Urteil des BVerwG vom 28.04.2010

Anforderung, Unterlassen, Beweismittel, Entscheidungsformel

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 3 B 94.09
OVG 1 B 38.08
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 28. April 2010
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Liebler und Buchheister
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts
Berlin-Brandenburg vom 9. Juli 2009 wird zurückgewie-
sen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 2 090 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf alle drei Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Be-
schwerde des Klägers bleibt ohne Erfolg. Die mit seiner Beschwerde geltend
gemachten Zulassungsgründe sind nicht in der gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3
VwGO erforderlichen Weise dargelegt oder sie liegen - soweit dem Substanzi-
ierungserfordernis genügt wurde - nicht vor.
Der Kläger betreibt ein Unternehmen, das Leistungen der ambulanten Kran-
kenpflege erbringt. Er beansprucht, bei der Erteilung von Ausnahmegenehmi-
gungen zum Parken im eingeschränkten Halteverbot und im Parkbewirtschaf-
tungsraum dieselbe Gebührenermäßigung zu erhalten, wie sie ambulanten
Pflegediensten gewährt wird, die von Wohlfahrtsverbänden betrieben werden.
Seine Klage blieb in den Vorinstanzen ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat
die Auffassung des Beklagten bestätigt, dass entsprechend seiner Geschäfts-
anweisung über das Verfahren bei der Erhebung von Verwaltungsgebühren bei
der Gebührenbemessung zwischen nicht gewerblichen und gewerblichen An-
tragstellern unterschieden werden kann.
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1. Der Kläger legt nicht schlüssig dar, dass die Rechtssache grundsätzliche
Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat. Hierzu hätte der Kläger
eine Rechtsfrage bezeichnen müssen, die sich dem Verwaltungsgericht gestellt
hat, und näher ausführen müssen, inwiefern diese Frage der - ggf. erneuten
oder weiteren - höchstrichterlichen Klärung bedarf, inwiefern mit dieser Klärung
in dem angestrebten Revisionsverfahren zu rechnen ist und inwiefern hiervon
eine Fortentwicklung der Rechtsprechung über den gegebenen Fall hinaus zu
erwarten steht. Eine solche Rechtsfrage wird aber nicht in der gebotenen Weise
herausgearbeitet, wenn geltend gemacht wird, das Berufungsgericht habe bei
seiner Entscheidung gegen Art. 3 GG verstoßen und den Begriff des wirtschaft-
lichen Wertes der Amtshandlung sowie - mit Blick auf Art. 12 Abs. 1 GG - die
Wettbewerbssituation verkannt, in der die Betreiber von ambulanten Pfle-
gediensten stünden. Ebenso wenig reicht es für die Darlegung der fallübergrei-
fenden Bedeutung, wenn sich die Beschwerdebegründung darauf beschränkt,
auf die große Zahl von Pflegediensten zu verweisen, die von privaten Trägern
betrieben werden und für die eine Gebührenermäßigung daher von Bedeutung
sein könne. Schließlich genügt es nicht zur Darlegung der grundsätzlichen Be-
deutung der Rechtssache, auf eine Entscheidung des EuGH zu verweisen (Ur-
teil vom 10. September 2002 - Rs. C-141/00, Pflegedienst Kügler GmbH -
Slg. 2002, I-06833), mit der sich das Berufungsgericht bereits im Einzelnen be-
fasst und die es als nicht einschlägig angesehen hat. Selbst wenn der Kläger
als Einrichtung mit sozialem Charakter im Sinne des Umsatzsteuerrechts aner-
kannt werden und deshalb eine Steuerbefreiung in Anspruch nehmen kann,
folgt daraus noch nicht, dass bei der Bemessung von straßenverkehrsrechtli-
chen Gebühren eine Differenzierung nach anderen Kriterien (gewerbliche oder
nicht gewerbliche Tätigkeit) gleichheitswidrig ist.
2. Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegt nicht vor. Der Kläger
trägt vor, die angegriffene Entscheidung weiche von Urteilen des Europäischen
Gerichtshofes (Urteil vom 10. September 2002 - Rs. C-141/00 - a.a.O.) und des
Brandenburgischen Oberlandesgerichts (Urteil vom 13. April 1999 - 6 Kart
U 2/98 - juris) ab. Die Divergenzrüge scheitert danach schon daran, dass die
vom Kläger genannten Gerichte nicht in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO aufgeführt
sind.
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3. Schließlich führt die Beschwerdebegründung nicht auf einen Verfahrensfehler
im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.
Der Kläger sieht zum einen die Amtsermittlungspflicht (§ 86 VwGO) verletzt;
das Berufungsgericht habe weitere Ermittlungen unterlassen, die notwendig
gewesen seien, um private Sozialstationen, wie er sie betreibe, mit den Sozial-
stationen Freier Wohlfahrtsverbände vergleichen zu können. Beweisanträge
hierzu hat der anwaltlich vertretene Kläger in der Vorinstanz aber nicht gestellt.
Deshalb wäre es erforderlich gewesen, in der Beschwerdebegründung heraus-
zuarbeiten, weshalb sich dem Berufungsgericht die vermisste Sachverhaltsauf-
klärung gleichwohl hätte aufdrängen müssen (stRspr, vgl. u.a. Urteil vom
29. Juli 1992 - BVerwG 3 C 37.88 - juris). Dieser Anforderung wird die Be-
schwerdebegründung jedoch in keiner Weise gerecht; es fehlt auch schon an
der Benennung konkreter Beweismittel, die aus der Sicht des Klägers vom Ge-
richt heranzuziehen gewesen wären.
Als Verfahrensfehler rügt der Kläger außerdem, dass das Berufungsgericht sei-
ne Pflicht zur Begründung der Entscheidung verletzt habe. Nicht mit Gründen
versehen im Sinne von § 138 Nr. 6 VwGO ist eine Entscheidung zwar nicht nur
dann, wenn der Entscheidungsformel überhaupt keine Gründe beigegeben
sind, sondern auch dann, wenn die Begründung nicht erkennen lässt, welche
Überlegungen für die Entscheidung maßgebend gewesen sind, weil die ange-
führten Gründe rational nicht nachvollziehbar, sachlich inhaltslos oder sonst wie
völlig unzureichend sind (vgl. Urteil vom 28. November 2002 - BVerwG 2 C
25.01 - BVerwGE 117, 228 <230 f.> = Buchholz 310 § 138 Ziff. 6 VwGO Nr. 41
S. 6f.; Beschluss vom 13. Juli 1999 - BVerwG 9 B 419.99 - Buchholz 310 § 138
Ziff. 6 Nr. 35 S. 2). Dass das hier der Fall war, wird in der Beschwerdebegrün-
dung aber nicht ansatzweise dargetan; der Kläger beschränkt sich darauf, der
ausführlichen Urteilsbegründung die eigene Rechtsauffassung entgegenzustel-
len.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Festsetzung des
Streitwertes beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 und 3
GKG.
Kley
Liebler
Buchheister
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