Urteil des BVerwG vom 25.08.2011

Sperrfrist, Mitgliedstaat, Verwaltungsakt, Ewr

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
BVerwG 3 C 28.10
OVG 1 A 185/10
Verkündet
am 25. August 2011
Zweigler
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 25. August 2011
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Liebler, Buchheister, Dr. Wysk
und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kuhlmann
für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberver-
waltungsgerichts des Saarlandes vom 28. Juli 2010 wird
zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
G r ü n d e :
I
Die Beteiligten streiten um die Berechtigung des Klägers, von seiner in der
Tschechischen Republik erworbenen Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch
zu machen.
Dem Kläger wurde die 1988 erworbene deutsche Fahrerlaubnis durch Strafur-
teil vom 17. März 1998 wegen einer Trunkenheitsfahrt (Blutalkoholgehalt [BAK]
von 2,39 Promille) entzogen. Eine ihm im Dezember 1998 erteilte Fahrerlaubnis
wurde durch Urteil vom 4. April 2000 wegen fahrlässiger Trunkenheit im Ver-
kehr (BAK von 1,4 Promille) wieder entzogen. Wegen einer Trunkenheitsfahrt
am 21. September 2002 (BAK von 2,02 Promille) in Tateinheit mit vorsätzli-
chem Fahren ohne Fahrerlaubnis und ohne Versicherungsschutz wurde er am
29. August 2003 erneut verurteilt. Im Februar 2003 erhielt der Kläger aufgrund
eines positiven Fahreignungsgutachtens wieder eine Fahrerlaubnis, die ihm der
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Beklagte wegen der strafgerichtlichen Verurteilung mit Bescheid vom 20. Au-
gust 2004 wieder entzog. Zwischenzeitlich verfügte der Kläger auch über eine
luxemburgische Fahrerlaubnis, die ihm aber ebenfalls wieder entzogen wurde.
Mit amtsgerichtlichem Strafurteil vom 25. November 2005 wurde der Kläger
wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und eine
Sperrfrist von zwei Jahren für die Wiedererteilung festgesetzt. Auf die Berufung
des Klägers setzte das Landgericht mit Urteil vom 5. April 2007 die Freiheits-
strafe zur Bewährung aus und verhängte gemäß § 69a StGB eine isolierte
Sperre von sechs Monaten; dieses Urteil wurde am 5. Juli 2007 rechtskräftig.
Am 16. Oktober 2007 erwarb der Kläger in der Tschechischen Republik eine
Fahrerlaubnis für die Klassen A und B; im dort ausgestellten Führerschein ist
ein Wohnort in Tschechien eingetragen.
Als der Beklagte davon Kenntnis erhielt, erließ er den Bescheid vom 15. April
2009, in dem es unter Nr. 1 heißt: „Hiermit wird Ihnen das Recht aberkannt, mit
Ihrer tschechischen Fahrerlaubnis in Deutschland Kraftfahrzeuge zu führen.“
Zur Begründung wird darauf verwiesen, dass nach dem Unionsrecht die in ei-
nem anderen EU-Mitgliedstaat erteilte Fahrerlaubnis zwar grundsätzlich anzu-
erkennen sei; davon gebe es aber Ausnahmen, etwa dann, wenn die Fahrer-
laubnis - wie hier - während einer noch laufenden Führerscheinsperre erteilt
worden sei. Der vom Kläger eingelegte Widerspruch wurde nicht beschieden.
Die vom Kläger erhobene Untätigkeitsklage hat das Verwaltungsgericht abge-
wiesen. Die Berufung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht des Saar-
landes zurückgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt: Der Bescheid könne
auf § 28 Abs. 4 Nr. 4 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) in der Fassung vom
9. August 2004 gestützt werden. Ob die tschechische Fahrerlaubnis des Klä-
gers in Deutschland gelte, richte sich nach der zum Zeitpunkt ihres Erwerbs
maßgeblichen Rechtslage. Da die Fahrerlaubnis noch innerhalb der im Urteil
vom 5. Juli 2007 festgelegten Sperrfrist erteilt worden sei, die erst mit der
Rechtskraft dieses Urteils zu laufen begonnen habe, habe sie nach § 28 Abs. 4
Nr. 1 1. Alt. FeV im Inland keine Geltung. Diese Regelung sei nach der Recht-
sprechung des Europäischen Gerichtshofes mit Art. 1 Abs. 2 und Art. 8 Abs. 4
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der Richtlinie Nr. 91/439/EWG vereinbar. § 28 Abs. 4 Nr. 4 1. Alt. FeV bewirke
entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Münster unmittelbar,
dass der Inhaber einer solchen Fahrerlaubnis nicht berechtigt sei, im Bundes-
gebiet Fahrzeuge zu führen; eines vorherigen Verwaltungsakts bedürfe es
nicht. Aus den Urteilen des Europäischen Gerichtshofes vom 26. Juni 2008 er-
gebe sich nichts anderes. Es obliege allein den Mitgliedstaaten, die Modalitäten
einer gemeinschaftsrechtlich zulässigen Versagung der Anerkennung einer
ausländischen EU-Fahrerlaubnis zu regeln. In § 28 Abs. 4 Nr. 4 i.V.m. Abs. 5
FeV sei das in zulässiger Weise geschehen. Auf das Fortbestehen von Eig-
nungsmängeln komme es nicht an. Das sei mit dem Verhältnismäßigkeits-
grundsatz vereinbar, da der Betroffene gemäß § 28 Abs. 5 FeV bei wiederer-
langter Eignung die Anerkennung der ausländischen Fahrerlaubnis beantragen
könne. Auch mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG bestehe kein Grund, ihn anders zu
behandeln als Personen, die die Voraussetzung der Eignung zwar (wieder) er-
füllten, bei denen aber wegen fehlenden Antrags noch keine Eignungsüberprü-
fung durchgeführt worden sei und die deshalb noch keine Fahrerlaubnis erhal-
ten hätten. Dass die in der Tschechischen Republik erworbene Fahrerlaubnis
bereits kraft normativer Regelung ungültig sei, hindere den Beklagten nicht, den
Kläger durch Verwaltungsakt auf diese Rechtsfolge hinzuweisen.
Zur Begründung seiner Revision macht der Kläger geltend: Es bestünden Be-
denken, ob § 28 FeV a.F., der auf einer bewussten Entscheidung des Normge-
bers beruhe, einer teleologischen Reduktion zugänglich sei. Darüber hinaus
stehe die Anwendung von § 28 FeV nicht im Einklang mit dem Rückwirkungs-
verbot des Art. 103 Abs. 2 GG. Die Inhaber ausländischer EU-Fahrerlaubnisse
hätten zum Teil jahrelang unbeanstandet am Straßenverkehr teilgenommen
und seien nun - und das möglicherweise sogar beginnend mit dem Tag der
Fahrerlaubniserteilung - mit dem strafrechtlichen Vorwurf des Fahrens ohne
Fahrerlaubnis konfrontiert. Dabei sei es vielfach ohnehin schwierig, das Ende
einer inländischen Sperrfrist zu bestimmen. Der Auffassung, dass die ausländi-
sche Fahrerlaubnis zunächst einmal gültig sei, neige wohl auch der erkennende
Senat zu, wenn er in den vom Europäischen Gerichtshof gebilligten Fällen einer
Nichtanerkennung von einem Zugriffsrecht des Aufnahmemitgliedstaates aus-
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gehe. Hier sei bei Erteilung der tschechischen Fahrerlaubnis die Sperrfrist im
Übrigen schon abgelaufen gewesen.
Der Beklagte tritt der Revision entgegen.
Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht ist der
Auffassung, dass die Nichtanerkennung einer Fahrerlaubnis in der Bundesre-
publik in den in § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV n.F. genannten Fällen bereits unmittel-
bar aus der Regelung selbst folge, es mithin nicht zusätzlich noch des Erlasses
eines Verwaltungsaktes zur Herbeiführung dieser Rechtsfolge bedürfe. Das
ergebe sich aus dem Wortlaut der Regelung, dem Zusammenhang mit § 28
Abs. 1 FeV und aus der Entstehungsgeschichte der Dritten Verordnung zur Än-
derung der Fahrerlaubnis-Verordnung.
II
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Entscheidung des Berufungsge-
richts steht im Einklang mit Bundes- und Unionsrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1
VwGO). Der angefochtene Bescheid vom 15. April 2009 ist nicht rechtswidrig,
sondern stellt zutreffend fest, dass der Kläger nicht berechtigt ist, von seiner
tschechischen Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch zu machen. Dies folgt
bereits unmittelbar aus § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 FeV, der durch die Dritte Ver-
ordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung vom 7. Januar 2009
(BGBl I S. 29) insoweit unverändert geblieben ist.
1. Gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 FeV dürfen Inhaber einer gültigen EU- oder
EWR-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 7 Abs. 1
oder 2 in der Bundesrepublik Deutschland haben - vorbehaltlich der Einschrän-
kungen nach den Absätzen 2 bis 4 - im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahr-
zeuge im Inland führen.
a) Hier greift der Ausschlussgrund des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 FeV; danach
gilt die Berechtigung nach Absatz 1 nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-
Fahrerlaubnis, denen auf Grund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entschei-
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dung keine Fahrerlaubnis erteilt werden darf. Dem Kläger wurde die streitige
Fahrerlaubnis der Klassen A und B in der Tschechischen Republik am 16. Ok-
tober 2007 erteilt. Dieser Zeitpunkt lag innerhalb der Sperrfrist von sechs Mona-
ten, die das Landgericht Saarbrücken mit Urteil vom 5. April 2007 auf der
Grundlage von § 69a Abs. 1 Satz 3 StGB verhängt hatte. Diese Frist wurde erst
mit der Rechtskraft des Urteils am 5. Juli 2007 in Lauf gesetzt. Das ergibt sich
aus § 69a Abs. 5 Satz 1 StGB. § 69a Abs. 5 Satz 2 StGB ist nicht anwendbar;
nach dieser Regelung wird in die Frist die Zeit einer wegen der Tat angeordne-
ten vorläufigen Entziehung eingerechnet, soweit sie nach Verkündung des Ur-
teils verstrichen ist, in dem die der Maßregel zugrunde liegenden tatsächlichen
Feststellungen letztmals geprüft werden konnten. Diese Voraussetzungen wa-
ren im Fall des Klägers nicht erfüllt, da es wegen der geahndeten Tat - des
Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen - naturgemäß nicht zu einer vorläu-
figen Entziehung der Fahrerlaubnis gekommen war. Für die vom Kläger befür-
wortete entsprechende Anwendung dieser Regelung gibt es keine Grundlage;
er war wegen der von ihm begangenen Straftat nicht mit einer Maßnahme be-
lastet, die einer vorläufigen Fahrerlaubnisentziehung vergleichbar und damit
möglicherweise anrechnungsfähig wäre. Im Hinblick auf den klaren Wortlaut
der Regelung kann der Kläger für seine Auffassung auch nichts aus dem - nicht
näher begründeten - Beschluss des Landgerichts Oldenburg vom 27. Septem-
ber 1966 - 6 Ms 35/66 - (DAR 1967, S. 50f.) gewinnen, der zudem einen anders
gelagerten Fall betraf.
b) § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 FeV ordnet die Nichtgeltung einer während einer
noch laufenden deutschen Sperrfrist erteilten ausländischen EU- oder EWR-
Fahrerlaubnis an, ohne dass es noch zusätzlich eines Verwaltungsaktes be-
darf, der diese Rechtsfolge ausspricht. Das hat das Berufungsgericht zutreffend
erkannt (ebenso OVG Koblenz, Urteil vom 18. Juni 2010 - 10 A
10411/10.OVG - SVR 2010, 351 = Blutalkohol 47, 366 und VGH München, Ur-
teil vom 27. Mai 2010 - 11 BV 10.67 - SVR 2010, 313 sowie VGH Mannheim,
Beschluss vom 30. Mai 2011 - 10 S 2640/10 -); dieser Auffassung ist - ausweis-
lich der Stellungnahme des Vertreters des Bundesinteresses - auch das Bun-
desministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, das die Fahrerlaubnis-
Verordnung und die maßgebliche Änderungsverordnung erlassen hat.
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Gegen die anderslautende Annahme des Oberverwaltungsgerichts Münster
(vgl. u.a. Beschluss vom 12. Januar 2009 - 16 B 1610/08 - DAR 2009, 109 =
VRS 119, 314 Rn. 35 und Urteil vom 8. Mai 2009 - 16 A 3373/07 - DAR 2009,
480 Rn. 21), auf die sich der Kläger beruft, sprechen bereits der Wortlaut der
Regelung und der systematische Zusammenhang des ersten und des vierten
Absatzes von § 28 FeV. In § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV heißt es, dass die Berechti-
gung des Absatzes 1 in den nachfolgend aufgeführten Fällen „nicht gilt“, ohne
dass dort - anders als in § 3 StVG und § 46 FeV (… „hat die Fahrerlaubnisbe-
hörde die Fahrerlaubnis zu entziehen“) - ein gesondertes Tätigwerden der Fahr-
erlaubnisbehörde verlangt wird. „Nicht gelten“ bedeutet, dass der ausländi-
schen Fahrerlaubnis per se keine Wirksamkeit im Bundesgebiet zuerkannt wird.
Systematisch regelt § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV Ausnahmen von der Berechtigung
zum Führen von Kraftfahrzeugen, die dem Inhaber einer ausländischen EU-
oder EWR-Fahrerlaubnisbehörde in § 28 Abs. 1 FeV grundsätzlich zuerkannt
wird; spiegelbildlich wird auch für den Erwerb der Fahrberechtigung aufgrund
einer ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis kein Tätigwerden der deut-
schen Fahrerlaubnisbehörde vorausgesetzt.
Gegen das Erfordernis einer konstitutiven Einzelfallentscheidung der deutschen
Fahrerlaubnisbehörde spricht zusätzlich § 28 Abs. 4 Satz 2 FeV n.F.; dort ist
vorgesehen, dass in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 die Behörde
einen feststellenden Verwaltungsakt über die fehlende Berechtigung erlassen
kann. Damit wird der Fahrerlaubnisbehörde nur die Möglichkeit eingeräumt
(„kann“), einen solchen Verwaltungsakt zu erlassen, sie wird hierzu nicht ver-
pflichtet. Zum anderen wird der Verwaltungsakt ausdrücklich als feststellender
Verwaltungsakt bezeichnet und damit als Verwaltungsakt, der eine bereits be-
stehende Rechtslage wiedergibt und gegebenenfalls klarstellt. Die Verord-
nungsbegründung bestätigt das; dort wird ausgeführt, dass in solchen Fällen
ein feststellender Verwaltungsakt in Betracht kommen kann, „in dem die sich
aus § 28 Abs. 4 FeV ergebende Rechtslage klargestellt wird“. Der Verwal-
tungsakt diene dazu, Zweifel am Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen
von § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 zu beseitigen, was insbesondere auf das Tatbe-
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standsmerkmal der „vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren
Informationen“ bezogen wird (BRDrucks 851/08 S. 6).
c) Dementsprechend handelt es sich bei der in § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV ange-
ordneten Nichtgeltung der ausländischen Fahrerlaubnis um eine ex-tunc-
Regelung. Der ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis wird ihre Wirksam-
keit in Deutschland bereits ab dem Zeitpunkt ihrer Erteilung und nicht erst ab
der Bekanntgabe eines ihre Nichtgeltung feststellenden Bescheides der Fahrer-
laubnisbehörde abgesprochen.
Aus dem Urteil des erkennenden Senats vom 11. Dezember 2008 - BVerwG
3 C 26.07 -, in dem von einem Zugriffsrecht des Mitgliedstaates die Rede ist
(BVerwGE 132, 315 <321>), lässt sich nicht entnehmen, dass der Senat sei-
nerzeit davon ausgegangen ist, die ausländische EU-Fahrerlaubnis sei zu-
nächst einmal gültig. Das Verfahren betraf eine Fahrerlaubnisentziehung nach
§ 3 StVG und § 46 FeV. Im Urteil wird ausgeführt, dass eine solche Entschei-
dung nicht wegen § 28 FeV ausgeschlossen sei. Die Fahrerlaubnisbehörde
habe nämlich nicht mit Gewissheit davon ausgehen können, dass sie dem Klä-
ger die in § 28 FeV angeordnete Nichtgeltung entgegenhalten könne (a.a.O.
S. 318 f.). Der Senat hat damit die Geltung der ausländischen Fahrerlaubnis
mit Blick auf § 28 FeV a.F. nicht bejaht, sondern gerade offen gelassen.
Nach all dem ist, wenn der Betroffene in Deutschland von einer unter § 28
Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 FeV fallenden ausländischen Fahrerlaubnis Gebrauch
macht, der objektive Tatbestand des Fahrens ohne Fahrerlaubnis gemäß § 21
StVG erfüllt. Ob der Betroffene gleichwohl straffrei ausgeht, weil jedenfalls der
subjektive Tatbestand zu verneinen ist, wird im Strafverfahren im jeweiligen
Einzelfall zu prüfen und zu entscheiden sein.
2. Die § 28 Abs. 1 und 4 FeV zugrunde liegende Regelungssystematik bedarf
nicht deshalb der Korrektur, weil sich aus höherrangigem deutschem Recht
ergäbe, dass die Nichtanerkennung einer ausländischen EU- oder EWR-
Fahrerlaubnis nur durch eine Einzelfallentscheidung der Fahrerlaubnisbehörde,
nicht aber normativ geregelt werden kann.
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a) Im Straßenverkehrsgesetz lässt sich kein Ansatzpunkt für eine solche An-
nahme finden. § 3 StVG, der ebenso wie § 46 FeV eine Regelung durch Ver-
waltungsakt vorsieht (… „hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis
zu entziehen.“), regelt allein den Fall der Fahrerlaubnisentziehung wegen man-
gelnder Fahreignung. Es ist aber etwas grundlegend anderes, ob dem Inhaber
eine ausländische Fahrerlaubnis nachträglich wegen durch entsprechende
Fahreignungsgutachten belegter oder nach § 11 Abs. 8 FeV anzunehmender
Nichteignung entzogen wird, d.h. ihr die Wirkung für das Bundesgebiet ab dem
Zeitpunkt der Vollziehbarkeit dieses Verwaltungsaktes genommen wird, oder ob
ihr auf der Grundlage von § 28 FeV von Anfang an keine Geltung in Deutsch-
land zuerkannt wird. Auch das Unionsrecht weist mit Art. 8 Abs. 2 und 4 der
hier noch anwendbaren Richtlinie des Rates vom 29. Juli 1991 über den Füh-
rerschein 91/439/EWG (ABl L 237 vom 24. August 1991 S.1), zuletzt geändert
durch die Richtlinie 2009/112/EG der Kommission vom 25. August 2009
(ABl L 223 vom 26. August 2009 S. 26), eine solche Differenzierung auf. Eben-
so wie die Wirkung unterscheiden sich die Voraussetzungen für den entspre-
chenden „Zugriff“ des Aufnahmemitgliedstaates (vgl. zu diesem Begriff
BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2008 a.a.O. S. 321). § 3 StVG und § 46 FeV
erlauben die Fahrerlaubnisentziehung nur bei mangelnder Eignung; sie muss
sich nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zudem gerade
aus einem Verhalten des Fahrerlaubnisinhabers nach der Erteilung der auslän-
dischen Fahrerlaubnis ergeben (vgl. dazu u.a. EuGH, Urteil vom 26. Juni 2008
- Rs. C-329/06 und C-343/06, Wiedemann u.a. - Slg. 2008 I-4635 = NJW 2008,
2403 Rn. 59 sowie BVerwG, Urteil vom 28. April 2010 - BVerwG 3 C 2.10 -
BVerwGE 137, 10 <16 ff.>). Dagegen genügt nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2
FeV ein im dargestellten Sinne offenkundiger Verstoß gegen die Wohnsitzvor-
aussetzung und nach Nr. 4 der Vorschrift die Erteilung der ausländischen Fahr-
erlaubnis während einer noch laufenden deutschen Sperrfrist.
b) Die Notwendigkeit einer konstitutiven Einzelfallentscheidung durch die Fahr-
erlaubnisbehörde lässt sich ebenso wenig mit dem Erfordernis von Rechtssi-
cherheit oder dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz begründen und damit letzt-
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lich aus dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG)
herleiten.
Rechtsnormen enthalten typischerweise abstrakt-generelle Regelungen und
knüpfen die dort angeordneten Rechtsfolgen tatbestandlich in aller Regel an
unbestimmte Rechtsbegriffe an. Das Erfordernis einer Subsumtion ist damit
nicht der Ausnahme-, sondern der Regelfall. Allein daraus, dass es für die
Feststellung der Rechtslage einer Subsumtion bedarf, kann demzufolge nicht
hergeleitet werden, dass diese Rechtsfolge erst durch einen Verwaltungsakt
herbeigeführt werden muss (so aber OVG Münster, Beschluss vom 12. Januar
2009 a.a.O.). Sollte dem Betroffenen in den hier in Rede stehenden Fällen die
Rechtslage unklar sein, steht ihm zudem ein hinreichendes rechtliches Instru-
mentarium zur Verfügung, um die notwendige Rechtssicherheit herbeizuführen.
Er kann entweder bei der Fahrerlaubnisbehörde den Erlass eines feststellen-
den Verwaltungsaktes zur Gültigkeit seiner Fahrerlaubnis beantragen oder über
eine Feststellungsklage nach § 43 VwGO eine auch die Behörde bindende
verwaltungsgerichtliche Feststellung seiner Rechte und Pflichten herbeiführen;
einen von der Fahrerlaubnisbehörde gemäß § 28 Abs. 4 Satz 2 FeV erlassenen
feststellenden Verwaltungsakt kann er anfechten.
Ebenfalls unbegründet ist der Einwand, eine Einzelfallprüfung und -entschei-
dung durch die Fahrerlaubnisbehörde seien deshalb erforderlich, weil ermittelt
werden müsse, ob der Inhaber der ausländischen Fahrerlaubnis seine Fahreig-
nung mittlerweile wiedererlangt habe; denn die mögliche Wiedererlangung der
Kraftfahreignung kann nicht dazu führen, dass die Nichtbeachtung einer noch
laufenden deutschen Sperrfrist, die zur Nichtanerkennung der Fahrerlaubnis
geführt hat, unbeachtlich wird.
Wegen der besonderen Bedeutung der Verkehrssicherheit und der in Rede
stehenden hochrangigen Rechtsgüter der Verkehrsteilnehmer, die vor ungeeig-
neten Kraftfahrern geschützt werden müssen, ist es auch mit dem Verhältnis-
mäßigkeitsgrundsatz vereinbar, dass das deutsche Fahrerlaubnisrecht die
Neuerteilung einer Fahrerlaubnis vom Nachweis der (Wieder-)Erlangung der
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Kraftfahreignung abhängig macht und die Nachweispflicht dem Betroffenen
auferlegt (vgl. § 11 und § 13 FeV sowie § 28 Abs. 5 FeV).
Schließlich begründet § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV keinen Verstoß gegen das
Rückwirkungsverbot.
Es liegt der Sache nach schon kein Fall einer Rückwirkung vor. Nach der Kon-
zeption der Vorschrift steht dem Betroffenen von Anfang an kein Recht zum
Gebrauchmachen von seiner im Ausland erteilten Fahrerlaubnis in Deutschland
zu. Dementsprechend wird ihm durch eine behördliche oder gegebenenfalls
gerichtliche Entscheidung, in der das Fehlen seiner Berechtigung zum Führen
von Kraftfahrzeugen festgestellt wird, auch kein Recht nachträglich entzogen.
Was sich der Betroffene bislang zu Nutzen machen konnte, war allein der
Schein einer solchen Berechtigung, der sich aus der ihm zu Unrecht erteilten
ausländischen Fahrerlaubnis ergab. Zudem betrifft der Schutzbereich des vom
Kläger genannten Art. 103 Abs. 2 GG, wonach eine Tat nur bestraft werden
kann, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen
war, nicht präventive Maßnahmen der Gefahrenabwehr (vgl. BVerfG Beschluss
vom 25. Oktober 1966 - 2 BvR 506/63 - BVerfGE 20, 323 <331>), zu denen die
Nichtanerkennung einer ausländischen Fahrerlaubnis nach § 28 FeV zu rech-
nen ist.
Abgesehen davon kann in dem hier in Rede stehenden Fall kein schutzwürdi-
ges Vertrauen des Betroffenen darauf entstehen, von seiner auch gemessen
an den unionsrechtlichen Vorgaben zu Unrecht erteilten Fahrerlaubnis im Bun-
desgebiet Gebrauch zu machen. Der Umfang eines solchen Vertrauens wird
von Anfang an durch die rechtlichen Regelungen beschränkt, die den Erwerb
einer solchen Fahrerlaubnis steuern, hier also auch von § 28 Abs. 4 Nr. 4 FeV
und § 69a StGB. Dem Betroffenen war bekannt oder musste jedenfalls bekannt
sein, dass ihm die ausländische Fahrerlaubnis während einer noch laufenden
Sperrfrist erteilt worden war. Bestanden für den Betroffenen insoweit Unsicher-
heiten, hätte es bei ihm gelegen, eine Klärung bei den zuständigen Stellen, ins-
besondere der Fahrerlaubnisbehörde, herbeizuführen.
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Danach ist es nicht zu beanstanden, dass der Betroffene von einer solchen
Fahrerlaubnis von Anfang an keinen Gebrauch in Deutschland machen darf,
selbst wenn die Umstände, aus denen sich sein Rechtsverstoß ergibt, der
deutschen Fahrerlaubnisbehörde oder dem Gericht erst nachträglich bekannt
geworden sind (so bereits Urteil vom 25. Februar 2010 - BVerwG 3 C 15.09 -
BVerwGE 136, 149 <154 ff.> unter Bezugnahme auf EuGH, Beschluss vom
9. Juli 2009 - Rs. C-445/08, Wierer - NJW 2010, 217 Rn. 63).
3. Die in § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV angeordnete und damit unmittelbar wirkende
Nichtanerkennung ausländischer Fahrerlaubnisse verstößt auch nicht gegen
die hier noch anwendbare Richtlinie 91/439/EWG.
Gemäß Art. 1 Abs. 2 dieser Richtlinie werden die von den Mitgliedstaaten aus-
gestellten Führerscheine gegenseitig anerkannt. Art. 8 Abs. 2 sieht vor, dass
der Mitgliedstaat des ordentlichen Wohnsitzes vorbehaltlich der Einhaltung des
straf- und polizeirechtlichen Territorialitätsprinzips auf den Inhaber eines von
einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins seine innerstaatlichen
Vorschriften über Einschränkung, Aussetzung, Entzug oder Aufhebung der
Fahrerlaubnis anwenden und zu diesem Zweck den betreffenden Führerschein
austauschen kann. Nach Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie kann es ein Mitgliedstaat
ablehnen, die Gültigkeit eines Führerscheins anzuerkennen, der von einem an-
deren Mitgliedstaat einer Person ausgestellt wurde, auf die in seinem Hoheits-
gebiet eine der in Absatz 2 genannten Maßnahmen angewendet wurde.
a) In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ist geklärt, dass die-
se Regelungen es einem Mitgliedstaat nicht verwehren, einer Person, auf die in
seinem Hoheitsgebiet eine Maßnahme des Entzugs der Fahrerlaubnis in Ver-
bindung mit einer Sperrfrist für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis angewendet
worden ist, die Anerkennung eines von einem anderen Mitgliedstaat während
dieser Sperrfrist ausgestellten neuen Führerscheins zu versagen (vgl. u.a. Urteil
vom 26. Juni 2008 - Rs. C-329/06 und 343/06, Wiedemann u.a. - a.a.O. Rn. 65
sowie Urteil vom 19. Mai 2011 - Rs. C-184/10, Grasser - DAR 2011, 171 = VR
2011, 249 Rn. 33). Diese Voraussetzungen liegen hier - wie bereits ausge-
führt - vor.
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b) Weder Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG selbst noch die Erwägungs-
gründe dieser Richtlinie enthalten einen Hinweis darauf, dass die Mitgliedstaa-
ten die ihnen dort eingeräumte Befugnis zu einer entsprechenden Gestaltung
ihres innerstaatlichen Rechts (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 11. Dezember
2008 a.a.O. Rn. 36) nicht in der Weise ausüben können, dass sie die Nichtan-
erkennung der ausländischen Fahrerlaubnis in einer abstrakt-generellen Rege-
lung bestimmen, die auch ohne eine zusätzliche behördliche Einzelfallentschei-
dung rechtliche Wirksamkeit erlangt.
Ebenso wenig wie der EU-Führerscheinrichtlinie selbst ist den Entscheidungen
des Europäischen Gerichtshofes zum Fahrerlaubnisrecht ein Hinderungsgrund
für eine solche Regelungstechnik zu entnehmen. Dort ist davon die Rede, dass
es den Mitgliedstaaten unter den vom Gerichtshof näher definierten Vorausset-
zungen nicht verwehrt ist, die Anerkennung einer ausländischen EU-
Fahrerlaubnis abzulehnen. Diese Formulierung schließt ohne Weiteres die
Möglichkeit einer abstrakt-generellen Regelung ein. Der Beschluss des Europä-
ischen Gerichtshofes vom 3. Juli 2008 (- Rs. C-225/07, Möginger - NJW 2009,
207) und seine Urteile vom 20. November 2008 (- Rs. C-1/07, Weber - Slg.
2008 I-8571 = NJW 2008, 3767) und vom 19. Februar 2009 (- Rs. C-321/07,
Schwarz - Slg. 2009 I-1113 = DAR 2009, 191) stützen diese Annahme. Diesen
Entscheidungen lagen Strafverfahren in Deutschland wegen Fahrens ohne
Fahrerlaubnis zugrunde. In den ersten beiden Fällen ging es um die Geltung
einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis, die während einer noch laufenden deut-
schen Sperrfrist erteilt worden war; das dritte Verfahren betraf die Gültigkeit
eines in eine deutsche Fahrerlaubnis umgeschriebenen österreichischen Füh-
rerscheins, nachdem die deutsche Fahrerlaubnis entzogen worden war. Zu klä-
ren war jeweils die Geltung der ausländischen Fahrerlaubnis nach Maßgabe
des unionsrechtlichen Anerkennungsgrundsatzes. Nachdem in allen Fällen die
Nichtanerkennung dieser Fahrerlaubnis direkt aus § 28 Abs. 4 FeV hergeleitet
wurde, also gerade kein diese Rechtsfolge anordnender Bescheid der Fahrer-
laubnisbehörde ergangen war, hätte es sich aufgedrängt, dass der Europäische
Gerichtshof auf ein entsprechendes Erfordernis hinweist, wenn es sich aus
dem Unionsrecht ergäbe. Das ist jedoch nicht geschehen.
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Unbegründet ist auch der Einwand, der Europäische Gerichtshof habe mit sei-
nem Urteil vom 26. Juni 2008 in der Rechtssache Wiedemann u.a. (- Rs.
C-329/07 und C-343/07 - a.a.O.) auch entschieden, dass es die Art. 1 Abs. 2
sowie 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG nicht verwehrten, die Ausset-
zung der Fahrberechtigung anzuordnen, wenn sich aus den Angaben im Füh-
rerschein oder anderen vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden unbestreitba-
ren Informationen ergibt, dass das gemeinschaftsrechtliche Wohnsitzerforder-
nis nicht gewahrt wurde (a.a.O. Rn. 81 ff.). Daraus ergibt sich lediglich die Be-
fugnis des Mitgliedstaates, unter den genannten Voraussetzungen auch die
Aussetzung der Fahrberechtigung - als Minus zur Nichtanerkennung der Fahr-
erlaubnis - vorzusehen. Ob es einer solchen Regelung überhaupt bedarf oder
ob die Fahrerlaubnis von vornherein als ungültig angesehen wird, ist eine Frage
der Ausgestaltung des jeweiligen innerstaatlichen Rechts. Dafür macht der Eu-
ropäische Gerichtshof auch in diesem Urteil keine Vorgaben; er beantwortet nur
die Frage, ob und inwieweit eine Aussetzungsregelung nach dem Unionsrecht
zulässig ist.
Soweit nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes
Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG als Ausnahme vom allgemeinen
Grundsatz der Anerkennung der in einem anderen Mitgliedstaat erteilten Fahr-
erlaubnis eng auszulegen ist (vgl. u.a. Beschluss vom 3. Juli 2008 - Rs.
C-225/07, Möginger - a.a.O. Rn. 37 m.w.N.), betrifft diese Aussage die inhaltli-
che Reichweite dieses Ausnahmetatbestandes, nicht aber den verfahrensmä-
ßigen Weg, auf dem die Nichtgeltung der ausländischen Fahrerlaubnis im Auf-
nahmemitgliedstaat herbeigeführt werden darf.
Schließlich ist der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zu ent-
nehmen, dass die Nichtgeltung einer ausländischen EU- oder EWR-
Fahrerlaubnis, die der Aufnahmemitgliedstaat in Übereinstimmung mit den von
vom Gerichtshof gebilligten Ausnahmen vom Anerkennungsgrundsatz ange-
ordnet hat, nicht unionsrechtswidrig wird, wenn der Grund für die Nichtaner-
kennung später entfällt. Nach dem Beschluss vom 3. Juli 2008 - Rs. C-225/07,
Möginger - verwehrt es der Anerkennungsgrundsatz dem Aufnahmemitglied-
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- 15 -
staat nicht, es abzulehnen, die Gültigkeit eines von einem anderen Mitglied-
staat ausgestellten Führerscheins anzuerkennen, wenn sein Inhaber im ersten
Mitgliedstaat zum Zeitpunkt dieser Ausstellung einer Sperrfrist für die Neuertei-
lung unterlag; der Umstand, dass sich die Frage der Gültigkeit erst nach Ablauf
der Sperrfrist stelle, habe hierauf keinen Einfluss. Die Befugnis zur Nichtaner-
kennung gelte uneingeschränkt und endgültig (a.a.O. Rn. 41). Dem lässt sich
- außer der Billigung einer durch eine Rechtsnorm angeordneten Nichtanerken-
nung - auch entnehmen, dass der Europäische Gerichtshof es nicht als ge-
meinschaftsrechtswidrig ansieht, wenn der Aufnahmemitgliedstaat weiterhin
von der Nichtgeltung der ausländischen Fahrerlaubnis ausgeht, obgleich der
Betroffene - hier nach Ablauf der Sperrfrist - seine Fahreignung möglicherweise
wiedererlangt hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Kley
Liebler
Buchheister
Dr. Wysk
Dr. Kuhlmann
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Sachgebiet:
BVerwGE:
nein
Straßenverkehrsrecht
Fachpresse: ja
Rechtsquellen:
FeV
§ 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4, § 46
StVG
§ 3 Abs. 1
RL Nr. 91/439/EWG
Art. 1 Abs. 2, Art. 7 Abs. 1, Art. 8 Abs. 2 und 4
Stichworte:
EU-Fahrerlaubnis; EU-Führerschein; EWR-Führerschein; EWR-Fahrerlaubnis;
ausländische Fahrerlaubnis; Fahrerlaubnis-Verordnung; Recht, von einer aus-
ländischen Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch zu machen; Anerkennung
von Führerscheinen; Gemeinschaftsrecht; Unionsrecht; Anerkennungsgrund-
satz; Ungültigkeit; Unwirksamkeit; Rückwirkung; Rückwirkungsverbot; schutz-
würdiges Vertrauen; Einzelfallentscheidung; Sperrfrist; Missbrauch; Umgehung;
Führerscheintourismus.
Leitsatz:
Die in einem anderen EU- oder EWR-Mitgliedstaat erteilte Fahrerlaubnis be-
rechtigt von Anfang an nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen in Deutschland,
wenn die Fahrerlaubnis während einer noch laufenden deutschen Sperrfrist
erteilt wurde. Diese Rechtsfolge ergibt sich unmittelbar aus § 28 Abs. 4 Satz 1
Nr. 4 FeV; es bedarf nicht zusätzlich einer Einzelfallentscheidung der deut-
schen Fahrerlaubnisbehörde.
Urteil des 3. Senats vom 25. August 2011 - BVerwG 3 C 28.10
I. VG Saarlouis vom 24.02.2010 - Az.: VG 10 K 1528/09 -
II. OVG Saarlouis vom 28.07.2010 - Az.: OVG 1 A 185/10 -