Urteil des BVerwG vom 02.02.2006

Zusicherung, Bemessungsgrundlage, Übereinstimmung, Tatsachenfeststellung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 3 B 94.05
VG 1 K 2869/01
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 2. Februar 2006
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht K l e y und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht L i e b l e r und Prof. Dr. R e n n e r t
beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der
Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom
7. April 2005 wird zurückgewiesen.
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Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird unter Änderung des
Streitwertbeschlusses des Verwaltungsgerichts Dresden vom
7. April 2005 für das Klageverfahren und das Beschwerdever-
fahren auf jeweils 175 588,40 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Klägerin beansprucht hinsichtlich der von ihr begehrten Entschädigung für ein
früheres Unternehmen die Festsetzung einer höheren Bemessungsgrundlage, als
der Beklagte sie bislang festgesetzt hat. Das Verwaltungsgericht hat ihre Klage ab-
gewiesen, weil eine unter Zugrundelegung der maßgeblichen Bilanz angestellte Be-
rechnung einen Betrag ergebe, der unter dem in dem angegriffenen Bescheid fest-
gesetzten liege. Ein von der Klägerin im Prozess vorgelegtes Schreiben der Beklag-
ten vom 9. August 2002 enthalte auch keine Zusicherung, die Entschädigungssum-
me auf 400 000 DM und damit höher festzusetzen.
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil
bleibt ohne Erfolg.
1. Soweit die Klägerin nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO die Verfahrensfehlerhaftigkeit
des Urteils rügt, ist ihre Beschwerde unzulässig; denn sie erfüllt in diesem Umfang
nicht die Voraussetzungen des § 67 Abs. 1 VwGO, wonach die Klägerin sich bei ih-
rem Rechtsbehelf durch einen Rechtsanwalt oder Hochschullehrer mit Befähigung
zum Richteramt vertreten lassen muss. Aus dem Vertretungszwang folgt, dass der
Rechtsmittelbegründung die Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs
durch den Rechtsanwalt zu entnehmen sein muss, der die Begründung eingereicht
hat. Das heißt, dass der postulationsfähige Prozessbevollmächtigte selbst darlegen
muss, aus welchen Gründen im Einzelnen der Zulassungsgrund im Sinne des § 132
Abs. 2 VwGO gegeben sein soll, auf den die Beschwerde gestützt wird (vgl. Be-
schluss vom 19. August 1993 - BVerwG 6 B 42.93 - Buchholz 310 § 67 VwGO Nr. 81
m.w.N.).
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Diesen Anforderungen wird die unter Abschnitt I der Beschwerdebegründung erho-
bene Verfahrensrüge nicht gerecht. In diesem Zusammenhang beschränkt sich der
Verfahrensbevollmächtigte der Klägerin zunächst darauf, sich "vollinhaltlich" auf eine
"Beschwerdebegründungsschrift" des Sohnes und gesetzlichen Betreuers der Kläge-
rin zu beziehen, die er als Anlage beigefügt hat und in der sich der Verfasser dieser
Schrift auf sechs Seiten sowie unter Beifügung zahlreicher Anlagen mit der Tatsa-
chenfeststellung und -würdigung des Verwaltungsgerichts auseinander setzt. Diesen
Ausführungen, die der Verfahrensbevollmächtigte nicht weiter zu ergänzen müssen
meint, weil sie "für sich sprechen", fügt er lediglich eine Aufzählung von in der Recht-
sprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu einzelnen Verfahrensgewährleistun-
gen entwickelten Rechtssätzen bei, ohne nach Einzelbehauptungen zu differenzieren
oder diese auch nur in irgendeiner Weise unter die aufgezählten Rechtssätze zu
subsumieren. Die gebotene Prüfung, Sichtung und Durchdringung des Streitstoffs
durch den Verfahrensbevollmächtigten lassen diese Ausführungen auch nicht an-
satzweise erkennen.
2. Soweit sich die Klägerin zur Begründung ihrer Beschwerde auf die grundsätzliche
Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO beruft, ist ihr
Rechtsbehelf unbegründet. Die Klägerin hält für klärungsbedürftig,
ob im Rahmen des Wiedergutmachungsrechts für entzogene Vermögenswerte
nicht auch eine individuelle Zusicherung einer zur Entschädigungsentscheidung
über das EALG berufenen Behörde Rechtsgrundlage für eine Entschädigungs-
forderung sein könne, wenn die Höhe des zugesicherten Betrages nicht in
Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorschriften des Entschädigungsgeset-
zes stehe.
Diese Frage verleiht der Rechtssache schon deswegen nicht die geltend gemachte
grundsätzliche Bedeutung, weil sie so in einem Revisionsverfahren nicht zu beant-
worten wäre; denn sie setzt mit einer individuellen behördlichen Zusicherung eine
Tatsache voraus, die das Verwaltungsgericht gerade nicht festgestellt hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung be-
ruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1, § 63 Abs. 3 Satz 1 und
§ 72 Nr. 1 GKG. Maßgebend für die Änderung der Streitwertentscheidung des Ver-
waltungsgerichts ist der Umstand, dass das mit dem Antrag verfolgte anteilige Inte-
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resse sich nach der Differenz zwischen der festgesetzten und der angestrebten ge-
kürzten Bemessungsgrundlage bestimmt und nicht - wie das Verwaltungsgericht irr-
tümlich angenommen hat - allein nach Maßgabe des nach Auffassung der Klägerin
festzusetzenden Betrages.
Kley Liebler Prof. Dr. Rennert