Urteil des BVerwG vom 20.11.2009

Verordnung, Weiterbildung, Osteopathie, Heilbehandlung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 3 BN 1.09
VGH 3 C 2604/08.N
In der Normenkontrollsache
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hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 20. November 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Liebler und Buchheister
beschlossen:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulas-
sung der Revision in dem Urteil des Hessischen Verwal-
tungsgerichtshofs vom 18. Juni 2009 wird zurückgewie-
sen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfah-
rens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 20 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
1. Der Antragsteller, ein auf dem Gebiet der Osteopathie tätiger Heilpraktiker,
wendet sich gegen die hessische Verordnung einer Weiterbildungs- und Prü-
fungsordnung im Bereich der Osteopathie (WPO-Osteo) vom 4. November
2008. Die Verordnung eröffnet Inhabern einer Erlaubnis nach § 1 Abs. 1 MPhG,
also insb. Physiotherapeuten, sowie Heilpraktikern im Sinne des § 1 HPG die
Möglichkeit einer Weiterbildung und des Erwerbs der staatlichen Erlaubnis zur
Führung der Weiterbildungsbezeichnung „Osteopath“. Der Verwaltungsge-
richtshof hat den Normenkontrollantrag des Antragstellers abgelehnt und zur
Begründung unter anderem ausgeführt, dass durch die Verordnung weder Zu-
lassungsvoraussetzungen für die Berufe nach § 1 Abs. 1 MPhG oder den Heil-
praktikerberuf noch ein eigenständiger Beruf des Osteopathen, sondern ledig-
lich eine in die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Landes fallende
Regelung der Berufsausübung geschaffen werde. Die bundesrechtlich vorge-
gebene Aufgabenverteilung zwischen Heil- und Heilhilfsberufen werde durch die
Weiterbildungsordnung nicht berührt. Physiotherapeuten bedürften für eine
osteopathische Heilbehandlung auch weiterhin einer ärztlichen Verordnung.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts-
hofs richtet sich die Beschwerde des Antragstellers.
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2. Die Beschwerde ist unbegründet. Auf der Grundlage der Darlegungen des
Antragstellers ergibt sich der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der
grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1
VwGO nicht. Die mit der Beschwerde aufgeworfene Frage,
ob ein bundesrechtlich geregeltes Berufsbild eines Heil-
hilfsberufes durch eine landesrechtliche Verordnung in-
soweit erweitert werden darf, dass der Heilhilfsberufler
ohne ärztliche Approbation und ohne Heilpraktikererlaub-
nis eigenverantwortlich die Heilkunde am Menschen aus-
üben darf,
und die weiteren Ausführungen, wonach es sich bei dem Beruf des Physiothe-
rapeuten um einen bundesgesetzlich geregelten Heilhilfsberuf handele, dem
nicht durch Landesverordnung eine eigenverantwortliche Heilbehandlung im
Bereich der Osteopathie übertragen werden dürfe, beruhen auf einer unzutref-
fenden Grundannahme. Der Verwaltungsgerichtshof hat gerade nicht ange-
nommen, dass Physiotherapeuten durch eine Weiterbildung zum Osteopathen
zu einer eigenverantwortlichen Ausübung der Heilkunde ermächtigt werden.
Vielmehr hat er die Weiterbildungsordnung, namentlich die Regelung in § 1
Abs. 2 WPO-Osteo, dahin ausgelegt, dass dadurch die bundesrechtlich vorge-
gebene Aufgabenverteilung zwischen den Heilberufen einerseits und den Heil-
hilfsberufen andererseits nicht verändert werden solle und ein Physiotherapeut
ungeachtet einer ihm erteilten Erlaubnis zur Führung der Weiterbildungsbe-
zeichnung Osteopath Heilbehandlungen nur aufgrund ärztlicher Verordnung
durchführen dürfe. Die Auslegung von Landesrecht betrifft irrevisibles Recht,
dessen Nachprüfung dem Revisionsgericht versagt ist (§ 137 Abs. 1 Nr. 1
VwGO). Der Antragsteller zeigt nicht auf, dass die vom Verwaltungsgerichtshof
bei der Auslegung des Landesrechts angeführten bundesrechtlichen Normen
ihrerseits ungeklärte Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwerfen.
Das gilt auch für den Einwand des Antragstellers, durch die Weiterbildungsord-
nung werde ein neues Berufsbild des Osteopathen geschaffen, wofür dem
Landesgesetzgeber die Gesetzgebungskompetenz fehle. Die Zulassung zu
ärztlichen und anderen Heilberufen ist gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 GG Ge-
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genstand der konkurrierenden Gesetzgebung, von der der Bundesgesetzgeber
unter anderem durch das Gesetz über die Berufe in der Physiotherapie
Gebrauch gemacht hat. Regelungen über die Weiterbildung der ärztlichen und
anderen Heilberufe fallen hingegen als Berufsausübungsregeln in die aus-
schließliche Gesetzgebungskompetenz der Länder nach Art. 70 GG. Der Ver-
waltungsgerichtshof hat die angegriffene Verordnung mit Blick auf diese Kom-
petenzverteilung sowie Regelungszweck und -wirkung als eine Bestimmung
über die Weiterbildung ausgelegt. Der Antragsteller benennt dazu keinen Klä-
rungsbedarf des revisiblen Rechts.
Seine Einwände gegen die mit der Verordnung neu eingeführte Bezeichnung
Osteopath führen ebenfalls nicht weiter. Durch die Erlaubnis nach § 17 Abs. 1
WPO-Osteo wird nicht die Ausübung der Osteopathie monopolisiert, sondern
die Führung der Bezeichnung Personen mit einer Weiterbildung vorbehalten.
Zwar kann auch ein Berufsbezeichnungsschutz insbesondere bei korrespondie-
renden Tätigkeitsbeschränkungen als Zulassungsregel wirken (vgl. BVerfG,
Urteil vom 24. Oktober 2002 - 2 BvF 1/01 - BVerfGE 106, 62 <124 ff., 127>).
Die Beschwerde zeigt aber nicht auf, warum diese Wirkung auch einer bloßen
Weiterbildungsbezeichnung zukommen sollte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestset-
zung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.
Kley
Liebler
Buchheister
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