Urteil des BVerwG vom 29.05.2007

Beweisantrag, Tante, Haus, DDR

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 3 B 87.06
VG 1 K 112/02.Me
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 29. Mai 2007
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht van Schewick und Dr. Dette
beschlossen:
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts
Meiningen vom 29. Mai 2006 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 10 196,20 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Der Kläger begehrt auf der Grundlage des Verwaltungsrechtlichen Rehabilitie-
rungsgesetzes (VwRehaG), den Beschluss des Rates des Kreises Z. vom
4. Juni 1986, mit dem die im Grundbuch von W., Blatt 109 und Z., Blatt 76, ein-
getragenen Grundstücke Flst.-Nrn. ehemals 379/1, 379/3 sowie 379/4 in die
Rechtsträgerschaft der LPG „E. T.“ N. übertragen wurden, aufzuheben und
dessen Rechtsstaatswidrigkeit festzustellen. Diese Grundstücke hatte er von
seiner 1985 verstorbenen Tante geerbt. Dabei wurde ein auf seine Tochter lau-
tendes Nottestament wegen Formmangels für nichtig erklärt und ein ihn be-
günstigendes früheres Testament herangezogen. 1986 schloss der Kläger mit
seiner Tochter einen notariellen Schenkungsvertrag, um dem Willen seiner
Tante Rechnung zu tragen und zugleich zu verhindern, die Flächen in die LPG
„E. T.“ N., deren Mitglied im Typ I er seit 1965 war, einbringen zu müssen. Die
beantragte verwaltungsrechtliche Rehabilitierung wurde vor allem mit der Be-
gründung abgelehnt, weder die Nichterteilung der Gundstücksverkehrsgeneh-
migung noch die Ausübung des staatlichen Vorerwerbsrechts sei mit rechts-
staatlichen Grundsätzen schlechthin unvereinbar gewesen. Nach erfolglosem
Widerspruchsverfahren wurde die dagegen gerichtete Klage im Wesentlichen
mit der Begründung abgewiesen, der auf § 1 Abs. 1 Satz 1 VwRehaG gestützte
Rehabilitierungsanspruch scheitere gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 VwRehaG am
Anwendungsvorrang des Vermögensgesetzes.
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil bleibt
ohne Erfolg. Der nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO gerügte Verfahrensmangel
kann die Zulassung der Revision nicht rechtfertigen. Die Beschwerde bean-
standet, die Ablehnung des vom Kläger in der mündlichen Verhandlung gestell-
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ten Beweisantrages sei verfahrensfehlerhaft, so dass der Sachverhalt gemäß
§ 86 Abs. 1 VwGO nicht vollständig aufgeklärt worden sei. Durch Vernehmung
des damaligen Vorsitzenden der Abteilung Landwirtschaft, Herrn B. als Zeugen
hätte sich ergeben, dass der Kläger aufgrund seiner Weigerung, in die LPG
Typ III einzutreten, habe benachteiligt werden sollen.
Das Verwaltungsgericht hat den Beweisantrag ohne Rechtsfehler abgelehnt.
Die von § 86 Abs. 2 VwGO verlangte Förmlichkeit hat es eingehalten; es hat
ausweislich des Protokolls über die mündliche Verhandlung den schriftlich ge-
stellten Beweisantrag beraten, ihn durch Beschluss zurückgewiesen und diesen
auch begründet.
Auch der Sache nach ist die Ablehnung des Beweisantrages nicht zu bean-
standen. Ausweislich der im Protokoll aufgezeigten und im Urteil zum Ausdruck
kommenden Begründung hat das Verwaltungsgericht von der beantragten
Zeugenvernehmung abgesehen, weil es auf die unter Beweis gestellte Tatsa-
che, dass der Kläger aufgrund seiner Weigerung, in die LPG Typ III einzutreten,
habe benachteiligt werden sollen, für die Entscheidung nicht ankomme. Der auf
das verwaltungsrechtliche Rehabilitierungsgesetz gestützte Rehabilitie-
rungsanspruch scheitere nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsge-
richts nämlich am Anwendungsvorrang des Vermögensgesetzes. Auf der
Grundlage dieser Rechtsauffassung, die für die revisionsrechtliche Prüfung des
behaupteten Verfahrensmangels maßgeblich ist, hat das Tatsachengericht die
in das Wissen des Zeugen gestellte Tatsache zu Recht als nicht entschei-
dungserheblich angesehen. Das Urteil ist auf die durch den ausdrücklichen
Vortrag des Klägers, der Bürgermeister habe seinerzeit ein Haus gesucht, be-
stätigten Umstände gestützt, wonach der Zugriff auf die streitgegenständlichen
Grundstücke im Vordergrund des Interesses der DDR-Behörden standen. Zu-
dem hat das Gericht für diese Annahme auf das erklärliche, nachvollziehbare
Interesse der LPG „E. T.“ N., auch diese Grundstücke in von ihr bereits bewirt-
schafteten Grundbesitz einzugliedern, auf das gewählte reguläre Verfahren so-
wie die (versuchte) Auskehr einer Entschädigung abgestellt. Der Annahme, der
Eingriff sei vorrangig gegen das Vermögen des Geschädigten und nicht gegen
dessen Person gerichtet gewesen, stehen demnach die in das Wissen des
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Zeugen gestellten Tatsachen, der Kläger habe benachteiligt werden sollen, da
er sich geweigert hatte, in die LPG Typ III einzutreten, nicht entgegen.
Von einer weiteren Begründung seines Beschlusses sieht der Senat nach § 133
Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO ab.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO; die Festsetzung des
Streitwertes folgt aus § 47 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.
Kley van Schewick Dr. Dette
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