Berufungsgericht überzeugend herausgearbeitet hat.
Die Begrenzung auf eine Flächenabgabe berührt nicht die Homogenität der
Gruppe, sondern allenfalls die Vollständigkeit der nach den gesetzlichen Zwe-
cken potenziell heranzuziehenden Gruppe.
Auch die Finanzierungsverantwortung ist ausgehend von den Feststellungen
zur Abgabe für den Beigeladenen zu 2 zu bejahen. Die auszugleichenden Be-
einträchtigungen und der Nutzen der Werbetätigkeit des Beigeladenen zu 1 be-
treffen dieselben Abgabepflichtigen, sodass eine unterschiedliche Beurteilung
im Ansatz ausscheidet. Daran ändert wiederum nichts, dass die Gebietswein-
werbung einer enger begrenzten Gruppe zugute kommt; denn die vom Beru-
fungsgericht festgestellte Benachteiligung der deutschen Weinwirtschaft trifft
deutschen Wein schlechthin und nicht nur bestimmte Anbaugebiete.
Eine regionale Abgabe lässt sich auch zusätzlich zur Abgabe für den Beigela-
denen zu 2 rechtfertigen. Das Berufungsgericht hat dazu festgestellt, die Auf-
gabe der Gebietsweinwerbung bestehe darin, den besonderen Beeinträchti-
gungen und spezifischen Nachteilen des deutschen Weins im In- und Ausland
mit dem Ziel einer stärkeren Profilierung des Weins aus dem jeweiligen Anbau-
gebiet entgegenzuwirken und Verbraucher dazu zu bewegen, Weine aus dem
jeweiligen Anbaugebiet Importweinen vorzuziehen und dabei höhere Flaschen-
preise zu akzeptieren. Die daran anknüpfenden Einschätzungen, es sei hinrei-
chend begründet, dass die Gebietsweinwerbung gegenüber dem Marketing des
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Beigeladenen zu 2 gebietsspezifischer und daher zugunsten der umfassten An-
baugebiete effektiver vorgehen könne und sich mit dem Marketing des Beigela-
denen zu 2 sinnvoll ergänze, sind tragfähig und vom Kläger nicht substanziiert
angegriffen worden; sie sind für den Senat daher bindend. Bestehen aber spe-
zifische Vorteile der Werbetätigkeit des Beigeladenen zu 1, kommt es, wie das
Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, nicht darauf an, ob eine zweite
Organisation der Absatzförderung zwingend erforderlich ist.
Schließlich hat das Berufungsgericht dargelegt, dass die Abgabe für die Ge-
bietsweinwerbung haushaltsrechtlich ausreichend dokumentiert ist und ihre Er-
forderlichkeit regelmäßig überprüft wird. Die diesbezüglichen Feststellungen
und Bewertungen hat der Kläger nicht durchgreifend gerügt; einen Verstoß ge-
gen Beweiswürdigungsgrundsätze, allgemeine Erfahrungssätze oder Denkge-
setze hat er nicht aufgezeigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die au-
ßergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1 sind nicht erstattungsfähig, weil
er im Revisionsverfahren keinen Antrag gestellt hat und daher keinem Kostenri-
siko ausgesetzt war (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).
Kley
Liebler
RiBVerwG Dr. Langer
ist wegen Krankheit gehindert
zu unterschreiben.
Kley
Dr. Wysk
Dr. Kuhlmann
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