Urteil des BVerwG vom 16.10.2003

Beitrag, Arzneimittel, Bestandteil, Dosierung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
BVerwG 3 C 28.02
OVG 5 B 6.99
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 16. Oktober 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Prof. Dr. D r i e h a u s sowie die Richter am Bundesverwaltungsgericht
van S c h e w i c k , Dr. B o r g s - M a c i e j e w s k i , L i e b l e r
und Prof. Dr. R e n n e r t
ohne mündliche Verhandlung für Recht erkannt:
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Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Oberverwal-
tungsgerichts Berlin vom 12. Juli 2001 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
G r ü n d e :
I.
Die Beteiligten streiten über die Zulassung eines Arzneimittels, das mehr als einen
arzneilich wirksamen Bestandteil enthält (sog. Kombinationspräparat).
Das klagende Pharmaunternehmen verfügt seit 1984 über die Zulassung für das
Arzneimittel Migränerton-Kapseln, das in der Einzeldosis 500 mg Paracetamol und
5 mg Metoclopramid als arzneilich wirksame Bestandteile enthält und zur oralen An-
wendung bestimmt ist. Die Zulassung ist regelmäßig verlängert worden. Im Jahre
1989 beantragte die Klägerin die Zulassung des Arzneimittels Migränerton (Zäpf-
chen), einer fixen Kombination aus den Wirkstoffen Paracetamol (1 000 mg) und
Metoclopramid (20 mg) zur "Anfallsbehandlung der Migräne und des vasomotori-
schen Kopfschmerzes, besonders bei Neigung zu Schwindel, Übelkeit, Erbrechen".
Zur Begründung der Kombination gab sie an, häufig sei die Resorption von Arznei-
mitteln - insbesondere von Paracetamol - bei Migränepatienten durch verminderte
Motilität des Magens herabgesetzt und diese Minderresorption könne durch die Gabe
von Metoclopramid wieder auf ein normales Maß zurückgeführt werden. Zur Do-
kumentation reichte sie u.a. eine Bioverfügbarkeitsstudie, zwei "Pilotstudien" und die
biometrische Auswertung einer Doppelblindstudie ein. Im Übrigen nahm sie auf die
ihr bereits erteilte Zulassung für Migränerton-Kapseln, die vorliegenden Monogra-
phien zu den Einzelstoffen Paracetamol und Metoclopramid und anderes wissen-
schaftliches Erkenntnismaterial Bezug.
Mit Bescheid vom 18. Mai 1992 versagte das Bundesgesundheitsamt (BGA) die Zu-
lassung mit der Begründung, das Arzneimittel sei nicht nach dem derzeit gesicherten
Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse ausreichend geprüft worden. Es fehle
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eine ausreichende Begründung dafür, dass jeder arzneilich wirksame Bestandteil
einen Beitrag zur positiven Beurteilung des Arzneimittels leiste. Weder in den von der
Antragstellerin vorgenommenen Untersuchungen noch in den zitierten Studien habe
eine deutliche und statistisch signifikante Beeinflussung der Begleitsymptomatik bei
Migräneanfällen durch Metoclopramid in der rektalen Darreichungsform erzielt
werden können. Auch ein schnellerer Eintritt der analgetischen Wirkung habe statis-
tisch nicht gesichert werden können. Zwar sehe die Monographie die resorptionsför-
dernde Eigenschaft von Metoclopramid als erwiesen an, dies gelte aber nur für die
orale Anwendung.
Zur Begründung ihres Widerspruchs trug die Klägerin vor, auch wenn die Ergebnisse
der vorgelegten klinischen Studie keine statistische Signifikanz der Überlegenheit
gegenüber einer Monotherapie mit Paracetamol erreichten, belegten sie dennoch die
Tendenz eines schnelleren Wirkungseintritts. Der Vorteil einer Kombination von Pa-
racetamol und Metoclopramid sei in der Wissenschaft unstreitig und im Übrigen auch
vom BGA durch Zulassungen anerkannt. Die Monographien für die beiden Substan-
zen unterschieden nicht zwischen oraler und rektaler Darreichungsform. Die fixe
Kombination sei aus Gründen der Befolgung der ärztlichen Therapieanordnung
("Compliance") gegenüber den Monopräparaten vorteilhaft. Das Risiko einer ggf.
überflüssigen Metoclopramid-Medikation sei vernachlässigbar klein gegenüber dem
Nutzen in der Mehrzahl der Fälle, in denen gastrointestinale Begleiterscheinungen
eine Rolle spielten.
Mit Bescheid vom 22. April 1994 wies das BGA den Widerspruch zurück. Zur Be-
gründung ihrer daraufhin erhobenen Klage hat die Klägerin vorgetragen, bei ihrem
Arzneimittel handele es sich um eine bekannte Kombination bekannter Wirkstoffe,
bei der zur Begründung der Wirksamkeit und des Beitrags der Bestandteile zur posi-
tiven Beurteilung des Arzneimittels auf anderes wissenschaftliches Erkenntnismate-
rial Bezug genommen werden könne. Bezüglich des Beitrags jedes Bestandteils zur
positiven Beurteilung des Arzneimittels bedürfe es keines Nachweises, sondern nur
der "ausreichenden Begründung". Erforderlich sei lediglich die Darlegung der Plausi-
bilität der Kombination. Hierfür sei die vorgelegte klinische Studie ausreichend. Eine
zusätzliche Studie mit größerer Fallzahl sei unnötig und auch ethisch nicht vertretbar,
weil lediglich die bereits allgemein bekannten Ergebnisse zu erwarten seien. Eine
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Trendumkehr bei höherer Fallzahl sei nicht zu erwarten. Nach der von ihr eingereich-
ten gutachterlichen Stellungnahme der Professoren R. und L. vom 12. März 1998
könne aufgrund der erreichten Plasmaspiegel der Wirkstoffe auf eine vergleichbar
gute Wirkung wie nach oraler Gabe geschlossen werden; es sei auch kein Unter-
schied zwischen der zeitgleichen Gabe der beiden Einzelsubstanzen und der fixen
Kombination zu erkennen.
Die Beklagte hat an ihrer Auffassung festgehalten, dass die Klägerin eine klinische
Studie mit größerer Fallzahl durchführen müsse. Der von der Klägerin aus ihrer Stu-
die abgelesene Trend eines beschleunigten Wirkungseintritts besage noch nichts; bei
hinreichender Fallzahl könne ebenso gut ein gegenteiliges Ergebnis eintreten.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil ohne Datum, zugestellt am
29./30. Juni 1998, abgewiesen.
Im Berufungsverfahren hat die Klägerin die Indikation, für die die Zulassung bean-
tragt wird, hilfsweise geändert in "Kopfschmerzen mit Schwindel, Übelkeit und Erbre-
chen bei Migräneanfall" bzw. "Kopfschmerzen mit Schwindel, Übelkeit und Erbrechen
bei Migräneanalfall, wenn Schmerzmittel allein nicht ausreichen".
Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung durch Urteil vom 12. Juli 2001 zurück-
gewiesen. Dazu hat es ausgeführt, der in erster Linie beantragten Zulassung "zur
Anfallsbehandlung der Migräne und des vasomotorischen Kopfschmerzes, beson-
ders bei Neigung zu Schwindel, Übelkeit, Erbrechen" stehe der Versagungsgrund
des § 25 Abs. 2 Nr. 5 a AMG entgegen. Die Klägerin habe nicht ausreichend zu be-
gründen vermocht, dass der Wirkstoff Metoclopramid in der rektalen Darreichungs-
form einen Beitrag zur positiven Beurteilung des Arzneimittels mit dem gewählten
Dosierungsverhältnis für das angegebene Anwendungsgebiet leiste.
Der Versagungsgrund des § 25 Abs. 2 Nr. 5 a AMG diene der Sicherstellung des
Hauptzwecks des Arzneimittelgesetzes, im Interesse einer ordnungsgemäßen Arz-
neimittelversorgung für die Sicherheit im Verkehr mit Arzneimitteln, insbesondere für
Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Arzneimittel zu sorgen. Die gesetz-
lich vorgeschriebene Prüfung, ob jeder Bestandteil des Kombinationspräparates ei-
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nen Beitrag zur positiven Beurteilung des Arzneimittels leiste, stelle sich als beson-
derer Teil der allgemeinen Prüfung des Arzneimittels auf Wirksamkeit und Unbe-
denklichkeit dar. In dieser Auslegung stehe § 25 Abs. 2 Nr. 5 a AMG mit Gemein-
schaftsrecht in Einklang.
Der Beitrag von Metoclopramid zur positiven Beurteilung des Arzneimittels sei nicht
ausreichend begründet. Maßgeblich seien insoweit die vom Antragsteller vorzule-
genden Unterlagen. Es könne kein Nachweis im Sinne eines wissenschaftlichen Be-
weises verlangt werden; vielmehr genüge eine Wahrscheinlichkeitsaussage, die in
objektivierbarer Weise auf ihre Richtigkeit überprüfbar sein müsse. Nach dem Urteil
des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Oktober 1993 - BVerwG 3 C 21.91 -
BVerwGE 94, 215 sei die Begründung unzureichend oder nicht ausreichend, wenn
die vorgelegten Unterlagen nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse
den geforderten Schluss nicht zuließen; das sei der Fall, wenn die Unterlagen un-
schlüssig, unvollständig oder inhaltlich unrichtig seien. Entgegen der Auffassung der
Klägerin gelte gegenüber dieser zu § 25 Abs. 2 Nr. 4 AMG gemachten Aussage für
§ 25 Abs. 2 Nr. 5 a AMG kein erleichterter Begründungsmaßstab.
Die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen ließen den erforderlichen Schluss auf
einen positiven Beitrag von Metoclopramid nicht zu. Eine klinische Prüfung des Arz-
neimittels nach § 22 Abs. 2 Nr. 3 AMG habe die Klägerin nicht vorgenommen. Die
von ihr vorgelegten Studien entsprächen nicht dem gesicherten Stand der wissen-
schaftlichen Erkenntnisse im hier maßgeblichen Zeitpunk der Entscheidung des Be-
rufungsgerichts. Die Klägerin sei zwar berechtigt gewesen, anstelle einer klinischen
Studie anderes wissenschaftliches Erkenntnismaterial vorzulegen. Es handele sich
um eine neue Kombination bekannter Bestandteile, weil die Verbindung von Parace-
tamol und Metoclopramid in dem gewählten Mengenverhältnis und in der rektalen
Darreichungsform bisher nicht bekannt sei. Die Erkenntnisse, die für die orale
Darreichungsform von Metoclopramid bestünden, ließen sich auf die rektale Anwen-
dung nicht übertragen.
Die von der Klägerin neben dem beschleunigten Wirkungseintritt in Anspruch ge-
nommene antiemetische Wirkung (Bekämpfung von Übelkeit und Erbrechen) sei als
positiver Beitrag der Metoclopramid im Kombinationspräparat nicht ausreichend be-
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gründet. Die Zweifel der Beklagten seien berechtigt, ob Metoclopramid in der rektalen
Darreichungsform bei rechtzeitiger Gabe vom Paracetamol noch einen Beitrag zur
Anfallsbehandlung der Migräne und des vasomotorischen Kopfschmerzes besonders
bei Neigung zu Schwindel, Übelkeit, Erbrechen zu leisten vermöge.
Auch mit den Hilfsanträgen könne die Klage keinen Erfolg haben. Die Klägerin habe
keine Begründung dafür gegeben, warum sie bei den Zäpfchen ein anderes Men-
genverhältnis von Paracetamol und Metoclopramid (100 : 2) als bei den Kapseln
(100 : 1) gewählt habe. Nach den Monographien betrage die Tageshöchstdosis für
Paracetamol 4 000 mg und die Tageshöchstdosis für Metoclopramid 40 mg. Bei der
von der Klägerin zur Zulassung gestellten Tagesdosis von drei Zäpfchen überschrei-
te der Anteil an Metoclopramid die dafür vorgeschriebene Tageshöchstdosis bereits
um 50 %. Eine Ausschöpfung der Tageshöchstdosis von Paracetamol durch Ein-
nahme von vier Zäpfchen führe bereits zu einer 100 %igen Überschreitung der Dosis
für Metoclopramid. Bei Einhaltung der Tagesdosis für Metoclopramid durch Einnah-
me von nur zwei Zäpfchen liege es nahe, dass das Paracetamol unterdosiert und
daher nicht ausreichend wirksam sei. Dieser Fall könne insbesondere bei Auftreten
mehrerer Migräneanfälle an einem Tag eintreten.
Da weder eine klinische Studie noch anderes wissenschaftliches Erkenntnismaterial
den Schluss auf eine ausreichende Begründung für den Beitrag des Metoclopramid
zur positiven Beurteilung des Arzneimittels nach Indikation, Darreichungsform und
Dosierung zulasse, sei das Arzneimittel nicht nach dem jeweils gesicherten Stand
der wissenschaftlichen Erkenntnisse ausreichend geprüft worden, so dass der Zu-
lassung auch § 25 Abs. 2 Nr. 2 AMG entgegenstehe.
Gegen dieses Urteil richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision
der Klägerin. Sie rügt die Verletzung materiellen und formellen Rechts.
In erster Linie macht die Klägerin geltend, das Berufungsgericht habe § 25 Abs. 2
Nr. 5 a AMG fehlerhaft ausgelegt. Dort werde nur eine "ausreichende Begründung"
für den positiven Beitrag jedes Bestandteils eines Kombinationspräparats verlangt.
Nach Wortsinn und systematischem Zusammenhang bedeute dies die Notwendigkeit
einer plausiblen Darlegung. Von einem Nachweis, wie ihn das Berufungsgericht und
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die Beklagte verlangten, sei im Gesetz keine Rede. Dass das Gesetz diese Be-griffe
genau unterscheide, ergebe sich aus § 25 Abs. 2 Satz 3 AMG, wo im Zusam-
menhang mit der fehlenden Wirksamkeit des (Gesamt-)Arzneimittels ausdrücklich ein
Nachweis durch den Antragsteller gefordert werde. Durch diese Regelung, die durch
das 5. Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes (5. AMG-ÄndG) vom 9. August
1994 (BGBl I S. 2071) in das Arzneimittelgesetz eingefügt wurde, sei auch der argu-
mentative Hintergrund des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom
14. Dezember 1993 entfallen.
Dem Erfordernis einer plausiblen Darlegung des positiven Beitrags beider Bestand-
teile von Migränerton-Zäpfchen habe die Klägerin genügt. Es handele sich um zwei
bekannte Wirkstoffe, die anerkanntermaßen sowohl oral als auch rektal die typischen
Symptome eines Migräneanfalls, nämlich Kopfschmerzen und Übelkeit, linderten.
Das werde durch die vorgelegten wissenschaftlichen Arbeiten bestätigt.
Die Tatsache, dass bei einer Gabe von drei Zäpfchen die Tageshöchstdosis für Me-
toclopramid überschritten werde, rechtfertige die Ablehnung der Zulassung nach § 25
Abs. 2 Nr. 5 a AMG nicht. Es sei nicht dargetan, dass das Metoclopramid in dieser
Dosierung die Symptome Übelkeit und Erbrechen nicht (mehr) lindere. Die
Einzeldosierung von 20 mg Metoclopramid sei ohnehin nach den vorliegenden wis-
senschaftlichen Erkenntnissen, insbesondere nach der von der Beklagten selbst he-
rausgegebenen Muster-Fachinformation nicht zu beanstanden.
Die Abweisung der Klage wegen Überschreitung der Tageshöchstdosis an Me-toc-
lopramid bei Verabreichung von drei Zäpfchen sei auch verfahrensfehlerhaft und ver-
letze § 113 Abs. 5 VwGO. Danach hätte das Berufungsgericht das Arzneimittel mit
einer Dosierung von zwei Zäpfchen pro Tag zulassen müssen, weil jedenfalls in die-
sem Umfang ein teilweiser Zulassungsanspruch bestehe.
Die auf § 25 Abs. 2 Nr. 5 a AMG gestützte Ablehnung sei auch deshalb rechtswidrig,
weil diese Vorschrift ihrerseits mit Gemeinschaftsrecht nicht zu vereinbaren sei. Nach
Art. 26 der an die Stelle der Richtlinie 65/65/EWG getretenen Richtlinie 2001/83/EG
des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung
eines Gemeinschaftscodexes für Humanarzneimittel (ABl Nr. L 311/67) gebe es nur
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drei Gründe, die Genehmigung für das Inverkehrbringen zu versagen: Das
Arzneimittel sei bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädlich, seine
therapeutische Wirksamkeit fehle oder sei vom Antragsteller unzureichend begründet
oder das Arzneimittel weise nach Art und Menge nicht die angegebene Zusam-
mensetzung auf. Daneben komme eine Versagung nach Art. 26 Abs. 2 der Richtlinie
in Betracht, wenn die Angaben und Unterlagen zur Stützung des Antrags nicht den
Bestimmungen der Art. 8 und 10 Abs. 1 entsprächen. Nach Art. 126 Abs. 1 der
Richtlinie seien die genannten Versagungsgründe abschließend. Der Versagungs-
grund des § 25 Abs. 2 Nr. 5 a AMG decke sich aber mit keinem der in der Richtlinie
genannten Versagungsgründe. Die Richtlinie lasse die Ablehnung bei fehlender
Wirksamkeit des Arzneimittels insgesamt oder deren unzureichender Begründung zu.
Eine unzureichende Begründung im Hinblick auf die positiven Beiträge eines ein-
zelnen Bestandteils kenne sie dagegen nicht.
Die Versagung könne auch nicht auf das Fehlen einer ausreichenden Prüfung nach
§ 25 Abs. 2 Nr. 2 AMG gestützt werden. Bei einer Gesamtschau aller vorgelegten
wissenschaftlichen Erkenntnisse sei die vom Berufungsgericht für nötig gehaltene
Vorlage einer klinischen Untersuchung nicht erforderlich. Es handele sich um eine
bekannte Kombination bekannter Wirkstoffe, die unter § 22 Abs. 3 Nr. 1 AMG falle.
Selbst wenn man aber mit der Beklagten von einer neuen Kombination bekannter
Bestandteile ausgehe, seien Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Arzneimittels
aufgrund der vorgelegten Unterlagen bestimmbar. Dies ergebe sich insbesondere
aus dem Gutachten von R./L., in dem bestätigt werde, dass Metoclopramid auch in
der rektalen Darreichungsform neben dem schmerzlindernden Paracetamol seine
antiemetische Wirkung entfalte. Über diese gutachterliche Aussage hätte sich das
Berufungsgericht nicht hinwegsetzen dürfen, ohne sich sachverständiger Hilfe zu
bedienen. Darin liege ein Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz des § 108
Abs. 1 Satz 1 VwGO und gegen den Untersuchungsgrundsatz des § 86 Abs. 1
VwGO.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Dazu wiederholt und vertieft
sie ihr früheres Vorbringen. Sie tritt insbesondere dem Vorwurf entgegen, das Beru-
fungsgericht hätte das Arzneimittel mit einer Tagesdosis von zwei Zäpfchen zulassen
müssen. Einer solchen Beschränkung der Kombination stehe aus medizinischer
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Sicht entgegen, dass dann offenkundig die Kopfschmerzen nicht hinreichend behan-
delt werden könnten und dementsprechend der Indikationsanspruch nicht erfüllt
werden könne.
Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.
II.
Die Revision ist unbegründet. Die Entscheidung des Berufungsgerichts, die Klägerin
habe keinen Anspruch auf die begehrte Arzneimittelzulassung, verletzt kein Bundes-
recht (§ 137 Abs. 1 VwGO).
1. Nach § 25 Abs. 2 Satz 1 AMG hat die Klägerin einen Anspruch auf Zulassung,
wenn kein gesetzlicher Versagungsgrund vorliegt. Das Berufungsgericht sieht einen
solchen Versagungsgrund in § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 a AMG. Danach ist die Zulas-
sung zu versagen, wenn bei einem Arzneimittel, das mehr als einen arzneilich wirk-
samen Bestandteil enthält, eine ausreichende Begründung fehlt, dass jeder arzneilich
wirksame Bestandteil einen Beitrag zur positiven Beurteilung des Arzneimittels
leistet, wobei die Besonderheiten der jeweiligen Arzneimittel in einer risikogestuften
Bewertung zu berücksichtigen sind.
Keine Schwierigkeiten bereitet bei der Auslegung dieser Norm das Merkmal des Bei-
trags zur positiven Beurteilung des Arzneimittels, das jeder arzneilich wirksame Be-
standteil zu leisten hat. In der Begründung des Gesetzentwurfs zur korrespondieren-
den Bestimmung des § 22 Abs. 3 a AMG, die dem Antragsteller die Begründung des
positiven Beitrags aufgibt, heißt es dazu, der Beitrag könne insbesondere darin be-
stehen, dass der arzneilich wirksame Bestandteil zur Wirksamkeit des Präparates in
der vorgegebenen Indikation beiträgt oder unerwünschten Effekten entgegenwirkt
(vgl. BTDrucks 10/5112 S. 17). In der Literatur wird dazu ergänzend angemerkt, dies
setze nicht voraus, dass jeder arzneilich wirksame Bestandteil für sich allein ge-
nommen bei gegebener Indikation wirksam ist. Als ein positiver Beitrag sei vielmehr
bereits anzusehen, wenn der Wirkungseintritt, soweit therapeutisch erwünscht, früher
erreicht, verstärkt, verlängert oder der erstrebte Heilerfolg mit geringerer Menge der
Wirksubstanz erreicht wird (vgl. Kloesel/Cyran, AMG, § 22 Bem. 56 e). Davon geht
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auch das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit der allgemeinen Meinung in
Rechtsprechung und Literatur aus.
Umstritten ist hingegen die Frage, was unter dem "Fehlen einer ausreichenden Be-
gründung" für den von jedem arzneilich wirksamen Bestandteil zu leistenden positi-
ven Beitrag zu verstehen ist. Das Berufungsgericht übernimmt insoweit die Definition,
die der erkennende Senat in zwei Entscheidungen vom 14. Oktober 1993 (BVerwG
3 C 21.91 - BVerwGE 94, 215 und BVerwG 3 C 46.91 - PharmaR 1994 S. 380) für
das Merkmal der unzureichenden Begründung der therapeutischen Wirksamkeit in
§ 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AMG gegeben hat. Danach ist die therapeutische
Wirksamkeit unzureichend begründet, wenn die vom Antragsteller eingereichten Un-
terlagen nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis den
geforderten Schluss auf die therapeutische Wirksamkeit nicht zulassen, wenn sie
sachlich unvollständig sind - etwa zu bestimmten Forschungsergebnissen oder klini-
schen Erprobungen keine Stellung nehmen, die gegen die therapeutische Wirksam-
keit sprechen - oder wenn sie schließlich inhaltlich unrichtig sind. Die der Behörde
obliegende Darlegung der unzureichenden Begründung geschieht danach dadurch,
dass das Bundesinstitut die fehlende oder die fehlerhafte Schlussfolgerung in der
Begründung des Antragstellers aufzeigt, das Forschungsergebnis benennt, zu dem
sich der Antragsteller nicht geäußert hat, oder die inhaltliche Unrichtigkeit einer
- wesentlichen - Unterlage nachweist (BVerwGE 94, 215 <218 f.>). Demgegenüber
meint die Klägerin unter Berufung auf Kloesel/Cyran (AMG § 25 Bem. 60 c), es rei-
che die plausible Darlegung eines positiven Beitrags. Einen Nachweis verlange das
Gesetz in § 25 Abs. 2 Satz 3 AMG nur für die therapeutische Wirksamkeit des Arz-
neimittels insgesamt, die Gegenstand der Regelung in § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AMG
sei. Das Fehlen einer entsprechenden Bestimmung für den positiven Beitrag jedes
arzneilich wirksamen Bestandteils in Kombipräparaten zeige, dass dort nur eine Dar-
legung gefordert werde.
Die Auffassung des Berufungsgerichts ist zutreffend. Das ergibt sich aus folgenden
Überlegungen:
Einerseits ist es richtig, dass § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 a AMG nur eine Begründung
und keinen Nachweis verlangt. Außerdem ist der Zusatz "ausreichende" bewusst
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gewählt worden, um die Schwelle für die Begründbarkeit nicht zu hoch zu setzen
(vgl. BTDrucks 12/5226 S. 33).
Andererseits ist nicht zu übersehen, dass die Begründung, sei es der therapeuti-
schen Wirksamkeit, sei es des positiven Beitrags jedes Bestandteils eines Kombi-
präparates, notwendigerweise die dem Zulassungsantrag beizufügenden Unterlagen
einbezieht und auf ihnen aufbaut. Nach § 25 Abs. 5 AMG ist die Zulassung aufgrund
der Prüfung der eingereichten Unterlagen und auf der Grundlage der Sachverständi-
gengutachten zu erteilen. Die Unterlagen spielen mithin für die Entscheidung eine
zentrale Rolle. Es ist auch undenkbar, dass eine unbelegte Behauptung des An-
tragstellers zur Erfüllung der Voraussetzungen des § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 a AMG
genügen sollte, wie es die Klägerin mit dem Hinweis auf den Unterschied zwischen
der Begründung der Klage und dem Beweis der streitigen Tatsachen zu suggerieren
sucht.
Entscheidend sind vor diesem Hintergrund die beiden folgenden vom Berufungsge-
richt angeführten Gesichtspunkte. Zum einen besteht sprachlich in der Tat kein gra-
vierender Unterschied zwischen einer unzureichenden Begründung und dem Fehlen
einer ausreichenden Begründung. Zum anderen ist § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 a AMG
eine spezielle Ausprägung der Versagungsgründe der fehlenden oder unzureichend
begründeten therapeutischen Wirksamkeit (§ 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AMG) und des
Verdachts einer schädlichen Wirkung des Arzneimittels (§ 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5
AMG) für Kombinationspräparate. Bei der Einfügung des mit § 25 Abs. 2 Satz 1
Nr. 5 a AMG korrespondierenden § 22 Abs. 3 a AMG war es das Anliegen des Ge-
setzgebers, mit der Begründungspflicht solle die Stoffkombination in Bezug auf
Wirksamkeit und Unbedenklichkeit gerechtfertigt werden (vgl. BTDrucks 10/5112
S. 17). Begründet wurde die Notwendigkeit einer solchen Rechtfertigung damit, dass
jeder in ein Arzneimittel aufgenommene Wirkstoff tendenziell die Gefahr zusätzlicher
unerwünschter Wirkungen erhöhe. Deshalb sei unter dem Gesichtspunkt der Arz-
neimittelsicherheit zu fordern, dass dieser potenziellen Gefahrerhöhung ein positiver
Beitrag gegenüberstehe, den jeder arzneilich wirksame Bestandteil zur Beurteilung
des Arzneimittels leiste (BTDrucks 10/5112 a.a.O.). Unter dem Gesichtspunkt der
Arzneimittelsicherheit erscheint die Parallelität des Begründungserfordernisses für
die therapeutische Wirksamkeit und den spezifischen Beitrag eines Bestandteils in
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einem Kombipräparat einleuchtend. Die therapeutische Wirksamkeit ist ein wesentli-
cher Bestandteil der Arzneimittelsicherheit. Soll in einem Kombinationspräparat mit
verschiedenen Wirkstoffen unterschiedlichen Symptomen einer Krankheit begegnet
werden, so stellt sich die Frage der therapeutischen Wirksamkeit für jeden dieser
Bestandteile nicht anders als bei einem Monopräparat. Bei einem Arzneimittel, das
bei Erkältungskrankheiten mit zwei verschiedenen Wirkstoffen gleichzeitig Husten
und Schnupfen bekämpfen soll, muss verlangt werden, dass jeder dieser Wirkstoffe
seine Aufgabe erfüllt. Es liegt nahe, diese Forderung bereits in § 25 Abs. 2 Satz 1
Nr. 4 AMG enthalten zu sehen. Jedenfalls kann nicht angenommen werden, dass der
nach seinem systematischen Standort die Regelungen in § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4
und 5 AMG für Kombipräparate verbindende § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 a AMG inso-
weit für den Beitrag eines Bestandteils eine geringere Begründungsanforderung stellt
als die Ausgangsnorm.
Hiernach erscheint es gerechtfertigt, den Begriff des Fehlens einer ausreichenden
Begründung in § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 a AMG genauso zu definieren wie den der
unzureichenden Begründung in § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AMG. Dem steht auch nicht
entgegen, dass der Gesetzgeber nach Ergehen der beiden Urteile vom 14. Oktober
1993 den Versagungsgrund der ersten Alternative des § 25 Abs. 1 Nr. 4 AMG (Feh-
len der therapeutischen Wirksamkeit) dadurch wesentlich verändert hat, dass er in
§ 25 Abs. 2 Satz 3 AMG die Beweislast für das Vorhandensein der therapeutischen
Wirksamkeit durch das 5. Änderungsgesetz zum AMG vom 9. August 1994 (BGBl I
S. 2071) dem Antragsteller auferlegt hat. Die Bundesregierung hatte dieser vom
Bundesrat vorgeschlagenen Änderung widersprochen, weil sie im Hinblick auf die
beiden genannten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts überflüssig sei
(BTDrucks 12/6480 S. 28 <35>). Abgesehen davon hat die Änderung des § 25
Abs. 2 Satz 3 AMG ausschließlich die erste Alternative des § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4
AMG im Blick. Die hier interessierende zweite Alternative der unzureichenden Be-
gründung der therapeutischen Wirksamkeit ist von dieser Änderung unberührt
geblieben.
Eine ausreichende Begründung für den positiven Beitrag jedes Bestandteils eines
Kombinationspräparats fehlt hiernach, wenn die vom Antragsteller eingereichten Un-
terlagen nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse
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den geforderten Schluss nicht zulassen, wenn sie sachlich unvollständig oder wenn
sie schließlich inhaltlich unrichtig sind.
2. Die Klägerin ist der Ansicht, die Regelung des § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 a AMG sei
mit Gemeinschaftsrecht nicht vereinbar. Sie verweist darauf, dass in Art. 26 Abs. 1
der Richtlinie 2001/83/EG nur drei materielle Versagungsgründe für die Genehmi-
gung des Inverkehrbringens eines Arzneimittels aufgeführt sind und dass diese Auf-
zählung nach Art. 126 der Richtlinie abschließend ist. Sie meint, der Versagungs-
grund der nicht ausreichenden Begründung, dass jeder arzneilich wirksame Bestand-
teil eines Kombinationspräparats einen Beitrag zur positiven Beurteilung leiste, lasse
sich keinem dieser drei Versagungsgründe zuordnen.
Daran ist richtig, dass § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 a AMG nicht allein einem der drei ge-
nannten gemeinschaftsrechtlichen Versagungsgründe zugeordnet werden kann.
Diese gehen dahin, dass das Arzneimittel bei bestimmungsgemäßem Gebrauch
schädlich ist (a) oder dass seine therapeutische Wirksamkeit fehlt oder vom An-
tragsteller unzureichend begründet ist (b) oder dass das Arzneimittel nicht die ange-
gebene Zusammensetzung nach Art und Menge aufweist (c). Jedoch verknüpft die
Regelung, wie bereits ausgeführt wurde, für den speziellen Fall der Kombinations-
präparate den Versagungsgrund der Schädlichkeit und den der fehlenden oder unzu-
reichend begründeten therapeutischen Wirksamkeit. Im Hinblick auf die erhöhten
Risiken von Kombinationspräparaten, die auch in der sinnlosen Beigabe arzneilich
wirksamer Stoffe bestehen können, verlangt sie die Rechtfertigung der konkreten
Kombination nach Unbedenklichkeit und Wirksamkeit. Dies wird besonders deutlich
im letzten Halbsatz der Bestimmung, der vorschreibt, dass die Besonderheiten der
jeweiligen Arzneimittel in einer risikogestuften Bewertung zu berücksichtigen sind.
Das erforderliche Gewicht des positiven Beitrags jedes beteiligten Wirkstoffs hängt
mithin vom Maß der vom Präparat insgesamt und seinen Bestandteilen ausgehenden
Risiken ab.
Die drei Versagungsgründe des Art. 26 Abs. 1 der Arzneimittelrichtlinie stehen zwar
in dieser Bestimmung alternativ nebeneinander. Die siebte Begründungserwägung
der Richtlinie stellt aber ausdrücklich fest, dass die Begriffe Schädlichkeit und thera-
peutische Wirksamkeit nur in ihrer wechselseitigen Beziehung geprüft werden kön-
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nen und nur eine relative Bedeutung haben, die nach Maßgabe des Standes der
Wissenschaft und unter Berücksichtigung der Zweckbestimmung des Arzneimittels
beurteilt wird. Aus den Angaben und Unterlagen, die dem Antrag auf Genehmigung
für das Inverkehrbringen beizufügen sind, muss danach hervorgehen, dass die Wirk-
samkeit höher zu bewerten ist als die potentiellen Risiken. Das zeigt, dass die Richt-
linie genau die Verknüpfung der Kriterien Schädlichkeit und Wirksamkeit verlangt,
wie sie § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 a AMG für den konkreten Fall der Kombinationsprä-
parate vorschreibt. Bestätigt wird dies durch die formalen Anforderungen, die An-
hang 1 der Richtlinie an die für ein Kombinationspräparat beizubringenden Unterla-
gen stellt. In Teil 4 "Klinische Unterlagen" wird unter C 6 verlangt, dass Angaben ü-
ber neue Stoffkombinationen den für ein neues Arzneimittel geforderten Angaben
entsprechen, wobei die Stoffkombinationen in Bezug auf Wirksamkeit und Unbe-
denklichkeit zu rechtfertigen sind. In der Neufassung dieses Anhangs durch die
Richtlinie 2003/63/EG der Kommission vom 25. Juni 2003 (ABl Nr. L 159/46) wird
diese Forderung unter 5.2 h mit der Formulierung aufrechterhalten, dass Angaben
über neue Stoffkombinationen den für ein neues Arzneimittel vorgeschriebenen An-
gaben entsprechen und die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit dieser Kombination
belegen müssen. Dies lässt sich nicht allein als formale Anforderung abtun, die allen-
falls eine Versagung der Genehmigung nach Art. 26 Abs. 2 AMG rechtfertigen wür-
de. Die verlangte Rechtfertigung in Bezug auf Wirksamkeit und Unbedenklichkeit
bzw. die Belegung dieser beiden Zulassungskriterien ist vielmehr die Grundlage für
die materielle Entscheidung nach Art. 26 Abs. 1 der Richtlinie. Die Bestimmung zeigt
darüber hinaus, dass auch das Gemeinschaftsrecht die Zusammenfassung mehrerer
Wirkstoffe zu einem Kombinationspräparat in besonderem Maße für rechtfertigungs-
bedürftig hält.
Unter diesen Umständen besteht kein Widerspruch zwischen § 25 Abs. 2 Satz 1
Nr. 5 a AMG und dem Gemeinschaftsrecht.
3. Das Berufungsgericht hat die oben wiedergegebene Definition des Fehlens einer
ausreichenden Begründung für den positiven Beitrag jedes arzneilich wirksamen Be-
standteils im konkreten Fall rechtsfehlerfrei angewandt. Das Berufungsgericht ver-
neint eine ausreichende Begründung, weil die von der Klägerin vorgelegten Unterla-
gen den erforderlichen Schluss auf einen positiven Beitrag jeweils eines Kombinati-
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onsanteils nicht zulassen. Es verneint also die Schlüssigkeit der Begründung. Dies ist
eine der in den Urteilen des Senats vom 14. Oktober 1993 aufgezeigten Möglich-
keiten, wie das Bundesinstitut die unzureichende Begründung darlegen kann.
Die Klägerin meint, das Berufungsgericht hätte einen gegenüber § 25 Abs. 2 Satz 1
Nr. 4 AMG herabgesetzten Begründungsmaßstab anlegen müssen. Dem ist nicht zu
folgen. Das Erfordernis der therapeutischen Wirksamkeit hat bei einem Kombinati-
onsarzneimittel für jeden arzneilich wirksamen Bestandteil dasselbe Gewicht wie bei
einem Monopräparat. Auch bei einem Kombinationsarzneimittel müssen die Bürger
davor geschützt werden, arzneilich wirksame Bestandteile ohne therapeutischen
Sinn verabreicht zu bekommen. Soll der betreffende Bestandteil ein bestimmtes
Krankheitselement bekämpfen, so führt seine Unwirksamkeit gegebenenfalls dazu,
dass der Erkrankte an der Einnahme eines wirksamen Präparates gehindert wird.
Aber auch wenn der zusätzliche Bestandteil nur die Wirksamkeit des anderen Be-
standteils beschleunigen oder erhöhen soll, führt seine Unwirksamkeit dazu, dass der
Erkrankte ohne Not arzneilich wirksame Bestandteile aufnimmt, die sich auf seine
körperliche Verfassung auswirken.
4. Ob das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, die vorgelegten Unterlagen
trügen den Schluss auf einen positiven Beitrag von Metoclopramid zu dem streitigen
Kombinationsarzneimittel nicht, ist eine Frage der Tatsachenfeststellung. Diese bin-
det das Revisionsgericht, soweit keine Verfahrensrügen erhoben sind. Die von der
Klägerin erhobenen Verfahrensrügen bleiben ohne Erfolg.
4.1 Die Klägerin beanstandet, dass das Berufungsgericht die antiemetische Wirkung
des Metoclopramid in der Zäpfchenversion von Migränerton ohne hinreichende
Grundlage und unter Übergehung vorgelegter Erkenntnismittel verneint habe. In der
Tat konzentriert sich das Berufungsgericht im Wesentlichen auf die Feststellung,
dass das Metoclopramid bei rektaler Verabreichung keinen Einfluss auf die be-
schleunigte Resorption des Paracetamols habe. Hinsichtlich der daneben in An-
spruch genommenen Wirkung des Metoclopramid, Übelkeit und Erbrechen zu be-
kämpfen, beschränkt sich das Berufungsgericht dagegen auf die Aussage, es teile
die Zweifel der Beklagten an der Wirksamkeit dieses Bestandteils, weil es möglich
sei, dass schon allein die Gabe von Paracetamol die Begleitsymptome Übelkeit und
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Erbrechen bei einem Migräneanfall ausreichend beseitige. Ob diese Aussage dem
Grundsatz des § 108 Abs. 1 VwGO entspricht, wonach das Gericht seine Überzeu-
gung aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens zu gewinnen hat, mag zweifelhaft
sein. In den Verfahrensakten finden sich zahlreiche Belege, dass Migräneanfälle sehr
häufig von Übelkeit und Erbrechen gekennzeichnet sind, wobei diese Symptome
teilweise sogar ohne einen begleitenden Kopfschmerz auftreten können. Ebenso
ergibt sich aus der Monographie für Metoclopramid, wie aus einer Vielzahl anderer
Unterlagen, dass auch die rektale Verabreichung von Metoclopramid zur Bekämp-
fung dieser Symptome geeignet ist. Es kommt hinzu, dass das von der Klägerin im
erstinstanzlichen Verfahren vorgelegte Gutachten der Professoren R. und L. die
Sinnhaftigkeit der Kombination von Paracetamol und Metoclopramid in Zäpfchenform
ausdrücklich bejaht hatte. Demgegenüber erscheinen die Zweifel des Bundesinstituts
wenig substantiiert.
4.2 Dem braucht hier jedoch nicht weiter nachgegangen zu werden. Das Berufungs-
urteil stützt sich nämlich zusätzlich darauf, dass das Verhältnis von Paracetamol und
Metoclopramid in den Migränerton-Zäpfchen keinen Sinn mache. Bei der Zusam-
menfassung von 1 000 mg Paracetamol und 20 mg Metoclopramid sei eine sachge-
rechte Behandlung der verschiedenen Symptome eines Migräneanfalls nicht gewähr-
leistet. Mit der von der Klägerin zur Zulassung gestellten Dosierung von drei Zäpf-
chen am Tag werde die zulässige Tageshöchstdosis von Metoclopramid, die 40 mg
betrage, um 50 % überschritten. Eine Reduzierung auf zwei Zäpfchen pro Tag halte
zwar den genannten Tageshöchstwert ein, unterschreite aber um 100 % die
Höchstmenge an Paracetamol; dies führe leicht zu einer Untermedikamentierung des
Kopfschmerzes.
Diese Begründung für die Nichtzulassung der Migränerton-Zäpfchen erscheint
überzeugend. Eine Begründung, warum bei der Zäpfchenform ein anderes Mengen-
verhältnis der Bestandteile gewählt ist als bei den Migränerton-Kapseln, hat die Klä-
gerin während des gesamten Verfahrens nicht gegeben. Sie macht lediglich geltend,
die Tageshöchstdosis von 40 mg Metoclopramid könne nach ärztlicher Anweisung
überschritten werden. Dies ist ausweislich der von ihr vorgelegten Muster-Fachinfor-
mation für Metoclopramid richtig. Als Fertigarzneimittel mit der von der Klägerin ge-
gebenen Indikation muss das Arzneimittel aber im Regelfall auf die wirksame Be-
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kämpfung der angesprochenen Krankheit ausgerichtet sein. Dies ist nicht der Fall,
wenn bei der vorgesehenen Dosierung der normale Tageshöchstwert eines Bestand-
teils überschritten wird.
4.3 Die Klägerin rügt als Verfahrensfehler ferner, dass die Migränerton-Zäpfchen mit
einer Dosierung von zwei Zäpfchen pro Tag hätten zugelassen werden müssen. Aus
dem Vorstehenden ergibt sich, dass dies nicht richtig ist. Bei der von der Klägerin als
Minus gegenüber ihrem Zulassungsantrag angesehenen Zulassung mit einer Tages-
dosis von zwei Zäpfchen wäre eine ausreichende Bekämpfung des Kopfschmerzes
nicht sichergestellt.
4.4 Zusammenfassend ergibt sich damit, dass die Versagung der Zulassung jeden-
falls wegen des nicht nachvollziehbaren Mengenverhältnisses der arzneilich wirksa-
men Bestandteile gerechtfertigt ist. Selbst wenn daher die Beurteilung der antiemeti-
schen Wirkung des Metoclopramid den Überzeugungsgrundsatz verletzen sollte,
bliebe diese die Entscheidung selbständig tragende Begründung davon unberührt.
Das angefochtene Urteil beruht daher nicht auf einer Verletzung von Bundesrecht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Richter am Bundes-
verwaltungsgericht
Dr. Borgs-Maciejewski ist
wegen Eintritts in den
Ruhestand an der Unter-
zeichnung verhindert.
Prof. Dr. Driehaus
van Schewick
Prof. Dr. Driehaus
Liebler
Prof. Dr. Rennert
- 18 -
B e s c h l u s s
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 51 129,20 €
festgesetzt.
Prof. Dr. Driehaus
van Schewick
Liebler
Sachgebiet:
BVerwGE:
nein
Gesundheitsverwaltungsrecht - Arzneimittelrecht -
Fachpresse:
ja
Rechtsquellen:
AMG § 22 Abs. 2 Nr. 3, § 25 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 4, 5, 5 a, Satz 3
Stichworte:
Arzneimittelzulassung; Kombinationspräparate; positiver Beitrag; Beitrag zur positi-
ven Beurteilung des Arzneimittels; Fehlen einer ausreichenden Begründung; thera-
peutische Wirksamkeit; Unbedenklichkeit; risikogestufte Bewertung.
Leitsätze:
Die nach § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 a AMG erforderliche ausreichende Begründung,
dass bei einem Kombinationspräparat jeder arzneilich wirksame Bestandteil einen
Beitrag zur positiven Beurteilung des Arzneimittels leistet, fehlt, wenn die vom An-
tragsteller eingereichten Unterlagen nach dem jeweils gesicherten Stand der wissen-
schaftlichen Erkenntnisse den geforderten Schluss nicht zulassen, wenn sie sachlich
unvollständig sind oder wenn sie inhaltlich unrichtig sind. Die plausible Darlegung
eines positiven Beitrags jedes Bestandteils reicht nicht aus.
Urteil des 3. Senats vom 16. Oktober 2003 - BVerwG 3 C 28.02 -
I. VG Berlin vom 29.06.1998 - Az.: VG 14 A 214/94 -
II. OVG Berlin vom 12.07.2001 - Az.: OVG 5 B 6.99 -