Urteil des BVerwG vom 19.11.2009

Dosierung, Kommission, Auflage, Arzneimittel

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
BVerwG 3 C 10.09
OVG 13 A 385/07
Verkündet
am 19. November 2009
Bärhold
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 19. November 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Liebler, Prof. Dr. Dr. h.c. Rennert,
Buchheister und Dr. Wysk
für Recht erkannt:
Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land
Nordrhein-Westfalen vom 11. Februar 2009 wird aufgeho-
ben. Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und
Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückver-
wiesen.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussent-
scheidung vorbehalten.
G r ü n d e :
I
Die Klägerin ist Inhaberin der arzneimittelrechtlichen Zulassung für das apothe-
kenpflichtige homöopathische Kombinationspräparat „Glonoinum Vertigo He-
vert“. Anwendungsgebiete sind unter anderem Beschwerden bei Hirngefäßver-
kalkung wie Schwindel und Kopfschmerzen. Im Verfahren über die Verlänge-
rung der arzneimittelrechtlichen Zulassung (Nachzulassung) rügte die Beklagte
mit Mängelschreiben vom 22. April 2002, dass nur für einzelne der verwendeten
Wirkstoffe ein positiver Beitrag für das bezeichnete Anwendungsgebiet
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nachgewiesen sei. Außerdem bat sie darum, die Dosierungsangabe in der
Gebrauchsinformation (Packungsbeilage) den Empfehlungen der Kommissi-
on D anzupassen oder den therapeutischen Nutzen einer höheren Dosierung
zu belegen. Sie formulierte entsprechend der seinerzeit aktuellen Dosierungs-
empfehlung der Kommission D aus dem Jahr 1993 folgende Anleitung:
„Soweit nicht anders verordnet: Bei akuten Zuständen alle
halbe bis ganze Stunde, höchstens 12mal täglich, je 5-10
Tropfen einnehmen. Bei chronischen Verlaufsformen 1-3 x
täglich 5-10 Tropfen einnehmen.“
Die Klägerin verringerte daraufhin die Zahl der Wirkstoffe und übernahm die im
Mängelschreiben formulierte Dosierungsanleitung in die Antragsunterlagen,
wobei sie die Angabe „5-10 Tropfen“ jeweils in „10 Tropfen“ änderte.
Mit Bescheid vom 22. Oktober 2004 verlängerte die Beklagte die Zulassung für
das Arzneimittel und erteilte unter anderem eine auf § 28 Abs. 2 AMG gestützte
Auflage zur Packungsbeilage. Sie lautet:
„A.2 Dosierung
Hier ist zu formulieren:
‚Soweit nicht anders verordnet: Bei akuten Zuständen alle hal-
be bis ganze Stunde, höchstens 6 mal täglich, je 5 Tropfen
einnehmen. Eine über 1 Woche hinausgehende Anwendung
sollte nur nach Rücksprache mit einem homöopathisch erfah-
renen Arzt oder Heilpraktiker erfolgen. Bei chronischen Ver-
laufsformen 1-3 mal täglich je 5 Tropfen einnehmen. Bei Bes-
serung der Beschwerden ist die Häufigkeit der Anwendung zu
reduzieren.’“
Zur Begründung führte sie aus, die Dosierung entspreche der von der Kommis-
sion D am 12. Juni 2002 verabschiedeten und am 25. Juni 2003 überarbeiteten
neuen Empfehlung für homöopathische Arzneimittel. Abweichende Dosierungen
könnten per Änderungsanzeige mitgeteilt werden. Hierbei sei deren Unbe-
denklichkeit und Überlegenheit durch präparatespezifische Untersuchungen zu
belegen.
Am 17. November 2004 hat die Klägerin Anfechtungsklage gegen die Auflage,
hilfsweise Verpflichtungsklage auf Zulassung der beantragten Dosierung erho-
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ben. Zur Begründung hat sie unter Vorlage verschiedener Studien und wissen-
schaftlicher Abhandlungen Einwände gegen die neue Dosierungsempfehlung
der Kommission D geltend gemacht sowie das Verfahren und die Zusammen-
setzung der Kommission bemängelt.
Die Beklagte hat die von der Kommission D empfohlene Verringerung der Do-
sierung verteidigt und dazu wissenschaftliche Stellungnahmen und die Nieder-
schriften der Kommissionsberatungen vorgelegt.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 22. November 2006 abge-
wiesen. Die Auflage sei zwar nicht nach § 28 Abs. 2 AMG, wohl aber als Aufla-
ge nach § 105 Abs. 5a Satz 2 AMG zur Gewährleistung von Anforderungen an
die Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit rechtmäßig. Sie beruhe auf der
neuen Dosierungsempfehlung, die dazu diene, der Gefahr von Erstverschlim-
merungen und dem Auftreten einer Arzneimittelprüfsymptomatik infolge zu ho-
her und zu häufiger Gaben homöopathischer Arzneimittel entgegenzuwirken.
Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberverwaltungsgericht die Auflage mit
Urteil vom 11. Februar 2009 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, über den
Nachzulassungsantrag hinsichtlich der beantragten Dosierung erneut zu
entscheiden. Die Klage sei nicht als isolierte Anfechtungsklage gegen die Auf-
lage, sondern nur in Verbindung mit einer Verpflichtungsklage auf Zulassung
des Arzneimittels mit der beantragten Dosierung statthaft. Als wesentliches Ele-
ment der Zulassung dürfe eine Dosierung für die Packungsbeilage nur vorge-
schrieben werden, wenn sie in der Zulassungsentscheidung selbst enthalten
sei. Die Auflage bedeute deshalb zugleich die konkludente Versagung der be-
antragten Dosierung. Bei einer alleinigen Aufhebung der angefochtenen Auflage
bliebe außerdem ein unvollständiger Bescheid übrig. Die Klägerin habe einen
Anspruch auf erneute Entscheidung über die beantragte Dosierung, weil
insoweit kein Versagungsgrund vorliege. Die neue Dosierungsempfehlung der
Kommission D müsse außer Betracht bleiben. Sie genüge schon nicht den An-
forderungen an eine sachverständige Feststellung des wissenschaftlichen Er-
kenntnisstandes. Um die Standarddosierung für eine ganze Therapierichtung zu
ändern, müsse nachvollziehbar und begründet dargelegt werden, warum die
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wissenschaftlichen Erkenntnisse eine Abkehr von früheren Erfahrungen erfor-
derten. Daran fehle es, da der Kommissionsbeschluss nicht begründet sei. Zu-
dem sei nicht erkennbar, dass die Empfehlung auf die Komplexmittelhomöopa-
thie übertragbar sei. Außerdem verkenne die Kommission D wie die Beklagte,
dass das angenommene Gefährdungspotential durch Erstverschlimmerungen
und das Auftreten einer Arzneimittelprüfsymptomatik im Zulassungsverfahren
nicht relevant sei. Das Arzneimittelgesetz erfasse als Risiken und schädliche
Wirkungen nur die pharmakologisch-toxikologischen Wirkungen eines Arznei-
mittels. Zudem sei ein Zusammenhang zwischen Dosis und etwaigen Risiken
nicht plausibel. Eine Gefährdung durch das zugelassene Medikament sei nicht
erkennbar. Die Klägerin könne sich auf die Aufbereitungsmonographien und die
Dosierungsempfehlung aus dem Jahr 1993 stützen, die eine hinreichende Be-
wertung des Arzneimittels ermöglichten. Die Sache sei wegen der unzurei-
chenden Klärung der maßgeblichen Dosierungsfragen nicht spruchreif, so dass
die Beklagte unter Aufhebung der Auflage zur Neubescheidung zu verpflichten
sei.
Mit der Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des Arzneimittelgesetzes
(AMG). Das Berufungsgericht habe zu Unrecht den Versagungsgrund des § 25
Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AMG verneint. Die von der Klägerin beantragte Dosierung
sei nach dem gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis nicht aus-
reichend geprüft worden. Als Bindeglied zwischen Wirksamkeit und Unbedenk-
lichkeit habe die Dosierung wesentliche Bedeutung für die Zulassung. Anstelle
von Studien könne für Altarzneimittel anderes wissenschaftliches Erkenntnis-
material im Sinne des § 22 Abs. 3 AMG, insbesondere Aufbereitungsmonogra-
phien und Empfehlungen der Kommission D, vorgelegt werden. Hier habe die
Kommission D eine deutlich niedrigere Dosierung empfohlen als die frühere
Aufbereitungskommission. Wenn die Klägerin von dieser sachverständigen
Einschätzung abweichen wolle, müsse sie präparatespezifische Erkenntnisse
für die Überlegenheit der beantragten Dosierung vorlegen. Der vom Berufungs-
gericht erhobene Einwand einer mangelnden Begründung der neuen Dosie-
rungsempfehlung verkenne deren Charakter. Es handele sich um die Bekannt-
gabe des Ergebnisses wissenschaftlicher Beratungen, das ebenso wie die Do-
sierungsempfehlung aus dem Jahr 1993 und alle anderen Feststellungen in den
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Aufbereitungsmonographien nicht im Einzelnen begründet werde. Um die
Empfehlung transparent zu machen, habe sie - die Beklagte - die Beratungs-
niederschriften vorgelegt und anhand von wissenschaftlichen Stellungnahmen
aus der Fachliteratur die in der Homöopathie geltenden Prinzipien der Dosie-
rung dargestellt. Damit hätte sich das Berufungsgericht auseinandersetzen
müssen. Es habe auch den Versagungsgrund des § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5
AMG und den Begriff der schädlichen Wirkungen unrichtig ausgelegt, wenn es
annehme, dass damit nur pharmakologisch-toxikologische Risiken gemeint sei-
en. Vielmehr genüge der begründete Verdacht, dass mit höheren Dosen die
Gefahr einer Erstverschlimmerung und einer Arzneimittelprüfsymptomatik stei-
ge. Zwar lägen dazu keine präparatespezifischen Erkenntnisse vor; aus den
Erfahrungen in der Homöopathie ergebe sich jedoch, dass zu hohe und zu häu-
fige Gaben allgemein zu solchen unerwünschten Wirkungen führen könnten.
Die Klägerin verteidigt das Berufungsurteil. Die neue Dosierungsempfehlung sei
ohne Rechtsgrundlage zustande gekommen. Als Aufbereitungskommission sei
die Kommission D befugt gewesen, ihre Monographien durch eine allgemeine
Dosierungsempfehlung zu ergänzen. Mit der Beendigung der Aufberei-
tungstätigkeit sei diese Befugnis entfallen, nicht aber die Bindungskraft der be-
reits veröffentlichten Erkenntnisse. Eine nachträgliche Änderung bedeute einen
Eingriff in die Grundrechte der pharmazeutischen Unternehmer, für die keine
gesetzliche Grundlage existiere. Jedenfalls stelle eine Änderung hohe Begrün-
dungsanforderungen, um den durch die Aufbereitungsergebnisse geschaffenen
Vertrauenstatbestand zu überwinden. Eine solche Begründung enthalte die
neue Dosierungsempfehlung nicht. Sie weiche allein aufgrund einer Neubewer-
tung der bekannten Daten von der früheren Richtlinie ab, die sich auf die lang-
jährigen Erfahrungen der Homöopathie stützen könne. Zudem berücksichtige
sie die Besonderheiten der Komplexmitteltherapie nicht. Die von der Beklagten
angeführten Arzneimittelwirkungen seien keine Risiken im Sinne des Arzneimit-
telgesetzes. Das Gesetz gehe vielmehr davon aus, dass eine Dosisreduktion
bei homöopathischen Mitteln aus Risikogründen nicht erforderlich sei.
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II
Die Revision ist begründet. Das Berufungsurteil verletzt Bundesrecht, weil es
auf einem unzutreffenden Verständnis der arzneimittelrechtlichen Auflagenbe-
fugnis nach § 28 Abs. 2 AMG und der Versagungsgründe nach § 25 Abs. 2
AMG beruht. Ob die Klage Erfolg hat, kann ohne weitere Tatsachenfeststellun-
gen nicht entschieden werden. Die Sache ist deshalb unter Aufhebung des Be-
rufungsurteils zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Beru-
fungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Nr. 2 VwGO).
1. Die Klage ist als Anfechtungsklage statthaft. Nach der Rechtsprechung des
Senats können Auflagen nach § 28 Abs. 2 AMG mit der Anfechtungsklage an-
gegriffen werden. Ob die Klage zur isolierten Aufhebung führt, hängt davon ab,
ob die Zulassung ohne die Auflage sinnvoller- und rechtmäßigerweise bestehen
bleiben kann. Dies ist eine Frage der Begründetheit und nicht der Zulässigkeit
des Anfechtungsbegehrens, sofern nicht eine isolierte Aufhebbarkeit offenkun-
dig von vornherein ausscheidet (Urteil vom 21. Juni 2007 - BVerwG 3 C 39.06 -
Buchholz 418.32 AMG Nr. 48).
Die Klägerin wendet sich gegen eine Auflage nach § 28 Abs. 2 AMG (i.V.m.
§ 105 Abs. 5a Satz 2 1. Alt. AMG). Das ergibt sich aus der von der Behörde
gewählten Bezeichnung der Auflage, ferner aus ihrem Inhalt, der einen be-
stimmten Text der Packungsbeilage vorgibt, sowie aus der gesamten Gestal-
tung des Bescheids, der einerseits die Nachzulassungsentscheidung mit be-
stimmten Angaben zur Identität des zugelassenen Arzneimittels und anderer-
seits bestimmte Auflagen, unter anderem die hier streitige zur Packungsbeilage,
enthält.
Eine inhaltliche Beschränkung der Zulassung des Arzneimittels ist mit der Auf-
lage weder ausdrücklich noch konkludent verbunden. Das Berufungsgericht ist
zwar zutreffend davon ausgegangen, dass wesentliche Merkmale eines Arz-
neimittels nicht allein dadurch verbindlich gemacht werden können, dass die
Zulassungsbehörde im Wege einer Auflage einen entsprechenden Text für die
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Packungsbeilage vorschreibt; vielmehr muss die Regelung in der Zulassungs-
entscheidung selbst enthalten sein (vgl. - zu einer Gegenanzeige, die eine gan-
ze Personengruppe von der Anwendung des Arzneimittels ausschließt - Urteil
vom 21. Juni 2007 a.a.O.). Aus dieser rechtlichen Notwendigkeit folgt aber
nicht, dass eine bloße Regelung mittels Auflage nach § 28 Abs. 2 AMG zugleich
eine konkludente Zulassungsbeschränkung darstellt. Vielmehr muss die
Zulassungsentscheidung eindeutig erkennen lassen, unter welchen materiellen
Voraussetzungen das Arzneimittel zugelassen ist. Hier ist die Zulassung durch
den Bescheid vom 22. Oktober 2004 „auf der Grundlage der eingereichten
Unterlagen und der Angaben des Antragstellers“ erteilt worden. Das entspricht
§ 25 Abs. 5 Satz 1 AMG, wonach die Zulassung aufgrund der Prüfung der
eingereichten Unterlagen erteilt wird. Das heißt, dass sich der Gegenstand der
Zulassung aus den Antragsunterlagen ergibt, denen auch Angaben über die
Dosierung beigefügt werden müssen (§ 22 Abs. 1 Nr. 10 AMG), es sei denn, in
der Zulassungsentscheidung werden abweichende Regelungen getroffen.
Dementsprechend ist hier die von der Klägerin in ihrem Antrag angegebene
Dosierung zugelassen worden, die der Empfehlung der Kommission D aus dem
Jahr 1993 folgt. Die von der Klägerin angegriffene Auflage und der als Anlage 3
dem Bescheid beigefügte Mustertext können daran nichts ändern, weil beides
nur die Packungsbeilage betrifft. Besonders deutlich wird dies für den Fall, dass
die Auflage anderweitig aufgehoben oder wegfallen würde. In der Konsequenz
der Auffassung des Berufungsgerichts würde dann eine Zulas-
sungsbeschränkung fortbestehen, ohne dass dies in dem Inhalt des Bescheides
seinen Ausdruck fände. Das zeigt, dass die Annahme einer konkludenten
Zulassungsbeschränkung nicht tragfähig ist.
Der isolierten Anfechtung der Auflage steht ferner nicht entgegen, dass im Er-
folgsfall ein unvollständiger Bescheid verbliebe. Die Zulassung wäre auch ohne
die Auflage zur Packungsbeilage eine vollständige Entscheidung über die
Nachzulassung des Arzneimittels. Würde die Auflage aufgehoben, so wäre die
beantragte und zugelassene Dosierung für die Packungsbeilage maßgeblich.
2. Die angefochtene Auflage ist rechtswidrig. Eine vom Zulassungsantrag ab-
weichende Dosierung darf nur dann im Wege der Auflage für die Packungsbei-
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lage verbindlich gemacht werden, wenn diese Dosierung in der Zulassungsent-
scheidung selbst enthalten ist. Insoweit gilt für die Dosierung nichts anderes als
für eine zusätzliche Gegenanzeige (s. dazu Urteil vom 21. Juni 2007 a.a.O.).
Das folgt aus der Bedeutung der Dosierung für die Zulassung. Sie ist das Bin-
deglied zwischen Wirksamkeit und Unbedenklichkeit eines Arzneimittels. Ohne
eine bestimmte Dosierung können weder die für die Zulassungsentscheidung
maßgebliche Wirksamkeit des Arzneimittels (vgl. § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AMG)
noch seine Unbedenklichkeit (§ 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AMG) beurteilt werden.
Der Katalog des § 22 Abs. 1 AMG, der die für eine Zulassung notwendigen und
die Identität des zuzulassenden Arzneimittels beschreibenden Angaben auflis-
tet, nennt daher in Nr. 10 auch die Dosierung. Fehlt diese Angabe, lässt sich
insbesondere nicht prüfen, ob das Verbot, bedenkliche Arzneimittel in den Ver-
kehr zu bringen (§ 5 Abs. 1 AMG), eingehalten wird. Bedenklich sind solche
Arzneimittel, bei denen der Verdacht besteht, dass sie bei „bestimmungsgemä-
ßem Gebrauch“ schädliche Wirkungen haben. Das entscheidet sich in erster
Linie auf der Grundlage der Dosierungs- und Anwendungsvorgaben des Arz-
neimittels. Das Berufungsgericht ist deshalb in der Sache zutreffend davon
ausgegangen, dass die Dosierung untrennbar mit der Zulassung des Arzneimit-
tels verknüpft ist.
Die Bedeutung der Dosierung für die Zulassungsentscheidung wird nicht da-
durch gemindert, dass eine Änderung der Angaben nach § 11 AMG über die
Dosierung keine neue Zulassung erfordert, sondern im Anzeigeverfahren erfol-
gen kann (§ 29 Abs. 2a Nr. 1 AMG). Auch Änderungen der Dosierung werfen
nach den Vorstellungen des Gesetzgebers die Zulassungsfrage erneut auf. Der
Zulassungsinhaber muss Änderungen der im Zulassungsverfahren gemachten
Angaben nach § 22 AMG, also auch Änderungen der Dosierung, unverzüglich
mitteilen (§ 29 Abs. 1 AMG). Die Regelung des § 29 Abs. 2a AMG bewirkt le-
diglich eine Verfahrenserleichterung, indem kein neues Zulassungsverfahren,
sondern nur die Einholung einer Zustimmung erforderlich ist. Dieser Umstand
- der im Übrigen ebenso auf Angaben zu Anwendungsgebieten und eine Ein-
schränkung von Gegenanzeigen zutrifft (vgl. § 29 Abs. 2a Nr. 1 AMG) - ändert
aber nichts daran, dass die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit als wesentliche
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Zulassungsvoraussetzungen nur im Hinblick auf die konkrete Dosierung beur-
teilt werden können. Die Dosierung muss deshalb in der Zulassungsentschei-
dung selbst festgelegt werden und kann nicht in eine Nebenbestimmung zum
Text der Packungsbeilage verlagert werden. Das gilt zumal dann, wenn die be-
antragte Dosierung - wie hier - durch die Zulassungsentscheidung eine wesent-
liche Änderung erfahren soll.
Die von der Beklagten in Anspruch genommene Befugnis nach § 28 Abs. 2
AMG (hier i.V.m. § 105 Abs. 5a Satz 2 1. Alt. AMG) ist dementsprechend be-
grenzt. Die Vorschrift ermächtigt zu Auflagen, die den Text der Packungsbeila-
ge betreffen. Sie dient dem Zweck, eine Übereinstimmung der dortigen Anga-
ben mit dem zugelassenen Arzneimittel zu gewährleisten. Da durch den Be-
scheid die beantragte Dosierung zugelassen ist, könnte über § 28 Abs. 2 AMG
nur diese Dosierung für die Packungsbeilage vorgegeben werden.
§ 28 Abs. 1 Satz 1 AMG vermittelt keine weitergehende Befugnis. Die Arznei-
mittelzulassung ist eine gebundene Entscheidung, die nur bei Vorliegen der im
Gesetz vorgesehenen Gründe versagt werden darf. Damit wäre eine gesetzlich
nicht konkretisierte Auflagenbefugnis unvereinbar (Urteil vom 21. Juni 2007
a.a.O. Rn. 26). Die notwendige Konkretisierung ergibt sich aus den Regelungen
in § 28 Abs. 2 ff. AMG, die hier nicht eingreifen.
Die vom Verwaltungsgericht herangezogene Befugnis nach § 105 Abs. 5a
Satz 2 2. Alt. AMG bietet ebenfalls keine taugliche Rechtsgrundlage. Die Aufla-
gen zur Gewährleistung von Anforderungen an die Qualität, Unbedenklichkeit
und Wirksamkeit des Arzneimittels betreffen Anordnungen zur Beseitigung von
Mängeln des Arzneimittels. Der Gesetzgeber hat dieses Auflagenverfahren
eingeführt, um das Nachzulassungsverfahren bei nicht gravierenden Mängeln,
die absehbarerweise behoben und bis dahin hingenommen werden können, zu
beschleunigen (vgl. BTDrucks 12/7572 S. 7). Solche Qualitätsauflagen hat die
Beklagte auch in dem hier in Rede stehenden Bescheid erlassen und aus-
drücklich als solche bezeichnet. Bei der hier angefochtenen Auflage geht es
jedoch nicht um einen Mangel des Arzneimittels, dessen Behebung die Klägerin
innerhalb einer bestimmten Frist nachzuweisen hätte. Ihr ist insbesondere nicht
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aufgegeben worden, weiteres wissenschaftliches Erkenntnismaterial zur
Unbedenklichkeit der beantragten Dosierung vorzulegen, sondern vielmehr, den
Text der Packungsbeilage in bestimmter Weise zu fassen.
Ob ein Rückgriff auf § 36 Abs. 1 2. Alt. VwVfG im arzneimittelrechtlichen Zulas-
sungsverfahren in Betracht kommt, kann hier unentschieden bleiben. Da die
wesentlichen Zulassungsvoraussetzungen in der Zulassung selbst geregelt
werden müssen, scheidet § 36 Abs. 1 VwVfG jedenfalls insoweit aus.
3. Die Aufhebung der Auflage setzt neben ihrer Rechtswidrigkeit voraus, dass
die Nachzulassung des Arzneimittels ohne die Auflage rechtmäßigerweise Be-
stand haben könnte. Diese Rechtmäßigkeitsprüfung ist allerdings thematisch
beschränkt auf den Gegenstand der Auflage, also die Dosierung des Arzneimit-
tels; denn nur sie ist zwischen den Beteiligten im Streit. Ob die Zulassung des
Arzneimittels ohne eine Reduzierung der beantragten Dosis hätte erteilt werden
dürfen, erfordert jedoch weitere Tatsachenfeststellungen, die der Senat nicht
selbst treffen kann.
Das Berufungsgericht hat Versagungsgründe nach § 25 Abs. 2 AMG verneint,
weil die neue Dosierungsempfehlung der Kommission D nicht zu berücksichti-
gen und deshalb weiterhin von der Empfehlung aus dem Jahr 1993 auszuge-
hen sei, der die beantragte Dosierung entspreche. Diese Argumentation über-
zeugt nicht.
a) Im Ausgangspunkt zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen,
dass die Kommission D ein sachverständig besetztes Gremium ist, dessen Äu-
ßerungen den jeweiligen wissenschaftlichen Erkenntnisstand auf dem Gebiet
der Homöopathie wiedergeben. Den von der Kommission D aufgestellten Krite-
rien und Empfehlungen liegt besonderes Erfahrungswissen zugrunde; ihnen
kommt die Qualität antizipierter Sachverständigengutachten zu (Urteil vom
16. Oktober 2008 - BVerwG 3 C 23.07 - Buchholz 418.32 AMG Nr. 53 Rn. 16;
Beschluss vom 8. Januar 2007 - BVerwG 3 B 16.06 - PharmR 2007, 159). Als
solche zählen die Stellungnahmen der Kommission D zu dem anderen wissen-
schaftlichen Erkenntnismaterial im Sinne des § 22 Abs. 3 AMG. Das gilt nicht
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nur in Bezug auf die frühere Aufbereitungskommission (vgl. § 25 Abs. 7 AMG in
der Fassung des Gesetzes vom 24. August 1976, BGBl I S. 2483, zuletzt ge-
ändert durch Gesetz vom 24. Februar 1983, BGBl I S. 169), sondern auch für
die seit der Änderung des § 25 Abs. 7 AMG durch das Fünfte Gesetz zur Ände-
rung des Arzneimittelgesetzes vom 9. August 1994 (BGBl I S. 2071) tätige Zu-
lassungskommission (so bereits Urteil vom 16. Oktober 2008 a.a.O. Rn. 16).
Einer über § 25 Abs. 7 AMG hinausgehenden normativen Regelung der Kom-
missionstätigkeit bedarf es nicht. Die Legitimationsanforderungen an ein sach-
verständiges Gremium hängen vom Grad der Verbindlichkeit seiner Beschlüsse
ab. Je stärker die Bindungskraft ist, die der Gesetzgeber den Erkenntnissen
eines solchen Gremiums beimisst, umso höher müssen die normativen Anfor-
derungen an die Zusammensetzung, das Verfahren und die Entscheidungsfin-
dung sein. Für die Stellung, die die Kommission D im Zulassungsverfahren ein-
nimmt, bedarf es keiner weitergehenden gesetzlichen Verankerung. Ihre Be-
schlüsse greifen nicht in Rechtspositionen der Zulassungsantragsteller ein. Sie
entscheidet nicht über Zulassungsanträge, sondern bietet lediglich Entschei-
dungshilfen für die zuständige Bundesoberbehörde, die an die Stellungnahmen
der Kommission D nicht gebunden ist (§ 25 Abs. 7 Satz 4 AMG). Ebenso sind
die Erkenntnisse der Kommission D im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ei-
ner inhaltlichen Kontrolle nicht entzogen (vgl. Beschluss vom 8. Januar 2007
a.a.O. Rn. 7, 9; Urteil vom 16. Oktober 2008 a.a.O. Rn. 29, 32). Mit der von der
Klägerin angeführten früheren Transparenzkommission, die ohne jede gesetzli-
che Grundlage wettbewerbsrelevante Preisübersichten veröffentlichte (vgl. dazu
Urteil vom 18. April 1985 - BVerwG 3 C 34.84 - BVerwGE 71, 183 = Buchholz
418.32 AMG Nr. 11), ist die Kommission D unter keinem Aspekt vergleichbar.
Die durch § 25 Abs. 7 AMG erfolgte Zuweisung von Beteiligungsrechten in den
jeweiligen Zulassungsverfahren hindert die Kommission D nicht daran, zu über-
greifenden Aspekten, die für eine Vielzahl von Fällen Bedeutung haben, allge-
meine Empfehlungen auszusprechen. Für den pharmazeutischen Unternehmer
macht es keinen Unterschied, ob zu einer bestimmten Frage, etwa der Dosie-
rung homöopathischer Arzneimittel, in jedem Zulassungsverfahren, in dem die
Frage Bedeutung gewinnt, eine gesonderte, inhaltlich gleichlautende Empfeh-
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lung der Kommission D eingeholt oder auf eine entsprechende allgemeine
Empfehlung zurückgegriffen wird. Dass die Kommission D dabei auch von frü-
heren Feststellungen in den Aufbereitungsmonographien abweichen darf, steht
außer Zweifel. Sachverständige Erkenntnisse sind nicht unabänderlich, sondern
können (und müssen) bei besserer Erkenntnis ersetzt werden. Auch davon ist
das Berufungsgericht zutreffend ausgegangen.
b) Zu Unrecht hat es aber angenommen, die Empfehlung der Kommission D zur
Dosierung homöopathischer Arzneimittel vom 12. Juni 2002/25. Juni 2003 sei
als sachverständige Äußerung von vornherein nicht verwertbar, weil ihr eine
nähere Begründung fehle.
Die Verantwortung für die Zulassungsentscheidung trägt allein die Behörde. Es
ist an ihr, das Vorliegen eines Versagungsgrundes darzutun und im Zweifelsfal-
le zu beweisen (Urteil vom 14. Oktober 1993 - BVerwG 3 C 21.91 - BVerwGE
94, 215 <218> = Buchholz 418.32 AMG Nr. 25 S. 35). Hierzu kann sie sich
auch auf solche Einschätzungen der Kommission D stützen, für die diese selbst
keine oder lediglich eine allgemein gehaltene Begründung mitgeteilt hat. Allein
hierdurch wird auch nicht ausgeschlossen, dass die Einschätzung der Kommis-
sion D den Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis wiedergibt und deshalb
besondere Autorität genießt. Soweit allerdings der Zulassungsantragsteller eine
solche Einschätzung substantiiert in Zweifel zieht, ist es Sache der Behörde, für
diese selbst Gründe anzuführen. Dabei sind die Anforderungen an die Substan-
tiierung von Zweifeln umso geringer, je weniger die Einschätzung durch die
Kommission D selbst nachvollziehbar begründet ist; fehlt jede Begründung, so
genügt bereits, dass anderslautende wissenschaftliche Erkenntnisse angeführt
werden. In gleichem Maße intensiviert sich die Pflicht der Behörde, eine fehlen-
de oder unzulängliche Begründung selbst zu ergänzen. Dabei muss die Behör-
de auch darlegen, dass die Einschätzung der Kommission D den Stand der
wissenschaftlichen Erkenntnis wiedergibt, will sie sich die damit verbundene
besondere Autorität dienlich machen. Dies gilt zumal dann, wenn die Kommis-
sion D von früheren eigenen Feststellungen abweicht; hier bedarf der Darle-
gung, dass dies aufgrund besserer Erkenntnisse geschieht.
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Da die neue Dosierungsempfehlung der Kommission D selbst keine Begrün-
dung enthält, konnte die Klägerin sie bereits dadurch in Zweifel ziehen, dass sie
auf die abweichende Dosierungsempfehlung der Aufbereitungskommission
verwiesen und verschiedene Studien und Abhandlungen vorgelegt hat, die die
Notwendigkeit einer geringeren Dosierung anders beurteilen. Es ist deshalb an
der Beklagten, die sich auf die neue Dosierungsempfehlung stützt, sie nach-
vollziehbar zu begründen. Diesen Weg ist die Beklagte hier gegangen. Sie hat
in den Tatsacheninstanzen die Beratungsprotokolle der Kommission D und der
maßgeblichen Arbeitsgruppe sowie Fachliteratur vorgelegt und auf dieser
Grundlage versucht darzulegen, dass die beauflagte Dosierung dem Selbstver-
ständnis und den Erfahrungen der Homöopathie entspricht. Das Verwaltungs-
gericht hat sich mit Recht in der Pflicht gesehen, diese Darlegungen und die
fachlichen Einwände der Klägerin in tatsächlicher Hinsicht zu würdigen. Ebenso
hätte sich das Berufungsgericht inhaltlich mit den fachlichen Argumenten aus-
einandersetzen müssen.
c) Auch die weiteren Erwägungen, aufgrund derer das Berufungsgericht die
neue Dosierungsempfehlung der Kommission D und die sie stützenden Darle-
gungen der Beklagten außer Betracht gelassen hat, greifen nicht.
aa) Die mit der Verringerung der Dosierung beabsichtigte Minderung der Gefahr
von Erstverschlimmerungen und des Auftretens einer Arzneimittelprüfsym-
ptomatik sind im gesetzlichen Genehmigungsverfahren keineswegs irrelevant.
Das Arzneimittelgesetz dient u.a. dem Zweck, für die Unbedenklichkeit der Arz-
neimittel zu sorgen (§ 1 AMG); es verbietet daher bedenkliche Arzneimittel, bei
denen der begründete Verdacht besteht, dass sie bei bestimmungsgemäßem
Gebrauch schädliche Wirkungen haben, die über ein nach den Erkenntnissen
der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen (§ 5 AMG).
Dieser Verdacht begründet zugleich den Versagungsgrund des § 25 Abs. 2
Satz 1 Nr. 5 AMG (in der hier maßgeblichen Bekanntmachung der Neufassung
vom 11. Dezember 1998, BGBl I S. 3586), der jede Art von Nebenwirkungen
erfasst (vgl. dazu Urteil vom 14. Oktober 1993 a.a.O. S. 220 bzw. S. 36). Dar-
unter sind die beim bestimmungsgemäßen Gebrauch eines Arzneimittels auf-
tretenden schädlichen unbeabsichtigten Reaktionen zu verstehen (§ 4 Abs. 13
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AMG), also nicht nur pharmakologisch-toxikologische Wirkungen, sondern jed-
wede unerwünschte Folge einschließlich der hier in Rede stehenden Erstver-
schlimmerungen und des Auftretens einer Arzneimittelprüfsymptomatik. Die
Pflicht zur Berücksichtigung der Besonderheiten und Erfahrungen der Homöo-
pathie (§ 105 Abs. 4f Satz 2, § 25 Abs. 2 Satz 4 AMG) schließt selbstverständ-
lich ein, auch ihre spezifischen Risiken zu berücksichtigen. Dass ein gewisses
Maß an Erstverschlimmerungen nach der Wirkungsweise homöopathischer
Arzneimittel unvermeidbar und sogar gewünscht sein mag, kann daran nichts
ändern. Der neuen Empfehlung liegt die Annahme zugrunde, dass eine gerin-
gere Dosierung die Gefahr übermäßiger oder unkontrollierter Erstverschlimme-
rungen reduziert, ohne die Wirksamkeit des Arzneimittels wesentlich zu schmä-
lern.
Nichts anderes folgt aus der vom Berufungsgericht im Rahmen des Verpflich-
tungsbegehrens zugrunde gelegten Neufassung des § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5
AMG (Gesetz vom 29. August 2005, BGBl I S. 2570), wonach die Zulassung bei
einem ungünstigen Nutzen-Risiko-Verhältnis zu versagen ist. Als Risiko be-
zeichnet das Gesetz jedes Risiko im Zusammenhang mit der Qualität, Sicher-
heit und Wirksamkeit des Arzneimittels für die Gesundheit des Patienten (§ 4
Abs. 27 Buchst. a AMG in der Fassung des vg. Gesetzes). Darunter fallen auch
die unerwünschten schädlichen Folgen homöopathischer Arzneimittel.
Die vom Berufungsgericht angeführten Vorschriften für registrierte Arzneimittel
(§ 11 Abs. 3 i.V.m. § 10 Abs. 4 AMG) erlauben keine Rückschlüsse auf zulas-
sungspflichtige Arzneimittel, bei denen eine Dosierung angegeben werden
muss. Dass sich bei registrierten Arzneimitteln die Unbedenklichkeit aus einer
angemessen hohen Verdünnung ergeben kann (§ 38 Abs. 2 Satz 3 AMG), führt
schon deshalb nicht weiter, weil tatsächliche Feststellungen dazu fehlen, ob das
in Rede stehende Arzneimittel einen angemessen hohen Verdünnungsgrad
aufweist, um bei der beantragten Dosierung unbedenklich zu sein.
bb) Das Berufungsgericht hat schließlich bemängelt, dass die Beklagte nur all-
gemeine Erkenntnisse dargelegt habe, anstatt konkrete Gefährdungen durch
das in Rede stehende Arzneimittel aufzuzeigen. Die Darlegungen der Beklagten
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nehmen aber für sich in Anspruch, den Erfahrungen und dem Selbstverständnis
der Homöopathie zu entsprechen, wonach durch eine Reduzierung der
Dosierung homöopathischer Arzneimittel die Gefahr eines Auftretens der
besagten Nebenwirkungen generell gemindert werde. Wenn diese Einschät-
zung zutrifft, muss sie im Zulassungsverfahren berücksichtigt werden. Ein Risi-
ko im Sinne des Arzneimittelgesetzes erfordert ebenso wie der Begriff der be-
denklichen Arzneimittel nicht die sichere Erwartung von schädlichen Nebenwir-
kungen, sondern nur den begründeten Verdacht, es könne vermehrt zu solchen
Nebenwirkungen kommen. Ein solcher Verdacht besteht schon dann, wenn
ernstzunehmende Erkenntnisse einen solchen Schluss nahelegen (vgl. Urteil
vom 26. April 2007 - BVerwG 3 C 36.06 - Buchholz 418.32 AMG Nr. 46 Rn. 27).
4. Das Berufungsgericht wird sich somit inhaltlich mit der neuen Dosierungs-
empfehlung der Kommission D anhand der vorgelegten wissenschaftlichen Er-
kenntnisse und nötigenfalls durch Einholung von Sachverständigengutachten
auseinandersetzen müssen. Dabei wird es maßgeblich darauf ankommen, ob
die Annahme zutrifft, dass nach den Erfahrungen in der Homöopathie durch die
empfohlene Verminderung der Dosierung die Gefahr spezifischer Nebenwir-
kungen allgemein verringert werden kann, ohne den Nutzen wesentlich zu be-
einträchtigen, und ob dies auch für die Komplexmitteltherapie gilt. Bestätigt sich
die Bewertung des Verwaltungsgerichts, fehlt es jedenfalls an der Unbedenk-
lichkeit des Arzneimittels in der beantragten Dosierung (§ 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5
AMG). Dieser Versagungsgrund stünde einer Aufhebung der Auflage wie auch
einem Erfolg der hilfsweise erhobenen Verpflichtungsklage entgegen. An-
dernfalls müsste die Anfechtungsklage Erfolg haben.
Kley
Liebler
Prof. Dr. Dr. h.c. Rennert
Buchheister
Dr. Wysk
36
Sachgebiet:
BVerwGE:
nein
Arzneimittelrecht
Fachpresse: ja
Rechtsquellen:
AMG
§§ 1, 4 Abs. 13 und Abs. 27, §§ 5, 11 Abs. 1, § 22 Abs. 1 und Abs. 3,
§ 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 4 und 5, § 28 Abs. 2, § 29 Abs. 2a, § 38
Abs. 2, § 105 Abs. 5a Satz 2
Stichworte:
Arzneimittel; Zulassung; Nachzulassung; Auflage; Anfechtung; Dosierung; Pa-
ckungsbeilage; Gebrauchsinformation; Homöopathie; Kombinationspräparat;
Komplexmitteltherapie; Dosierungsempfehlung der Kommission D; Aufberei-
tungskommission; Zulassungskommission; antizipiertes Sachverständigengut-
achten; Nebenwirkungen; schädliche Wirkungen; Risiko; Nutzen-Risiko-
Verhältnis.
Leitsatz:
Eine vom Zulassungsantrag abweichende Dosierung darf nur dann im Wege
der Auflage für die Packungsbeilage verbindlich gemacht werden, wenn diese
Dosierung in der Zulassungsentscheidung selbst enthalten ist. Eine bloße Re-
gelung mittels Auflage nach § 28 Abs. 2 AMG kann nicht zugleich als eine kon-
kludente Zulassungsbeschränkung verstanden werden.
Nebenwirkungen eines homöopathischen Arzneimittels sind für die Beurteilung
der Unbedenklichkeit des Arzneimittels unabhängig davon relevant, ob sie auf
einer pharmakologisch-toxikologischen Wirkung beruhen.
Urteil des 3. Senats vom 19. November 2009 - BVerwG 3 C 10.09
I. VG Köln vom 22.11.2006 - Az.: VG 24 K 8133/04 -
II. OVG Münster vom 11.02.2009 - Az.: OVG 13 A 385/07 -